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  • 01.12.2006 | Steuerrecht

    Wichtige Beratungspunkte zum begrenzten Realsplitting (Anlage U)

    von RA Michael Zecher, Ilsfeld

    Im Unterhaltsrecht spielt das sog. begrenzte Realsplitting eine wichtige Rolle, weil der Unterhaltspflichtige dadurch sein verbleibendes Einkommen erhöhen kann. Der folgende Beitrag erläutert die Voraussetzungen und Wirkungen dieses steuerrechtlichen Instituts.  

     

    Unterhaltszahlungen des Unterhaltsschuldners sind nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich nicht abzugsfähige Ausgaben. Diesen Grundsatz durchbricht § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG, der die Möglichkeit eröffnet, Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten bis zum Höchstbetrag von 13.805 EUR jährlich als Sonderausgaben abzuziehen, die der Unterhaltsgläubiger korrespondierend nach § 22 Nr. 1a EStG versteuern muss (begrenztes Realsplitting). Der Vorteil liegt in der unterschiedlichen Progression der Partner. Er fällt am größten aus, wenn der Unterhaltsberechtigte gar keine eigenen Einkünfte hat, zumal bei ihm erst ab einem Betrag von ca. 7.670 EUR (FamRB 06, 98 – Steuerpflicht bzw. Freibetrag variiert nach Steuerklasse, Anzahl Kinder etc.) überhaupt Einkommensteuer anfällt.  

     

    Checkliste: Begrenztes Realsplitting
    • Beiderseitige unbeschränkte Einkommensteuerpflicht: Sowohl Unterhaltsschuldner als auch -gläubiger müssen unbeschränkt steuerpflichtig i.S. des § 1 EStG sein. Ausnahme: Staatsangehörige aus Mitgliedstaaten der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), § 1a Abs. 1 Nr. 1 EStG, der auch für diese Personengruppen ein Realsplitting zulässt.

     

    • Dauerndes Getrenntleben oder Ehescheidung: Die Ehegatten müssen geschieden sein oder dauernd getrennt leben. Ob bereits im Trennungsjahr ein Realsplitting in Betracht kommt, hängt von der Wahl der steuerlichen Veranlagung (Einzel- oder Zusammenveranlagung) ab.

     

    • Ehegattenunterhalt: Das begrenzte Realsplitting ist nur für tatsächlich geleisteten Unterhalt an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten zulässig, nicht dagegen für sonstigen Verwandten- oder Kindesunterhalt. Als Unterhaltsleistung gilt sowohl gesetzlicher als auch vertraglicher oder freiwillig gezahlter Unterhalt, unabhängig davon, ob es sich um laufende oder Einmalzahlungen (z.B. Sonderbedarf, Rückstände) handelt. Sogar Sach- oder Naturalleistungen (z.B. Wohnungsüberlassung) können Berücksichtigung finden. Den nach § 1586b BGB zu Unterhalt verpflichteten Erben steht das begrenzte Realsplitting nicht zu (BFH NJW 98, 1584). Ebenso ist es nichtehelichen Lebensgemeinschaften und registrierten Partnerschaften verwehrt.

     

    • Antrag des Unterhaltsschuldners: § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt einen Antrag des Unterhaltsschuldners voraus, der jeweils nur für ein Jahr gestellt werden kann. Der Antrag ist auch noch trotz eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids für den fraglichen Veranlagungszeitraum möglich. Der Steuerbescheid wird nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert (BFH BStBl. II 89, 957).

     

    • Zustimmung des Unterhaltsgläubigers: In der Praxis wichtigste Voraussetzung ist die Zustimmung des Unterhaltsgläubigers. Die Zustimmungserklärung unterliegt keinem Frist- oder Formerfordernis. Adressat ist das Finanzamt des Unterhaltsschuldners oder des Unterhaltsgläubigers. Die Zustimmungserklärung wirkt im Gegensatz zum Antrag nicht lediglich für ein Jahr, sondern gilt dauerhaft, es sei denn sie wird für die Zukunft widerrufen. Die Zustimmung kann auch auf einen Teilbetrag begrenzt werden. Nach ständiger Rechtsprechung besteht für den Unterhaltsschuldner ein Anspruch gegen den Unterhaltsgläubiger auf Zustimmung zum Realsplitting, der mit der nachwirkenden Verpflichtung zur ehelichen Solidarität begründet wird. Voraussetzung ist allerdings, dass der Unterhaltsschuldner durch die Zustimmung Vorteile erlangt und der Berechtigte keine Nachteile erleidet bzw. ihm diese ersetzt werden.

     

    • Abgrenzung außergewöhnliche Belastungen/begrenztes Realsplitting: Nach § 33a Abs. 1 EStG können Unterhaltszahlungen bis zum Betrag von 7.680 EUR an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten auch als außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Begrenztes Realsplitting (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und außergewöhnliche Belastungen (§ 33a Abs. 1 EStG) stehen in einem Alternativverhältnis, sie schließen sich gegenseitig aus. Das folgt bereits aus dem Nachrang der außergewöhnlichen Belastungen gegenüber dem Abzug von Sonderausgaben, § 33 Abs. 2 S. 2 EStG.

     

    Im Gegensatz zum Realsplitting ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Unterhaltsberechtigten keine Voraussetzung für § 33a Abs. 1 EStG, so dass auch Unterhaltsleistungen an einen im Ausland lebenden Ehegatten abziehbar sind. Ein weiterer Unterschied zum Realsplitting liegt darin, dass bei § 33a Abs. 1 EStG eigenes Einkommen des Unterhaltsberechtigten schädlich ist. Der Abzugsbetrag vermindert sich um den Betrag, um den die eigenen Einkünfte oder Bezüge des Unterhaltsberechtigten 624 EUR im Kalenderjahr übersteigen, § 33a Abs. 1 S. 4 EStG. Hingegen bedarf es für den Abzug nach § 33a Abs. 1 EStG keiner Zustimmung des Unterhaltsberechtigten.

     

    Von der Abzugsmöglichkeit nach § 33a Abs. 1 EStG Gebrauch zu machen ist vorzugswürdig, wenn der Unterhaltsberechtigte keine eigenen Einkünfte hat und die Unterhaltsleistungen 7.680 EUR nicht übersteigen. Denn dann entfällt die Zustimmungspflicht sowie das Erfordernis für den Unterhaltsberechtigten, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Der Abzug als außergewöhnliche Belastungen sollte außerdem in den Fällen gewählt werden, in denen es beim Empfänger nicht zum Bezug steuerpflichtiger Unterhaltszahlungen kommen soll.

     

    • Antrag auf Durchführung des begrenzten Realsplittings (aus Sicht des Unterhaltsschuldners): Der Antrag ist jedes Jahr neu beim Finanzamt zu stellen. Sofern der monatliche Ehegattenunterhaltsbetrag unstreitig ist, dass sich für den Unterhaltsschuldner keine Nachteile aus dessen Geltendmachung ergeben, sollte unmittelbar ein Lohnsteuer-Ermäßigungsantrag beim Finanzamt gestellt werden, wonach der Unterhaltsschuldner einen Freibetrag in Höhe des zu zahlenden Unterhalts auf der Lohnsteuerkarte eintragen lassen kann, so dass sich seine monatliche Liquidität steigert.

     

    Praxishinweis: „Anlage U-Formulare“ können im Internet heruntergeladen werden und, bis auf den Unterhaltsbetrag ausgefüllt, mit in die Unterhaltsverhandlung mitgenommen werden. Dort kann bei Einigung der Betrag ergänzt werden und der Unterhaltsberechtigte direkt zur Unterzeichnung aufgefordert werden. Dadurch erspart man sich nicht nur den Schriftverkehr, auch kann der Freibetrag unmittelbar ab dem auf die Verhandlung folgenden Monat eingetragen werden.

     

    • Zustimmung zum begrenzten Realsplitting aus Sicht des Unterhaltsgläubigers: Es muss nicht das von der Finanzverwaltung entwickelte Formular (Anlage U) verwendet werden. Daher kann es aus Sicht des Unterhaltsberechtigten ratsam sein, eine separate Zustimmungserklärung abzugeben, mit der keine Erklärung über die Höhe des tatsächlich geleisteten Unterhalts verbunden ist. Auf jeden Fall sollte die Zustimmungserklärung nur jeweils auf ein Jahr beschränkt abgegeben werden. Ein solcher Vermerk kann auch auf dem Anlage U Formular angebracht werden.

     

    • Die Zustimmung sollte nur Zug um Zug gegen schriftliche Verpflichtungserklärung zur Freistellung von den entstehenden steuerlichen und sonstigen Nachteilen erteilt werden. Darunter fallen steuerliche Nachteile (Korrespondenzprinzip), aber auch sonstige, z.B. Kürzung bzw. Entzug öffentlicher Leistungen (Wohnungsbauprämie, Arbeitnehmersparzulage, etc.), der Wegfall des Privilegs der Familienversicherung nach § 10 Abs. 1 SGB V oder u.U. auch die Erstattung von Steuerberatungskosten des Unterhaltsberechtigten. Diese sonstigen Nachteile sind substantiiert darzulegen.