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  • · Fachbeitrag · Testament

    Gesellschaftsrechtliche Aspekte des Unternehmertestaments

    von RA Holger Siebert, FA Erbrecht und Steuerrecht, Alsfeld

    | Das Unternehmertestament muss sowohl erbrechtlichen als auch gesellschaftsrechtlichen Anforderungen Rechnung tragen. |

    1. Vererbung eines Einzelunternehmens

    Geht ein Einzelunternehmen durch Erbfall auf einen Alleinerben über, stellt das Unternehmen einen Nachlassgegenstand dar. Der Erbe kann die Geschäfte innerhalb von drei Monaten nachdem er vom Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangt hat, einstellen und so eine persönliche Haftung für im Geschäft begründete Verbindlichkeiten vermeiden, § 27 Abs. 2 HGB.

     

    Fällt ein Einzelunternehmen im Erbfall an eine Erbengemeinschaft, kann es unbefristet in ungeteilter Erbengemeinschaft fortgeführt werden (BGHZ 92, 259 = BGH NJW 85, 136 f.). Eine Änderung der Rechtsform, insbesondere die (automatische) Entstehung einer GbR oder OHG, ist hiermit nicht verbunden BGHZ 92, 259, 264; Riedel, Praxishandbuch Unternehmensnachfolge, § 8 Rn. 26). Auch das nachträgliche Ausscheiden einzelner Miterben bzw. die personenbezogene Teilerbauseinandersetzung ändert hieran nichts, solange noch wenigstens zwei Miterben verbleiben (BGHZ 92, 259).

     

    MERKE | Bei der Vererbung eines einzelkaufmännischen Unternehmens entstehen demzufolge keine Gesellschafts-, sondern nur Miterbenanteile.

     

    2. Vererbung von Anteilen an Personengesellschaften

    Soweit es um die Nachfolge in eine Gesellschafterstellung geht, sind vorrangig gesellschaftsrechtliche Aspekte zu beachten, Art. 2 EGHGB.

     

    BEACHTEN SIE | Es gilt: Gesellschaftsrecht geht vor Erbrecht. Gehören zum Nachlass Anteile an Personengesellschaften, müssen Sie die Gesellschaftsverträge auf Nachfolgeregelungen überprüfen, bevor Sie ein Testament entwerfen.

     

    Beim Fehlen gesellschaftsrechtlicher Regelungen gilt:

     

    • Die GbR wird mit dem Tod des persönlich haftenden Gesellschafters aufgelöst, § 727 BGB. Die Erben werden Gesellschafter der Liquidationsgesellschaft (Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, 461).

     

    • Bei der OHG scheidet der verstorbene Gesellschafter gem. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB aus, die Erben erhalten den Abfindungsanspruch.

     

    • Der Kommanditanteil und der Anteil des stillen Gesellschafters sind vererblich, §§ 177, 234 Abs. 2 HGB. Bei der Rechtsnachfolge in Gesellschaftsanteile der KG tritt bei Miterben eine Sondererbfolge nach Quoten ein.

     

    Sieht der Gesellschaftsvertrag von GbR und OHG qualifizierte Nachfolgeklauseln vor, geht der Gesellschaftsanteil auf den vertraglich vorgesehenen Nachfolger über, wenn das Testament dies anordnet. Die anderen (Mit-)Erben erhalten einen erbrechtlichen Ausgleichsanspruch, dessen Erfüllung möglichst testamentarisch geregelt werden sollte. Bei einer rechtsgeschäftlichen Eintrittsklausel geht auf die Erben nur der Abfindungsanspruch über.

     

    Soll die Unternehmensbeteiligung nur einem Erben überlassen werden, können die Pflichtteilsansprüche der weichenden Erben den Bestand des Unternehmens gefährden.

     

    Das Gesetz sieht hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Gesellschaft, dem Gesellschaftsanteil, für die einzelnen Gesellschaften unterschiedliche Regelungen vor, lässt aber andere Gestaltungen zu.

     

    a) Fortsetzung mit verbliebenen Gesellschaftern

    Bei der GbR ist die Fortsetzung der Gesellschaft bei Tod eines Gesellschafters mit den verbleibenden Gesellschaftern durch eine sog. einfache Fortsetzungsklausel zu erreichen. Unter sofortigem Ausscheiden (§ 736 Abs. 1 BGB) des Verstorbenen wird die Gesellschaft von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. Während der Abfindungsanspruch des Verstorbenen nach § 738 Abs. 1 S. 2 BGB in den Nachlass fällt, wächst sein Anteil an der Gesellschaft den übrigen Gesellschaftern nach § 738 Abs. 1 S. 1 BGB an. Der Abfindungsanspruch kann für den Erbfall im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden (BGHZ 22, 186, 194; MüKo/Ulmer/Schäfer, BGB, 6. Aufl., § 738 Rn. 61).

     

    Da die Fortsetzung von OHG und KG unter Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters der gesetzliche Regelfall ist (§ 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 161 Abs. 2 HGB), bedarf es hierfür keiner Fortsetzungsklausel mehr. Der Tod eines Gesellschafters bewirkt nur dessen Ausscheiden. Beim Tod eines Kommanditisten wird die KG nach § 177 HGB mit den Erben fortgesetzt. Auch ohne Regelung im Gesellschaftsvertrag ist der Kommanditanteil vererblich. Verstirbt der letzte Komplementär, wird die Gesellschaft aufgelöst (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 177 Rn. 1).

     

    b) Eintrittsrecht

    Im Gesellschaftsvertrag kann auch ein Eintrittsrecht für den oder die Erben des verstorbenen Gesellschafters (oder für einen Dritten) vorgesehen werden. Diese sog. rechtsgeschäftliche Eintrittsklausel ist nicht auf den unmittelbaren Übergang der Mitgliedschaft gerichtet. Der Vollzug des Eintritts hängt vielmehr von einer entsprechenden Willenserklärung des Begünstigten ab (BGH NJW 78, 264, 266). Die Vereinbarung einer Eintrittsklausel ist ein berechtigender Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1, § 331 Abs. 1 BGB). Die Gesellschaft wird von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt, der Berechtigte kann seine Aufnahme verlangen.

     

    c) Fortsetzung mit den Erben

    Bei Personenhandelsgesellschaften sind zudem Nachfolgeklauseln verbreitet, die den Anteil der Gesellschafter an der werbenden Gesellschaft vererblich stellen (BGHZ 68, 225, 229; MüKo/Ulmer/Schäfer, a.a.O., § 727 Rn. 28). Wird die Person des Nachfolgers in der Klausel nicht bestimmt, sondern nur angeordnet, dass die Mitgliedschaft (der Anteil) des Verstorbenen auf den oder die Erben übergeht, spricht man von einer einfachen Nachfolgeklausel. Demgegenüber beschränkt die qualifizierte Nachfolgeklausel (durch namentliche Bestimmung oder anhand abstrakter Bezeichnungen im Gesellschaftsvertrag) die Anteilsvererbung auf einen oder einzelne Erben.

     

    aa) Einfache Nachfolgeklausel

    Ist der Gesellschaftsanteil durch eine Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag vererblich gestellt, entscheidet sich nach Erbrecht, wer Rechtsnachfolger wird. Mit dem Erbfall rückt der Erbe ohne weitere Erklärung in die Gesellschafterstellung ein. Ist der Nachfolger Alleinerbe, tritt er voll in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein, es sei denn, diese sind höchstpersönlich oder der Gesellschaftsvertrag sieht im Zusammenhang mit der Nachfolge eine Änderung vor. Ob auch Geschäftsführungs- und Vertretungsrechte übergehen, richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag (BGH NJW 59, 192). Eine gesonderte Ausschlagung der Mitgliedschaft ist nicht möglich, § 1950 BGB. Bei einer Miterbengemeinschaft ergibt sich eine Diskrepanz zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht, da nach Erbrecht die Erben den Nachlass, also auch den Gesellschaftsanteil, in Erbengemeinschaft erwerben würden, eine Erbengemeinschaft jedoch nicht Mitglied einer werbenden Personengesellschaft sein kann. Diesen Konflikt zwischen den Grundsätzen des Erbrechts und des Gesellschaftsrechts löst die h.M. zugunsten des Gesellschaftsrechts mit der Annahme einer Sonderrechtsnachfolge. Danach vollzieht sich die Nachfolge so, dass die Miterben den Anteil entsprechend ihrer erbrechtlichen Beteiligung am Nachlass unmittelbar geteilt erwerben. Der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge der Erbengemeinschaft (§ 2032 Abs. 1 BGB) wird insoweit durchbrochen. Es findet eine Sondererbfolge der Miterben in den ihrer Erbquote entsprechenden Teil des vererbten Gesellschaftsanteils statt (BGHZ 22, 186, 192 f; 55, 267, 269; 68, 225, 237).

     

    bb) Qualifizierte Nachfolgeklausel

    Bei der qualifizierten Nachfolgeklausel wird der Gesellschaftsanteil nur für einen oder einzelne der Erben vererblich gestaltet. Voraussetzung für den Anteilsübergang ist auch hier, dass der Erblasser für die Erbenstellung der als Nachfolger im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Person sorgt. Der oder die in der Nachfolgeklausel Bestimmten werden kraft Sonderrechtsnachfolge mit dem Tod des Erblassers Mitglied der Gesellschaft. Ist der Gesellschaftsanteil nur für einen der Erben vererblich gestellt, geht er insgesamt auf diesen über. Die Erbquote bedeutet keine gegenständliche Begrenzung des Erwerbs hinsichtlich des Gesellschaftsanteils (BGHZ 68, 225, 237 f; 98, 48; 101, 122, 125; 108, 187). Erhält der Nachfolger in die Gesellschaft so mehr als ihm nach seiner Erbquote zusteht, ist er im Innenverhältnis den anderen Miterben zum Ausgleich verpflichtet. Dogmatisch wird die qualifizierte Nachfolgeklausel insoweit als mit dem Erbfall vollzogene Teilungsanordnung mit unmittelbarer dinglicher Wirkung verstanden (BGHZ 22, 186, 196 f).

     

    d) Rechtsfolgen

    Die umstrittene Frage, ob der auf den Erben übergegangene Gesellschaftsanteil als solcher zum Nachlass gehört oder ob wegen der Sondervererbung nur die davon abspaltbaren Vermögensrechte einen Nachlassbestandteil bilden, hat der BGH im erstgenannten Sinn entschieden (BGHZ 98, 48, 52 f; 108, 187, 192). Daher ist grundsätzlich auch die Anordnung der Testamentsvollstreckung (TV; §§ 2197 ff. BGB) am Gesellschaftsanteil möglich (BGHZ 108, 187; BGH NJW 96, 1284). Da der Testamentsvollstrecker den Erben nur im Rahmen des Nachlassvermögens verpflichten kann, während die persönliche Haftung der Gesellschafter i.d.R. unbegrenzt ist, wird aber eine Verwaltungstestamentsvollstreckung am Anteil an einer GbR, einer OHG oder am Komplementäranteil abgelehnt (RGZ 170, 392, 394 f; BGHZ 24, 106, 112 f; 68, 225, 239; 108, 187, 195). Dagegen ist sie beim Kommanditanteil grundsätzlich zulässig (BGHZ 108, 187, 195 ff.). Konsequent ist es, die TV auch an Anteilen persönlich haftender Gesellschafter zuzulassen, wenn das Gesellschaftsrecht dem nicht entgegensteht (MüKo/K. Schmidt, HGB, 3. Aufl., § 139 Rn. 47). Das ist der Fall, wenn sich die Aufgaben des Testamentsvollstreckers auf die Wahrnehmung und Erhaltung der Anteilsrechte beschränken (BGH NJW 96, 1284 f.). Stets setzt die TV die Zustimmung der Mitgesellschafter voraus (BGHZ 68, 225, 241; 108, 187, 191; BGH NJW 85, 1953 f.).

    3. Vererbung von Anteilen an Kapitalgesellschaften

    Bei Geschäftsanteilen an Kapitalgesellschaften besteht weder eine erbrechtliche Sondernachfolge noch kann die Vererblichkeit ausgeschlossen werden. Die Satzung kann aber Abtretungspflichten oder die Einziehung des Geschäftsanteils vorsehen, wenn die satzungsgemäß vereinbarte Nachfolge nicht zustande kommt. Auch das Aktienrecht geht selbst bei vinkulierten Namensaktien von der freien Vererblichkeit aus. Die Satzung kann die Einziehung vorsehen, § 237 Abs. 1 AktG, wenn vinkulierte Namensaktien aus dem Kreis der Berechtigten fallen. Auch ohne Einziehung steht die Vinkulierung der Auseinandersetzung der Miterben und der Erfüllung von Vermächtnissen entgegen (OLG Düsseldorf ZIP 87, 227, 230 = NJW-RR 87, 732).

     

    a) Aktiengesellschaft

    Bei den Beteiligungen eines Aktionärs an einer AG handelt es sich um rein vermögensrechtliche Positionen, die ohne Weiteres vererblich sind. Dies gilt sowohl für Inhaberaktien als auch für Namensaktien. Erben mehrere Personen, nehmen sie die Rechte des Erblassers in gesamthänderischer Verbundenheit wahr. Die Vererblichkeit der Aktien kann durch Satzung nicht ausgeschlossen werden (Kölner Kommentar AktG/Lutter, 3. Aufl., § 68 AktG Rn. 45 ff.), jedoch kann in der Satzung für den Fall des Todes eine Zwangseinziehung (§ 237 AktG) vorgesehen werden. Des Weiteren sind Aktienbezugsrechte vererblich (RGZ 65, 21). Für die Kommanditgesellschaft auf Aktien (§§ 278 ff. AktG) verweist § 289 Abs. 1 AktG auf das Recht der Kommanditgesellschaft. Die Stellung des Komplementärs vererbt sich wie diejenige eines Gesellschafters einer OHG, die Stellung des Kommanditaktionärs nach aktienrechtlichen Grundsätzen.

     

    b) GmbH

    Der Geschäftsanteil an einer GmbH ist vererblich, § 15 Abs. 1 GmbHG. Bei mehreren Erben fällt der Anteil in das Vermögen der Miterbengemeinschaft. Eine Sondererbfolge findet nicht statt (Staudinger/Marotzke, BGB, Neubear. 08, § 1922 Rn. 210). Die Vererblichkeit kann nicht i.d. Sinn ausgeschlossen werden, dass der Anteil mit dem Tod eines Gesellschafters erlischt (Scholz/Winter, GmbHG, 10. Aufl., § 15 GmbHG Rn. 21). Der Gesellschaftsvertrag kann aber für den Fall des Todes eines Gesellschafters Regelungen darüber treffen, was mit dem Gesellschaftsanteil geschehen soll

    • Abtretung des ererbten Anteils an die Gesellschafter oder an Dritte oder
    • Einziehung des Anteils gegen oder ohne Abfindung.

     

    c) Abfindungsklauseln und pflichtteilsrechtliche Nachlassbewertung

    Hat der Erblasser Pflichtteilsberechtigte von der Erbfolge ausgeschlossen, ist die vererbte Beteiligung an einer Gesellschaft zu bewerten, um die Pflichtteilshöhe zu ermitteln. Die Bewertung muss im Hinblick auf den Regelungszweck der §§ 2303 ff. BGB erfolgen: Der Berechtigte soll durch den Pflichtteil so gestellt werden, wie er stünde, wenn er mit seinem halben gesetzlichen Erbteil am Nachlass beteiligt und dieser Nachlass in Geld umgesetzt worden wäre (BGH NJW-RR 91, 900, 901; OLG Düsseldorf ZEV 94, 361). Daher ordnet § 2311 Abs. 1 BGB an, der Berechnung des Pflichtteils den Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde zu legen (sog. Stichtagsprinzip).

     

    Die Vorschrift definiert den Begriff „Wert” nicht. Seine Bestimmung führt zu praktischen Schwierigkeiten, da er auch von Faktoren außerhalb des Gegenstands selbst abhängt. Einer dieser Faktoren ist die Person des Rechtsinhabers. Da der Pflichtteilsberechtigte nicht an wertbeeinflussenden Eigenschaften des Erben beteiligt werden soll, sondern am Vermögen des Erblassers, beeinflussen in der Person des neuen Rechtsinhabers begründete Umstände nicht die Wertberechnung bei § 2311 Abs. 1 BGB. Zu ermitteln ist vielmehr der Wert, den der Nachlassgegenstand für jedermann hätte, der sog gemeine Wert (BGH NJW-RR 91, 900 ff.). Das ist i.d.R. der Preis, der sich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter normalen Marktbedingungen für die Veräußerung des Gegenstands erzielen lässt (OLG Düsseldorf ZEV 94, 361).

     

    Zu Problemen bei der Wertberechnung kommt es, wenn keine „normalen” Marktbedingungen existieren. Solche sind nur eingeschränkt gegeben, wenn der Gesellschaftsvertrag Ausschließungs- und/oder Vorkaufsrechtsklauseln enthält, da diese die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für einen Verkauf so weit einschränken, dass der Veräußerungswert einer Beteiligung eines von mehreren Gesellschaftern nicht mehr durch die anerkannten Grundsätze der Unternehmensbewertung bestimmt werden kann.

     

    Beim Vorkaufsrecht mit vorab fixiertem Kaufpreis kann der Erbe den „vollen” Wert der Beteiligung i.d.R. nicht im Wege des Verkaufs, sondern nur im Wege des Verbleibs in der Gesellschaft über die langfristige Partizipation am Ertrag realisieren. Die sofortige Wertschöpfung durch eine Veräußerung an einen Dritten ist dagegen durch den gesellschaftsvertraglich festgelegten Kaufpreis limitiert. Im Fall eines gesellschaftsvertraglichen Ausschließungsrechts ist (zusätzlich) sogar die Wertrealisierung über den Verbleib in der Gesellschaft unsicher. Ohne hierfür auf möglicherweise parallel bestehende Vorkaufsrechte zu rekurrieren, wird ein Erwerber in solch einer Konstellation einen wertdeckenden Kaufpreis zumindest solange nicht zahlen, bis das Ausschließungsrecht durch die Mitgesellschafter mit hinreichender Sicherheit nicht mehr ausgeübt werden kann. Während die Realisierung des „vollen” Werts des Gesellschaftsanteils durch den Erben also unsicher, zumindest aber zeitlich hinausgeschoben ist, ist der Pflichtteilsanspruch grundsätzlich sofort fällig. Eine Ausnahme regelt § § 2331a BGB, dessen Voraussetzungen allerdings nur sehr selten erfüllt sind.

     

    Die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs unter Berechnung der Anspruchshöhe nach dem „vollen” Wert der Beteiligung kann den Erben daher hart treffen. Oft wird die Gesellschaftsbeteiligung den maßgeblichen oder sogar den einzigen Nachlassbestandteil bilden. Dann ist es für den Erben besonders schwierig, den Pflichtteilsanspruch nach dem „vollen” Wert der Beteiligung zu befriedigen. Eine Finanzierung der erforderlichen Zahlung wird kaum möglich sein, da der Anteil als Sicherheit für einen Kreditgeber aufgrund der in diesen Fällen praktisch immer vereinbarten bzw. gesetzlich vorgegebenen (vgl. BGH BB 72, 10, 11) Vinkulierung der Anteile meist nicht zur Verfügung steht. Ein Austritt aus der Gesellschaft, in welcher Form auch immer, könnte dazu führen, dass der Erbe nur den Abfindungsbetrag erhielte, den Pflichtteilsberechtigten aber auf Grundlage des vollen Unternehmenswerts auszahlen müsste. Häufig führt der Pflichtteilsanspruch zum (erzwungenen) Ausscheiden des Erben (Reimann, ZEV 94, 7, 10). Dies ist unbillig.

     

    Dem Pflichtteilsanspruch ist der „volle wirkliche” Wert einer Gesellschaftsbeteiligung zugrunde zu legen und nicht ein gesellschaftsvertraglicher Abfindungsbetrag, § 2311 Abs. 1 BGB. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Ausschlussrecht allein durch den Erbfall entsteht, die Mitgesellschafter also frei über den Ausschluss des Erben entscheiden können. In diesem Fall wird dem Erben beim Verbleib in der Gesellschaft die Differenz zwischen Abfindungsbetrag und „vollem” Wert der Beteiligung nicht vom Erblasser zugewendet, sondern von dessen Mitgesellschaftern. Dies gilt auch, wenn sich die übrigen Gesellschafter bereits vor Eintritt des Erbfalls dem künftigen Erben gegenüber verpflichtet haben, das Ausschlussrecht nicht auszuüben.

     

    PRAXISHINWEIS | Steht bereits ein Nachfolger für einzelne Gesellschafter fest, sollten die übrigen Gesellschafter deshalb mit dem vorgesehenen Nachfolger einen Stimmbindungsvertrag abschließen, der sie verpflichtet, nicht über seinen Ausschluss zu beschließen, soweit Ausschlussgrund der Tod seines Vorgängers ist. Dadurch ist im Rahmen des § 2311 Abs. 1 BGB als vom Erblasser zugewendeter Wert nur der gesellschaftsvertraglich bestimmte Abfindungswert anzusehen (Meyer/Siebert, Beiträge zum Gesellschaftsrecht, S. 919. Eine diesen übersteigende Differenz zum „vollen” Wert der Beteiligung ist damit nicht in die Berechnung des Pflichtteils einzubeziehen.

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • EE 14, 140, zur Vermeidung von Erbengemeinschaften im Unternehmertestament
    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 157 | ID 42859707