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  • 01.05.2006 | Eheverträge

    Nachträgliche Durchführung des VA bei Sittenwidrigkeit des vertraglichen Ausschlusses

    von RiOLG Birgitta Bergmann-Streyl, Düsseldorf
    Ist im Scheidungsverfahren der Versorgungsausgleich wegen eines vertraglich vereinbarten Ausschlusses nicht durchgeführt worden, kann er nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur richterlichen Inhaltskontrolle von Eheverträgen auf Antrag auch nach rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der vertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs sittenwidrig war (OLG Düsseldorf 22.9.05, II-1 UF 22/05, NJW 06, 234, Abruf-Nr. 060994).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien hatten im notariellen Ehevertrag Gütertrennung vereinbart und auf den Versorgungsausgleich (VA) sowie auf Unterhalt verzichtet. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Ehefrau schwanger. Sie besaß keine Berufsausbildung und war nicht erwerbstätig. Ihren Lebensunterhalt hatte sie zeitweise als Prostituierte verdient. In der Ehe versorgte sie die gemeinsamen Töchter, während der Ehemann berufstätig war. Die Ehe der Parteien wurde rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsurteil heißt es im Tenor: „Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.“ In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, dass deklaratorisch festzuhalten sei, dass kein Versorgungsausgleich (VA) stattfinde. Im März 04 hat die Ehefrau den Antrag auf Durchführung des VA gestellt. Sie hat dazu vorgetragen, sie habe im Scheidungsverfahren keinen Antrag auf Durchführung des VA gestellt, weil dieser auf Grund der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Erfolgsaussichten gehabt habe. Das AG hat den Antrag auf Durchführung des VA abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Ausschluss des VA im notariellen Vertrag war gemäß § 138 BGB nichtig. Denn er führte zu einer evident einseitigen und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung zum Nachteil der Antragstellerin (BGH FamRZ 05, 26).  

     

    Der nachträglichen Durchführung des VA – nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung – steht nicht die Rechtskraft des Scheidungsurteils entgegen. Denn nach § 53d FGG findet eine Entscheidung über den VA nicht statt, wenn dieser gemäß § 1408 Abs. 2 BGB durch notariellen Vertrag ausgeschlossen worden ist.