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  • 03.03.2008 | Rechtsgeschäftliche Betreuungsvorsorge

    Formerfordernisse bei Vorsorgevollmachten

    von RA Ernst Sarres, Familienrecht, Düsseldorf

    Vorsorgeverfügungen (Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung) fördern das Selbstbestimmungsrecht und tragen dazu bei, dass trotz späterer Betreuungsbedürftigkeit staatliche Interventionen ausgeschlossen oder zumindest vermieden werden können. Diese Ziele sind aber nur erreichbar, wenn die Vorsorgeurkunden (form-)wirksam errichtet werden. Der folgende Beitrag zeigt an Beispielen auf, in welchen Fällen notarielle Beurkundungen für Vorsorgevollmachten erforderlich sind.  

     

    Checkliste: Formerfordernisse bei Vorsorgevollmachten
    • Grundsatz: Für die Bevollmächtigung eines Dritten besteht kein Formbedarf, § 167 BGB.

     

     

    • Ausnahme: Für folgende Fälle ist eine notarielle Beurkundung erforderlich:
    • Ausschlagung einer Erbschaft, § 1945 Abs. 1, 3 BGB: Erbt der Betroffene und will der Bevollmächtigte die Erbschaft ausschlagen, benötigt er hierzu eine öffentlich beglaubigte Vollmacht. Dies ist aber nur eine Beglaubigung der Unterschrift des Betroffenen unter die Vollmacht. Bei der Unterschriftsbeglaubigung soll der Notar aber nicht gehalten sein, die Geschäftsfähigkeit zu prüfen. Demgegenüber ist der Notar gemäß § 11 BeurkG bei Beurkundungen verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit sorgfältig zu prüfen (Müller/Renner, Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, 2. Aufl., S. 211).

     

    • Verbraucherdarlehensvertrag, § 492 BGB: Im Hinblick auf einen solchen Darlehensvertrag kann ein Bevollmächtigter für den Vollmachtgeber nur mit beurkundeter Vollmacht tätig werden (Renner/Müller, Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, a.a.O., S. 212, 213).

     

    • Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt, § 29 GBO: Auch hier sind Anträge mit Unterschriftbeglaubigungen nach §§ 39, 40 BeurkG erforderlich. Diese werden ersetzt durch die notarielle Beurkundung der Erklärung, § 129 Abs. 2 BGB. Ist aus den o.g. Gründen eine notarielle Beurkundung der Vollmacht geboten (Ausschlagung der Erbschaft, Verbraucherdarlehen) kann auch die Vollmacht für Grundbuchanträge in dieselbe notarielle Urkunde aufgenommen werden.

     

    • Notarielle Vollmacht: Berechtigtes Misstrauen bei Banken? Geldinstitute bestehen auf eigenen Vordrucken für Vollmachtserteilungen ihnen gegenüber. Zur Begründung wird in der Praxis u.a. angeführt, diese dienten der sicheren Identitätsfeststellung und der Absicherung, dass der Vollmachtgeber bei Erteilung geschäftsfähig gewesen sei. Auch Gesichtspunkte der Arbeitsentlastung dienen als Ablehnung anderer, „fremder“ Vollmachtsurkunden.

     

    Die Ablehnung notariell beurkundeter Vollmachten durch Banken lässt sich zumindest bei laufenden Geschäftsbeziehungen nicht rechtfertigen. Denn solche Vollmachten dienen gerade dem Zweck gewissenhafter Identitätsfeststellung gemäß den §§10, 40 BeurkG und sind mit gleichzeitiger Prüfung der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers verbunden, § 11 BeurkG. Zudem beruht die Rechtsordnung darauf, dass Stellvertreterhandeln zulässig ist und allgemein akzeptiert wird. Bei Zurückweisung solcher Notarsurkunden kann es zu erheblichen Nachteilen für den Betroffenen kommen. Unter Umständen müsste eine Betreuung eingerichtet werden. Wirtschaftliche Nachteile wären zu befürchten, da der Bevollmächtigte im Rechtsverkehr nicht für den Vollmachtgeber auftreten kann. Demzufolge kann sich die Bank gemäß den §§ 280, 826 BGB schadenersatzpflichtig machen, wenn sie vom Notar erteilte Vollmachten zurückweist (Tersteegen, NJW 07, 1717).

     

    Praxishinweis: Der Berater muss den Mandanten auf jeden Fall auf den Formbedarf von Vollmachten hinweisen.
     

    Quelle: Ausgabe 03 / 2008 | Seite 50 | ID 117914