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  • 01.07.2006 | Prozessrecht

    Prozessführungsbefugnis eines Miterben bezüglich einer Vollstreckungsgegenklage

    von Ri Andreas Möller, Bochum
    Ein einzelner Miterbe ist gemäß § 2039 S. 1 BGB prozessführungsbefugt für eine Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO gegen die Zwangsvollstreckung in ein Nachlassgrundstück, wenn damit ein zum Nachlass gehörender Anspruch durchgesetzt werden soll (BGH 5.4.06, IV ZR 139/05, n.v., Abruf-Nr. 061557).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger wendet sich mit der Vollstreckungsgegenklage gegen die Zwangsvollstreckung aus zwei Grundschulden. Er ist in ungeteilter Erbengemeinschaft mit seinem Bruder Eigentümer eines Grundstücks. Beide bestellten der beklagten Bank mit notariellen Urkunden daran zwei Grundschulden und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Die Grundschulden sollten Darlehen sichern, die die Beklagte der B. GmbH gewährt hat. Der Kläger wirft der Beklagten vor, ihn über die Liquiditätsprobleme der inzwischen insolventen B. GmbH nicht aufgeklärt und insoweit getäuscht zu haben. Als Hausbank sei ihr deren finanzielle Situation bekannt gewesen. Das LG hat der Klage hinsichtlich der ersten Grundschuld stattgegeben, im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Vollstreckungsgegenklage insgesamt als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren insgesamt weiter. Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.  

     

    Entscheidungsgründe

    Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt die Prozessführungsbefugnis des Klägers aus § 2039 S. 1 BGB. Der Kläger kann danach in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft – und nicht nur als Vertreter der übrigen Miterben – zum Nachlass gehörende Ansprüche ohne deren Mitwirkung auch klageweise geltend machen (BGH ZEV 05, 63; MüKo-BGB/Heldrich, 4. Aufl., § 2039 Rn. 2). Dagegen spricht auch nicht der Vergleich mit dem weiter gefassten § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese Vorschrift und § 2039 S. 1 BGB sind unterschiedlich gefasst, weil sie verschiedene Regelungsbereiche betreffen. § 2038 BGB reicht insoweit weiter als § 2039 BGB, da er nicht auf Ansprüche beschränkt ist, sondern auch tatsächliche und im Gegensatz zu § 2039 BGB auch belastende Maßnahmen gestattet.  

     

    § 2039 S. 1 BGB geht über § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB hinaus, indem er zur Geltendmachung eines Anspruchs durch einen einzelnen Miterben keine Dringlichkeit voraussetzt (BGH, a.a.O.). Jeder Miterbe soll durch Untätigkeit einzelner Miterben drohende Nachteile abwenden können, ohne selbst einen unberechtigten Sondervorteil zu haben und ohne auf Zustimmung der Miterben klagen zu müssen (Soergel/Wolf, BGB, 13. Aufl., § 2039 Rn. 1).