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  • · Nachricht · Verwaltungsrecht

    Erfolglos: Klage gegen Beanstandung einer Folge der Fernsehserie „Die Super Nanny“

    | In einer Folge der Fernsehreihe „Die Super Nanny“ hatte eine Mutter ihre 3, 4 und 7 Jahre alten Kinder beschimpft und geschlagen. Einzelne Handlungen wurden wiederholt dargestellt. Die „Super Nanny“ konfrontierte die Mutter mit ihren Handlungen und überzeugte sie, sich in Therapie zu begeben. Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF) hatte vorab gegen die Ausstrahlung der Sendung keine Bedenken. Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) sah in der Ausstrahlung einen Verstoß gegen die Menschenwürde. Die Entscheidung der KJM wurde in dem angefochtenen Bescheid der für das Fernsehprogramm des Senders zuständigen NLM umgesetzt. Außerdem wurde u.a. der Sender aufgefordert, den Verstoß künftig zu unterlassen. Der Sender wandte sich erfolglos dagegen (VG Hannover 8.7.14, 7 A 4679/12). |

     

    Die Ausstrahlung der beanstandeten Sendefolge verstößt gegen die Menschenwürde der in der Sendung gezeigten Kinder, insbesondere des im Zeitpunkt der Ausstrahlung 4jährigen Sohnes. In der Fernsehsendung wird ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben, in dem die erziehungsberechtigte Mutter gegen das einfachgesetzlich von § 1631 Abs. 2 BGB garantierte Recht ihrer Kinder auf gewaltfreie Erziehung sowie das Verbot körperlicher Bestrafungen, seelischer Verletzungen und anderer entwürdigender Maßnahmen verstößt. Es werden neben zahlreichen Beschimpfungen und Bedrohungen der Mutter gegen ihre schutzbefohlenen Kinder insgesamt 10 Gewalthandlungen gezeigt, die teilweise bis zu 3mal wiederholt werden (= 4mal dargestellt) und auch in einem sog. „Teaser“ als für die Sendung werbendem Vorspann in schneller Schnittfolge eingebunden sind. Insgesamt sind in unterschiedlicher Schnittfolge 22 Gewalthandlungen der - nach dem Inhalt der Sendung - therapiebedürftigen Mutter zu sehen. 14 dieser Gewaltszenen richten sich gegen den damals 4jährigen Sohn, der in insgesamt 9 Szenen weint bzw. sich über Schläge beklagt. Die ebenfalls geschlagene 3jährige Tochter weint in 3 Szenen. Auch der u.a. geschlagene 7jährige Sohn beklagt sich im Gespräch mit Frau Saalfrank über fortgesetzte Schläge.

     

    Die Menschenwürde der beteiligten Kinder verbietet das wiederholte Darstellen einzelner an ihnen begangener Gewalthandlungen und insbesondere die Zusammenstellung einzelner dieser Handlungen in einen „Teaser“, um Zuschauer anzulocken. Aus dem Gesamtzusammenhang der Sendung folgt zudem, dass 9 Gewalthandlungen der Mutter von dem Aufnahmeleiter hingenommen wurden und erst eine in Gegenwart der „Super Nanny“ von der Mutter begangene 10. Gewalthandlung zu einem Einschreiten geführt hatte. Die Präsenz des Aufnahmeteams bei 9 Gewalthandlungen ohne Einschreiten muss den Kindern als ein „Ausgeliefertsein“ nicht nur gegenüber der therapiebedürftigen Mutter, sondern auch gegenüber dem Aufnahmeteam vorgekommen sein. Deshalb liegt ein Verstoß gegen die Menschenwürde der Kinder vor, der nicht durch das erkennbare erziehungspädagogische Ziel der Sendung, die Situation der Familie positiv zu verändern, gerechtfertigt wird.

     

    Das VG hat die Berufung an das Niedersächsische OVG zugelassen.

     

    Quelle: Pressemitteilung des VG Hannover vom 8.7.14, http://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=19421&article_id=126124&_psmand=126 

    Quelle: ID 42795998