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Kosten der Abschiebung Minderjähriger
| Auch Ausländer, die als Minderjährige aus dem Bundesgebiet abgeschoben worden sind, dürfen zu den Kosten dieser Abschiebung herangezogen werden (Niedersächsisches OVG 25.9.14, 8 LC 163/13). |
Die Klägerin, eine serbische Staatsangehörige, reiste 1995 zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern in das Bundesgebiet ein. Nach erfolgloser Durchführung eines Asylverfahrens wurde sie 2002 mit ihrer Familie auf dem Luftweg nach Serbien abgeschoben. Im Zeitpunkt der Abschiebung war sie sechzehn Jahre alt. Seit 2012 lebt die Klägerin wieder im Bundesgebiet. Sie ist mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen. Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen zog die Klägerin mit Bescheid zu den auf sie entfallenden Kosten der Abschiebung von insgesamt etwa 600 EUR heran.
Die hiergegen gerichtete Klage hat das VG abgewiesen. Auch die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Der Senat hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Nach § 66 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz muss ein Ausländer die Kosten tragen, die durch die Durchsetzung einer Abschiebung entstehen. Die so bestimmte Kostenpflicht setzt nicht voraus, dass der Ausländer bei seiner Abschiebung volljährig gewesen ist.
Der Heranziehung zu den Abschiebungskosten kann aber die vom Ausländer geltend zu machende Haftungsbeschränkung nach § 1629a Abs. 1 BGB entgegenstehen. Diese Bestimmung gilt im streitrelevanten öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis nicht unmittelbar. Sie findet aber entsprechende Anwendung. Gewährleistet wird danach ein weitreichender Schutz des Minderjährigen vor fremdverantworteten Verbindlichkeiten. Der volljährig Gewordene kann seine Haftung grundsätzlich für alle Verbindlichkeiten, die während seiner Minderjährigkeit durch seine Eltern als seine gesetzlichen Vertreter oder durch ihn selbst mit Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter begründet worden sind, auf den Bestand seines bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens beschränken.
Im vorliegenden Fall erfüllt die Klägerin aber die tatbestandlichen Voraussetzungen des entsprechend anzuwendenden § 1629a Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB nicht. Die Nichtbefolgung der Ausreisepflicht und die daran anknüpfende Notwendigkeit einer zwangsweisen Durchsetzung dieser Pflicht durch die Abschiebung stellt zwar eine „sonstige Handlung“ i.S. der genannten Bestimmung dar. Diese „sonstige Handlung“ ist aber nicht von den Eltern der Klägerin aufgrund ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht und insbesondere ihres gesetzlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts zu verantworten, sondern von der Klägerin selbst. Diese hatte bei Durchführung der Abschiebung bereits das sechzehnte Lebensjahr vollendet und war damit nach § 80 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz voll handlungsfähig. Die Ausreisepflicht der Klägerin traf nach dem Aufenthaltsgesetz also nicht die Eltern, sondern sie selbst. Vor solchen, vom Minderjährigen selbst verantworteten Folgen eines Handelns schützt die Haftungsbeschränkung nach § 1629a BGB nicht. Etwas anderes kann sich ausnahmsweise ergeben, wenn die Eltern erkennbar von ihrem widerstreitenden Aufenthaltsbestimmungsrecht Gebrauch machen und so eine freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht durch den Minderjährigen verhindern. Hierfür bestanden im konkreten Fall aber keine Anhaltspunkte.
Der Senat hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung des Niedersächsischen OVG vom 25.9.14