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  • · Fachbeitrag · Erbschaftsteuer

    Steuerermäßigung nach § 13c ErbStG: Grundstück im Bebauungszustand

    von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

    Die Steuerermäßigung des § 13c ErbStG für ein Grundstück im Zustand der Bebauung ist auch dann zu gewähren, wenn im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (Tod des Erblassers) noch kein Mietvertrag geschlossen wurde, der Erblasser aber zu diesem Stichtag bereits eine konkrete Vermietungsabsicht zu Wohnzwecken hatte und diese selbst noch mit dem Beginn der Bebauung in Gang gesetzt hat (FG Düsseldorf 16.4.14, 4 K 4299/13 Erb, EFG 14, 1128, Abruf-Nr. 141493).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger (Kl.) ist der Bruder der Erblasserin (E). Beide waren 1/2 Miteigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks X, das sie beide bewohnten. 2011 erwarben sie die Grundstücke Y und Z zu jeweils 1/2 Anteil. Diese waren mit einem älteren Gebäude bebaut, das abgerissen werden sollte. Alsdann sollten auf den Grundstücken Einfamilienhäuser (EFHs) errichtet und vermietet werden. Die E verstarb. Sie wurde vom Kl. allein beerbt. Dieser beschloss sofort, aus dem EFH X auszuziehen und es zu vermieten. Die EFHs auf den Grundstücken Y und Z wurden 2013 fertiggestellt. Der Kläger vermietete das EFH X nach der Durchführung von Renovierungsarbeiten zum 1.4.13. Das Hausgrundstück Z vermietete er ebenfalls zum 1.4.13. Das Hausgrundstück Y vermietete er mit Vertrag zum 1.5.13.

     

    Das Finanzamt (Bekl.) setzte gegen den Kl. Erbschaftsteuer fest. Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte er geltend, dass ihm für die Hausgrundstücke X sowie Y und Z die Steuerermäßigung des § 13c ErbStG zustehe. Hinsichtlich des EFH X habe seit 2012 eine Vermietungsabsicht bestanden. Der Leerstand des Gebäudes während der Durchführung der Renovierungsarbeiten stehe der Gewährung der Steuerermäßigung nicht entgegen. Die E habe eine Vermietung der auf den Grundstücken Y und Z zu errichtenden EFHs unmittelbar nach ihrer Fertigstellung geplant. Es habe sich deshalb um Grundstücke im Zustand der Bebauung gehandelt, die vermietet werden sollen. Der Bekl. gewährte die Steuerermäßigung nach § 13c ErbStG nicht. Zur Begründung führte er aus: Die E habe das EFH X selbst zu Wohnzwecken genutzt. Da das Hausgrundstück zum Zeitpunkt ihres Todes nicht vermietet worden sei, könne die Steuerermäßigung nach § 13c ErbStG nicht gewährt werden. Hinsichtlich der Grundstücke Y und Z habe es sich um solche im Zustand der Bebauung gehandelt. Zwar könne davon ausgegangen werden, dass E eine Vermietung der noch fertig zu stellenden EFHs beabsichtigt habe. Hierzu sei es bis zu ihrem Tod jedoch nicht mehr gekommen. Die Mietverträge über die Grundstücke seien erst nach ihrem Tod abgeschlossen worden.

     

    Die dagegen gerichtete Klage ist zum Teil erfolgreich.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Erwerb des Kl. von Todes wegen durch Erbanfall unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer. Er kann die Steuerermäßigung des § 13c Abs. 1 ErbStG nur für den Erwerb der Grundstücke Y und Z beanspruchen. Für das Grundstück X kann er diese Steuerermäßigung hingegen nicht beanspruchen. Nach § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG gilt der verminderte Wertansatz des § 13c Abs. 1 ErbStG für bebaute Grundstücke oder Grundstücksteile, die zu Wohnzwecken vermietet werden. Maßgebend sind insoweit die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (vgl. BFH BStBl II 13, 1051 zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 13c, Stand: 4/14, Rn. 8, 12; Wachter in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 5. Aufl., § 13c Rn. 13). Im Streitfall ist daher auf den Zeitpunkt des Todes der E abzustellen, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

     

    Zu diesem Zeitpunkt war das EFH X weder zu Wohnzwecken vermietet noch bestand eine Vermietungsabsicht. Die E und der Kl. haben dieses Hausgrundstück vielmehr selbst zu Wohnzwecken genutzt. Der Kl. hat erst nach dem Erbfall beschlossen, aus dem EFH auszuziehen und es nach Renovierung zu vermieten. Der Leerstand eines Wohngebäudes soll zwar der Gewährung der Steuerermäßigung des § 13c ErbStG nicht entgegenstehen, wenn das Grundstück zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bereits tatsächlich vermietet worden ist (Wachter, a.a.O., § 13c Rn. 14; Jülicher, a.a.O., Rn. 12). Beides war zum Zeitpunkt des Todes der E aber nicht der Fall.

     

    Anders liegen die Dinge hinsichtlich der Grundstücke Y und Z. Hierbei handelte es sich zum Zeitpunkt des Todes der E um bebaute Grundstücke i.S. des § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG, die zu Wohnzwecken vermietet werden sollen.

     

    Es kann dahinstehen, ob es sich bei den Grundstücken Y und Z zum Zeitpunkt des Todes der E um bebaute Grundstücke i.S. des § 180 Abs. 1 BewG handelte. § 13c Abs. 3 ErbStG verweist - anders als z.B.§ 12 Abs. 1 bis 3, §§ 5 bis 7, § 13a Abs. 5 Nr. 2, § 13b Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG - nicht auf Bestimmungen des BewG. Überdies waren die Grundstücke Y und Z ausweislich der Feststellungsbescheide des FA bereits zu einem erheblichen Teil bebaut. Hiernach handelte es sich um Grundstücke im Zustand der Bebauung.

     

    Darüber hinaus werden die Hausgrundstücke Y und Z auch zu Wohnzwecken vermietet, wie dies § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG erfordert. Es ist dem Bekl. zwar einzuräumen, dass die Mietverträge erst nach dem Tod der E und nach der Fertigstellung der EFHs abgeschlossen worden sind. Der Wortlaut des § 13c Abs. 3 Nr. 1 ErbStG verlangt jedoch nicht, dass bereits der Erbl. selbst einen Mietvertrag abgeschlossen haben muss. Maßgebend ist nach dem Gesetzeswortlaut nur, dass das Grundstück jedenfalls letztlich vom Erwerber zu Wohnzwecken vermietet wird. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung, die den Wettbewerbsnachteil von Erwerbern im Vergleich zu der institutionellen Konkurrenz verringern soll, die anders als private Immobilienbesitzer oder Personenunternehmen nicht mit der Erbschaftsteuer belastet ist (Bundestag-Drucksache 16/7918, S. 36). Mit Erbschaftsteuer ist nur der Erwerber belastet. Gleichwohl ist unter Berücksichtigung des Stichtagprinzips (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) zu fordern, dass der Erblasser bereits eine konkrete Vermietungsabsicht hatte und diese selbst noch in Gang gesetzt hat. Nach Ansicht des FG ist die Steuerermäßigung des § 13c ErbStG für ein Grundstück im Zustand der Bebauung daher nicht nur zu gewähren, wenn im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bereits ein Mietvertrag abgeschlossen worden ist (vgl. Jülicher, a.a.O., § 13c Rn. 13; Wachter, a.a.O., § 13c Rn. 14). Auf dieses formale Kriterium kann es nicht entscheidend ankommen, weil der Zeitpunkt des Abschlusses eines Mietvertrags mitunter von Zufälligkeiten abhängt und als solcher nichts an einer bereits teilweise realisierten Absicht des Erblassers zu ändern vermag, das noch fertig zu stellende Gebäude zu vermieten.

     

    Die E hatte bis zum Zeitpunkt ihres Todes die Absicht, die auf den Grundstücken Y und Z errichteten EFHs zu vermieten. Bis zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer hat sie auch konkrete Schritte ergriffen, diese Vermietungsabsicht zu verwirklichen. Die beiden Grundstücke waren zum Zeitpunkt ihres Todes bereits zu einem erheblichen Teil bebaut. Es ist daher gerechtfertigt, den Erwerb dieser Grundstücke im Zustand der Bebauung, der zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer geführt hat (§ 196 Abs. 2 BewG), nach § 13c Abs. 1 ErbStG zu begünstigen.

     

    Im Stadium des Beginns der Bauarbeiten bedurfte es nicht noch des Abschlusses eines Mietvertrags, um das Vorhaben einer Vermietung der zu errichtenden EFHs sicher verwirklichen zu können. Es ist gerichtsbekannt (§ 291 ZPO), dass mit Einfamilienhäusern bebaute Grundstücke derartiger Lage ohne Weiteres vermietet werden können.

     

    Dem Kl. steht mithin hinsichtlich der Grundstücke Y und Z die Steuerermäßigung des § 13c Abs. 1 ErbStG zu.

     

    Praxishinweis

    Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Das Verfahren wird beim BFH unter dem Az: II R 30/14 geführt. Über die Revisionsentscheidung wird EE zu gegebener Zeit berichten.

     

    In vergleichbaren Fällen sollten die Erbschaftsteuerveranlagungen unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren offengehalten werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Geck, DNotZ 12, 329, zu aktuellen Entwicklungen im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer
    • Geck/Messner, ZEV-Report Steuerrecht, ZEV 13, 605, 436, 254, 76
    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 149 | ID 42774877