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  • · Fachbeitrag · Testament

    Scheidungsklausel allein begründet noch keinen Anspruch auf Vorlage eines Erbscheins

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Enthält ein Ehegattentestament eine Scheidungsklausel, die sich an die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 BGB anlehnt, können hieraus allein keine Zweifel an dem behaupteten Erbrecht abgeleitet werden, die das Verlangen nach der Vorlage eines Erbscheins rechtfertigen könnten (§ 35 Abs. 1 S. 2 HS. 2 GBO) (KG Berlin 13.11.12, 1 W 382/12, Abruf-Nr. 130268).

    Sachverhalt

    Die Klägerin ist gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann zu je ½ als Eigentümerin einer Eigentumswohnung im Grundbuch eingetragen. Sie beantragte die Umschreibung des Miteigentumsanteils ihres verstorbenen Ehemanns auf sich. Hierzu legte sie eine vom AG eröffnete notarielle Verfügung von Todes wegen vor, wonach sich die Eheleute gegenseitig als alleinige Erben eingesetzt haben. Das Testament enthält eine Scheidungsklausel folgenden Wortlauts: „Wird vor dem Tode des Erstversterbenden ein Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt, einem solchen Antrag durch den anderen von uns zugestimmt oder Klage auf Aufhebung der Ehe anhängig gemacht, soll das vorliegende Testament nicht wirksam bleiben.“

     

    Das Grundbuchamt verlangte einen Erbschein, da sich die Erbfolge nicht zweifelsfrei aus dem notariellen Testament ergebe; es könne nicht geprüft werden, ob einer der Ehegatten Antrag auf Scheidung gestellt hat.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 22 GBO nach dem Ableben des Grundstücksmiteigentümers erfolgt in erster Linie auf der Grundlage eines vom Nachlassgericht zu erteilenden Erbscheins (§ 35 Abs. 1 S. 1 GBO). Beruht die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt es in der Regel, wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 S. 2 HS. 1 GBO).

     

    In einem solchen Fall darf das Grundbuchamt einen Erbschein nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können. Entfernte abstrakte Möglichkeiten, die das aus der Verfügung hervorgehende Erbrecht nur unter ganz besonderen Umständen in Frage stellen, vermögen das Verlangen nach Vorlegung eines Erbscheins ebenso wenig zu rechtfertigen wie rein rechtliche Bedenken (Demharter, GBO, 28. Aufl., Rn. 39 zu § 35 m.w.N.).

     

    Wenn die letztwillige Verfügung von Ehegatten - anders als im vorliegenden Fall - keine Scheidungsklausel enthält, kann das Grundbuchamt trotz der gesetzlichen Auslegungsregel des § 2077 Abs. 1 BGB ohne Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten keinen Erbschein verlangen. Denn dann liegt nur die abstrakte Möglichkeit vor, dass das Ehegattentestament nach § 2077 Abs. 1 BGB unwirksam wird.

     

    Etwas anderes hat auch dann nicht zu gelten, wenn das Ehegattentestament eine Scheidungsklausel enthält, die sich an die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 BGB anlehnt. Denn dann tritt die Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung unter denselben Voraussetzungen ein, die auch das Gesetz vorsieht. Beide Fälle sind gleich zu behandeln. Anderenfalls könnte jede verheiratete Person die Erbfolge nach letztwilligen Verfügungen nur durch einen Erbschein nachweisen, was § 35 Abs. 1 S. 2 GBO zuwiderlaufen würde.

     

    Praxishinweis

    Stirbt ein Ehegatte während eines anhängigen Scheidungsverfahrens, wird ein gemeinschaftliches Testament unwirksam, wenn es der verstorbene Ehegatte war, der die Scheidung der Ehe beantragt, ihr zugestimmt oder eine begründete Aufhebungsklage erhoben hatte (§ 2268 Abs. 1 BGB i.V. mit § 2077 BGB). Der Gesetzeswortlaut umfasst hingegen nicht den Fall, dass der Ehegatte, gegen den der Scheidungsantrag gerichtet ist und der der Ehescheidung nicht zugestimmt hat, zuerst verstirbt.

     

    Aus dieser Zufälligkeit der Rechtsfolgen, je nachdem, wer von den Ehegatten Antrag auf Scheidung gestellt hat, empfiehlt sich in gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten immer die Aufnahme einer Scheidungsklausel. Für den Fall, dass einer der Ehegatten Antrag auf Scheidung gestellt hat, ist dann das gesamte Testament mit all seinen Verfügungen hinfällig.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 37 | ID 37478770

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