08.01.2010
Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 22.08.2003 – VII 198/2001
Die Tätigkeit als Prüfer bei einem kommunalen Prüfungsverband ist nicht als Tätigkeit i. S. des § 38 Abs. 1 Nr. 4b StBerG zu werten, die bei entsprechender Dauer zur Befreiung von der Steuerberaterprüfung führt.
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Entscheidung über die Befreiung von der Steuerberaterprüfung eine Tätigkeit beim Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband -BKPV- als berufspraktische Tätigkeit zu berücksichtigen ist.
Der Kläger wurde in den Jahren 1970 bis 1976 an der Bayerischen Beamtenfachhochschule für den gehobenen Dienst der Bayerischen Finanzverwaltung ausgebildet. Er erlangte den Fachhochschulabschluss „Dipl.-Finanzwirt (FH)”.
Von Dezember 1976 bis Oktober 1981 war er Beamter im gehobenen Dienst der Bayerischen Finanzverwaltung.
Vom 01.11.1981 bis 30.04.1998 war er Prüfer beim BKPV in München.
In dieser Funktion führte er im Außendienst Prüfungen bei den Mitgliedern des BKPV durch. Nach eigenen Angaben sowie Angaben in seinem Dienstzeugnis vom 08.12.1998 prüfte er kommunale Unternehmen in der Rechtsform des Eigenbetriebes, aber auch kommunale Eigengesellschaften von Mitgliedern des Prüfungsverbandes in der Rechtsform der GmbH. Zudem habe er bei der Abschlusserstellung auch zu” steuerlichen Fragen (Körperschaft-, Umsatz-, Gewerbe- und Vermögensteuer) beraten. Die steuerlichen Beratungen hätten auch die Abwicklung von Betriebsprüfungen erfasst. Nach einer Bescheinigung des BKPV vom 20.12.1994 -auf die ebenfalls Bezug genommen wird- ist er seit 01.11.1981 auf dem Gebiet des Steuerwesens hauptberuflich praktisch tätig gewesen.
Seit 01.05.1998 bis heute ist er Geschäftsführer der X. GmbH in A..
Am 2O 03.2001 stellte er bei der Oberfinanzdirektion -OFD- einen Antrag auf Befreiung von der Steuerberaterprüfung.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Verwaltungsakt vom 05.04.2001 ab. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Beschäftigung des Klägers beim BKPV. könne nicht berücksichtigt werden, weil es sich hierbei nicht um eine Rechnungsprüfungsbehörde des Bundes oder der Länder, sondern um eine Kommunaleinrichtung handele.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor:
Die gegenwärtige Fassung des Gesetzes (§ 38 Abs. 1 Nr. 4 b des Steuerberatungsgesetzes -StBerG-) erfasse auch Bedienstete bei den Rechnungsprüfungsämtern und nicht nur Bedienstete, die unmittelbar beim Rechnungshof tätig seien. Das Gesetz sei interpretationsbedürftig, was im angefochtenen Bescheid nicht beachtet, worden sei.
In seinem Urteil vom 30.0,1.1996 VII R 81/95 (BFH/NV 1996., 515) habe der BFH die Tätigkeit eines Beamten einer obersten Bundesbehörde, der für eine Tätigkeit in der Steuerabteilung der Treuhandanstalt beurlaubt gewesen sei, als berufspraktische Tätigkeit i.S. der Vorschrift anerkannt, und zwar mit der Begründung, der dortige Kläger habe im Ergebnis die Interessen seines Dienstherren wahrgenommen; es sei mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbar, die in § 38 StBerG genannten Beamten nur deshalb zu benachteiligen, weil sie wesentliche staatliche Aufgaben, die sich aus der besonderen historischen Situation der Einigung Deutschlands ergeben haben, im Interesse ihres Dienstherrn nicht nur bei der obersten Behörde, sondern bei einer anderen staatlichen Einrichtung wahrgenommen hätten. Im Hinblick auf die Fach- und Rechtsaufsicht durch die obersten Bundesbehörden, denen auch die Treuhandanstalt unterliege, erscheine dem Senat sowohl die vom Gesetz vorausgesetzte Qualifikation des beurlaubten Beamten und ihrer beruflichen Aufgaben, als auch der erforderliche Nachweis einer Betätigung auf dem Gebiet der Steuern hier im gleichen Maße gewährleistet wie bei einer Beschäftigung bei der obersten Bundesbehörde selbst.
Der Fall des Klägers liege hierzu parallel. Die OFD übersehe bereits, dass es bei der Auslegung des § 38 StBerG nicht darauf ankomme, wer die in Rede stehende Einrichtung geschaffen habe, sondern allein darauf, welche Aufgaben dort erfüllt würden.
Von den in Art. 3 des Gesetzes über den BKPV -BKPVG- genannten Mitgliedern nähmen kreisfreie Städte, große Kreisstädte und Landkreise, was die Verwaltungseinheit betreffe, eine Zwitterstellung ein, einmal als kommunale Gebietskörperschaft und zum anderen als untere staatliche Behörde. Sie hätten aufgrund ihrer rechtlichen Stellung eine Position inne, die über die Kommunalebene hinausgehe. Hinzu komme, dass nach § 9 Abs. 1 Satz 2 des BKPVG das Staatsministerium des Inneren in Zweifelsfällen über die Zugehörigkeit einer kommunalen Körperschaft zu einem Prüfungsbereich entscheide und nach Satz 1 dieser Vorschrift der Prüfungsverband die Aufgabe habe, in ihrem Bereich die überörtlichen Rechnungs- und Kassenprüfungen durchzuführen.
Hinzu komme weiter, dass nach Art. 6 des BKPVG die Rechts- und Fachaufsicht durch das Staatsministerium des Inneren geführt werde. Diese Aufsichtsbehörde sei für die Durchführung von Aufgaben zum Teil direkt weisungsbefugt. Darüber hinaus erhalte der Prüfungsverband nach Art. 5 Abs. 2 des BKPVG aus dem Staatshaushalt eine jährliche Zuweisung, weil er auch staatliche Aufgaben erledige oder mit erledige. Diese betrage derzeit ca. 10% des Haushaltes des Prüfungsverbandes.
Auch im Hinblick auf die Organisationsebene und vom Aufgabenbereich her dürfe eine Ausschließung der Beamten des BKPV nicht erfolgen. Denn bei den Landratsämtern befinde sich eine „Staatliche Rechnungsprüfungsstelle”, die überörtliche Kassen - und Rechnungsprüfungen bei Gemeinden unter 5.000 Einwohnern durchführe. Ab 5.000 Einwohnern bestehe Mitgliedschaft beim BKPV; die Staatlichen Rechnungsprüfungsstellen schieden für die überörtliche Kassen- und Rechnungsprüfung aus. Wenn nach Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit der anfallenden Prüfungsgeschäfte die staatlichen Rechnungsprüfungsstellen, z.B. bei Gemeinden ab 5.000 Einwohnern, nicht mehr zuständig seien, dann führe der BKPV insoweit staatliche Prüfungsaufgaben aus. Er sei zwar von der kommunalen Ebene her organisiert, sei sogar eine kommunale Selbstverwaltungskörperschaft, nehme aber durchaus auch staatliche Aufgaben wahr.
Der BKPV sei eine Einrichtung der Selbstverwaltung und in seiner Konstruktion in Deutschland geradezu einzigartig. Lediglich in Baden-Württemberg gebe es mit der Gemeindeprüfungsanstalt eine vergleichbare Einrichtung. Ansonsten würden bundesweit diejenigen Aufgaben, die vom BKPV wahrgenommen würden, ausschließlich von den staatlichen Rechnungsprüfungsämtern und dem Landesrechnungshof wahrgenommen. Hätte der Kläger in einer solchen Einrichtung seinen Dienst abgeleistet, gäbe es auch nach der Ansicht der OFD keinen Grund, die dort abgeleisteten Dienstzeiten nicht anzurechnen. Er erleide einen Nachteil allein deswegen, weil er den entsprechenden Dienst in Bayern abgeleistet habe. Das sei ein unsachlicher Differenzierungsgrund und deswegen verfassungswidrig.
Nach den Aufgabenbeschreibungen nähmen dem Grunde nach der BKPV und der Bayerische Oberste Rechnungshof dieselben Aufgaben wahr, nämlich die überörtlichen, Rechnungs- und Kassenprüfungen, Abschlussprüfungen bei kommunalen Wirtschaftsbetrieben, die Förderung der Wirtschaftsführung durch Beratung und Bestellung von Gutachten und besondere Prüfungen auf Antrag der Rechtsaufsichtsbehörde (oder eines Mitglieds). Möge der Bayerische Oberste Rechnungshof seiner Aufgabenzuweisung entsprechend noch weitere Aufgaben haben, so liege die Unterscheidung der Tätigkeitsbereiche zwischen ihm und dem BKPV nicht in der Zuordnung der Fachbereiche, sondern ausschließlich im Errichten einer „horizontalen” Sperre insofern, als ein” bestimmter Kreis von Prüfungskandidaten aus der Tätigkeit des Rechnungshofes herausgenommen und dem BKPV zugewiesen worden sei. Im Hinblick auf die Funktion des § 38 StBerG sei eine Unterscheidung der beiden Behörden grundsätzlich unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht -BVerfG- habe im Jahre 2000 in drei Entscheidungen (u.a. Beschluss vom 17.07.2000 1 BvR 254/99, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2000, 2736) herausgestellt, dass das Verfassungsrecht der freien Berufsausübung (Art. 12 des Grundgesetzes -GG-) den Vorrang vor einer die Berufsfreiheit einschränkenden Regelung gewähre und jede die Berufsfreiheit oder Berufsausübung einschränkende Regelung nur dann verfassungsrechtlichen Bestand haben könne, wenn sie zum einen auf sachlichen Erwägungen beruhe und zum anderen notwendig sei, um gesellschaftliche oder politische Ziele, welche im Hinblick auf Art. 12 GG billigenswert seien, zu erreichen. Bei einer horizontalen Teilung der Begünstigungsvoraussetzung sei dies jedoch mit Sicherheit nicht der Fall, so dass eine Auslegung der entsprechenden Vorschriften, wie die Ausgangsbehörde sie getroffen habe, verfassungswidrig sei.
Der Kläger beantragt, den Verwaltungsakt vom 06.04.2001 aufzuheben und auszusprechen, dass er -der Kläger- von der Steuerberaterprüfung zu befreien sei.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte die Befreiung des Klägers von der Steuerberaterprüfung versagt.
Nach § 38 Abs. 4 Nr. 4 a und b StBerG sind von der Steuerberaterprüfung u.a. zu befreien ehemalige Beamte des gehobenen Dienstes und vergleichbare Angestellte der Finanzverwaltung, die mindestens 15 Jahre auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern als Sachbearbeiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind, sowie der Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder, die mindestens 15 Jahre überwiegend auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern als Sachbearbeiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind.
Nach diesen Vorschriften ist der Kläger nicht von der Steuerberaterprüfung zu befreien.
Zwar war er als Beamter der Finanzverwaltung auf dem Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern als Sachbearbeiter bzw. Betriebsprüfer (also in mindestens gleichwertiger Stellung) tätig. Diese Tätigkeit umfasste jedoch lediglich den Zeitraum vom 15.12.1976 bis 31.10.1981, weswegen die OFD diese Tätigkeit mit 4 Jahren, 10 Monaten und 16 Tagen angerechnet hat.
Weitere berufspraktische Tätigkeiten sind zugunsten des Klägers nicht anzurechnen. Insbesondere kann seine Tätigkeit vom 01.11.1981 bis 30.04.1998 beim BKPV nicht berücksichtigt werden.
Zwar trägt der Kläger vor, diese Tätigkeit sei unter die Vorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 4 b StBerG zu subsumieren. Doch steht dieser Auffassung der Wortlaut der Vorschrift eindeutig entgegen. Tätigkeiten bei Prüfungsbehörden sind hiernach nur unter der Voraussetzung anzuerkennen, dass es sich um Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder gehandelt hat. Das ist vorliegend nicht der Fall. Der BKPV ist keine Prüfungsbehörde des Bundes oder des Landes (des Freistaates Bayern), sondern eine kommunale überörtliche Prüfungsbehörde.
Der Kläger hat auch keinen Erfolg mit seinem Einwand, die letztbezeichnete Vorschrift sei im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck insofern extensiv auszulegen, als auch die Tätigkeit beim BKPV anzuerkennen sei.
Schon der Wortsinn der Vorschrift, der als Ausgangspunkt der Gesetzesauslegung zugleich deren Grenze bestimmt (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaften, 5. Auflage 1983, Seite 329), lässt eine Auslegung in dem vom Kläger vertretenen Sinn nicht zu. Hinzu kommt, dass die Regelungen über die Befreiung von der Steuerberaterprüfung Ausnahmevorschriften für von vorneherein begrenzte Personenkreise darstellen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 18.11.1980 1 BvR 228/73, -1 BvR 311/73, BStBl. II 1981, 235, 239), die grundsätzlich nicht extensiv ausgelegt werden dürfen (vgl. BFH-Urteil vom 04.11.1986 VII R 40/84, BFH/NV 1987, 125).
Es ist auch weder eine von den Vorstellungen und dem Willen des Gesetzgebers abweichende Normsituation noch eine Gesetzeslücke ersichtlich, die eine erweiternde Auslegung oder eine sinngemäße Anwendung der Vorschrift geboten erscheinen ließe.
Erst mit Gesetz vom 24.06.2000 (BGBl. I 2000, 874) ist die Vorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 4 b StBerG mit Wirkung vom 01.07.2000 dahin geändert worden, dass die Befreiung von der Steuerberaterprüfung nicht nur bestimmten ehemaligen Beamten und gleichwertigen Angestellten des gehobenen Dienstes der obersten Rechnungsprüfungsbehörden, sondern der Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder überhaupt zu erteilen sei. Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Senats zunächst die Auslegung, dass Begünstigte der Vorschrift -unter der bezeichneten weiteren Voraussetzung- nur Mitarbeiter der Obersten Rechnungshöfe und der ihnen nachgeordneten Rechnungsprüfungsämter sind. Grundlage für die Begünstigung der Angehörigen der Obersten Rechnungsprüfungsbehörde war nach Auffassung des Senats deren umfassende Prüfungskompetenz, nämlich die Prüfung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes und der Länder (§ 42 Abs. 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes). Da diese umfassenden Prüfungen -einschließlich der Prüfung der Finanzämter- auch durch die den Rechnungshöfen nachgeordneten Rechnungsprüfungsämter durchgeführt werden, ergab sich das Bedürfnis, auch deren Mitarbeiter -unter der, bezeichneten Voraussetzung- von der Steuerberaterprüfung zu befreien (vgl. das zu der entsprechenden Gesetzesinitiative ergangene Schreiben des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 09.03.1994 34 - S-0851 - 16 - 14887). Für Angehörige anderer Rechnungsprüfungsstellen- sei es eines Landes, sei es der Kommunen, sollte angesichts ihres eingeschränkten Prüfungsauftrages die Vorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 4 b StBerG offenkundig nicht anzuwenden sein.
Im Weiteren muss davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber zum Zeitpunkt der o.a. Gesetzesänderung die in Bayern bestehende Normsituation, nämlich die Existenz und eigenständige Prüfungskompetenz des BKPV, bekannt gewesen ist. Gleichwohl hat der Gesetzgeber die Angehörigen dieser Behörde nicht in die Begünstigungsvorschrift einbezogen. Es muss davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei nicht nur um ein gesetzgeberisches Versehen, sondern um eine sehr bewusste Gestaltung der in Rede stehenden Befreiungsvorschrift gehandelt hat. Das ergibt sich nach Auffassung, des Senats zunächst aus dem Umstand, dass der Freistaat Bayern durch sein Staatsministerium der Finanzen (vgl. das o.a. Schreiben vom 09.03.1994) die bezeichnete Gesetzesinitiative aus den dargestellten Gründen unterstützt hat, sowie aus einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.11.2002, in welchem ausgeführt wird, dass eine Ergänzung des § 38 StBerG i.S. des Klägers derzeit nicht in Betracht kommt, weil der BKPV nicht unter den Begriff „Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder” falle.
Auch eine Gesetzeslücke ist insofern nicht erkennbar. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers sind die Tätigkeiten in den Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder und die Tätigkeit im BKPV -jedenfalls nach ihrer gesetzlichen Aufgabenzuweisung- nicht in einer Weise vergleichbar, dass die Nichtbenennung der einen Tätigkeit in der Befreiungsvorschrift eine sinnwidrige Benachteiligung gegenüber den Berufsangehörigen der Rechnungsprüfungsbehörden des Bundes und der Länder darstellte.
Aufgabe des Obersten Rechnungshofs und der ihm nachgeordneten Rechnungsprüfungsämter (Art. 13 Abs. 2 des bayerischen Rechnungshofsgesetzes -RHG-) ist die Prüfung der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung des Staates einschließlich
seiner Betriebe und Sondervermögen (Art. 88 Abs. 1 Satz 1 der bayerischen Haushaltsordnung -HO-). Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Prüfung bei Stellen außerhalb der Staatsverwaltung (Art. 91 der HO) sowie die Prüfung von juristischen Personen des privaten Rechts (Art. 104 der HO) möglich. Daraus lässt sich der allgemeine Grundsatz ableiten, dass die Prüfungskompetenz des Bayerischen Obersten Rechnungshofes bzw. der Rechnungsprüfungsämter in allen Fällen gegeben ist, in denen es um die Verwendung staatlicher Geldleistungen geht. Aufgrund der Breite der Aufgabenstellung -einschließlich der Prüfung von Finanzämtern- konnte und durfte der Gesetzgeber typisierend davon ausgehen, dass bei in bestimmten Bereichen eingesetzten Mitarbeitern das Vorliegen der zweiten Voraussetzung der Befreiungsvorschrift -nämlich die überwiegende Tätigkeit auf dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwaltenden Steuern nicht zweifelhaft ist. Eine vergleichbare Sachlage ergibt sich beim BKPV nicht ohne weiteres. Dieser hat nach Art. 2 des BKPVG die Aufgabe, bei seinen Mitgliedern die überörtlichen Rechnungs- und Kassenprüfungen durchzuführen; er kann auch Abschlüsse prüfen und nimmt auf Antrag seiner Mitglieder oder auf Ersuchen der Rechtsaufsichtsbehörden besondere Prüfungen vor. Weitere Aufgabe ist nach Art. 2 Abs. 2 des BKPVG die Prüfung der Selbstkostenrechnung der Krankenhäuser und die sonstigen Voraussetzungen für die Festsetzung der Pflegesätze. Zudem fördert der BKPV nach Art. 2 Abs. 3 des BKPVG die Wirtschaftsführung seiner Mitglieder auf Antrag durch Beratung und durch die Erstellung von Gutachten. Die Regeltätigkeit ist nach Art. 2 Abs. 1 BKPVG jedoch -wie ausgeführt- die überörtliche Rechnungs- und Kassenprüfung. Diese wiederum weist in der Regel nicht ohne weiteres einen Zusammenhang mit Fragen aus dem Gebiet der von den Bundes- und Landesfinanzbehörden verwalteten Steuern auf.
Zwar hat der Kläger unter Hinweis auf die Bescheinigung des BKPV vom 20.12.1994 und das Dienstzeugnis vom 08.12.1998 vorgetragen, er sei beim BKPV überwiegend auf steuerlichem Gebiet tätig gewesen; auch hat er unter Hinweis auf ein Informationsblatt des BKPV vorgetragen, Teil der Organisationsstruktur des BKPV sei eine sogenannte „Werkabteilung”, aus der heraus Abschlussprüfungen durchgeführt und steuerliche Hilfeleistungen sowie Beratungen erteilt würden; er selbst sei in dieser „Werkabteilung” eingesetzt gewesen. Gleichwohl ist der Senat der Auffassung, dass sich diese spezielle steuerliche Tätigkeit des BKPV für seine zu prüfenden/geprüften Mitglieder nicht unmittelbar aus der gesetzlichen Aufgabenzuweisung durch Art. 2 BKPVG - auf die es für die Frage einer Gesetzeslücke ankommt- ergibt. Aufgrund dieser eingeschränkten gesetzlichen Aufgabenzuweisung also bestand nicht gleichermaßen -wie bei Angehörigen der Rechnungsprüfungsämter- das Bedürfnis, einen beim BKPV eingesetzten Beamten oder vergleichbaren Angestellten in den Genuss der Befreiungsvorschrift kommen zu lassen.
Es ist also nicht -wie der Kläger jedoch vorträgt- das „staatliche” Handeln, das den Gesetzgeber für die Ausweitung der Befreiungsvorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 4 b StBerG veranlasste, sondern die Breite der Aufgabenstellung und die damit verbundene besondere Organisationsstruktur der Rechnungsprüfungsbehörden von Bund und Ländern. Deswegen gehen auch die Einwendungen des Klägers insoweit fehlt, als er in dem „staatlichen Handeln” den Grund für eine Analogie und eine extensive Auslegung der Befreiungsvorschrift sieht.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Ausführungen des Klägers auch insoweit fehlgehen, als er die „Staatliche Rechnungsprüfungsstelle” beim Landratsamt anführt. Zwar sind solche Stellen tatsächlich dem Landratsamt eingegliedert. Doch handelt es sich - wie bereits ausgeführt- bei ihnen nicht um Rechnungsprüfungsbehörden i.S. des § 38 Abs. 1 Nr. 4 b StBerG. Solche sind in Bayern der Bayerische Oberste Rechnungshof (Artikel 1 des Rechnungshofsgesetzes-RHG) sowie die ihm nachgeordneten Rechnungsprüfungsämter (Art. 13 RHG), die ihren Sitz in Regensburg, Bayreuth, Ansbach, Würzburg und Augsburg haben und die Bezeichnung „Staatliches Rechnungsprüfungsamt” führen (§ 2 der Verordnung über Sitz und Bezeichnung der Rechnungsprüfungsämter, BayRS 630 - 16 F). Im Übrigen haben auch die staatlichen Rechnungsprüfungsstellen der Landratsämter einen eingeschränkten Prüfungsauftrag, nämlich lediglich zur Durchführung der überörtlichen Rechnungs- und Kassenprüfungen (§§ 105 und 106 der Bayerischen Gemeindeordnung sowie § 9 der bayerischen Kommunalwirtschaftlichen Prüfungsverordnung, Bay RS 2023 -2- I bzw. Bay GVBl. 1987, 195). Auch deswegen lässt sich aus der Tatsache, dass Gemeinden unter 5.000 Einwohnern durch bei den Landratsämtern angesiedelten Prüfungsstellen und Gemeinden über 5.000 Einwohnern durch den BKPV geprüft werden, nichts für die Streitfrage folgern.
Schließlich ist auch die Tatsache, dass der BKPV als Selbstverwaltungskörperschaft in seiner Konstruktion einzigartig in Deutschland ist und entsprechende Aufgaben in anderen Bundesländern durch die dortigen Rechnungsprüfungsämter wahrgenommen werden, nicht aussagekräftig für das Vorhandensein einer Regelungslücke. Denn auch wenn die Aufgaben des kommunalen Prüfungsverbandes in anderen Bundesländern von- den Rechnungsprüfungsämtern einschließlich des Obersten Rechnungshofs wahrgenommen werden, besagt dies noch nicht, dass kommunale Prüfer in anderen Bundesländern automatisch in den Genuss der Befreiungsvorschrift kommen. Dies gilt umso mehr, als es -wie ausgeführt- die Regel sein dürfte, dass Rechnungsprüfungen bei den Kommunen sich auf Bereiche beschränken, in denen Steuerfragen nicht oder nur am Rande von Bedeutung sind.
Schließlich folgt der Senat nicht dem Einwand des Klägers, dass die vorstehende Auslegung und Anwendung des § 38 Abs. 1 Nr. 4 b StBerG gegen Verfassungsrecht, insbesondere gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG, verstoßen.
Eine Regelung, die die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG insofern beschränkt, als, sie die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig macht, ist nur gerechtfertigt, soweit dadurch ein überragendes,” gegenüber der Freiheit des einzelnen vorrangiges Gemeinschaftsgut geschützt werden soll. Handelt es sich um subjektive Zulassungsvoraussetzungen, so dürfen diese nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit stehen. lm Interesse der Steuerrechtspflege darf der Gesetzgeber Anforderungen an die persönliche Eignung der Berufswerber stellen und insbesondere den Nachweis der für eine sachgerechte Berufsausübung als Steuerberater benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (vgl. vor allem BVerfG-Beschluss in BStBl. II 1981, 235; sowie BFH-Urteil vom 07.03.1995 VII R 84/94, BFHE 177, 189, BStBl. II 1995, 557, jeweils m.w.N.). Erfolgt ein Eingriff durch Aufstellung bestimmter Voraussetzungen für die Aufnahme des Berufs, so gilt für subjektive Voraussetzungen -wie z.B. der Vor- und Ausbildung oder der Prüfungsnote- das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in dem Sinne, dass sie zu dem angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis stehen dürfen. Fachliche Qualifikationsnachweise können nur Bestand haben, wenn und soweit sie zur Verfolgung des Zwecks geeignet, erforderlich und dem Betroffenen zumutbar sind (vgl BVerfG-Urteil vom 11.06.1958 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377 ff., 406 f.; sowie BVerfG-Beschluss vom 14.03.1989 1 BvR 1033/82, 174/84, BVerfGE 80, 1, 24).
Im Hinblick auf die Zugangswege zum Beruf des Steuerberaters hat es das BVerfG als verfassungskonform angesehen, dass der Gesetzgeber zwei -gleichwertige- Zugangswege eröffnet hat, nämlich den in der Regel zu beschreitenden der Ableistung der Steuerberaterprüfung und den nur ausnahmsweise gegebenen der Befreiung von der Steuerberaterprüfung (vgl. BVerfG-Beschluss in BStBl. II 1981, 235, 239).
Dem Kläger steht daher offen, den Weg zum Beruf des Steuerberaters über die Ableistung der Steuerberaterprüfung einzuschlagen. Der Gesetzgeber war grundsätzlich nicht verpflichtet, neben einzelnen Ausnahmen von dieser Regel für bestimmte Berufsangehörige weitere Zugangsmöglichkeiten zu schaffen. Tut er das dennoch, handelt er in Ausübung der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit, ohne an die engen Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 1 GG gebunden zu sein. Prüfungsmaßstab in diesen Fällen ist dann nicht mehr Art. 12 Abs. 1 GG, sondern der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung postulierte Grundsatz, der Gesetzgeber sei beider Schaffung von Ausnahmetatbeständen in seiner Gestaltungsfreiheit in einer Weise beschränkt, dass das Grundrecht wieder seinen Vorrang vor der beschränkenden Gesetzesvorschrift gewinne, besteht demnach nicht.
Aber auch im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist die gesetzgeberische Entscheidung lediglich auf die Einhaltung der äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit nachzuprüfen (ebenfalls BVerfG-Beschluss in BStBl. II 1981, 235, 240, li.Sp. oben, m.w.N.).
Im Streitfall aber ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der Nichteinbeziehung der Mitarbeiter des BKPV in die Befreiungsvorschrift des § 38 Abs. 1 Nr. 4 b StBerG den ihm zustehenden Ermessens- und, Gestaltungsfreiraum überschritten hätte. Vorstehend -unter dem Gesichtspunkt „Regelungslücke”- hat der Senat auf die wesentlichen Unterschiede in der Aufgabenstellung und der daraus folgenden Organisationsstruktur der Obersten Rechnungshöfe und der nachgeordneten Rechnungsprüfungsämter hingewiesen. Diese Unterschiede durfte der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Ermessensspielraums auch einer unterschiedlichen normativen Behandlung zugrunde legen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Ausgrenzung der Mitarbeiter des BKPV aus der o.a. Befreiungsvorschrift ist nach Auffassung des Senats damit nicht gegeben.
Somit bleibt der Kläger -will er den Beruf des Steuerberaters ergreifen- auf den (ihm zumutbaren) Weg der Ablegung der Steuerberaterprüfung verwiesen.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war nach § 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.