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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Vollstreckung vonAuskunfts- oder Rechnungslegungsansprüchen

    von RA Ernst Sarres, FA Familienrecht und Erbrecht, Düsseldorf

    | Wenn der Auskunftsgläubiger gegen den Schuldner einen Auskunftstitel erwirkt hat, aber die Ansprüche aus demTitel nicht freiwillig erfüllt werden, ist das Vollstreckungsverfahren mit den notwendigen Anträgen einzuleiten. Dabei treten immer wieder Probleme beim Zwangsgeldantrag auf, mit dem die Erfüllung titulierter erbrechtlicher Auskunftsansprüche durchgesetzt werden soll. |

     

    • Der Fall

    Erblasser E setzte seine zweite Ehefrau F zu seiner Alleinerbin ein. E verstarb am 18.8.08 Seine Tochter T macht gegen F außergerichtlich vergeblich Auskunftsansprüche geltend. Vor dem LG erwirkt T ein wirksames Teilurteil, wonach F ein privatschriftliches Verzeichnis über den Nachlass des E erstellen muss. Das Teilurteil wird rechtskräftig. Trotz Aufforderung verweigert F weiter die Vorlage des Bestandsverzeichnisses. T fragt an, ob und gegebenenfalls wie ihre Ansprüche vollstreckt werden können.

    1. Der Auskunftsanspruch in der Zwangsvollstreckung

    Da ausschließlich die Alleinerbin F als höchstpersönliche Informationsträgerin die titulierten Auskünfte gemäß §§ 2314, 260 Abs. 1 BGB erteilen kann, sind die Auskünfte unvertretbare Handlungen und daher gemäß § 888 ZPO zu vollstrecken. Gemäß § 888 ZPO ist der Schuldner durch Zwangsgeld oder durch Zwangshaft zur Auskunftserteilung anzuhalten. Das einzelne Zwangsgeld darf 25.000 EUR nicht übersteigen. Nach der eindeutigen Regelung des § 888 ZPO kann der Gläubiger spätestens zur Zwangshaft übergehen, wenn das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann (Auskunftserteilung und Rechnungslegung sind gemäß h.M. in der Regel unvertretbare Handlungen: vgl. BayObLG NJW-RR 97, 489; BGH NJW 08, 2919; OLG Nürnberg ZEV 10, 417; OLG Düsseldorf FamRZ 97, 1495; OLG Hamm FamRZ 97, 1094; Prütting/Gehrlein/Olzen, ZPO, 2. Aufl., § 887 Rn. 20; § 888 Rn. 10; Thomas-Putzo, ZPO/FamFG, 30. Aufl., § 888 Rn. 2).

     

    2. Zwangsgeldantrag

    Für die Vollstreckung nach § 888 ZPO haben sich bei den Antragsbausteinen bestimmte aus der Rechtspraxis herrührende Formulierungen herausgebildet, die sich stark an den Gesetzeswortlaut anlehnen und Allgemeingültigkeit genießen. Da gemäß § 888 Abs. 2 ZPO eine Zwangsmittelandrohung nicht notwendig ist, kann der Gläubiger durch Anrufung des Gerichts erreichen, dass eine zügige Festsetzung von Zwangsmitteln erfolgen kann.

     

    Musterformulierung / Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes

    In der Zwangsvollstreckungssache

    des/der ..., Gläubigerin

    vertreten durch: (Rechtsanwälte ...)

    gegen

    Herrn/Frau ..., Schuldnerin

    vertreten durch: (Rechtsanwälte ...)

    Az.: der Hauptsache: ...

    wegen: Antrag gemäß § 888 ZPO

    überreichen wir das vollstreckbareTeilurteil des LG Köln unter gleichzeitiger Beifügung des Zustellungsnachweises.

    Namens und mitVollmacht der Gläubigerin beantragen wir, folgenden Zwangsgeldbeschluss gegen die Schuldnerin zu erlassen:

    Gegen die Schuldnerin (Alt.: Auskunftsschuldnerin) wird wegen der Weigerung der Erstellung (Alt.: Nichtvornahme der Erstellung) eines privatschriftlichen Bestandsverzeichnisses gemäß den §§ 2314, 260 BGB über den Bestand des Nachlasses des am ... in ... verstorbenen Erblassers ..., zuletzt wohnhaft in ..., gemäß dem rechtskräftigenTeilurteil des LG ... vom ..., Az. ... ein Zwangsgeld (alternativ mit Bezifferung: ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR) festgesetzt und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft angeordnet.

    Gründe: (Bausteine)

    • 1. Beschreibung des Auskunftstitels und Beifügung einer vollstreckbaren Ausfertigung: Das LG ... hat die Auskunftsschuldnerin durchTeilurteil vom ..., Az. ..., dazu verurteilt, Auskunft über den Nachlass des am ... in ... verstorbenen Erblassers ..., zuletzt wohnhaft in ..., durch Erstellung und Vorlage eines privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses zu erteilen.

    • 2. Nachweis über die Zustellung des Urteils im Parteibetrieb: Das Urteil wurde durch die Gerichtsvollzieherin ... am ... an die Auskunftsschuldnerin zugestellt. Hierüber verhält sich der anliegende Zustellungsnachweis der Gerichtsvollzieherin.

    • 3. Ggfs. Darstellung dazu, dass Schuldnerin ihre höchstpersönliche Auskunftsverpflichtung tatsächlich erfüllen kann. Es gibt keine Erkenntnisse dafür, dass die Schuldnerin an der höchstpersönlichen Erfüllung der titulierten Auskunftspflicht gehindert sein könnte. Sie hat selbst im Schriftsatz vom ... angegeben, sie verfüge über sämtliche Angaben zu den Sparkonten der Erblasserin. Sie wolle jedoch nicht alle Konten angeben, weil dadurch Vorgänge bekannt würden, die die Persönlichkeitsrechte der Erblasserin erheblich beschädigen würden. Nähere Angaben hierzu hat sie aber im Vollstreckungsverfahren nicht mehr gemacht. Daher kann sie die Auskünfte erteilen. Da sie diese bisher verweigert, ist die Festsetzung des Zwangsgeldes erforderlich.

    3. Bestimmung des Zwangsgeldes

    Für die Höhe des festzusetzenden Zwangsgeldes bestehen keine festen Regeln. Zunächst entscheidet das Gericht nach Ermessen. Maßstäbe für die Höhe des Zwangsgeldes resultieren aus der besonderen Interessenlage des Gläubigers und aus den Gründen des Schuldners, die ihn zur Ablehnung der Auskunft veranlassen (Prütting/Gehrlein/Olzen, a.a.O., § 888 ZPO Rn. 28 m.w.N.).

     

    4. Auskunftsvollstreckung und Beweislast

    Noch im Vollstreckungsverfahren kann die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast streitentscheidend sein. Hier drängen sich zwei Grundpositionen auf. Den Gläubiger trifft die Darlegung dazu, dass der Schuldner in der Lage ist, die titulierten Informationen zu erteilen und dass die Erteilung ausschließlich von seinem Willen abhängt („Höchstpersönlichkeit der Auskunftserteilung“.)

     

    5. Schuldner muss Unmöglichkeit darlegen

    Der Schuldner muss vortragen und ggf. beweisen, dass die Auskunftserteilung für ihn „erwiesen unmöglich“ ist (OLG Hamm FamRZ 97, 1094, 1095). Er kann sich nicht auf einfaches Bestreiten verlegen, sondern muss konkret unter Angabe von Beweismitteln verdeutlichen, dass er seineVerpflichtung angeblich nicht erfüllen kann. Erst dann ist der Gläubiger in der Lage, die Angaben des Schuldners zur Unmöglichkeit zu überprüfen (zum Streitstand: Prütting/Gehrlein/Olzen, ZPO, a.a.O., § 888 Rn. 17). Verweist der Schuldner trotz seiner höchstpersönlichen Leistungspflicht als Hinderungsgrund auf Unterlagen beim Steuerberater, muss er dezidiert darlegen, wann und welchen Steuerberater er beauftragt hat und aus welchen Gründen die Auskunftspflichten bis dato noch nicht erfüllbar gewesen sein sollen (OLG Hamm FamRZ 97, 1094, 1095). Kann der Schuldner den Nachweis der erwiesenen Unmöglichkeit nicht führen, kann das Zwangsgeld nach § 888 ZPO ohne vorherige Androhung festgesetzt werden.

     

    Checkliste / Vom Zwangsgeldantrag bis zum Zwangsgeldbeschluss

    • Außergerichtliches Auskunftsersuchen (ggf. „Stufenmahnung“ z.B. nach § 2314, § 260 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB);

    • Auskunftsklage oder Stufenklage undTitulierung (z.B.Teilurteil), § 254 ZPO, § 2314, § 260 Abs. 1 BGB, § 301 ZPO;

    • Streitwertabhängiger Antrag zur Festsetzung von Zwangsmitteln beim AG/LG gemäß § 888 ZPO, sodass nach § 78 ZPO für das LG Anwaltszwang besteht (str., vgl. im Einzelnen Prütting/Gehrlein/Olzen, a.a.O., § 888 ZPO Rn. 5 und § 887 ZPO Rn. 8 m.w.N.). Bei der Zuständigkeit des AG kann der Antrag zu Protokoll der Geschäftsstelle aufgegeben werden, § 496 ZPO;

    • Entscheidung durch gerichtlichen Zwangsgeldbeschluss gemäß §§ 888, 795, 724 ZPO: Zwangsgeld-Obergrenze 25.000 EUR;

    • Rechtsbehelf gegen den Beschluss: Sofortige Beschwerde nach §§ 793, 569 ZPO (Frist: 2 Wochen).

    Weiterführende Hinweise

    • Gutbell in Münchener Prozessformularbuch Erbrecht, 2. Aufl., S. 1151 ff.
    • FAKomm-ErbR/Osterloh/Konrad, 2. Aufl., S. 1395 zu „Vollstreckung
    • Tanck/Lenz/Roglmeier, Erbrecht, S. 122
    Quelle: Ausgabe 01 / 2012 | Seite 16 | ID 29731060