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  • 01.04.2005 | Unterhalt

    Selbstbehalt beim Unterhalt einer nicht mit dem Kindesvater verheirateten Mutter

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
    Der dem Unterhaltschuldner im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit für einen Unterhaltsanspruch aus Anlass der Geburt nach § 1615l Abs. 2 BGB zu belassende Selbstbehalt ist nicht generell mit dem angemessenen Selbstbehalt bei Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder, sondern in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwischen diesem angemessenen Selbstbehalt und dem notwendigen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 2 BGB liegt (BGH 1.12.04, XII ZR 3/03, FamRZ 05, 354, Abruf-Nr. 050286).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte ist Vater der im Juli 01 nichtehelich geborenen Tochter der Klägerin, die aus Anlass der Geburt Unterhalt nach § 1615l BGB verlangt. Er hat seine Unterhaltspflicht für das Kind in Höhe von 100 Prozent des jeweiligen Regelbetrags anerkannt. Er erzielte zuletzt ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 1.227 EUR. Die Klägerin verfügt nur über das Erziehungsgeld. AG und OLG haben ihn nur als eingeschränkt leistungsfähig angesehen und ihm den angemessenen Selbstbehalt von 1.000 EUR zugemessen. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter ist mit dem der geschiedenen Ehefrau nach § 1570 BGB zu vergleichen, weil beide Mütter während der ersten drei Lebensjahre die Pflege und die Erziehung des Kindes sicherstellen sollen, ohne auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein. Dieser Zweck kann nur durch einen in der Höhe ausreichenden Unterhaltsanspruch sicher gestellt werden, damit sie nicht zu Lasten der Betreuung des Kindes gezwungen ist, eine eigene Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Die Rangfolge gemäß § 1609 BGB, nach der die nichteheliche Mutter an dritter Rangstelle steht, während die Ehefrau an erster Rangstelle mit den minderjährigen Kindern steht, spielt im Hinblick auf diese Zweckbestimmung keine Rolle.  

     

    Der nach § 1603 Abs. 1, § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB zu belassende angemessene Selbstbehalt kann nicht einheitlich mit 840 EUR bemessen werden. Denn der notwendige Selbstbehalt entspricht der gesteigerten Unterhaltspflicht gemäß 1603 Abs. 2 BGB und gilt nur gegenüber minderjährigen Kindern. Hintergrund dieser gesteigerten Erwerbsobliegenheit besteht darin, dass minderjährigen Kindern wegen ihres Alters von vornherein die Möglichkeit verschlossen ist, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen. Dies lässt sich nicht auf den Geschiedenenunterhalt übertragen, so dass trotz des Gleichrangs mit minderjährigen Kindern insbesondere auch im Hinblick auf die Billigkeitsregelung des § 1581 BGB keine Rechtfertigung dafür besteht, den notwendigen Selbstbehalt als unterste Opfergrenze festzulegen. Vielmehr muss der Selbstbehalt mit einem Betrag bemessen werden, der nicht unter dem notwendigen, aber auch nicht über dem angemessenen Selbstbehalt liegt. Dabei wird es nicht zu beanstanden sein, wenn der Tatrichter im Regelfall von einem hälftig zwischen diesen beiden Beträgen liegenden Betrag ausgeht.