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LSG Niedersachsen-Bremen: Regelungen noch verfassungsgemäß
| Das LSG Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass die Unterschiede bei den von der Rentenversicherung zu berücksichtigenden Kindererziehungszeiten, je nachdem, ob das Kind vor oder nach 1992 geboren wurde, nicht verfassungswidrig sind. Es besteht aber Reformbedarf durch den Gesetzgeber (LSG Niedersachsen-Bremen 4.11.13, L 2 R 352/13, n.v.). |
Der Entscheidung lag der Fall einer 1951 geborenen Klägerin zugrunde. Die beklagte Rentenversicherung hatte bei ihr im Vormerkungsverfahren jeweils 12 Monate Kindererziehungszeiten für die in den Jahren 1971 und 1974 geborenen Kinder berücksichtigt. Die Klägerin begehrt aber erfolglos die Berücksichtigung von drei Jahren Kindererziehungszeiten je Kind.
Für eine weitergehende Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten fehlt es an der gesetzlichen Grundlage. Es ist auch nicht verfassungswidrig, wenn der Gesetzgeber den betroffenen Müttern von vor 1992 geborenen Kindern keinen Anspruch auf die Berücksichtigung einer mehr als zwölf monatigen Erziehungszeit einräumt. Allerdings dürfte dies den von der Klägerin im Laufe ihres Lebens erbrachten Gesamtbeitrag zur Rentenversicherung nur unzureichend widerspiegeln. Denn die Kindererziehung hat bestandsichernde Bedeutung für das System der Altersversorgung (so auch BVerfG vom 7.7.92, FamRZ 92, 1038). Die als Generationenvertrag ausgestaltete Rentenversicherung lässt sich ohne die nachrückende Generation nicht aufrechterhalten. Angesichts dessen hat das BVerfG den Gesetzgeber als verpflichtet angesehen, für einen angemessenen Ausgleich zu sorgen. Dabei hat das BVerfG dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsrahmen zugebilligt (FamRZ 96, 1137). Im Ergebnis hat das BVerfG in der langfristigen Perspektive aber eine Pflicht des Gesetzgebers zu einer weiteren Ausweitung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten über die mit dem Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) eingeführte Regelung des § 56 Abs.1 S.1 SGB VI hinaus gesehen. Allerdings wurde dem Gesetzgeber vom BVerfG ein langjähriger Umsetzungszeitraum zugebilligt. Auch kann der Abbau der Benachteiligungen stufenweise vollzogen werden. Stichtagsregelungen sind zulässig (BVerfG FamRZ 92, 1038).
Seit Erlass des Urteils des BVerfG vom 7.7.92 sind mehrere gesetzgeberische Reformfortschritte durchgeführt worden. Dies sind z.B. eine bessere Bewertung der Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (§§ 71 Abs. 3 SGB VI) sowie eine Verbesserung der Bewertung der Kindererziehungszeiten (§ 70 Abs. 2 SGB VI). Das heißt, dass dem Gesetzgeber bislang keine pflichtwidrige Verzögerung bei der Umsetzung der verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an eine Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten vorgeworfen werden kann. Konkrete zeitliche Vorgaben hat das BVerfG nicht erteilt. Daher ist auch 20 Jahre nach Erlass des Urteils vom 7.7.92 die dem Gesetzgeber zur Verfügung stehende Zeit noch nicht abgelaufen.
Gegen die Entscheidung wurde Revision zum BSG eingelegt (B 13 R 31/13 R).
(Quelle: Pressemitteilung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 9.12.13, abrufbar unter http://www.landessozialgericht.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=16880&article_id=120309&_psmand=100).