Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.12.2009 | Ehegattenunterhalt

    Zur Präklusion bei Abänderungsklagen

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    Maßgeblich für die Präklusion ist, wann die Änderung tatsächlich eingetreten ist, nicht der frühere Zeitpunkt der Vorhersehbarkeit (OLG Thüringen, 26.5.09, 1 WF 105/09, Abruf-Nr. 093700).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Antragsteller verlangt Abänderung eines Urteils, mit dem er verurteilt wurde, Unterhalt i.H.v. 100 Prozent des Regelbetrags zu zahlen. Die damals berücksichtigte Eigenheimzulage ist zum 1.8.08 entfallen und er ist einem weiteren Kind unterhaltsverpflichtet, für das er aufgrund einer Veränderung der Altersstufe jetzt höheren Unterhalt zahlt. Antragsgegnerin ist die 1993 geborene Tochter des Antragstellers, die bei der Mutter lebt. Eine Präklusion ist nicht eingetreten, weil es sich um Umstände handelt, die erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren entstanden sind. Der Antragsteller kann weiter den Mindestunterhalt zahlen.  

     

    Praxishinweis

    Zutreffend sind die Ausführungen des OLG zur Präklusion. Gemäß § 323 Abs. 2 ZPO ist ebenso wie nach § 238 Abs. 2 FamFG diese nur gegeben, wenn die Gründe, auf die die Abänderung gestützt wird, nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Ein Verhandeln über den Sachantrag ist vorauszusetzen. Eine Verhandlung lediglich über die Kosten des Rechtsstreits genügt nicht (OLG Köln FamRZ 96, 354). Tatsacheninstanz ist auch der Berufungs- bzw. Beschwerderechtszug (BGH FamRZ 88, 493).  

     

    Vorliegend war fraglich, ob die Präklusion nur Tatsachen erfasst, die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung bereits entstanden waren, oder auch solche einbezogen werden können, die zu diesem Zeitpunkt bereits vorhersehbar waren. Nach dem Wortlaut des § 323 Abs. 2 ZPO bzw. § 238 Abs. 2 FamFG müssen die Abänderungsgründe bereits eingetreten sein, um die Präklusionswirkung zu begründen. Dies spricht dafür, dass noch nicht eingetretene, aber vorausschauend berücksichtigungsfähige Umstände nicht als Alttatsachen zu behandeln sind, da sie ihre Qualität als Abänderungsgrund erst nach Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung erlangen (OLG Karlsruhe FamRZ 04, 1052; OLG Hamm FamRZ 03, 461). Das Gericht hat zwar die Möglichkeit, die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht eingetretenen, aber bevorstehenden Ereignisse bei der Prognoseentscheidung gemäß § 258 ZPO zu berücksichtigen. Daraus lassen sich jedoch Konsequenzen für die Beurteilung der Präklusionswirkung nicht herleiten. Bei einer anderen Betrachtungsweise käme es zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten, wann eine künftige Entwicklung als Alttatsache und wann als Abänderungsgrund zu behandeln ist. Außerdem hängt die Berücksichtigung voraussehbarer Umstände von der unterschiedlichen Verfahrensweise der Gerichte ab. Einige berücksichtigen künftige Entwicklungen nicht einmal, wenn sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang nach Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eintreten. Andere Gerichte würdigen die künftige Entwicklung vorausschauend im größeren zeitlichen Zusammenhang. Daher scheint es gerechtfertigt, die Präklusion nur auf den Ausschluss solcher Gründe zu beschränken, die bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eingetreten sind (BGH FuR 92, 50; FamRZ 93, 941; zur Gegenmeinung vgl. Überblick bei Johannsen/Henrich/Brudermüller § 323 Rn. 92). Steht also nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung eine Änderung des Unterhalts, etwa bei Kindesunterhalt wegen Erreichung der nächsten Altersgruppe oder der Volljährigkeit oder beim Trennungsunterhalt wegen gesunkener Einkünfte aufgrund geänderter Steuerklasse bevor oder ändert sich die Leistungsfähigkeit wegen der unmittelbar bevorstehenden Geburt eines Kindes, muss diese Änderung zur Vermeidung der Präklusionswirkung nicht vorgetragen werden. Vielmehr stellt der Eintritt dieses Umstands nach Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung einen Abänderungsgrund dar.