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  • · Fachbeitrag · Insolvenz

    Erlass von ErbSt aus sachlichen Billigkeitsgründen

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    Der Erlass von ErbSt ist ausgeschlossen, wenn die für einzelne Wirtschaftsgüter anzusetzenden realitätsnahen Werte von den Steuerbilanzwerten (Rechtslage bis 2008) abweichen (BFH 17.4.13, II R 13/11, Abruf-Nr. 133447).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger erbte im Jahre 2002 eine Kommanditbeteiligung. Der Erblasser E hatte Forderungen an die KG, die im Sonderbetriebsvermögen (SBV) bilanziert wurden. 3 Monate nach dem Tod des E wurde über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet und am 23.1.06 mangels Masse eingestellt. Im Rahmen der ErbSt-Festsetzung erfasste das FA die Forderung des E gegenüber der KG mit dem Nennwert (Ansatz der Steuerbilanzwerte). Der Kläger beantragte die abweichende Festsetzung der ErbSt aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO). FA und FG lehnten dies ab.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Revision des Klägers ist unbegründet. Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen bei der Steuerfestsetzung unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Sachlich unbillig ist eine Steuerfestsetzung, wenn sie äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Steuererhebung unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers anzunehmen ist, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage, hätte er sie als regelungsbedürftig erkannt, im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (BFH 20.9.12, IV R 29/10, BFHE 238, 518). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme (BFH 4.2.10, II R 25/08, BStBl II 10, 663; BFH 7.10.10, V R 17/09, BFH/NV 11, 865).

     

    Nach der im Streitjahr geltenden Gesetzesfassung sind bei bilanzierenden Steuerpflichtigen die zum Gewerbebetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter mit den Steuerbilanzwerten anzusetzen (§ 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG, § 109 Abs. 1 BewG). Der Gesetzgeber hat es aus Gründen der Steuervereinfachung ausdrücklich in Kauf genommen, dass die nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen anzusetzenden Aktiv- und Passivposten der Steuerbilanz auch der Höhe nach für Zwecke der ErbSt und SchenkSt übernommen werden (BTDrucks. 12/1108, S. 36). Der beabsichtigte Vereinfachungszweck schließt es aus, im Einzelfall andere, realitätsnahe Werte anzusetzen. Wenn ein einzelnes Wirtschaftsgut in der Steuerbilanz zu hoch bewertet worden ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass der Wertansatz für das Betriebsvermögen insgesamt zu hoch ausfällt. Einzelnen zu hoch bewerteten Wirtschaftsgütern stehen in aller Regel aufgrund von Abschreibungen etc. im Verhältnis zum Verkehrswert zu niedrig bewertete Wirtschaftsgüter gegenüber.

     

    Auch das verfassungsmäßige Übermaßverbot ist nicht verletzt. Dies wäre erst der Fall, wenn die Folgen einer schematisierenden Belastung extrem über das normale Maß hinausgehen oder die Folgen auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens nicht mehr gerechtfertigt sind (BVerfG 5.4.78, 1 BvR 117/73, BStBl II 78, 441). Dies trifft hier nicht zu.

     

    Praxishinweis

    Mit dem Urteil folgt der BFH konsequent dem Stichtagsprinzip. Zugunsten des Steuerpflichtigen hat der BFH mit Urteil vom 30.1.13 (II R 6/12, ErbBstg 2013, 121) entschieden, dass der Eintritt eines Besserungsfalls nicht schenkungsteuerbar ist. Der Steuerpflichtige hatte eine Forderung mit Besserungsschein zum Verkehrswert von 1 EUR erworben. Nach Eintritt des Besserungsfalls verwandelt sich der Verkauf dieser Forderung nicht in eine freigebige Zuwendung. Anders verhält es sich aber, wenn die zunächst wertlose Forderung mit Besserungsschein verschenkt wird, denn dann ist der Eintritt des Besserungsfalls als Ausführung der Schenkung zu werten (BFH 21.4.09, II R 57/07, ErbBstg 09, 147).

     

    Mit Beschluss vom 21.11.13 hat der BFH (II B 46/13, DStR 13, 2686) entschieden, dass die Vollziehung eines auf § 19 Abs. 1 ErbStG ab 2009 beruhenden ErbSt-Bescheids wegen des beim BVerfG anhängigen Normenkontrollverfahrens (1 BvL 21/12) auszusetzen oder aufzuheben ist, wenn ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht. Dieses berechtigte Interesse liege vor, wenn der Steuerpflichtige mangels Erwerbs liquider Mittel zur Entrichtung der festgesetzten ErbSt eigenes Vermögen einsetzen oder die erworbenen Vermögensgegenstände veräußern oder belasten muss. Der BFH hält an seiner Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach eine Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung nicht zu gewähren ist, wenn zu erwarten ist, dass das BVerfG die Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem GG aussprechen wird.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 37 | ID 42472056

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