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  • · Fachbeitrag · Mietrecht

    Fortsetzung eines Mietverhältnisses mit überlebenden (Mit-)Mietern oder Erben

    von RA Uwe Gottwald, VRiLG a.D., Vallendar

    | § 563a BGB ermöglicht es Personen, die Mitmieter von Wohnraum sind, auch nach dem Tod eines von ihnen, das Mietverhältnis fortzusetzen. Das Mietverhältnis wird u.U. auch mit den Erben des Verstorbenen fortgeführt. Das Gesetz sieht aber auch Kündigungsmöglichkeiten vor. |

    1. Fortsetzung mit Mitmietern

    § 563a Abs. 1 BGB ordnet an, dass das Mietverhältnis mit den überlebenden Mietern fortgesetzt wird. Materiell führt die Bestimmung zur Sonderrechtsnachfolge in den Anteil des verstorbenen Mieters am Mietverhältnis. Der überlebende Mieter wird unabhängig von eventuell weiteren Personen i.S. des § 563 Abs. 1 und Abs. 2 BGB alleiniger Mieter. Bei mehreren überlebenden Mitmietern, die nach § 563 Abs. 1 und 2 BGB privilegiert sind, werden diese (alleinige) gemeinsame Mieter. Das Mietverhältnis wird mit grundsätzlich unverändertem Inhalt fortgesetzt.

     

    MERKE | Durch § 563a BGB wird das Kündigungsrecht des Vermieters gegenüber dem Erben (§ 564 BGB) zurückgedrängt und damit ein Bestandsschutz zugunsten der privilegierten Person als Mitmieter des verstorbenen Mieters unter Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge angeordnet.

     

    Es dürfen nur privilegierte Personen i.S. von § 563 Abs. 1 und Abs. 2 BGB den Wohnraum gemeinschaftlich gemietet haben. Ein Mietverhältnis i.S. des § 563a Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Mitmieter als solche bezüglich desselben Wohnraums berechtigt und verpflichtet sind. Das setzt voraus, dass beide (oder mehr) den Mietvertrag als Parteien auf der Mieterseite wirksam abgeschlossen haben. Dies muss nicht gleichzeitig geschehen. Ob auf der Seite des Vermieters Personenmehrheit vorliegt oder nicht, ist unerheblich.

     

    a) Kündigungsrecht des überlebenden Mieters

    Der/die überlebende/n Mieter hat/haben nach § 563a Abs. 2 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht mit der gesetzlichen Frist. Dies gilt auch, wenn das Mietverhältnis für unbestimmte Zeit eingegangen (§ 575 BGB) oder ein Kündigungsausschluss vereinbart war. Die gesetzliche Kündigungsfrist folgt aus § 573d Abs. 1 und 2 BGB und beträgt drei Monate abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen und kann nur innerhalb einer Überlegungsfrist von einem Monat nach Kenntnis vom Tod des (Mit-)Mieters erfolgen. Mehrere überlebende (Mit-)Mieter müssen das Kündigungsrecht gemeinsam ausüben (Staudinger/Rolfs, BGB, Neubear. 11, § 563a Rn. 13). Die Überlegungsfrist von einem Monat beginnt in diesen Fällen mit der Kenntnis des letzten (Mit-)Mieters vom Tod des (Mit-)Mieters. Der überlebende (Mit-)Mieter braucht keinen Kündigungsgrund.

     

    MERKE | Dem Vermieter steht kein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Auch das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 564 BGB ist in diesen Fällen nicht gegeben. Der Vermieter ist auf die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses angewiesen, wenn es sich um ein unbefristetes Mietverhältnis handelt (Fristen: § 573c BGB). Es ist ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S. von § 573 Abs. 2 BGB notwendig.

     

    b) Abweichende Vereinbarungen

    Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind unwirksam, § 563a Abs. 3 BGB.

    2. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit den Erben

    Nach § 564 S. 1 BGB wird das Mietverhältnis mit dem Erben fortgesetzt. Sind mehrere Erben vorhanden, treten sie als Miterbengemeinschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (nicht: Sonderrechtsnachfolge) in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein. Zum Zeitpunkt des Todes des Mieters erfolgt die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach erbrechtlichen Grundsätzen, § 1922 Abs. 1, § 1967 Abs. 1 BGB.

     

    a) Voraussetzungen der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben

    § 564 BGB ist anwendbar, wenn zwischen dem Erblasser als Mieter und dem Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum bestanden hat. Der Mieter muss gestorben oder für tot erklärt worden sein.

     

    MERKE | Der Tod des Vermieters begründet kein Recht zur außerordentlichen Kündigung, da die Erben ohne Weiteres in die Rechtsstellung des Vermieters eintreten, § 1922 Abs. 1, § 1967 Abs. 1 BGB.

     

    Weiterhin dürfen keine Haushaltsangehörigen in das Mietverhältnis nach § 563 Abs. 1 und 2 BGB eingetreten sein und auch niemand das Mietverhältnis nach § 563a BGB fortsetzt haben. Die Bestimmung ist auch anwendbar, wenn diese Personen von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht haben.

     

    Haben mehrere (Mit-)Mieter, von denen keiner unter die §§ 563, 563a BGB fällt, den Mietvertrag geschlossen und stirbt einer von ihnen, steht nach der wohl h.M. grundsätzlich weder dem Vermieter noch dem Erben des verstorbenen (Mit-)Mieters ein Kündigungsrecht zu (Staudinger/Rolfs, a.a.O., § 564 Rn. 6; Prütting/Wegen/Weinreich (PWW)/Riecke, 8. Aufl., § 564 Rn. 4, 5).

     

    b) Kündigung des Mietverhältnisses, § 564 S. 2 BGB

    § 564 S. 2 BGB räumt sowohl dem Vermieter als auch dem Mieter ein außerordentliches Kündigungsrecht ein.

     

    aa) Außerordentliche Kündigung des Erben

    Das Recht zur außerordentlichen Kündigung steht (auch) dem Erben zu. Wer Erbe ist, bestimmt sich nach §§ 1922 ff. BGB. Der Erbe ist nicht verpflichtet, sich dem Vermieter gegenüber gelegentlich der Erklärung der Kündigung zu legitimieren. Die Vorlage eines Erbscheins ist nicht notwendig.

     

    Im Fall der Anordnung der Nachlassverwaltung, der Testamentsvollstreckung und der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens, steht das Kündigungsrecht lediglich dem Nachlassverwalter, dem Testamentsvollstrecker oder dem Nachlassinsolvenzverwalter zu, nicht etwa dem Erben (Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 564 Rn. 7).

     

    MERKE | Besteht nach dem Erbfall eine Miterbengemeinschaft, kann das Recht zur außerordentlichen Kündigung nur von allen (Mit-)Erben gemeinsam ausgeübt werden (siehe auch: § 2040 BGB; Palandt/Weidenkaff, a.a.O.). Dabei müssen nicht alle (Mit-)Erben gleichzeitig die Kündigung erklären, sondern auch in zeitlichen Abständen. Auch eine Bevollmächtigung von (Mit-)Erben ist möglich, nicht jedoch eine nachträgliche Genehmigung.

     

    bb) Außerordentliche Kündigung des Vermieters

    Auch der Vermieter kann das Mietverhältnis bei Fortsetzung mit dem Erben außerordentlich kündigen. Mehrere Vermieter können von ihrem Kündigungsrecht nur gemeinsam Gebrauch machen. Die Kündigung kann grundsätzlich nur gegenüber dem Erben erfolgen. Handelt es sich um eine Miterbengemeinschaft, muss der Vermieter die Kündigung gegenüber allen (Mit-)Erben erklären. Ist Nachlassverwaltung bzw. Testamentsvollstreckung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, muss die Kündigung gegenüber dem Nachlassverwalter, dem Testamentsvollstrecker oder dem Nachlassinsolvenzverwalter erfolgen.

     

    Beachten Sie | Bei Vorliegen einer Empfangsvollmacht i.S. des § 164 Abs. 3 BGB kann die Kündigung gegenüber einem Miterben erfolgen, wenn alle anderen diesem Empfangsvollmacht erteilt haben. Eine Erbauseinandersetzung dergestalt, dass ein Miterbe das Mietverhältnis fortsetzen soll, kann in die Erteilung einer Empfangsvollmacht für die Kündigung seitens des Vermieters ausgelegt werden (Staudinger/Rolf, a.a.O.,§ 564 Rn. 14).

     

    Bei Kündigung durch den Vermieter sind nach § 573d Abs. 1, § 575a Abs. 1 BGB die §§ 573 ff. BGB unanwendbar. Allerdings soll nach h.M. die Sozialklausel der §§ 574 ff. BGB anwendbar sein (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 564 Rn. 9; PWW/Riecke, a.a.O., § 567 Rn. 8).

     

    Der Vermieter soll deshalb gem. § 568 Abs. 2 BGB auf die Möglichkeit, die Form und Frist des Widerspruchs nach §§ 574 ff. BGB hinweisen.

     

    cc) Form der Kündigung und Kündigungsfrist

    Das Mietverhältnis kann für Vermieter und Mieter unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig, § 573d Abs. 2 S. 1 BGB. Eine zum Nachteil des Erben abweichende Vereinbarung ist unwirksam, § 573d Abs. 3 BGB.

     

    Nach §§ 573d, 575a Abs. 1 BGB findet bei einer Kündigung des Vermieters gegenüber dem Erben eine Verlängerung der Kündigungsfrist weder nach § 573a Abs. 1 S. 2 BGB noch nach § 573c Abs. 1 S. 2 BGB statt (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 573d Rn. 7). Auch die verlängerten Kündigungsfristen des § 573c Abs. 1 S. 2 BGB finden in diesen Fällen keine Anwendung.

     

    Die Kündigungsfrist hängt nicht von der Annahme der Erbschaft ab. Sie muss schriftlich erfolgen, § 568 BGB.

     

    dd) Besonderheiten bei Testamentsvollstreckung und Nachlassverwaltung

    Ist Testamentsvollstreckung angeordnet und erstreckt sich diese auch auf das Mietverhältnis, kann der Vermieter gegenüber dem Erben auch wirksam kündigen, wenn der Testamentsvollstrecker sein Amt noch nicht angenommen hat. Denn die Empfangszuständigkeit des Erben wird von der Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht berührt. Ab Annahme des Amts kann die Kündigung allerdings nur gegenüber dem Testamentsvollstrecker erklärt werden.

     

    Der Erbe kann auch vor der Annahme des Amts des Testamentsvollstreckers das Mietverhältnis nicht wirksam kündigen, da er bereits ab dem Erbfall durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung in seiner Verfügung über den Nachlass beschränkt ist (Staudinger/Rolfs, a.a.O., § 564 Rn. 20). Der Testamentsvollstrecker kann die Kündigung wirksam erst nach Annahme des Amts (§ 2201 BGB) erklären (Staudinger/Rolfs, a.a.O.).

     

    Für den Fall der Anordnung der Nachlassverwaltung mit Bestellung eines Nachlassverwalters gilt, dass nur dieser ab dem Zeitpunkt der wirksamen Anordnung der Nachlassverwaltung das Mietverhältnis kündigen kann. Vorher kann es der Erbe. Die Annahmezuständigkeit für die Kündigungserklärung wird auch von der Anordnung der Nachlassverwaltung nicht berührt. Die Kündigung kann deshalb auch bei ihrer Anordnung wirksam gegenüber dem Erben erklärt werden.

     

    c) Abweichende Vereinbarungen

    Die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben des Mieters und auch dessen Kündigungsrecht einerseits wie auch das Kündigungsrecht des Vermieters können vertraglich abweichend von § 564 BGB geregelt werden.

     

    MERKE | Nach wohl h.M. (ausführlich: Staudinger/Rolfs, a.a.O., § 564 Rn. 23 bis 25) ist das Kündigungsrecht in § 564 S. 2 BGB für beide Teile grundsätzlich nicht formularmäßig abdingbar (vgl. auch LG Frankfurt WuM 90, 82).

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • EE 13, 211, zum Tod des Mieters und den Folgen für das Mietverhältnis
    • EE 14, 17, zum Tod des Mieters und dem Kündigungsrecht des Vermieters
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 33 | ID 42374467