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  • 01.11.2006 | Elternunterhalt

    Einsatz des Vermögensstamms

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf
    1. Auch im Rahmen des Elternunterhalts muss der Unterhaltsschuldner grundsätzlich den Stamm seines Vermögens einsetzen. Einschränkungen ergeben sich daraus, dass sonstige Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich einer angemessenen Altersversorgung nicht zu gefährden braucht.  
    2. Dem Unterhaltsschuldner steht es grundsätzlich frei, in welcher Weise er neben der gesetzlichen Rentenversicherung Vorsorge für sein Alter trifft. Sichert er den Fortbestand seiner gegenwärtigen Lebensverhältnisse durch Sparvermögen oder ähnliche Kapitalanlagen, muss ihm davon jedenfalls der Betrag verbleiben, der sich aus der Anlage der ihm unterhaltsrechtlich zuzubilligenden zusätzlichen Altersversorgung (bis zu 5 Prozent des Bruttoeinkommens beim Elternunterhalt) bis zum Renteneintritt ergäbe.  
    (BGH 30.08.06, XII ZR 98/04, n.v., Abruf-Nr. 062699)  

     

    Sachverhalt

    Der Kläger, ein Sozialhilfeträger, begehrt vom Beklagten Elternunterhalt aus übergegangenem Recht für dessen Mutter, die im Pflegeheim untergebracht ist. Für diese erbrachte der Kläger Hilfe zu Pflege, weil ihre Einkünfte zuzüglich Pflegeversicherung nicht ausreichten. Der Beklagte erzielte während des geltend gemachten Unterhaltszeitraums ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.340 EUR, von dem noch Fahrtkosten abgingen. Außerdem erzielte er monatliche Kapitalerträge. Daneben verfügte er über Vermögen von ca. 114.000 EUR, das sich aus Sparguthaben, Rückkaufswerten zweier Lebensversicherungen, Wertpapieren, Gold und Schmuck zusammensetzte. Der Beklagte ist ledig und kinderlos und wohnt zur Miete. Mit seinem Vermögen möchte er ein Hausgrundstück oder eine Eigentumswohnung sowie einen neuen Pkw erwerben, weil der alte 12 Jahre alt war und eine Laufleistung von 215.000 km hat. Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten dagegen hatte Erfolg, während die Revision erfolglos blieb.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Beklagte ist nicht leistungsfähig. Der Selbstbehalt beträgt 1.250 EUR zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens. Allerdings muss grundsätzlich auch der Stamm des Vermögens eingesetzt werden. Einschränkungen ergeben sich daraus, dass sonstige Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners und sein eigener angemessener Unterhalt zu berücksichtigen sind, zu dem auch eine angemessene Altersversorgung gehört. Neben der primären Altersversorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung ist eine zusätzliche Altersversorgung von weiteren fünf Prozent des Bruttoeinkommens abzugsfähig. Wenn dem Schuldner dies gestattet wird, diese dafür notwendigen Beträge zusätzlich zurückzulegen, müssen auch so geschaffene Vermögenswerte als Altersversicherung dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers entzogen bleiben.  

     

    Das Bruttoeinkommen des Beklagten beträgt ca. 2.143 EUR. Davon darf er 5 Prozent, also monatlich 107 EUR zurücklegen. Während eines Berufslebens von 35 Jahren ergibt sich bei dieser Sparrate bei einer Rendite von 4 Prozent ein Kapital von ca. 100.000 EUR. Dieser Betrag ist dem Beklagten als Altersvorsorge zu belassen. Insofern sind aber auch die Lebensversicherungen einzusetzen. Eine weitere Altersversorgung bestand nicht, so dass damit das Vermögen des Beklagten nahezu zweckgebunden für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung stand.