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  • 02.06.2010 | Pflichtteil

    BGH ändert Berechnungsgrundlage für Pflichtteilsergänzungsansprüche

    von RA und Notar a.D. Jürgen Gemmer, FA für Steuerrecht, Magdeburg

    Der insbesondere für das Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hat folgende seit dem Inkrafttreten des BGB umstrittene Rechtsfrage neu beurteilt: Der Erblasser hat die Todesfallleistung einer von ihm auf sein eigenes Leben abgeschlossenen Lebensversicherung durch eine widerrufliche Bezugsrechtsbestimmung einem Dritten schenkweise zugewendet. Auf Grundlage welchen Werts kann nun ein Pflichtteilsberechtigter eine Ergänzung nach § 2325 Abs. 1 BGB verlangen? Der BGH hat seine bisherige, an der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien anknüpfende Rechtsprechung aufgegeben (Urteile vom 28.4.10, IV ZR 73/08, n.v., Abruf-Nr. 101424, und IV ZR 230/08, n.v., Abruf-Nr. 101425). Das Wichtigste dazu vorab in Kurzform:  

     

    Fälle des BGH

    In beiden Fällen hatten die Kläger jeweils als enterbte Söhne des Erblassers gegen die Erben Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht, die sie auf Grundlage der ausbezahlten Versicherungsleistungen berechnen wollten. Die jeweiligen Berufungsgerichte hatten die entscheidende Rechtsfrage unterschiedlich beantwortet. Das OLG Düsseldorf hatte den Pflichtteilsergänzungsanspruch auf Grundlage der vollen Versicherungssumme berechnet und sich damit einer neueren Tendenz in Literatur und Rechtsprechung angeschlossen (ZEV 08, 292; siehe hierzu auch Gemmer, EE 10, 66). Das KG (Urteil vom 13.3.08, 16 U 35/07, n.v., Abruf-Nr. 083718) war hingegen auf der Grundlage der bisherigen BGH-Rechtsprechung von der - geringeren - Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien als Berechnungsgrundlage ausgegangen.  

     

    Lösung des BGH

    Der BGH hat beide Urteile aufgehoben und die Verfahren an die Berufungsgerichte zurückverwiesen. Mit seiner Rechtsprechungsänderung ist er somit einer Tendenz in Literatur und Rechtsprechung entgegengetreten, die - unter Berufung auf ein Urteil des IX. Zivilsenats des BGH zu einer ähnlichen Fragestellung im Insolvenzrecht (siehe BGHZ 156, 350) - bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs auf die gesamte Versicherungssumme abstellen wollte. Für alle noch nicht rechtskräftig entschiedenen Fälle gilt ab sofort Folgendes:  

     

    • Es kommt allein auf den Wert an, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten - juristischen - Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können.