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  • 28.07.2008 | Elterliche Sorge

    Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle
    Zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wenn der die Alleinsorge begehrende Elternteil für die völlige Zerrüttung der sozialen Beziehungen zwischen den Eltern (haupt-)verantwortlich ist (BGH 12.12.07, XII ZB 158/05, FamRZ 08, 592, Abruf-Nr. 080542).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien (M und V) haben zwei minderjährige Kinder, die aus einer nicht ehelichen Partnerschaft hervorgegangenen sind. M und V sind aufgrund einer Sorgerechtserklärung Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge. Die nach der Trennung bestehenden Umgangskontakte des V mit seinen Kindern wurden wegen des Vorwurfs pädophiler Neigungen und eines konkreten Verdachts des sexuellen Missbrauchs der Tochter durch M unterbrochen. Sie wurden in Form eines begleiteten Umgangs erst wieder aufgenommen, als der Verdacht durch ein psychologisches Sachverständigengutachten entkräftet wurde. Einem unbegleiteten Umgang widersetzte sich die M und beantragte einen befristeten Ausschluss des Umgangs. Im vorliegenden Verfahren hat sie erfolgreich den Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für beide Kinder auf sich gestellt. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Es besteht weder ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Fortbestands der gemeinsamen elterlichen Sorge noch ist eine gesetzliche Vermutung dafür gegeben, dass die gemeinsame elterliche Sorge bei Trennung der Eltern im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung ist (BGH FamRZ 99, 1646; 05, 1167; BVerfG FamRZ 04, 354).  

     

    Voraussetzung der gemeinsamen Elternsorge ist ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern (BVerfG FamRZ 04, 1015). Das ist konkret festzustellen. Formelhafte Wendungen reichen nicht (BGH FamRZ 05, 1167). Notwendig ist ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten über und Bereitschaft für den persönlichen Umgang des Kindes mit dem nicht betreuenden Elternteil (BGH FamRZ 99, 1646), also in einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S. des § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB. Daran fehlt es angesichts der strikten Weigerung der M zur positiven Mitwirkung an Umgangskontakten. Zwar ist eine Pflicht zum Konsens nicht zu bestreiten. Dem Kindeswohl dient aber nicht allein das Bestehen der Pflicht, sondern erst deren tatsächliche Erfüllung. Diese lässt sich aber nicht verordnen. Besteht angesichts der Entwicklungen in der Vergangenheit die begründete Besorgnis, dass Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sind, die Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich.