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  • · Nachricht · Europäisches Nachlasszeugnis

    Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt auch ohne „urkundliche Verbindung“ der einzelnen Zeugnisbestandteile

    | Zum Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt existiert keine Rechtsgrundlage, wonach ein aus verschiedenen Blättern bestehendes Europäisches Nachlasszeugnis zu einer Urkunde zu verbinden ist. So das Kammergericht Berlin (27.6.23, 1 W 2/23, Abruf-Nr. 237407 ). |

     

    Die Tochter der Erblasserin und des Erblassers (verstorben in den Jahren 2021 bzw. 2022) erhielt auf ihren Antrag vom Amtsgericht Wedding zwei europäische Nachlasszeugnisse. Das eine wies die Mutter als Alleinerbin des Vaters und das andere die Tochter als Alleinerbin ihrer Mutter aus. Unter Beifügung durch das Nachlassgericht gefertigter beglaubigter Abschriften der beiden Europäischen Nachlasszeugnisse beantragte sie die Berichtigung des Grundbuchs. Mit Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt die Form der eingereichten Europäischen Nachlasszeugnisse beanstandet. Diese seien je „urkundlich zu verbinden“. Hiergegen richtet sich die Beschwerde, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat. Das KG hat die Zwischenverfügung aufgehoben.

     

    Der Nachweis der Erbfolge könne gegenüber dem Grundbuchamt nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden, § 35 Abs. 1 S. 1 GBO. Dabei sei dem Grundbuchamt der Erbschein entweder in Urschrift oder Ausfertigung vorzulegen (BGH MDR 82, 308). Der Ausfertigung eines Erbscheins entspreche die nach Art. 70 Abs. 1 EuErbVO dem Antragsteller auszustellende beglaubigte Abschrift der bei dem Nachlassgericht verbleibenden Urschrift des Europäischen Nachlasszeugnisses (BR-Drs 644/14, S. 56). Solche beglaubigten Abschriften habe die Beteiligte zum Nachweis der Erbfolge nach ihren Eltern vorgelegt. Welche Förmlichkeiten bei der Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses zu beachten seien, sei nicht in der GBO geregelt, sondern richte sich nach den für die Erteilung des Zeugnisses maßgeblichen Vorschriften, welche eingehalten worden seien.

     

    Die Vollständigkeit der ‒ nach dem Formblatt V immer aus einer Mehrzahl von Blättern bestehenden ‒ beglaubigten Abschrift des europäischen Nachlasszeugnisses ergebe sich aus den auf Seite 1 bezeichneten Anlagen, der fortlaufende Paginierung der einzelnen Seiten sowie der Angabe ihrer Gesamtzahl auf Seite 7. Darüber hinaus seien die einzelnen Blätter der Zeugnisse mittels Heftung miteinander verbunden worden. Damit könne die Rechtsnachfolge nach den verstorbenen Eigentümern des Grundstücks ‒ formell ‒ nachgewiesen werden, §§ 35 Abs. 1 S. 1, 29 Abs. 1 S. 2 GBO. Der vom Grundbuchamt geforderten „urkundlichen Verbindung“ der einzelnen Blätter bedürfe es nicht, weil hierfür keine Rechtsgrundlage bestehe.

     

    MERKE | Die Entscheidung stellt klar, dass die unionsrechtlichen formellen Voraussetzungen der beglaubigten Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses zum Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt genügen und das nationale (Grundbuch-)Recht keine strengeren Anforderungen aufstellt.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2023 | Seite 164 | ID 49678854