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  • · Fachbeitrag · Kontrollbetreuung

    Schadenersatz gegen den Bevollmächtigten

    von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen

    | Der BGH stellt klar: Aufgabe des Kontrollbetreuers ist es auch, etwaige Schadenersatzansprüche gegen den Bevollmächtigten zu verfolgen. |

     

    Sachverhalt

    Die Betroffene B ist altersbedingt dement und kann ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen. Sie hatte ihrem Ehemann M vor Jahren eine Vorsorgevollmacht für den Bereich der Vermögenssorge erteilt. In deren Ausübung veräußerte der M ein ihm und der B je zur Hälfte gehörendes Hausgrundstück. Der auch als Erbe eingesetzte Sohn S der B aus erster Ehe meint, das Grundstück sei unter Wert an Personen veräußert worden, die die B enterbt habe. Der M habe das Vermögen der B bewusst geschädigt. Der S hat deshalb erfolglos eine (Kontroll-)Betreuung angeregt. Erst seine Rechtsbeschwerde war erfolgreich (BGH 12.10.22, XII ZB 273/22, Abruf-Nr. 232531).

     

    Entscheidungsgründe

    Der Aufgabenkreis einer Betreuung kann auch die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten betreffen. Die sog. Kontrollbetreuung erschöpft sich nicht darin, über die laufenden Geschäfte des Bevollmächtigten Auskunft zu verlangen, Weisungen zu erteilen und Rechenschaft einzufordern. Der Kontrollbetreuer muss umfassend die Rechte geltend machen, die der Betroffene aufgrund seiner Beeinträchtigung nicht mehr gegenüber dem Bevollmächtigten verfolgen kann, z. B. etwaige Schadenersatzansprüche des Betroffenen gegen den Bevollmächtigten aus einer schuldhaften Pflichtverletzung. Dies hat das LG verkannt, indem es einen diesem gegenüber eingeschränkten Anwendungsbereich der Kontrollbetreuung angenommen hat und der vom S behaupteten Pflichtverletzung des M nicht nachgegangen ist. Das LG wird prüfen müssen, ob sich hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich aus einer schuldhaften Pflichtverletzung des M nach dem im Innenverhältnis bestehenden Sorgfaltsmaßstab Ansprüche der B gegen ihn ergeben können, die ein Kontrollbetreuer ermitteln und verfolgen kann. Dafür reicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit aus.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der BGH orientiert sich konsequent am Wortlaut des Gesetzes. Nach § 1898 1896 Abs. 3 BGB jetzt § 1820 Abs. 3 BGB n. F. kann als Aufgabenkreis auch bestimmt werden, Rechte des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten geltend zu machen. Die (Kontroll-)Betreuung dient dem Erwachsenenschutz. Im Bereich der Vermögenssorge bedeutet dies, dass ein Betreuer die finanziellen Angelegenheiten des Betreuten regelt. Tätigt er Rechtsgeschäfte, wirken diese für und gegen den Betroffenen. Damit fallen sie in den Aufgabenkreis des Kontrollbetreuers. Solange kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde, stellt sich die Frage nach möglichen Schadenersatzansprüchen, die sich aus dem Innenverhältnis zwischen dem Betroffenen und dem Bevollmächtigten ergeben können. Da der Betroffene selbst diese Umstände nicht mehr bewerten kann, bedarf es der Kontrollbetreuung, um seine Rechtsposition zu wahren.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2023 | Seite 22 | ID 48780440