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  • 25.02.2010 | Elterliche Sorge

    Rückführung nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKÜ)

    von RA Thurid Neumann, FA Familienrecht, Konstanz

    Da es immer mehr Ehen und Lebensgemeinschaften zwischen Partnern unterschiedlicher Nationalität gibt, nehmen auch die Auseinandersetzungen um die elterliche Sorge für Kinder aus diesen Beziehungen zu. Oft verlässt ein Elternteil nach der Trennung den Staat des gemeinsamen Wohnsitzes mit den gemeinsamen Kindern ohne Zustimmung des anderen Elternteils und ohne eine entsprechende Sorgerechtsregelung herbeizuführen. Der verlassene Elternteil wird oft vor vollendete Tatsachen gestellt, wenn sein Kind in den Heimatstaat des entführenden Elternteils verbracht und dort widerrechtlich zurückgehalten wird. Mit Hilfe des Haager Kindesentführungsübereinkommens vom 25.10.80 (kurz: HKÜ), kann der Elternteil, dessen Kind gegen seinen Willen in ein anderes Land entführt wurde, seine Rechte auf verschiedene Weise geltend machen. Das HKÜ hat gemäß Art. 1 HKÜ den Zweck, ein Kind vor den nachteiligen Folgen eines widerrechtlichen Verbringens in einen anderen Vertragsstaat oder eines widerrechtlichen Zurückhaltens in einem anderen Vertragsstaat zu schützen und nicht die Regelung des Sorgerechts (Art.19 HKÜ).  

     

    Vertragsstaaten

    Zunächst muss geprüft werden, ob die beteiligten Länder Vertragsstaaten sind. Der jeweils aktuelle Stand, insbesondere in Bezug auf Deutschland, findet sich auf der Internetseite der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht unter www.hcch.net unter „Conventions“- „Convention Nr. 28“ - Status Table“ bzw. „Acceptance of accessions“.  

     

    Möglichkeiten gemäß Art. 8 HKÜ

    Wird ein Kind von Deutschland in einen anderen Vertragsstaat entführt, hat der in Deutschland zurückgebliebene Elternteil gemäß Art. 8 HKÜ folgende Möglichkeiten:  

     

    • Bundesamt für Justiz in Bonn: Der zurückgebliebene Elternteil kann sich direkt an das Bundesamt für Justiz in Bonn (Zentrale Behörde für Internationale Sorgerechtskonflikte) wenden. Dort gibt es spezielle Antragsformulare, die auch im Internet heruntergeladen werden können. Das ausgefüllte Antragsformular wird - gegebenenfalls nach Übersetzung und Anforderung noch fehlender Dokumente - an die Zentrale Behörde desjenigen Vertragsstaats weitergeleitet, in den das Kind entführt worden ist (Art. 9 HKÜ). Gemäß Art. 7a HKÜ hat die Zentrale Behörde in dem betreffenden anderen Vertragsstaat unverzüglich den Aufenthalt des Kindes ausfindig zu machen. Gemäß Art. 7c HKÜ hat es auf die freiwillige Rückgabe des Kindes oder eine gütliche Regelung der Angelegenheit hinzuwirken. Gemäß Art. 7f HKÜ hat es gegebenenfalls ein gerichtliches Verfahren zur Rückführung des Kindes einzuleiten. Wie lange das Rückführungsverfahren dauert und wie es abläuft, richtet sich nach dem Recht des ersuchten Staates. In dem Recht des ersuchten Staates wird auch geregelt, ob die jeweilige Zentrale Behörde den im Ausland lebenden Antragsteller im Gerichtsverfahren vertritt, ob dies eine andere Stelle tut und ob ein Rechtsanwalt einzuschalten ist. Gemäß Art. 11 HKÜ sind die Gerichte oder Verwaltungsbehörden des jeweiligen Vertragsstaats gehalten, in den Rückführungsverfahren mit der gebotenen Eile zu handeln. In der Regel soll eine Entscheidung innerhalb von sechs Wochen getroffen werden. Gemäß Art. 12 HKÜ ordnet das zuständige Gericht oder die zuständige Verwaltungsbehörde die sofortige Rückgabe des Kindes an, wenn ein Kind gemäß Art. 3 HKÜ widerrechtlich verbracht oder zurückgehalten wird und seit Eingang des Antrags bei Gericht oder der Verwaltungsbehörde des Vertragsstaates, in dem sich das Kind befindet, noch kein Jahr seit dem Verbringen oder Zurückhalten verstrichen ist. Nach Ablauf der Jahresfrist wird die Rückführung nur dann nicht angeordnet, wenn erwiesen ist, dass sich das Kind in seine neue Umgebung eingelebt hat.