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  • · Fachbeitrag · Schenkungsteuer

    Beginn der Festsetzungsverjährung bei mittelbarer Geldschenkung

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Die Klägerin hatte dem FA zwar angezeigt, dass ihr Ehemann ihr einen KG-Anteil unentgeltlich übertragen hat, sie hat das FA aber nicht darüber informiert, dass es sich um eine mittelbare Schenkung handelt, weil sie verpflichtet war, den Anteil unmittelbar zu veräußern. |

     

    Sachverhalt

    Der Ehemann E der Klägerin K schenkte dieser mit Vertrag vom 22.12.00 und 25.06.01 einen Teil seiner Kommanditanteile an der A-KG und verpflichtete K, die Anteile sogleich und zu vorgegebenen Konditionen zu veräußern. In der am 6.11.01 beim FA eingegangenen Steuererklärung wurde nur die unentgeltliche Anteilsübertragung angezeigt. Am 24.5.07 wurde das FA mittels Kontrollmitteilung erstmals über die Anteilsveräußerung informiert. Mit Bescheid vom 18.9.08 änderte das FA den ursprünglichen Bescheid vom 20.3.02 zulasten der K gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und besteuerte die Schenkung als mittelbare Geldschenkung.

     

    Nach Ansicht der K war bei Erlass des Änderungsbescheids vom 18.9.08 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Das FG München (9.4.14, 4 K 1852/11, ErbBstg 15, 283 f.) folgte dem FA. Die vierjährige Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO habe erst mit Ablauf des Jahres 2007 zu laufen begonnen, weil das FA erst durch die Kontrollmitteilung am 24.5.07 positive Kenntnis von der Schenkung erlangt habe.

     

    • 1. In der unentgeltlichen Übertragung eines Kommanditanteils durch den Schenker und der nachfolgenden Veräußerung des Anteils durch den Bedachten kann die mittelbare Schenkung des Veräußerungserlöses liegen (mittelbare Geldschenkung).

     

    • 2. Bei einer mittelbaren Schenkung hat die Finanzbehörde erst dann Kenntnis von der vollzogenen Schenkung, wenn sie alle Umstände kennt, die die mittelbare Schenkung begründen. Dazu gehört auch die Kenntnis von der Veräußerung des vom Schenker übertragenen Gegenstands. (Abruf-Nr. 194118).
     

    Entscheidungsgründe

    Die Revision ist unbegründet. K war gegenüber E nicht berechtigt, über den auf sie übertragenen Kommanditanteil frei zu verfügen. Vielmehr konnte K wegen der Verpflichtung zur Veräußerung des Kommanditanteils erst über den Veräußerungserlös verfügen, sodass es sich vorliegend um eine mittelbare Geldschenkung handelt (BFH 28.3.12, II R 39/10, ErbBstg 12, 205 f., BStBl II 12, 712, Rn. 26).

     

    Die Festsetzungsfrist beträgt für die SchenkSt regelmäßig vier Jahre (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO). Nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO beginnt für die SchenkSt die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. Maßgeblich ist die zuerst eingetretene Alternative (BFH 5.2.03, II R 22/01, BStBl II 03, 502).

     

    § 170 Abs. 5 Nr. 2 2. Alt. AO verlangt positive Kenntnis des FA von der vollzogenen Schenkung (BFH 6.6.07, II R 54/05, BStBl II 07, 954). Positive Kenntnis ist gegeben, wenn das FA in erforderlichem Umfang (Name und Anschrift des Schenkers und des Bedachten, Rechtsgrund des Erwerbs) Kenntnis erlangt hat (BFH 6.6.07, II R 54/05, BStBl II 07, 954). Die Kenntnis von Umständen, die nur zur Prüfung Anlass geben, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt, genügt nicht (BFH 28.5.98, II R 54/95, BStBl II 98, 647).

     

    Bei einer mittelbaren Schenkung hat die Finanzbehörde erst dann Kenntnis von der Schenkung, wenn sie alle Umstände kennt, die die mittelbare Schenkung begründen, zumal bei einer mittelbaren Geldschenkung der steuerliche Wert des hingegebenen Vermögensgegenstands (z. B. Gesellschaftsanteile) mit der Höhe des erzielten Veräußerungserlöses nicht übereinstimmen muss. Die Abgabe einer Steuererklärung, in der nur die Schenkung des Vermögensgegenstands angezeigt wird, führt bei einer mittelbaren Schenkung daher nicht zur Beendigung der Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO. Im Streitfall begann die Festsetzungsfrist daher mit Ablauf des Kalenderjahres 2007 und endete am 31.12.11.

     

    Relevanz für die Praxis

    K behauptete, bereits vor dem 22.12.00 sei ein mündlich geschlossener Schenkungsvertrag zwischen ihr und E zustande gekommen. Der BFH hielt dies für nicht nachvollziehbar:

    • Der Übertragungsvertrag wäre nicht erforderlich gewesen, wenn K zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags bereits Inhaberin des Kommanditanteils gewesen wäre.
    • Es sind keine Gründe zu erkennen, warum sich K erst nachträglich mit den Verfügungsbeschränkungen einverstanden erklärt haben sollte.
    • Auch die Regelung des zugunsten der K festgelegten Gewinnbezugsrechts zum 1.12.00 enthält keine Bezugnahme auf eine frühere Schenkung.

     

    Der Wortlaut des § 170 Abs. 5 Nr. 2 2. Alt. AO verlangt die Kenntnis der Finanzbehörde „von der vollzogenen Schenkung“. Eine mittelbare Schenkung ist dann vollzogen, wenn die Vermögensverschiebung endgültig ist, also der Beschenkte gegenüber dem Schenker die freie Verfügung über den Gegenstand der freigebigen Zuwendung erhält. Bei einer mittelbaren Geldschenkung entsteht die SchenkSt daher nicht schon mit der Übertragung des Vermögensgegenstands (z. B. Gesellschaftsanteilen), sondern erst in dem Zeitpunkt, zu dem der Bedachte über den ihm zugewendeten Verkaufserlös im Verhältnis zum Zuwendenden frei verfügen kann (BFH 28.3.12, II R 39/10, ErbBstg 12, 205 f., BStBl II 12, 712, Rn. 27 und 34).

    Quelle: Ausgabe 08 / 2017 | Seite 186 | ID 44713756

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