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  • · Nachricht · Blitzlicht Mandatspraxis

    Verletzung Erwerbsobliegenheit

    | Es kommt immer wieder vor, dass ein Unterhaltspflichtiger sein Einkommen reduziert, um weniger oder vielleicht gar keinen Ehegattenunterhalt mehr an den Unterhaltsberechtigten zahlen zu müssen. In besonderem Maße gilt dies für Selbstständige, die ohnehin häufig in dem Verdacht stehen, Einkommen bewusst zu reduzieren oder zu verschleiern. Auffällig oft erfolgt das Ganze im zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung. Geschieht dies, ist fraglich, wie dies unterhaltsrechtlich zu behandeln ist. |

     

    • Beispiel

    Der Unterhaltspflichtige UP trennt sich Anfang 2019 von der Unterhaltsberechtigten UB. Anfang 2020 erfolgt die Ehescheidung. Der UP hat in 2017 und 2018 noch gute wirtschaftliche Ergebnisse erzielt, wie früher in der Ehe auch, gibt es ab 2019 einen deutlichen Rückgang von Umsatz und damit auch Gewinn. Hierzu steht fest, dass UP mit seiner neuen Partnerin viel Zeit verbracht und dadurch seinen Einsatz erheblich zurückgefahren hat. UB bemüht Zeter und Mordio und meint, sie müsse Unterhalt nach den alten guten wirtschaftlichen Verhältnissen erhalten. Mit Recht?

     

    Im Unterhaltsverhältnis obliegt es grundsätzlich beiden Seiten, ihre Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen und entsprechend Einkommen zu generieren. Verletzt der UP diese unterhaltsrechtliche Obliegenheit, indem er treuwidrig oder nachlässig sein Einkommen reduziert, mindert ein damit einhergehender Einkommensrückgang nicht den Unterhaltsbedarf von UB. Ausnahme: Der UP hat für die Reduzierung seines Arbeitseinsatzes anerkennenswerte Gründe, wie z. B. Krankheit, Alter, wirtschaftliche Entwicklungen, die er nicht beeinflussen kann. Sonst arbeitet die Rechtsprechung mit der Annahme fiktiver Einkünfte und UP wird bei der Unterhaltsberechnung so behandelt, als hätte er noch das frühere Einkommen.

     

    • Lösung

    Hier ist von einer unterhaltsrechtlich treuwidrigen Veränderung der Erwerbstätigkeit auszugehen, die für die Unterhaltsberechnung nicht anzuerkennen ist. Dem UP obliegt es vielmehr, seine selbstständige Tätigkeit so fortzuführen, wie er es in früheren Jahren getan hat.

     

    Das Problem liegt aber in der Praxis woanders: Oft ist die treuwidrige Reduzierung der Einkünfte nicht feststellbar. Der selbstständige UP wird der Behauptung treuwidriger Reduzierung seiner Einkünfte mit diversen Argumenten entgegentreten. Ob es dem UB gelingt, diese zu entkräften und das Gericht von seiner Sicht der Dinge zu überzeugen, ist in diesen Fällen das Kernproblem. (St)

     

    Weiterführender Hinweis

    • Wönne in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 2 Rn. 949 ff.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2021 | Seite 4 | ID 46849152