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  • Der praktische Fall
    Zählen Unfallrenten zum Einkommen?
    von RA Ernst Sarres, FA Familienrecht, Duisburg
    Maßstab für die Unterhaltspflicht beim Unterhaltsschuldner ist das herkunftsneutrale Einkommen (= Einnahmen) nach einem in der Rechtsprechung gefestigten weiten Einkommensbegriff. Für den abhängig Beschäftigten, den Empfänger von wiederkehrenden Lohnersatzleistungen oder den Selbständigen gilt das Prinzip: "Alles Einkommen". Der folgende Praxis-Fall verdeutlicht, dass es bei der Berücksichtigung von Unfallrenten als Einkommen darauf ankommt, wofür der Unterhaltsschuldner als Empfänger dieser Rente das Geld verwendet.
    Fallbeispiel
    M bezieht eine Unfallrente von 500 EUR und Arbeitslosengeld von 700 EUR. Die Unterhaltsansprüche seiner geschiedenen Ehefrau F, die Sozialhilfe bezieht, weist er mit dem Hinweis zurück, die Unfallrente sei eine Art Schmerzensgeld und dürfe nicht für den Unterhalt eingesetzt werden. Er trägt vor, dass er ständig Beschwerden, aber keine erhöhten medizinischen Aufwendungen habe. Das Familiengericht gewährt der F PKH mit der Aussicht auf einen Unterhaltsanspruch von rund 200 EUR. Wie ist die Rechtslage?
    Der Unterhaltspruch der F bestünde nicht, wenn die Rente dem M als Sozialleistung zur Deckung von krankheitsbedingten Mehrbedarfsaufwendungen verbleiben muss. Denn gemäß § 1610a BGB wird vermutet, dass Sozialleistungen für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens zur Deckung des schadenbedingten Mehraufwands eingesetzt werden. Dann müsste aber die Unfallrente zu einer Sozialleistung i.S. von § 1610a BGB zählen. Die h.M. verneint dies, weil die Zahlung einer Arbeitsunfallrente nicht zum Ausgleich von besonderen Aufwendungen erfolgt. In diesem Sinne würden nur z.B. Blindengeld oder Pflegegeld als Sozialleistungen verstanden, die nicht dem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen hinzuzurechnen sind (vgl. den Überblick bei Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1610a Rn. 4).
    Demgegenüber haben grundsätzlich alle Rentenarten einschließlich der Arbeitsunfallrente folgerichtig eine widerlegbare Einkommensersatzfunktion (OLG Hamm FamRZ 01, 441). Sie sind wie Einkommen zu qualifizieren. Die Rente gilt daher als unterhaltsrechtsrelevantes Einkommen, so dass der Zahlungsanspruch von rund 200 EUR besteht. Dagegen hat z.B. Blindengeld nach den entsprechenden Landesgesetzen keine Einkommensersatzfunktion.
    A kann die Unfallrente nur dem Einkommen als Berechnungsgrundlage entziehen, wenn er den Betrag für krankheitsbedingte Kosten benötigt. Er trägt dafür die Darlegungs- und Beweislast (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rn. 800).
    Quelle: Familienrecht kompakt - Ausgabe 04/2004, Seite 72
    Quelle: Ausgabe 04 / 2004 | Seite 72 | ID 102931