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  • 07.01.2008 | Vererblichkeit von Rechtspositionen

    Abfindungen und Gegendarstellungsanspruch

    von RA Ernst Sarres, FA Familienrecht, Düsseldorf

    Überschneidungen des Erbrechts mit anderen Rechtsgebieten sind wegen zunehmender Liberalisierung des Rechts häufiger geworden. Das gilt nicht nur für Verbindungen mit dem Familienrecht, sondern auch mit dem Arbeitsrecht (zur Vererblichkeit von Abfindungen vgl. Sarres, EE 07, 141). Der folgende Beitrag erläutert anhand eines praktischen Falls hinsichtlich der Schnittstelle zwischen Erbrecht und Medienrecht, ob ein Gegendarstellungsanspruch vererbbar ist.  

     

    Ein Fall in Anlehnung an KG (FamRZ 07,1130)

    Die am 9.8.06 verstorbene Erblasserin E (Antragstellerin) hatte noch vor ihrem Tod am 1.8.06 durch eine einstweilige Verfügung gegen die Herausgeberin der „Welt am Sonntag“ (Antragsgegnerin) den Anspruch auf den Abdruck einer Gegendarstellung zu einem Bericht in dieser Zeitung erwirkt. Auf Antrag ihres Ehemannes M, gleichzeitig ihr Erbe und Bevollmächtigter, erließ das LG eine einstweilige Verfügung, wonach die Herausgeberin der genannten Sonntagszeitung eine Gegendarstellung zu veröffentlichen hatte. Die Verfügung wurde am 3.8.07 zugestellt, währenddessen die Titelumschreibung auf den Erben M nach dem Tod von E erst am 8.11.06 erfolgte. Das LG hob die einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin durch Urteil wieder auf. M legt gegen dieses Urteil Berufung ein. Zu Recht?  

     

    Lösung: Die Berufung hat keinen Erfolg. Denn der Gegendarstellungsanspruch ist mit dem Tod der Erblasserin (verstorbene Antragstellerin) erloschen. Gegen die Vererblichkeit spricht, dass der Gegendarstellungsanspruch als nichtvermögensrechtliches höchstpersönliches Recht nicht von § 1922 BGB erfasst wird. Der Anspruch steht ausschließlich dem Inhaber dieses Rechts zu. Daher erlischt dieses Recht mit dem Tod.  

     

    Nach Auffassung des Gerichts ändert an dieser Rechtslage auch nichts der Umstand, dass die verstorbene ehemalige Antragstellerin noch selbst zu ihren Lebzeiten die einstweilige Verfügung auf Veröffentlichung des Gegendarstellungsanspruchs erwirkte und diese an die Gegenseite zustellen ließ. Denn mit dem Tod gingen sämtliche Ansprüche, also der Gegendarstellungsanspruch und somit auch der Verfügungsanspruch, unter.  

     

    Diese Einschätzung korrespondiert auch mit der Rechtsprechung des BGH, wonach die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht innewohnenden ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts – anders als die vermögensrechtlichen – nach dem Tod des ursprünglichen Rechtsträgers keinen Bestand mehr haben (BGH FamRZ 00, 1080).  

     

    Praxishinweis: Die Entscheidung lässt unbeachtet, dass der Anspruch noch zu Lebzeiten erwirkt worden ist, die Vollstreckung aber wegen des Todes nicht mehr vollzogen werden konnte. Allerdings wird auch in dieser Entscheidung ein postmortaler Gegendarstellungsanspruch ohne Rücksicht auf die Entstehung des Rechts abgelehnt (OLG Stuttgart NJW-RR 96, 599; OLG Hamburg AfP 94/95, 322).  

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2008 | Seite 18 | ID 116716