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  • · Fachbeitrag · Steuerrecht

    Strafbefreiende Selbstanzeige wird verschärft

    von RA Holger Siebert, FA Erbrecht und Steuerrecht, Alsfeld

    | Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete, dass bis Ende Juni 2014 mehr als 22.600 Selbstanzeigen mit Bezug zu ausländischen Kapitaleinkünften eingegangen sind. Die besondere Brisanz: Zum nächsten Jahr sind Verschärfungen geplant. Dazu im Einzelnen. |

    1. Voraussetzungen

    Bei einer Steuerhinterziehung ist trotz strafrechtlicher Tatvollendung Straffreiheit zu erlangen, wenn eine wirksame Selbstanzeige erstattet wird, § 371 AO. Diese eröffnet Steuersündern die Chance, straf- oder bußgeldfrei auszugehen, sofern sie unrichtige Angaben gegenüber dem Finanzamt (FA) korrigieren und die geschuldete Steuer nachentrichten. Bei der Selbstanzeige handelt es sich um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund (krit. Kemper, Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP) 08, 105). Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

     

    • Es müssen gegenüber dem FA alle nicht versteuerten Einkünfte offenbart werden. Sind z.B. in abgegebenen Einkommensteuererklärungen gewerbliche Einkünfte und Kapitalerträge nicht erklärt, sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen nachzuerklären. Falls an dieser Stelle nicht „vollständig reiner Tisch gemacht wird“, ist eine Selbstanzeige unwirksam. Die begehrte Straffreiheit wird nicht gewährt.

     

    • Ferner darf die Steuerhinterziehung noch nicht entdeckt sein. Das heißt, dass das FA keine hinreichenden Erkenntnisse über die begangene Steuerhinterziehung haben darf.

     

    • Zudem wird Straffreiheit nur gewährt, wenn die nachzuzahlenden Steuern innerhalb einer angemessenen Frist tatsächlich an das FA gezahlt werden.

     

    a) Absender der Selbstanzeige

    Neben dem Steuerpflichtigen kann jeder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung eine Selbstanzeige erstatten. Dies können Mittäter und Gehilfen wie z.B. der Rechnungsaussteller, Mitarbeiter, Mitgesellschafter, eine Erbengemeinschaft oder der Ehegatte (z.B. bei Zusammenveranlagung) sein. Mehrere Tatbeteiligte müssen alle gleichzeitig bei den für die einzelnen Beteiligten zuständigen, ggf. unterschiedlichen FA die Selbstanzeige erstatten. Wird dies versäumt, besteht die Gefahr, dass durch eine einzelne Selbstanzeige die Tat für die anderen Tatbeteiligten als entdeckt gilt. Die Selbstanzeige kann für die verbleibenden Beteiligten keine strafbefreiende Wirkung mehr entfalten.

     

    b) Empfänger

    Die Selbstanzeige muss gegenüber dem richtigen Empfänger erfolgen, sonst ist keine Straffreiheit möglich. Sie muss gem. § 371 Abs. 1 AO „bei der Finanzbehörde“ abgegeben werden. Im Einzelnen besteht Streit, was darunter zu verstehen ist. Es gibt ein unterschiedlich weitreichendes Behördenverständnis. Es handelt sich auch um eine Erklärung in einem bestimmten durch den „selbstanzeigenden“ Beteiligten i.S. von § 78 AO festgelegten Besteuerungsverfahren, sodass die in § 371 AO angesprochene Finanzbehörde auch sachlich und örtlich für die Besteuerung zuständig sein muss (RGSt 61, 115, 119; Pfaff, DStZ 82, 361, 362; a. A. Jäger in Klein, AO, 12. Aufl., § 371 AO Rn. 34, der auf die Pflicht der angesprochenen Finanzbehörde i. S. von § 6 AO zur Weiterleitung an die sachlich und örtlich zuständige Finanzbehörde abstellen). Sicherheitshalber sollte die Selbstanzeige an das sachlich und örtlich zuständige FA adressiert werden. Sind mehrere FA für einen Hinterziehungskomplex zuständig, ist die Selbstanzeige bei allen FA zu erstatten (Schwarz, AO, Stand 16.5.14, § 371 Rn. 34, a.A. Mack, ErbR 14, 302 ff.).

     

    c) Form

    Die Selbstanzeige ist formfrei möglich (Gehm, NJW 10, 2161). Sie kann schriftlich und mündlich abgegeben werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Aus Beweisgründen sollte die Selbstanzeige schriftlich erstattet werden.

     

    Die Selbstanzeige muss nicht als solche bezeichnet werden. Sie kann neutral abgefasst sein und braucht keine Selbstbezichtigung zu enthalten (BFH wistra 93, 66). Oft wird eine korrigierte Steuererklärung abgegeben. Ist danach z.B. eine Einkommensteuer-Jahreserklärung richtig und vollständig, genügt dies für eine strafbefreiende Selbstanzeige, wenn zuvor im Wege unrichtiger oder unvollständiger Angaben im Verfahren der Vorauszahlung ein ungerechtfertigter Steuervorteil erlangt worden ist. Hier muss der Steuerpflichtige auf den erlangten Steuervorteil nicht einmal mehr hinweisen (OLG Stuttgart wistra 87, 263 mit zust. Anm. Bilsdorfer, wistra 97, 265).

     

    d) Vollständigkeit

    Der Inhalt der Selbstanzeige muss den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Dem FA müssen alle Informationen mitgeteilt werden, die für die vollständige Aufklärung der Steuerpflichten erforderlich sind. Alle falschen Angaben müssen berichtigt, unvollständige und unterlassene Angaben nachgeholt werden. Mit der Selbstanzeige müssen alle Hinterziehungssachverhalte angegeben werden. Der Steuerpflichtige muss nach Ansicht des BGH zur Steuerehrlichkeit zurückkehren und insgesamt „reinen Tisch“ machen (DStR 10, 1133). Werden nur ausgewählte Sachverhalte angezeigt, führt diese „Teilselbstanzeige“ dazu, dass die Strafbefreiung insgesamt zu versagen ist.

     

    Die Selbstanzeige muss den strafbefangenen Zeitraum ganz abdecken (Berichtigungsverbund). Die abweichende steuerliche Festsetzungsverjährung ist nicht maßgeblich. Zu prüfen ist, welche Taten strafrechtlich verjährt sind. Die einfache Steuerhinterziehung verjährt nach fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB), wobei es für den Beginn der Verjährung auf die Beendigung der Tat ankommt. Nach § 376 Abs. 1 AO beträgt die Verjährungsfrist in besonders schweren Fällen 10 Jahre. Im Zweifel ist vorsorglich ein Jahr mehr als erforderlich nachzuerklären. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Festsetzungsverjährung für hinterzogene Steuern ohnehin zehn Jahre beträgt, § 169 Abs. 2 S. 2 AO.

     

    Ebenso ist die Höhe der Steuerverkürzung zu ermitteln, um das Vorliegen eines „großen Ausmaßes“ i.S. des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO zu überprüfen.

     

    Bagatellabweichungen führen grundsätzlich nicht dazu, dass die Selbstanzeige unwirksam ist. Jedenfalls ist eine Abweichung mit einer Auswirkung von mehr als 5 Prozent vom Verkürzungsbetrag i.S. des § 370 Abs. 4 AO nicht mehr geringfügig (BGH PStR 11, 244). Bewusst vorgenommene Abweichungen sind dagegen regelmäßig per se nicht als geringfügig anzusehen.

    2. Ausschlussgründe

    Selbst wenn eine Selbstanzeige die in § 371 Abs. 1 AO genannten Voraussetzungen erfüllt, ist sie unwirksam, wenn einer der in § 371 Abs. 2 und 3 AO aufgeführten Ausschlussgründe vorliegt. Die Sperrwirkung erfasst aber ggf. nur Teilbereiche einer Steuerhinterziehung, sodass für den Restbereich eine (wirksame) Selbstanzeige denkbar ist. Eine wegen des Vorliegens eines Sperrtatbestands „verunglückte Selbstanzeige“ kann bei der Strafzumessung bedeutsam sein. Sie kann als „reumütiges Verhalten nach der Tat“ (§ 46 StGB) strafmildernd berücksichtigt werden (BGH 30.1.78, 4 StR 820/78, n. v.).

     

    a) Bekanntgabe der Prüfungsanordnung

    Der Erhalt der Prüfungsanordnung schließt eine wirksame Selbstanzeige aus, § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO. Eine nur mündlich erteilte Anmeldung zur Prüfung reicht hingegen nicht aus. Streit kann darüber entstehen, ob eine Prüfungsanordnung wirksam bekannt gegeben worden und ob diese rechtmäßig ist. Denn nur eine rechtmäßige Prüfungsanordnung löst die Sperrwirkung aus.

     

    b) Erscheinen des Prüfers

    Sofern vor der Abgabe der Selbstanzeige ein Amtsträger dem FA zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist, schließt dies nach § 371 Abs. 2 Nr. 1c AO eine wirksame Selbstanzeige aus. Der Begriff des Amtsträgers ist weit, § 7 AO. Er umfasst die Außenprüfung, also Betriebs-, Fahndungs-, Lohnsteueraußen- und Umsatzsteuersonderprüfer, aber auch sonstige Beamte, die mit einem -eventuell speziellen - Prüfungsauftrag erscheinen, wie Prüfer der sog. betriebsnahen Veranlagung. Erscheint - infolge der Durchsuchung bei einer Bank - ein Prüfer der betriebsnahen Veranlagung beim Steuerpflichtigen, um die Kapitaleinkünfte „abzugleichen“, bewirkt das Prüfererscheinen den Eintritt der Sperrwirkung. Das Gleiche gilt für die Umsatzsteuer-Nachschau, nach deren Beginn grundsätzlich kein Raum mehr für eine Selbstanzeige besteht. Erschienen ist der Amtsträger, wenn er die Räumlichkeiten betreten hat, in denen die Prüfung stattfinden soll (sog. „Matten-Theorie”), mithin können dies auch die Büroräume des Steuerberaters sein (Gehm, NJW 10, 2161, 2164). Das Prüfererscheinen ist aber nur eingeschränkt als Sperre für eine wirksame Selbstanzeige heranzuziehen. Diese Einschränkung wirkt

    • persönlich, d.h. die Sperrwirkung betrifft nur den Täter oder Teilnehmer, bei dem der Prüfer erschienen ist,

     

    • zeitlich, d.h. nach Abschluss der Außenprüfung lebt die Möglichkeit zur Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige wieder auf,

     

    • sachlich, d.h. bei einer Außenprüfung beschränkt sich die Sperrwirkung auf die in der Prüfungsanordnung genannten Steuerarten und Veranlagungszeiträume. Bei Steuerfahndungsprüfungen, die keine Prüfungsanordnung voraussetzen, kommt es auf den sachlichen Umfang der Prüfung an. Dieser ist weit zu ziehen (BGH NStZ 83, 559). Bei einer Umsatzsteuer-Nachschau wird auf den Anlass und Umfang der Nachschau abgestellt, was i. d. R. im internen Prüfungsauftrag des Prüfers dokumentiert sein wird.

     

    c) Einleitung des Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens

    Eine wirksame Selbstanzeige ist auch nicht mehr möglich, wenn dem Täter oder seinem Vertreter zuvor die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist, § 371 Abs. 2 Nr. 1b AO. Es kommt dabei nicht auf die Einleitung selbst (§ 397 AO), sondern auf deren Bekanntgabe an. Hat die Steuerfahndung ein Steuerstrafverfahren per Aktenvermerk eingeleitet, dies dem Betroffenen aber noch nicht eröffnet, kann dieser noch Selbstanzeige erstatten.

     

    Für die Reichweite der Sperrwirkung ist die Einleitung des Verfahrens mit dem bekannt gegebenen Inhalt maßgebend. So hindert z.B. die Einleitung wegen unrichtiger Erbschaftsteuererklärung nicht die Selbstanzeige wegen vorangegangener Schenkung (LG Hamburg wistra 89, 238). Auch hindert die Einleitung des Verfahrens wegen Vermögensteuerhinterziehung nicht die Selbstanzeige bezogen auf die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer (BGH wistra 90, 308). Anders dagegen, wenn es um die Beurteilung von Angaben in einer Einkommensteuererklärung geht. Hier kann nicht nach Steuerarten differenziert werden.

     

    Die bekanntgegebene Einleitung eines Strafverfahrens wegen der Verkürzung z.B. der Einkommensteuer 2011 durch Abgabe einer unrichtigen Einkommensteuererklärung führt dazu, dass für jegliche Steuerart eine Selbstanzeige für diesen Veranlagungszeitraum (VZ) ausscheidet. Denn es ist auf alle unverjährten „Steuerstraftaten einer Steuerart“ abzustellen.

     

    d) Entdeckung der Tat

    Eine wirksame Selbstanzeige scheidet aus, wenn die Tat im Zeitpunkt der Anzeigenerstattung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO. Der Tatbegriff ist rein materiell-rechtlich zu verstehen, also i. S. von menschlichem Tun, das der Vergangenheit angehört. Wenn danach etwa eine Einkommensteuererklärung hinsichtlich zweier Einkunftsarten lückenhaft ist, hindert die Entdeckung eines Einkunftskomplexes die wirksame Selbstanzeige bezogen auf die andere Einkunftsart. Eine Tat gilt als „entdeckt, wenn bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit einer Steuerhinterziehung besteht“ (BGH wistra 88, 308). Tatverdacht, Ermittlungen und bevorstehende Entdeckungen reichen i.d.R. nicht aus, um von einer Entdeckung der Steuerhinterziehung auszugehen. Gleiches gilt für entsprechende Kontrollmitteilungen. Auch der Eingang beim zuständigen FA trägt zwar zur Tatentdeckung bei, bewirkt diese aber noch nicht. Erst wenn festgestellt wird, dass der Sachverhalt steuerlich nicht oder nicht vollständig deklariert und erfasst worden ist, ist die Tat entdeckt. Der Täter muss mit der Tatentdeckung rechnen, wenn er „bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Sachlage“ die Aufdeckung der Tat befürchten muss, § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO.

     

    e) Umfangreiche Steuerhinterziehung

    Eine Selbstanzeige ist auch ausgeschlossen, wenn der verkürzte Betrag 50.000 EUR übersteigt. Bei Beträgen über 50.000 EUR kommt es zwar zum Wirksamkeitsausschluss der Selbstanzeige, dennoch wird nach § 398a AO die Steuerstraftat nicht verfolgt, wenn der Täter innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist die Steuern nachentrichtet und einen Geldbetrag i.H. von 5 Prozent der hinterzogenen Steuer zugunsten der Staatskasse entrichtet.

     

    f) Nachentrichtung

    Allein die Anzeige der Steuerhinterziehung genügt nicht, um den Täter straffrei ausgehen zu lassen. Vielmehr müssen die hinterzogenen Steuern innerhalb einer Frist nachentrichtet werden, § 371 Abs. 3 AO. Als angemessene Frist nennt das AG Saarbrücken maximal sechs Monate (wistra 83, 268). Die Frist kann sich nicht aus der Höhe des verkürzten Betrags ableiten. Sonst würde derjenige besser „fahren“, der mehr Steuern verkürzt hat. In sechs Monaten kann der Steuersünder die notwendigen Vermögensdispositionen treffen. Gegen eine vermeintlich zu kurze Fristsetzung greifen nur die Rechtsbehelfe des Steuerstrafrechts, da es sich um eine strafrechtliche Frist handelt (BFH BStBl II 82, 352). Umstritten ist, ob die Fristsetzung selbstständig anfechtbar ist. Dafür spricht z. B., dass sich bei einer isolierten Anfechtbarkeit die Fristbemessung vorab klären lässt und nicht im späteren Verfahren - bei unangemessen kurzer Frist - zur Aussetzung führt (AG Saarbrücken, a.a.O.).

     

    g) Leichtfertige Steuerverkürzung

    Der Betroffene kann auch bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) erreichen, dass sein Handeln nicht von bußgeldrechtlichen Folgen begleitet wird. Der Unterschied zwischen § 371 AO und § 378 Abs. 3 AO besteht darin, dass die Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO nur ausgeschlossen ist, wenn dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekanntgegeben worden ist. Demnach ist bei leichtfertigem Handeln auch noch eine Selbstanzeige möglich, wenn der Prüfer des FA erschienen ist oder wenn die Tat bereits entdeckt ist. Das bloße Anerkennen von Außenprüfungsergebnissen kann als wirksame Selbstanzeige angesehen werden (BayObLG MDR 78, 865; ZfZ 81, 183). Bei leichtfertiger Steuerverkürzung ist eine Selbstanzeige wirksam, wenn der Steuerpflichtige dem Betriebsprüfer sämtliche relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt und dieser daraus den Umfang der Steuerverkürzung ermittelt hat (OLG Karlsruhe wistra 96, 117).

    3. Verfahren

    Nach Eingang der Selbstanzeige leitet das FA von Amts wegen ein Steuerstrafverfahren ein, in dem es prüft, ob die Selbstanzeige wirksam ist. Das FA wird auf Basis der nacherklärten Einkünfte neue Steuerbescheide erlassen. Die festgesetzten „Mehrsteuern“ werden mit 6 Prozent p.a. verzinst. Die geänderten Steuerbescheide enthalten eine Nachzahlungsfrist. Diese darf nicht versäumt werden. Am Ende des Steuerstrafverfahrens steht fest, in welcher Höhe Steuern hinterzogen wurden. Das FA setzt Hinterziehungszinsen mit einem Zinssatz von 6 Prozent p.a. fest. Anteilig werden die auf die vorher festgesetzten „Mehrsteuern“ erhobenen Zinsen angerechnet. Nachdem das FA zum Ergebnis gelangt ist, dass die Selbstanzeige wirksam ist, wird das Strafverfahren eingestellt.

    4. Geplante Verschärfungen

    Die Finanzminister haben einen Beschluss über die Änderungen der Selbstanzeige gefasst. Das BMF hat am 27.8.14 den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Änderung der AO und des Einführungsgesetzes zur AO“ veröffentlicht, mit dem die Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige verschärft werden:

     

    Übersicht / Geplante Verschärfungen bei der Selbstanzeige

    • Strafbefreiung: Die strafbefreiende Selbstanzeige an sich soll erhalten bleiben.

     

    • Strafzuschläge: Die Grenze, bis zu der Steuerhinterziehung ohne Zuschlag bei einer Selbstanzeige straffrei bleibt, soll von 50.000 auf 25.000 EUR gesenkt werden. Bei darüber liegenden Beträgen soll bei gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlags von 10 Prozent von der Strafverfolgung abgesehen werden. Ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000 EUR sollen 15 Prozent Zuschlag, ab einem Hinterziehungsbetrag von 1 Million EUR 20 Prozent zu entrichten sein. Bisher betrug der Zuschlag 5 Prozent ab einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 EUR.

     

    • Verjährung: Die Verjährung soll auf zehn Jahre ausgedehnt werden. Der Steuerhinterzieher muss künftig für die vergangenen zehn Jahre reinen Tisch machen und die Steuern für diese Jahre nachzahlen, um straffrei zu bleiben. Die Anlaufhemmung wird nach § 170 Abs. 6 AO (neu) für die Steuern auf Kapitalerträge hinausgeschoben auf den Zeitpunkt, in dem der Steuerpflichtige diese Erträge erklärt oder diese Erträge der Finanzbehörde bekannt geworden sind, spätestens jedoch nach 10 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, wenn die Erträge aus außereuropäischen Staaten stammen oder im automatisierten Datenaustausch erfolgen.

     

    • Sofortige Zinsentrichtung: Neben dem hinterzogenen Betrag müssen nach der geplanten Neuregelung auch die Hinterziehungszinsen i.H. von 6 Prozent pro Jahr sofort entrichtet werden, damit Straffreiheit eintritt.

     

    • Neuer Sperrwirkungstatbestand: Nach § 371 Abs. 2 Nr. 1d AO (neu) ist eine Selbstanzeige bei einer Umsatzsteuer- oder Lohnsteuernachschau oder einer sonstigen steuerlichen Nachschau mit dem Ausweisen des Prüfers nicht mehr strafbefreiend möglich. Gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 4 AO (neu) tritt eine entsprechende Sperrwirkung ein, wenn nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis 5 AO ein besonders schwerer Fall vorliegt. Damit sind Fälle der bandenmäßigen Steuerhinterziehung mit Hinterziehungsbeträgen ab 50.000 EUR pro Steuerart und Veranlagungszeitraum gemeint, wie etwa Umsatzsteuerkarusselle.

     

    • Inkrafttreten: Die Gesetzesänderungen sollen zum 1.1.15 in Kraft treten.
     

    5. Ausblick

    In Europa wird es bei hohen Steuerhinterziehungen künftig teuer werden.

     

    • Beispiel

    Die Selbstanzeige legt die nicht erklärten Einnahmen für die VZ 2008 - 2012 offen. Die Steuerschuld beträgt für den VZ 2008 50.000 EUR, in 2009 70.000 EUR; in 2010 130.000 EUR; in 2011 23.000 EUR und in 2012 29.000 EUR.

     

    Ist die Selbstanzeige bis zum 31.12.14 eingereicht, gilt § 398a AO. Auch wenn das FA diese erst in 2015 bearbeiten wird, gilt wegen des Eingangs in 2014 das alte Recht. Da nur in 2009 und 2010 die 50.000 EUR-Grenze überschritten wird, ist nur dafür der Strafzuschlag fällig. Dabei sind die 50.000 EUR kein Freibetrag, sondern die hinterzogene Steuer in diesem VZ ist Bemessungsgrundlage für den Zuschlag, der aufgrund separaten Bescheids zu zahlen ist. Damit sind in 2014 für 2009 ein Zuschlag von 3.500 EUR und 2010 ein Zuschlag von 6.500 EUR zu den Steuern und Zinsen i.H. von 0,5 pro Monat (= 6 Prozent p.a.) zu zahlen. Für 2008 gäbe es keinen Strafzuschlag, da die Steuerschuld nicht 50.000 EUR überschreitet.

     

    Wird der Sachverhalt 2015 angezeigt, entstehen Strafzuschläge für 2008 von 5.000 EUR, für 2009 von 7.000 EUR, für 2010 19.500 EUR, für 2011 0 EUR und für 2012 2.900 EUR. Die Angelegenheit verteuert sich allein bei den Strafzuschlägen von 10.000 EUR auf 34.400 EUR.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 193 | ID 42850867