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  • · Fachbeitrag · Erbverzichtsvertrag

    Sittenwidrigkeit wegen Unkenntnis der Vermögensverhältnisse

    von RA Wolfgang Krüger, LL.M., FA Familienrecht und Erbrecht, Köln

    Die Parteien eines beidseitigen Erbverzichtsvertrags sind nicht verpflichtet, sich ungefragt einander über ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. Die Sittenwidrigkeit solcher Verträge kommt allenfalls in Betracht, wenn die Einbeziehung der Vermögensverhältnisse erkennbar ist (OLG Düsseldorf 21.2.13, I-3 Wx 193/12, ZErb 13, 94, Abruf-Nr. 131361).

     

    Sachverhalt

    Der Beteiligte zu 1) S ist der Sohn des Erblassers E aus erster Ehe. Die Beteiligte zu 2) F ist die zweite Ehefrau des E. Die Eheleute hatten notariell einen Ehe- und Erbverzichtsvertrag geschlossen. Hiernach ist F nicht mehr nach E erbberechtigt. In der Präambel des Vertrags wurde neben unterhaltsrechtlichen Motiven nur der Wunsch geäußert, dass die jeweiligen Kinder in künftigen Erb- und Pflichtteilsansprüchen nicht beeinträchtigt werden sollen.

     

    Nach dem Tod des E beantragte S einen ihn als Alleinerben ausweisenden Erbschein. F trat dem entgegen, da E sie bei Vertragsschluss über sein Vermögen getäuscht habe. E habe Werte von ca. 300.000 EUR verschwiegen. Überdies habe sie den Erbverzicht wegen Täuschung wirksam angefochten. Das Nachlassgericht kündigte dennoch die Erteilung des beantragten Erbscheins an. Vor allem die eine Sittenwidrigkeit des Verzichts begründende Täuschungsabsicht des E sei nicht nachvollziehbar. Gegen diesen Beschluss hat sich F mit einer Beschwerde gewandt.

     

    Entscheidungsgründe

    Die nach § 58 Abs. 1, § 252 Abs. 3 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist in der Sache erfolglos geblieben. S ist Alleinerbe des E geworden. Entgegen der Ansicht der F besteht keine Pflicht zur ungefragten Offenlegung von Vermögensverhältnissen. Der Verzicht der F gegenüber E ist wirksam nach § 2346 Abs. 1 S. 1 BGB zu Stande gekommen. Bei der Begründung kann zunächst offenbleiben, ob ein Erbverzicht als abstraktes Verfügungsgeschäft überhaupt sittenwidrig sein beziehungsweise wegen des Zusammenhangs mit dem Kausalgeschäft „infiziert“ werden kann. Entscheidend ist, dass im Vertrag keine Andeutung für eine Einbeziehung des Vermögens geschweige denn eines bestimmten Standes zu finden ist. Auch sonstige Anhaltspunkte bestehen nicht. Nach Eintritt des Erbfalls scheidet daneben die Anfechtung eines Erbverzichtvertrags von vornherein aus (OLG Koblenz FamRZ 93, 1498 (streitig)).

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung zeigt einmal mehr die Bedeutung einer klarstellenden Präambel für Vereinbarungen im Erbrecht auf. Pauschale Formulierungen sind hier fehl am Platz. Sind die Angaben aber falsch, muss eine Sittenwidrigkeit zumindest geprüft werden (OLG München ZEV 06, 313).

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 150 | ID 42257916