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  • 01.11.2005 | Der praktische Fall

    Zinsschäden nach verweigerter Freigabe von Beträgen auf einem Notaranderkonto

    von Ri Andreas Möller, Bochum

    Im Rahmen der Ehescheidung werden häufig die im Miteigentum beider Ehegatten stehenden Immobilien veräußert. Die Veräußerung hat auch Einfluss auf den Zugewinnausgleich. Der Beitrag zeigt, dass darüber hinaus sogar weitere Ansprüche bestehen können wie z.B. Ansprüche auf Ersatz von Zinsschäden wegen verweigerter Freigabe des Verkaufserlöses, der sich auf einem Notaranderkonto befand.  

     

    Beispiel

    Die Parteien F und M sind geschiedene Eheleute. Sie waren Miteigentümer eines Hauses. Dieses Haus wurde zu einem Preis von 200.000 EUR veräußert. Nach Abzug der Kredite verbleibt ein Restbetrag in Höhe von 25.000 EUR. Dieser Betrag befindet sich auf einem Anderkonto des beurkundenden Notars und soll nur auf übereinstimmende Weisungen der Parteien freigegeben werden. M fordert F außerprozessual auf, den hälftigen Betrag abzüglich Kosten zu seinen Gunsten freizugeben. F verweigert dies unter Hinweis auf ihr angeblich zustehende Zugewinnausgleichsansprüche. M reicht daraufhin Klage ein. F beruft sich auch im Klageverfahren auf ihren angeblichen Zugewinnausgleichsanspruch. Deswegen wird das Zivilverfahren bis zum Abschluss des Verfahrens über den Zugewinnausgleich gemäß § 148 ZPO ausgesetzt. Die Zugewinnausgleichsklage der F wird rechtskräftig abgewiesen. Daraufhin erklärt F die Zustimmung zur hälftigen Auszahlung des Betrags, der sich auf dem Notaranderkonto befindet. Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen verfolgt M sein Begehren im Hinblick auf die Finanzierungskosten weiter, die ihm wegen der verspäteten Freigabe entstanden sind. Zu Recht?  

     

    Lösung: Ja. M hat gemäß § 286 BGB einen Anspruch auf Ersatz seiner Finanzierungskosten. Er hat einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch gegen F auf Zustimmung zur Auszahlung des Geldes, das sich auf dem Notaranderkonto befand. F kann sich insbesondere nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Zwar kann ein Ehegatte die Zustimmung zur Auszahlung des Erlöses an den anderen Ehegatten gemäß § 273 BGB verweigern, wenn sein fälliger Anspruch auf Zugewinnausgleich noch nicht erfüllt ist (BGH NJW-RR 90, 133). Wie rechtskräftig festgestellt wurde, hatte F aber keinen Zugewinnausgleichsanspruch. Dewegen konnte sie sich auch nicht auf ihr Zurückbehaltungsrecht berufen. Der Anspruch des M auf Freigabe ist damit durchsetzbar.  

     

    Praxishinweis: Der BGH hat entschieden, dass die Vorenthaltung eines zinslosen Darlehens analog § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen ist (BGHZ 74, 231). Dies könnte dazu führen, dass auch ohne konkrete Finanzierungskosten gemäß § 288 Abs. 1 BGB in solchen Fällen Zinsen verlangt werden können. Ober- bzw. höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage ist – soweit ersichtlich – nicht ergangen. Nach Ansicht des LG Ellwangen (in einem ähnlichen Fall: Hinterlegung) kann neben der Geltendmachung eines konkreten Verzugsschadens gemäß § 286 BGB auch eine Verzinsung gemäß § 288 Abs. 1 BGB analog verlangt werden (BeckRS 04, 10247, 19.7.02 3 O 93/01, Abruf-Nr. 053001). Das LG Ellwangen verweist darauf, dass ein Freigabeanspruch mit der Vorenthaltung eines zinslosen Darlehens vergleichbar sei. Zu Bedenken ist aber, dass es sich bei dem Anspruch um einen solchen auf Abgabe einer Willenserklärung und nicht um einen Zahlungsanspruch handelt. Der Anwalt muss seinen Mandanten auf das Risiko des Zinsschadens hinweisen, wenn – wie hier – die Freigabe des Geldes verweigert wird, aber kein Zugewinnausgleichsanspruch des Mandanten besteht.  

     

    Quelle: Ausgabe 11 / 2005 | Seite 194 | ID 87250