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  • · Fachbeitrag · § 51 VersAusglG

    Abänderungsverfahren nach Tod eines Ehegatten

    von VRiOLG Hartmut Wick, Celle

    Im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG ist auch die Vorschrift über den Tod eines Ehegatten (§ 31 VersAusglG) anzuwenden (BGH 5.6.13, XII ZB 635/12, FamRZ 13, 1287, Abruf-Nr. 132204).

     

    Sachverhalt

    Bei der Scheidung der Eheleute M und F im Jahr 91 wurde der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich (VA) nach altem Recht unter Einbeziehung von Anrechten beider Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes durchgeführt. M hatte jeweils werthöhere Anrechte erworben. Gemäß altem Recht wurden gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe der hälftigen Wertdifferenz dieser Anrechte von M auf F übertragen und in Höhe der hälftigen Wertdifferenz der Anrechte aus der Zusatzversorgung zulasten des dort von M erworbenen Anrechts für F weitere gesetzliche Rentenanwartschaften begründet. 1997 verstarb M. F bezieht inzwischen Altersrenten. Auf ihren Antrag änderte das AG die Entscheidung über den VA nach § 51 VersAusglG ab. Das KG hat diese Entscheidung im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen bestätigt (FamRZ 13, 703). Es teilte die Anrechte des M jeweils intern, jedoch in Anwendung des § 31 Abs. 2 VersAusglG insgesamt begrenzt auf die Differenz zwischen den Summen der Ausgleichswerte beider Ehegatten. Die Rechtsbeschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund, mit der diese gerügt hat, dass das Gericht § 31 VersAusglG angewendet hat, blieb erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG ändert das Gericht eine nach altem Recht getroffene Entscheidung über den öffentlichen-rechtlichen VA bei wesentlicher Wertänderung eines Anrechts ab, indem es die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG teilt. Die Voraussetzungen für eine Abänderung der Entscheidung sind hier erfüllt: F bezieht Altersrente. Sie ist damit nach § 52 Abs. 1 VersAusglG i.V. mit § 226 Abs. 1 FamFG antragsberechtigt. Die Abänderung würde sich auch zu ihren Gunsten auswirken (§ 51 Abs. 5 VersAusglG i.V. mit § 225 Abs. 5 FamFG). Bei dem Anrecht des M aus der Zusatzversorgung ist auch eine wesentliche Wertänderung eingetreten. Die Abänderung der Entscheidung über den VA betrifft sämtliche Anrechte, die in den durch die Ausgangsentscheidung geregelten Gesamtausgleich einbezogen worden sind. Diese Anrechte sind auf der Grundlage ihrer aktuell festgestellten Ausgleichswerte nach dem VersAusglG intern zu teilen.

     

    Wenn - wie hier - ein Ehegatte verstorben ist, muss das Gericht bei der Abänderungsentscheidung auch § 31 VersAusglG beachten. Dass diese Vorschrift in § 51 Abs. 1 VersAusglG nicht erwähnt wird, steht dem nicht entgegen. Bei den in Teil 1 Kapitel 3 des Gesetzes enthaltenen „ergänzenden Vorschriften“ handelt es sich um allgemeine Bestimmungen. Deren Einbeziehung ist notwendiger Bestandteil des nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG vorzunehmenden Ausgleichs. Anders als die §§ 225, 226 FamFG ermöglicht § 51 Abs. 1 VersAusglG eine Totalrevision sämtlicher in die Ausgangsentscheidung einbezogenen Anrechte. § 31 VersAusglG kann dabei nicht außer Betracht bleiben, weil sonst Anrechte zugunsten eines Verstorbenen übertragen oder begründet werden müssten. Das ist jedoch im Sozialversicherungsrecht nicht vorgesehen. § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG schließt daher einen Anspruch der Erben auf Wertausgleich aus. Die Halbteilung wird dadurch gewahrt, dass der Überlebende durch den Wertausgleich nicht besser gestellt werden darf, als wenn der VA vollständig durchgeführt worden wäre, § 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG. Durch die Beschränkung des VA auf einen Saldo können auch Umsetzungsschwierigkeiten in Bezug auf solche Anrechte abgemildert werden, die mit dem Tod des Ehegatten erloschen sind und bereits deshalb im Wege eines wechselseitigen VA nicht mehr ausgeglichen werden können. Eine mögliche Besserstellung des Überlebenden und eine Einschränkung in der Hinterbliebenenversorgung sind Folge der Gesetzeslage, die einerseits eine Totalrevision des VA im Abänderungsverfahren vorsieht, andererseits keine Neubegründung von Versorgungsanrechten zugunsten Verstorbener zulässt.

     

    Praxishinweis

    Entscheidungen über den öffentlich-rechtlichen VA nach altem Recht können nach §§ 51, 52 VersAusglG abgeändert werden. Die §§ 225, 226 FamFG sind insoweit nicht (direkt) anwendbar, weil sie nur die Abänderung von Entscheidungen nach neuem Recht betreffen. Der geschiedene Ehegatte kann das Abänderungsverfahren nach §§ 51, 52 VersAusglG auch noch nach dem Tod des anderen betreiben. Zu beteiligen sind die betroffenen Versorgungsträger und ggf. Hinterbliebene, die dadurch in ihrer Hinterbliebenenversorgung betroffen werden, vgl. § 52 Abs. 1 VersAusglG, § 226 Abs. 1 FamFG.

     

    Ein Abänderungsantrag kann frühestens sechs Monate vor Eintritt eines Versorgungsfalls gestellt werden, § 52 Abs. 1 VersAusglG, § 226 Abs. 2 FamFG. Weitere Voraussetzung für eine Abänderung ist, dass die in § 52 Abs. 2 VersAusglG i.V. mit u§ 225 Abs. 3 FamFG geregelten Wesentlichkeitsgrenzen überschritten sind. Für die relative Wesentlichkeitsgrenze kommt es insoweit auf die Rentenwerte, für die absolute Wesentlichkeitsgrenze dagegen auf die (korrespondierenden) Kapitalwerte an (BGH, a.a.O., Rn. 13, 14). In einer weiteren Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass das Gericht den Sachverhalt gemäß § 26 FamFG von Amts wegen ermitteln muss (FamRZ 13, 1289).

     

    Mit der Abänderungsentscheidung nach § 51 VersAusglG wird eine Totalrevision der Entscheidung vorgenommen. Diese wird komplett aufgehoben und durch einen neuen Ausgleich der ehezeitlichen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG ersetzt. Nach dem Tod eines Ehegatten greift im Abänderungsverfahren auch § 31 VersAusglG. Danach erfolgt zugunsten des Verstorbenen bzw. seiner Erben kein Ausgleich mehr. Damit scheidet der nach neuem Recht übliche Hin-und-Her-Ausgleich aus. Der Überlebende soll aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn der VA zu Lebzeiten des Verstorbenen durchgeführt worden wäre, § 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG. Deshalb ist auch im Abänderungsverfahren eine Gesamtbilanz der Ausgleichswerte aller in den Wertausgleich einzubeziehenden Anrechte - bei verschiedenen Bezugsgrößen auf Basis der korrespondierende Kapitalwerte (BGH FamRZ 13, 1287, 1289) aufzustellen. Hat der Überlebende insgesamt wertniedrigere Anrechte erworben, ist zwar zu seinen Gunsten ein Ausgleich nach neuem Recht durchzuführen. Dieser ist aber ggf. auf die Differenz der beiderseitigen Ausgleichswertsumme zu beschränken (die wieder in die maßgebliche Bezugsgröße zurückzurechnen ist). Hat der Überlebende insgesamt werthöhere Anrechte erworben, erfolgt kein Ausgleich, § 31 Abs. 2 S. 1 VersAusglG. Im Abänderungsverfahren wird die Entscheidung aufgehoben, ohne durch einen neuen Ausgleich ersetzt zu werden. Dies kann den Überlebenden sogar besserstellen, bei dem die aufgrund der früheren Entscheidung vorgenommene Kürzung seiner Anrechte rückgängig gemacht wird.

     

    Der verstorbene M hat auf Basis der korrespondierenden Kapitalwerte Anrechte mit folgenden Ausgleichswerten erworben:

     

    Gesetzliche Rentenversicherung:

    36.250 EUR

    Zusatzversorgung:

    3.950 EUR

    40.200 EUR

    F hat folgende Ausgleichswerte auszugleichen:

    Gesetzliche Rentenversicherung:

    12.000 EUR

    Zusatzversorgung:

    200 EUR

    12.200 EUR

     

     

    Die Gesamtbilanzierung ergibt einen Saldo zugunsten der F von (40.200 EUR ./. 12.200 EUR =) 28.000 EUR. Es ist ein Ausgleich zugunsten der F durchzuführen, aber begrenzt auf diesen Gesamtausgleichsbetrag.

     

    Gemäß § 31 Abs. 2 S. 2 VersAusglG liegt es im Ermessen des Gerichts, welche Anrechte des M es zum Ausgleich heranzieht. Es kann

    • a)entweder einen Ausgleich ausschließlich zulasten des Anrechts aus der gesetzlichen Rentenversicherung durchführen (28.000 EUR) oder
    • b)das Anrecht des M aus der Zusatzversorgung in vollem Umfang ausgleichen (in Höhe von 3.950 EUR) und das Anrecht aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergänzend heranziehen (28.000 EUR ./. 3.950 EUR = 24.050 EUR) oder
    • c)beide Anrechte des M anteilig zum Ausgleich heranziehen.

     

    Das KG hat die Lösung b) gewählt. Der BGH hat dies nicht beanstandet. Die Anrechte der F bleiben bei jeder Variante vom Ausgleich ausgenommen. Zur Durchführung des Ausgleichs muss der verbleibende Ausgleichskapitalwert wieder in die maßgebliche Bezugsgröße des auszugleichenden Anrechts zurückgerechnet werden. In der Variante b) ist z.B. der Betrag von 24.050 EUR mithilfe der Rechengrößen zur Durchführung des VA in Entgeltpunkte der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Beim Ehezeitende 31.8.90 ergibt sich Folgendes: 24.050 EUR = 47.037,71 DM x 0,0001274876 = 5,9967 Entgeltpunkte. Diese Entgeltpunkte wären zugunsten der F zu übertragen. Entsprechend wäre der korrespondierende Kapitalwert des Anrechts aus der Zusatzversorgung von 3.950 EUR in die Bezugsgröße der Zusatzversorgung umzurechnen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wick, Der Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn. 542 ff. und 836 f.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 185 | ID 42339392