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  • · Fachbeitrag · Internationales Erbrecht

    Europäisches Nachlasszeugnis

    von RA und Notar Manfred Richter und RA Dr. Christoph Goez, FA Steuerrecht und Erbrecht, Münster/Rheine

    | In internationalen Erbfällen kann es langwierig und teuer werden, die Erbberechtigung nachzuweisen, weil der nationale Erbschein nicht überall akzeptiert wird. In Europa soll die inzwischen in Kraft getretene Europäische Erbrechtsverordnung 2012 (EU-ErbVO) Erleichterung schaffen. Mit ihr wird am 16.8.15 das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) als einheitlicher Nachweis eingeführt, was die Abwicklung internationaler Erbfälle erleichtert. Die wichtigsten Einzelheiten werden im Folgenden kurz zusammengefasst. |

     

    Das ENZ soll in allen Mitgliedstaaten der EU (mit Ausnahme von Dänemark, Großbritannien und Irland) einheitlich als Nachweis dafür dienen, wer Erbe oder Vermächtnisnehmer geworden ist. Auch die Befugnisse des Testamentsvollstreckers sollen im ENZ nachgewiesen werden.

     

    International zuständig für die Ausstellung des ENZ ist der Mitgliedstaat, in dem der Erblasser beim Erbfall seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dem folgt in Deutschland die örtliche Zuständigkeit, sodass das Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers das ENZ ausstellt. Durchgeführt wird das Verfahren auf Antrag, wobei die EU-ErbVO Formblätter zur Verfügung stellt, die vom Antragsteller ausgefüllt werden können. Voraussichtlich Anfang 2015 werden entsprechende Formblätter im Internet abrufbar sein.

     

    Ein Unterschied zum deutschen Erbscheinsverfahren ist, dass im deutschen Recht bereits im eingeleiteten Verfahren auf Erteilung des Erbscheins bestimmte Beteiligte zu hören sind und der Erbschein gegebenenfalls erst nach Entscheidung über mögliche Widersprüche erlassen oder rechtskräftig wird. Die EU-ErbVO geht einen anderen Weg: Rechtsbehelfe gegen das ENZ können erst nach Erteilung eingelegt werden. Um sich daraus ergebende Missbrauchsmöglichkeiten einzuschränken, besitzt das ENZ nur eine Gültigkeit von sechs Monaten und muss gegebenenfalls erneuert werden. Auch kann die Behörde die Wirkungen des Zeugnisses aussetzen, wenn ein Beteiligter ein berechtigtes Interesse hieran nachweist.

     

    Das ENZ gilt nur für grenzüberschreitende Sachverhalte. Daneben bestehen für rein nationale Sachverhalte weiter die jeweils nationalen Erbfolgenachweise, somit insbesondere in Deutschland der Erbschein. Das ENZ ist nicht zwingend. Wer seine Erbberechtigung im Nachbarland z.B. mit deutschem Erbschein nachweisen kann, der muss nicht zusätzlich ein ENZ beantragen.

     

    Weiterführender Hinweis

    ZU DEN AUTOREN  |  Beide Autoren sind in der ALPMANN FRÖHLICH Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Münster/Rheine/Emsdetten, tätig.  

     

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 198 | ID 42262062