Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Testament

    Umkehr der Feststellungslast bei ursprünglich leseunkundigem Erblasser

    von RA Dr. Thomas Papenmeier, FA Erbrecht, Chemnitz

    Ein Erblasser muss nach § 2247 Abs. 4 BGB lesen können, um ein eigenhändiges Testament zu errichten. Im Grundsatz trägt derjenige die Feststellungslast, der behauptet, dass der Erblasser nicht lesen konnte. Anders ist dies, wenn der Erblasser bis ins Erwachsenenalter nicht lesen gelernt hatte und behauptet wird, er habe es später noch gelernt. Dann trägt derjenige die Feststellungslast, der behauptet, dass der Erblasser noch lesen gelernt hat (OLG Dresden 12.1.15, 17 W 1341/14, n.v., Abruf-Nr. 144677).

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser (E) hinterließ eine Ehefrau (F) und zwei Kinder aus erster Ehe. Im Testament vom 9.2.12 hatten sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Das Testament war von der F handschriftlich geschrieben und unterschrieben. Der E hatte nur unterschrieben. Die F erhielt zunächst einen Erbschein als Alleinerbin. Die Kinder regten sodann an, den Erbschein einzuziehen. Denn der E konnte nicht lesen. Er hatte dies unstreitig in der Schule nicht gelernt, sondern die Sonderschule nach der 4. Klasse verlassen. Bis zu seinem 51. Geburtstag konnte der E nicht lesen. Die F führte in der Anhörung beim Nachlassgericht aus, sie habe dem E das Lesen danach beigebracht. Sie habe ihn dazu in einem Zeitraum von 12 bis 18 Monaten jeweils eine Stunde in der Woche unterrichtet. Schreiben konnte der E unstreitig bis zu seinem Tod nicht. Die von der F beschriebene Art und Weise, wie der E das Lesen gelernt haben sollte, war fragwürdig. Das Nachlassgericht hatte sich aber am Ende darauf zurückgezogen, dass die F zuletzt behauptet hatte, der E habe ihr das Testament vorgelesen. Das Nachlassgericht lehnte daher die Einziehung des Erbscheins ab, weil der Beweis der Leseunfähigkeit des E nicht gelungen sei. Das OLG Dresden musste über den Antrag eines Sohnes (S) auf VKH entscheiden. Nach deren Bewilligung legte der S die Beschwerde ein. Das AG half dieser nach den Ausführungen des OLG im VKH-Verfahren selbst ab und zog den Erbschein ein.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 2247 Abs. 4 BGB kann ein Erblasser, der nicht lesen kann, kein eigenhändiges Testament errichten. Das gilt auch für ein gemeinschaftliches eigenhändiges Testament, § 2267 S. 1 BGB.