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  • · Fachbeitrag · Erbschaftsteuer

    Erwachsenenadoption: Nebenmotiv Steuerersparnis

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Die Minderung der künftigen Erbschaftssteuerlast als Folge einer Erwachsenenadoption steht einer sittlichen Rechtfertigung der Adoption nicht entgegen, wenn die Steuerersparnis Nebenmotiv ist. Entscheidend ist ein bestehendes Eltern-Kind-Verhältnis (OLG Hamm 29.6.12, II-2 UF 274/11, Abruf-Nr. 123234).

     

    Sachverhalt

    Die Annehmende ist verwitwet und hat keine Kinder. Die Annehmende will deshalb ihre beiden Neffen (Anzunehmende) adoptieren, deren Eltern bereits verstorben sind. Bereits vor Jahren hatte die Annehmende zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann ein Testament zugunsten ihrer Neffen errichtet. Die Annehmende erstellte eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung, in der sie die Neffen für den Erkrankungsfall als Vertretungsberechtigte angab. Das AG - Familiengericht - hat nach persönlicher Anhörung der Annehmenden und Anzunehmenden den Adoptionsantrag zurückgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Volljährigenadoption nicht gegeben seien. Es sei bereits zweifelhaft, ob zwischen der Annehmenden und den Neffen eine Eltern-Kind-Beziehung bestehe oder nur eine gute verwandtschaftliche Beziehung zu einer alleinstehenden Tante. Indes könne dies dahinstehen, da die Adoption sittlich nicht gerechtfertigt sei. Die sittliche Rechtfertigung fehle dann, wenn wirtschaftliche Interessen das Hauptmotiv für die Adoption seien. Die persönliche Anhörung habe ergeben, dass die gewünschte Einsparung der Erbschaftsteuer den Hauptgrund für den Adoptionsantrag darstelle. Die Annehmende verfüge über Immobilienvermögen in erheblicher Höhe.

     

    Entscheidungsgründe

    Ein Volljähriger kann als Kind angenommen werden, wenn zwischen dem Annehmenden und Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 BGB). Grundlage des Eltern-Kind-Verhältnisses ist die Vorstellung einer gelungenen oder jedenfalls zu erwartenden Eltern-Kind-Beziehung, eine emotionale Verbundenheit entsprechend der unterschiedlichen Lebenserfahrung, die Verbundenheit mit dem Leben des Anderen durch die Pflege eines kontinuierlichen Kontakts und die daraus resultierende Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand. Dabei ist unerheblich, ob die Annehmende im Haushalt der Anzunehmenden lebt. Bei der Annahme von Personen vorgerückten Alters sind an die Unterhaltung dauernder persönlicher Beziehungen weniger weitgehende Anforderungen zu stellen als bei der Adoption minderjähriger Kinder. Deshalb ist das Eltern-Kind-Verhältnis unter Erwachsenen i.S. des § 1767 Abs. 1 BGB wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand geprägt. Demgemäß ist die von gegenseitigem unbedingtem Beistand getragene dauernde Verbundenheit allgemein als prägendes Merkmal eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Beteiligten einer Erwachsenenadoption zu betrachten (BayObLG 29.3.95, 1Z BR 72/94, FamRZ 96, 183).

     

    Dass allein finanzielle Erwägungen im Vordergrund des Adoptionswunsches standen, ist hier nicht anzunehmen. Weder die Annehmende noch ihre Neffen kannten den Wert der Immobilie. Damit war die Bezifferung einer möglichen Steuerlast kaum möglich. Ist den Parteien nicht bekannt, in welcher Höhe Steuern vermieden werden könnten, ist nicht naheliegend, dass gerade der Wunsch nach Vermeidung der Erbschaftssteuer der Hauptbeweggrund der Kindesannahme sei. Zudem haben die Anzunehmenden deutlich gemacht, dass ihnen der Vorteil erhöhter Freibeträge bekannt, indes diese finanzielle Seite nachrangig sei. Auch wenn die Unterscheidung von Haupt- und Nebenmotiv nur schwer objektivierbar ist, ist damit davon auszugehen, dass dieses Motiv der Verringerung einer etwaigen Erbschaftssteuerlast allenfalls erwünschte Nebenfolge der begehrten Annahme ist. Dies steht der Annahme eines natürlichen Eltern-Kind-Verhältnisses nicht im Wege.

     

    Praxishinweis

    Ist Hauptmotiv bzw. das alleinige Motiv der Adoption die Minderung der Erbschaftssteuerlast, ist der Adoption die sittliche Rechtfertigung zu versagen. Ist die Minderung der Erbschaftsteuer hingegen nur Nebenmotiv, ist dies für den Ausspruch der Adoption unschädlich, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis gegeben ist. Entscheidend ist insoweit, die von gegenseitigem unbedingtem Beistand getragene dauernde Verbundenheit.

    Quelle: Ausgabe 11-12 / 2012 | Seite 271 | ID 36214530

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