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  • 26.01.2011 | Zugewinnausgleich

    Gesamtschuld im Zugewinnausgleich richtig berücksichtigen

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    1. Ist im Rahmen des Zugewinnausgleichs eine Gesamtschuld der Ehegatten zu berücksichtigen, für die sie im Innenverhältnis anteilig haften, kommt es für die Ermittlung des jeweiligen Endvermögens darauf an, ob die Ausgleichsforderung nach § 426 BGB realisierbar ist. Das ist auch der Fall, wenn ein Ehegatte erst aufgrund des Zugewinnausgleichs imstande ist, die interne Ausgleichsforderung zu erfüllen.  
    2. Ein am Bewertungsstichtag bestehender Unterhaltsrückstand ist als Passivposten im Endvermögen des Unterhaltsschuldners anzusetzen.  
    (BGH 6.10.10, XII ZR 10/09, FamRZ 11, 25, Abruf-Nr. 103960)

     

    Sachverhalt

    Die Parteien, deren Ehe rechtskräftig geschieden ist, streiten um Zugewinn. Sie waren Eigentümer zu je 1/2 einer Eigentumswohnung, die sie veräußert haben. Verblieben waren Verbindlichkeiten, die der Beklagte nach Rechtskraft der Ehescheidung abgelöst hat. Auf den vorprozessual geltend gemachten Zugewinn hat der Beklagte einen Teilbetrag gezahlt, ein notarielles Schuldanerkenntnis über einen weiteren Betrag abgegeben, mit unstreitigen Gegenforderungen sowie einer auf § 426 BGB gestützten Ausgleichsforderung aufgerechnet. Klage, Berufung und Revision blieben erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Entscheidend ist die vermögensrechtliche Zuordnung der das Wohnungseigentum betreffenden Gesamtschuld. Dazu Folgendes:  

    Übersicht: BGH zur Gesamtschuld im Zugewinnausgleich

    Die Vorschriften über den Zugewinnausgleich (ZGA) verdrängen den Gesamtschuldnerausgleich nicht, unabhängig davon, ob die Zahlung auf die Gesamtschuld vor oder nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags erfolgt ist (BGH FamRZ 83, 795, 797; 87, 1239, 1240; 88, 920, 921 und 1031).  

     

    Im Endvermögen (EV) kann jeder Ehegatte grundsätzlich die gemeinsamen Verbindlichkeiten nur mit der Quote ansetzen, die im Innenverhältnis auf ihn entfällt.  

     

    Grundsätzlich haften Ehegatten bei einer Gesamtschuld im Innenverhältnis zu gleichen Teilen, § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. Ausnahme: Es ist etwas anderes bestimmt. Dies kann sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben (BGH FamRZ 08, 602).  

     

    • Haben Ehegatten ein Darlehen für ein ihnen gemeinsam gehörendes Wohneigentum aufgenommen, gilt: Die Teilhaber haften für Verbindlichkeiten im Innenverhältnis nach dem Verhältnis ihrer Anteile am Gegenstand, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung oder besonderen Umständen des Falls etwas anderes ergibt (BGH FamRZ 83, 795, 796).

     

    • Bis zum Scheitern der Ehe, d.h. der endgültigen Trennung, ist die Miteigentumsgemeinschaft durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagert, sodass sich eine alleinige Haftung (hier des Beklagten) aus der konkreten Gestaltung des ehelichen Lebens ergeben kann.

     

    • Ab Scheitern der Ehe haben sich die grundlegenden Umstände maßgeblich geändert. Für einen Ehegatten besteht im Allgemeinen kein Anlass, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen, weil das Gegenseitigkeitsverhältnis, in dem die beiderseitigen Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung bestanden haben, aufgehoben ist. Es müssen deshalb andere Umstände aufgezeigt werden, um eine anteilige Haftung desjenigen Ehegatten, der die Zahlung nicht erbracht hat, für die hier allein maßgebliche Zeit nach Erhebung der Scheidungsklage auszuschließen (BGH FamRZ 83, 795, 796; 07, 1975; 08, 602).

     

    • Solche Umstände sind hier nicht festgestellt worden. Sie können sich aber ergeben aus

     

    • einer anderweitigen Bestimmung, die die grundsätzliche Haftung von Gesamtschuldnern im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verdrängt. Das kann der Fall sein, wenn die Schuldentilgung durch einen der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderen geschuldeten Unterhalts berücksichtigt worden ist. Denn das kann zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Reduzierung des Unterhalts und damit wirtschaftlich zur mittelbaren Beteiligung des Unterhaltsberechtigten führen (BGH FamRZ 05, 1236).

     

    • Weiter kann eine anderweitige Bestimmung angenommen werden, wenn die tatsächliche Handhabung, d.h. die weitere Nutzung der Immobilie durch eine Partei, die während dieser Zeit auch die Lasten getragen hat, auf eine stillschweigende Vereinbarung des Inhalts schließen lässt, dass es damit hinsichtlich des internen Ausgleichs sein Bewenden haben soll, weil Nutzung und Leistung im angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BGH FamRZ 86, 881).

     

    Dass ein Ehegatte als Gesamtschuldner zum finanziellen Ausgleich finanziell nicht in der Lage ist, ist kein Grund, ihn von der Haftung im Innenverhältnis freizustellen (BGH FamRZ 83, 795, 796).  

     

    Nach Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB sind gem. § 1375 Abs. 1 S. 2 BGB auch in Verfahren, die vor dem 1.9.09 eingeleitet worden sind, Verbindlichkeiten über die Höhe des EV hinaus abzuziehen. Bedeutsam ist dies jedoch nur, wenn auch das Anfangsvermögen (AV) des betreffenden Ehegatten negativ war. Denn nur in einem solchen, hier nicht vorliegenden Fall kann sich ein Zugewinn aus einer Reduzierung von Verbindlichkeiten ergeben.  

     

    Sofern eine Ausgleichsforderung nach § 426 Abs. 2 S. 1 BGB nicht dauerhaft uneinbringbar, wirtschaftlich wertlos und damit im EV nicht zu berücksichtigen ist, können bei der Berechnung des ZGA der hälftige Wert des Grundstücks und die sich aus dem Innenverhältnis ergebende Haftungsquote (hier: 50 %) des Darlehens eingestellt werden. Die Ausgleichsforderung des Beklagten ist nicht wertlos, weil die Klägerin durch die Berücksichtigung der ZGA-Forderung in der Lage ist, diese zu erfüllen.  

     

     

    Praxishinweis

    Der BGH hat - allerdings ohne jegliche Auseinandersetzung mit dem in der Literatur darüber geführten Streit - zwei Streitfragen entschieden: