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  • · Fachbeitrag · Berufsrecht

    Interessenkollision bei der Vertretung mehrerer Pflichtteilsberechtigter

    von RA Volker C. Karwatzki, FA Arbeitsrecht, Mitglied der DGE, Ingelheim

    | Bei der Vertretung mehrerer Pflichtteilsberechtigter kann es wie bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gleichgerichtete und entgegengesetzte Interessen und damit auch einen Interessenwiderstreit geben. |

     

    Kein Interessenwiderstreit, aber Risiko eines solchen

    Der Lebenssachverhalt, der der Geltendmachung mehrerer Pflichtteilsberechtigter zugrunde liegt, ist derselbe. Es müsste ein Interessengegensatz bestehen. Das Ziel, den Pflichtteil zu erhalten, ist für die Berechtigten identisch. Insoweit gibt es keinen Interessenwiderstreit. Der Weg zum Ziel ist jedoch mit dem Risiko des Interessenwiderstreits belastet. Die Situation ist derjenigen bei Miterben vergleichbar. Soweit keine zu berücksichtigenden Vorempfänge bestehen oder unstreitig sind, ist der Anwalt an der Übernahme des Mandats nicht gehindert. Besteht bezüglich der Grundlagen, auf denen die spätere Ermittlung der Pflichtteilsansprüche beruht, zwischen den Berechtigten kein Streit, bestehen keine Bedenken das Mandat zu übernehmen. Doch auch hier bedarf es einer nachweisbaren Dokumentation über die umfassende, vor Annahme des Mandats erfolgte Aufklärung der Pflichtteilsberechtigten.

     

    Musterformulierung / Vertretung mehrerer Pflichtteilsberechtigter

    Die Auftraggeber: a) ..., b) ... und c) ..., beauftragen Rechtsanwalt/Rechtsanwältin R für jeden einzelnen Pflichtteilsberechtigten ihre Pflichtteilsansprüche betreffend den Nachlass des/der ..., geboren am ... verstorben am ..., in ..., deutsche Staatsangehörige/r, gegenüber dem Alleinerben/den Miterben ... geltend zu machen.

    Darstellung des Interesses und des Ziels (kurzer Sachverhalt)

    Die Auftraggeber sind die Abkömmlinge des/der ... aufgrund letztwilliger Verfügung vom ... ist ... zum Alleinerben eingesetzt, der die Erbschaft nicht ausgeschlagen hat. Unser Interesse ist es, dass R die uns rechtlich zustehenden Pflichtteilsansprüche geltend macht. Dies gilt auch für etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche, soweit sie uns zustehen.

    Hinweis: Auf Befragen des/der R erklären wir: Wir haben lebzeitige Schenkungen von dem Erblasser/der Erblasserin nicht erhalten. Alternative: A hat erhalten: ... /Zeitpunkt ...; B hat erhalten: .../Zeitpunkt ...

    Ob der Erbe/die Erben ausgleichungspflichtige Zuwendungen erhalten haben, ist uns unbekannt. Wir wurden ausführlich über die Bedeutung derartiger Zuwendungen von R belehrt und haben dies verstanden.

    R hat uns auch darüber belehrt, dass es im Zuge der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs zu Bewertungsstreitigkeiten kommen kann, was sowohl für die Berücksichtigung einer Zuwendung gilt als auch für die Bemessung des Werts. Insoweit kann es auch unter den Pflichtteilsberechtigten zu divergierenden Ansichten kommen. Da R daran gehindert ist, die Interessen eines Pflichtteilsberechtigten gegen die eines anderen Pflichtteilsberechtigten zu vertreten, würde das Mandat enden, soweit sich die Pflichtteilsberechtigten nicht über die Fragen, die sich während des Mandats ergeben können, einigen. Der Vergütungsanspruch des/der R bleibt hiervon unberührt.

    Sollte es nach Beendigung des Mandats zu streitigen Auseinandersetzungen zwischen den Pflichtteilsberechtigten kommen, die ihre Grundlage in ihrer erbrechtlichen Stellung haben, so ist es R nicht gestattet, einen der Pflichtteilsberechtigten gegen den oder die anderen Pflichtteilsberechtigten zu vertreten.

    Ort/Datum ... Unterschrift

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2012 | Seite 90 | ID 29595430