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  • · Fachbeitrag · Zugewinnausgleich

    Auf einen Blick: Rechtsprechungsübersicht 2012

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    | Im Anschluss an die Übersicht für das Jahr 2011 in FK 12, 200 fasst der Autor in diesem und einem Folge-Beitrag die wichtigsten Entscheidungen zum Zugewinnausgleich (ZA) im Jahr 2012 für Sie zusammen. |

     

    1. Verfügungen über das Vermögen im Ganzen

    Durch § 1365 BGB soll die Vermögensgrundlage der Familie gesichert und verhindert werden, dass ein Ehegatte ohne Zustimmung des anderen die wirtschaftlichen Grundlagen entzieht. Daneben bezweckt die Vorschrift, den anderen Ehegatten vor einer Gefährdung seines künftigen Anspruchs auf ZA bei Beendigung des Güterstandes zu schützen (BGH FamRZ 07, 1634; Büte, ZA bei Ehescheidung, 4. Aufl., Rn. 473; Gomille, NJW 12, 1545).

     

    MERKE |  Eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen liegt vor, wenn über das gesamte oder nahezu gesamte Vermögen verfügt wird (BGH FamRZ 91, 669; 96, 792). § 1365 BGB gilt auch, wenn sich ein Rechtsgeschäft nur auf einzelne Vermögensgegenstände erstreckt, soweit diese nahezu das ganze Vermögen bilden und der Vertragspartner dies positiv weiß. Es reicht, wenn er zumindest die Verhältnisse kennt, aus denen sich ergibt, dass durch das Rechtsgeschäft über den Gegenstand im Wesentlichen das ganze Vermögen erfasst ist (Einzeltheorie). Insoweit ist ein Wertvergleich zwischen weggegebenen Vermögensstücken und verbliebenem Restvermögen vorzunehmen. Bei Grundstücken sind vom Wert die dinglichen Belastungen abzuziehen (OLG Celle FamRZ 10, 562), sodass § 1365 BGB greift, wenn der Grundstückswert im Wesentlichen durch die dingliche Belastung in Höhe der tatsächlichen Valutierung ausgeschöpft ist.

     

     

    Umstritten war allerdings, wie mit dinglichen Zinsen bei einer Grundschuldbelastung zu verfahren ist. Das OLG Hamm (FamRZ 11, 1732) hat die im Zeitpunkt der Bestellung noch nicht entstandenen Zinsen nicht berücksichtigt.

     

    Nach Auffassung des BGH (FamRZ 12, 116) sind jedoch neben der Nominalbelastung der Grundschuld auch die bei einer künftigen Vollstreckung anfallenden Grundschuldzinsen einzubeziehen. Nicht valutierte Sicherungsgrundschulden sind bei der Wertbemessung im Rahmen des § 1365 BGB nur als Belastung zu berücksichtigen, wenn sicher ist, dass eine Valutierung nicht mehr erfolgen wird. Das ist z.B. der Fall, wenn die zu sichernde Forderung nicht entstanden oder bereits getilgt ist (Koch, FamRZ 12, 1521). Nach Auffassung des OLG Köln (FamRZ 12, 1568) hat ein gepachtetes Tankstellengrundstück, dem kein messbarer Vermögenswert zukommt und wenn ein sogenannter good will nicht feststellbar ist, bei der Wertermittlung im Rahmen des § 1365 BGB außer Betracht zu bleiben. Sofern ein Ehegatte über das Grundstück verfügt, stellt sich die Frage, ob das Grundbuchamt berechtigt oder gar verpflichtet ist, die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit zu klären.

     

    Das OLG Frankfurt (FGPrax 12, 99) und das OLG München (NJW-RR 10, 523) weisen zutreffend darauf hin, dass ein Grundbuchamt Nachforschungen über die Zustimmungsbedürftigkeit nur anstellen muss und darf, wenn sich dafür konkrete Anhaltspunkte aus den Eintragungsunterlagen ergeben. Allein der Wert des übertragenen Grundstücks, eine nicht belegte Angabe zum Restvermögen und ein Hinweis auf die Kenntnis des Vertragspartners reichen nicht. Das OLG Rostock (FamRZ 12, 576) bejaht ein berechtigtes Interesse eines im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten auf Grundbucheinsicht, § 12 Abs. 1 S. 1 GBO bei Eintragung des anderen Ehegatten als Eigentümer.

     

    2. Wirksamkeit von Eheverträgen

    Eine vertragliche Vereinbarung über die Nichtberücksichtigung eines privilegiert erworbenen Vermögensgegenstands hält der Wirksamkeitskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB und Ausübungskontrolle nach § 242 BGB stand, so das OLG Nürnberg (FamRZ 12, 1710). Anlass für den Abschluss des Ehevertrags war die Absicht der Beteiligten, auf dem Grundstück der Ehefrau einen Anbau zu errichten, weil der Wohnraum für die gesamte Familie zu beengt geworden war. Der Anbau sollte mit finanziellen Mitteln beider Ehegatten bewerkstelligt werden. Ziel der Modifizierung war, den der Ehefrau von ihren Eltern zugewendeten Grundbesitz auch im Fall des Scheiterns der Ehe ungeschmälert zu erhalten. Die vertragliche Regelung begünstigte den Ehegatten dadurch, dass er keiner ZA-Forderung ausgesetzt war und er selbst ausgleichsberechtigt wurde. Das OLG hat den Vertrag dennoch als wirksam angesehen. Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist beim BGH anhängig (Az.: XII ZB 143/12).

     

    In einer Entscheidung vom 21.11.12 (FamRZ 13, 269) hat der BGH an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, dass der ZA einer ehevertraglichen Disposition im Hinblick auf die nachrangige Bedeutung des ZA im System des Scheidungsfolgenrechts am weitesten zugänglich sei. Die güterrechtliche Vertragsfreiheit der Ehegatten umschließe das Recht, den von ihnen als unbillig oder unbefriedigend empfundenen Verteilungsergebnissen des gesetzlichen Güterstands durch eine eigenverantwortliche Gestaltung ihrer Vermögenssphäre zu begegnen und eigene ökonomische Bewertungen ihrer Beiträge zum Familienunterhalt vornehmen zu können. Mit dem Ausschluss des Güterstands der Zugewinngemeinschaft machten die Ehegatten lediglich von einer im Gesetz ausdrücklich eröffneten Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch. Eine Entscheidung, die unter fairen Verhandlungsbedingungen getroffen wurde, könne nicht durch die Rechtsordnung missbilligt werden.

     

    Beanstandungen können sich aber laut BGH aus Umständen außerhalb der Vertragsurkunde ergeben, die eine subjektive Ungleichheit, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, einer sozialen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit oder einer intellektuellen Unterlegenheit beweisen. Vorliegend war die Vereinbarung auch nicht sittenwidrig, weil trotz des Verzichts auf Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt der Vertrag in einer nicht zu beanstandenden Weise abgeschlossen wurde. Auch die Ausübungskontrolle ergab kein anderes Ergebnis. Das gelte auch für Fälle, in denen sich ein Ehegatte in der Ehe der Haushaltsführung/Kindererziehung gewidmet und entgegen den Erwartungen bei Vertragsschluss Nachteile beim Aufbau seiner Altersversorgung erlitten habe (BGH a.a.O.).

     

    Dieser Nachteil sei über den Versorgungsausgleich auszugleichen. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass eine salvatorische Klausel trotz angenommener Teilnichtigkeit des Ehevertrags nach § 139 BGB die Gesamtnichtigkeit des Vertrags verhindern könne, wenn eine Störung der Vertragsparität nicht vorliege. Ansprüche aus Ehegattenmitarbeit und Schwiegereltern-Zuwendungen seien nach den Grundsätzen des familienrechtlichen Kooperationsvertrags zu beurteilen und nicht durch eine Ausübungskontrolle (BGH a.a.O.).

     

    3. Anfangsvermögen

    Wenn über den Wert eines zum Anfangsvermögen gehörenden PKW keine Anknüpfungstatsachen für die Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgetragen werden, kommt gemäß § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO die Schätzung eines Mindestwerts in Frage (OLG Hamm FamRZ 12, 31).

     

    PRAXISHINWEIS  | Ein PKW unterliegt dem ZA und ist nur ausnahmsweise als Haushaltsgegenstand anzusehen (BGH FamRZ 91, 43, 49). § 1568b BGB setzt gemeinsames Eigentum voraus. Für die Wertberechnung ist maßgeblich der Verkehrswert des Fahrzeugs am Stichtag, der von Fabrikat, Alter, Laufleistung, Zubehör und Erhaltungszustand (z.B. mit Hilfe der Schwacke-Liste) abhängt.

     

     

    4. Endvermögen

    Das OLG Köln (FamRZ 12, 1713) ermittelt den Firmenwert eines Versicherungsmaklerunternehmens nach dem modifizierten Ertragswertverfahren. Das OLG geht dabei zutreffend von der generellen Verkäuflichkeit von Versicherungsmaklerfirmen aus. Maßgebliche Kriterien sind:

     

    • Kundenstamm,
    • geografische (räumliche) Ausrichtung,
    • Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter,
    • getätigte und geplante notwendige Investitionen,
    • Schadensverlauf,
    • Einpassungsfähigkeit in das Geschäft des Käufers und
    • Erzielung von Synergieeffekten.

     

    Den (abzuziehenden) Unternehmerlohn hat das OLG unter Hinzuziehung eines Sachverständigen anhand folgender Kriterien ermittelt:

     

    • Gehalt eines Innendienstlers nach Tarifgruppe VI gemäß Gehaltstarifvertrag des Arbeitgeberverbands der Versicherungsunternehmen,
    • Aufschlag von 20 Prozent für Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung,
    • 30 Prozent Risikozuschlag für die Übernahme der Geschäftsführung und
    • Abzug von 35 Prozent kalkulatorischer (latenter) Einkommensteuer.

     

    Den Kapitalisierungszinssatz hat der Sachverständige unter Beachtung von Risikozuschlägen und Berücksichtigung der Ertragsentwicklung der letzten fünf Jahre und anhand der Umsatzrenditen ermittelt und so einen Basiszinssatz von 6,5 Prozent zuzüglich Risikozuschlags von 6 Prozent abzüglich 35 Prozent Einkommensteuer zugrunde gelegt (konkret: 8,12 Prozent).

     

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 104 | ID 39302920