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28.11.2008 · IWW-Abrufnummer 083718

Kammergericht Berlin: Urteil vom 13.03.2008 – 16 U 35/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Kammergericht

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 16 U 35/07
8 O 90/07 Landgericht Berlin
verkündet am : 13.03.2008

In dem Rechtsstreit XXX

hat der 16. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 21.02.2008 durch XXX

für Recht erkannt:

1) Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

2) Die Kosten der Berufung haben die Kläger zu tragen.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4) Die Revision wird in Bezug auf die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich des Berufungsantrages zu 3) zugelassen.

Tatbestand

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen, § 540 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat mit seinem am 27. Juli 2007 verkündeten Teilurteil die Beklagte zur Auskunft darüber verurteilt, welche ergänzungspflichtigen Zuwendungen zu Lebzeiten des Erblassers vom gemeinsamen Konto der Parteien bei der Bnnnn Snnnn für die Beklagte getätigt worden sind. Zurückgewiesen hat es den weitergehenden Antrag zu 1) auf Vorlage eines Bestandsverzeichnisses über den Nachlass, da insoweit bereits Auskunft durch die Schreiben vom 30.11.04 (K 4) und 1.2.05 erteilt worden sei. Zurückgewiesen hat es ferner den Feststellungsantrag, dass der Klageantrag zu 2) erledigt sei. Mit diesem hatten die Kläger die Auskunft gefordert, ob die Dnnn -Lebensversicherungen ein unwiderrufliches Bezugsrecht beinhalteten. Des Weiteren hat es den Klageantrag zu 3) zurückgewiesen, mit dem die Kläger für den Fall, dass die Dnnn -Lebensversicherungen ein widerrufliches Bezugsrecht enthielten, Auskunft über die der Beklagten nach dem Tod des Erblassers zugeflossenen Lebensversicherungsleistungen durch Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses gefordert hatten. Zur Begründung der Abweisung der Anträge zu 2) und 3) führt es aus: Der Bezugsberechtigte, hier die Beklagte, habe in Bezug auf die Lebensversicherung ein unmittelbares Bezugsrecht, die Versicherungssumme gehöre daher nicht zum Nachlass, sondern zum Versicherungsvermögen. Unter die Schenkung fielen nur die gezahlten Prämien, nicht die Summe selbst. Deshalb stelle deren Auszahlung keine Bereicherung des Zuwendungsempfängers aus dem Vermögen des Erblassers dar. Die Entscheidung des BGH (NJW 04, 214) habe die Rechtslage insoweit nicht geändert. Sie beziehe sich auf das Anfechtungsrecht, in dessen Rahmen es nicht darauf ankomme, welche Mittel der Erblasser aufgebracht hat, sondern welche Leistungen die Versicherung (Versprechender) nach dem Inhalt des Vertrages mit dem Versicherten (Erblasser) bei Eintritt der Fälligkeit an den Dritten zu erbringen habe. Im Pflichtteilsrecht stehe das Vermögensopfer des Erblassers zu Lasten des Nachlasses im Vordergrund.

Gegen das ihnen am 15. August 2007 zugestellte Urteil wenden sich die Kläger nach der durch den Beschluss vom 10. Dezember 2007 erfolgten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist mit der am 3.Januar 2008 mit Begründung eingegangenen Berufung.

Sie verfolgen die erstinstanzlich abgewiesenen Anträge weiter. Sie behaupten, die Beklagte habe nur eine bruchstückhafte Auskunft erteilt, wie sich aus dem umfangreichen Schriftwechsel ergebe. Es sei nicht der Sinn des § 2314 BGB, dass sich die Kläger aus den einzelnen Auskünften selbst ein Verzeichnis zusammenstellen müßten. Der Klageantrag zu 2) sei in der Hauptsache erledigt, da die Klage anfangs begründet gewesen wäre, denn erst in der Klageerwiderung vom 20.4.07 habe die Beklagte die gewünschte Auskunft zur Widerruflichkeit erteilt. Unter Berufung auf die „Jahrhundertentscheidung“ des Bundesgerichtshofs (NJW 04, 214), der sich einzelne Landgerichte angeschlossen hätten (Göttingen, ZErb 2007,307 ff.; Paderborn, Urt. v. 14.1.08, 4.O.595/06; K 4), meinen die Kläger hinsichtlich des zu 3) geltend gemachten Anspruchs, dass der Gegenstand der Schenkung des Erblassers an die Beklagte die gesamte Versicherungssumme sei, um die sich zur Berechnung des Pflichtteilergänzungsanspruchs der Nachlass erhöhe. Deshalb habe die Beklagte darüber Auskunft zu erteilen.

Die Kläger beantragen,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 27.7.2007 – 8 .O. 90/07 - die Beklagte zu verurteilen,

1) Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 20.10.2004 in Bnnn verstorbenen Herrn Bnnnn Wnnnn durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses zu erteilen, welches alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen des Erblassers, die zu dessen Lebzeiten vom gemeinsamen Konto der Parteien bei der Bnnnn Snnnn für die Beklagte getätigt wurden, enthält,

2) festzustellen, dass der Klageantrag zu 2), der ursprünglich lautete: “Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen, ob die Lebensversicherungen bei der Dnnn Lebensversicherungsverein AG zu den Versicherungsscheinnummernnnnn und nnnn zum Zeitpunkt des Todes des Herrn Bnnnn Wnnnn am 20.10.2004 ein unwiderrufliches oder widerrufliches Bezugsrecht beinhalteten“, erledigt ist,

3) die Beklagte zu verurteilen, Auskunft über die ihr nach dem Tod des Herrn Bnnnn Wnnnn am 20.10.2004 zugeflossenen Versicherungsleistungen aus den Lebensversicherungen bei der Dnnn Lebensversicherungsverein AG zu den Versicherungsscheinnummern nnnn und nnnn zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.

Berufungsantrag zu 1):

Die Berufung ist nicht begründet, weil das Begehren der Kläger erfüllt worden ist. Entgegen ihrer Behauptung liegt keine lediglich „bruchstückhaft“ erteilte Auskunft vor. Zu Unrecht verweisen die Kläger auf einen „umfangreichen“ Schriftwechsel. Diesen haben sie selbst durch Nachforderungen von Belegen in Gang gesetzt. Die Beklagte hat mit der Anlage K 4 durch ihren Anwalt mit dem Schreiben vom 30.11.04 ein übersichtliches Verzeichnis erstellt. Unter dem 1.2.05 (K 6) sind lediglich noch Kontobelege überreicht worden, die die Kläger mit dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.1.05 (K 5) nachträglich gefordert haben. Die Übergabe von Belegen ist für die Erteilung einer Auskunft zunächst nicht erforderlich, werden diese nachträglich gefordert, vermag das die Vollständigkeit oder Übersichtlichkeit des früher erteilten Bestandsverzeichnisses nicht zu beeinträchtigen. Das gilt auch für die nachträglich von den Klägern angeforderten Unterlagen wie das Dnnnn Schreiben vom 30.11.04 und die Fotokopie des Pachtvertrages für das Kleingartengrundstück, Pächterin war im Übrigen die Beklagte, nicht der Erblasser. Auch insoweit handelt es lediglich um nicht von der ursprünglichen Auskunftspflicht erfasste Nachweise. Die Kläger haben diese Belege ebenfalls mit dem Schreiben vom 12.1.05 nachgefordert. Auch über den Kontostand hatte die Beklagte bereits am 30.11.04 Auskunft erteilt. Die Übersendung des Kontobeleges zum 20.10., statt 19.10.04 forderten die Kläger nachträglich (K 5, S.2), da sie an der Identität des Kontostandes am 19. und 20.10.04 Zweifel hatten. Soweit es die Prämienzahlungen für die Lebensversicherung betrifft, haben die Kläger auch diese Forderung zur Prüfung von Pflichtteilergänzungsansprüchen erst nachträglich erhoben (Schr. v.12.1.05, K 5). Die Beklagte ist diesem Verlangen mit dem Schreiben vom 7.2.05 (K 10) nachgekommen. K 4 und K 10 zusammen ergeben somit eine genügend übersichtliche Auskunft. Soweit die Kläger Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Auskunft äußern, dient dazu der noch erstinstanzlich anhängige Antrag zu 4), nicht jedoch der wiederholte Antrag auf Auskunftserteilung.

Berufungsantrag zu 2):

Die Berufung ist unbegründet, denn die Kläger können nicht die Feststellung der Hauptsachenerledigung verlangen, weil der Klageantrag unbegründet war. Die Beklagte lässt zwar in der Klageerwiderung falsch vortragen, indem sie mitteilt, in der vorgerichtlichen Korrespondenz hätten keine Zweifel bestanden, dass es sich um ein widerrufliches Bezugsrecht handelte. In der anwaltlichen Auskunft vom 30.11.04 (K 4, S.2) hat die Beklagte hingegen mitgeteilt, dass bezüglich beider Lebensversicherungsverträge ein „unwiderrufendes“ Bezugsrecht bestanden habe. Die Ausdrucksweise ist zwar grammatikalisch falsch und deshalb missverständlich. Die Beklagte meinte damit - wie sie in der Berufungsverhandlung bestätigt hat - ein zum Zeitpunkt des Ablebens „unwiderrufenes“ Bezugsrecht. Die Kläger haben diese Auskunft als „unwiderruflich“ gedeutet, s. Schreiben des Rechtsanwalt Achtelik v. 25.4.05 (K 14, S.3). Damit war die gewünschte Auskunft jedenfalls aus Sicht der Kläger erteilt. Auf die Frage, ob die Beklagte auch noch den entsprechenden Nachweis vorprozessual erbracht hat oder ob die Auskunft richtig war, kommt es nicht an. Denn der Klageantrag zu 2) war nur auf Auskunft gerichtet, nicht auf Belegherausgabe oder Versicherung der Richtigkeit. Damit war die Klageerhebung überflüssig.

Berufungsantrag zu 3):

Die Berufung ist auch insoweit nicht begründet.

Den Klägern steht ein entsprechender Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB, der sich grundsätzlich auch auf den fiktiven Nachlassbestand erstreckt (Palandt-Edenhofer, BGB, § 2314 Rz.8 m.w.N.), nicht zu, weil hinsichtlich der Versicherungssumme kein Anspruch nach § 2325 BGB auf Pflichtteilsergänzung besteht. Dieser Anspruch besteht vorliegend nicht, weil die Beklagte die Lebensversicherungsleistungen der Dnnn -Lebensversicherung nach dem Tode des Erblassers nicht von diesem zu seinen Lebzeiten als Schenkung erhalten hat. Es steht inzwischen fest, dass zu Lebzeiten des Erblassers ein widerrufliches Bezugsrecht der Beklagten auf die Versicherungssumme bestand. Die Auszahlung der Versicherungssumme an die Beklagte stellt keine Zuwendung von Todes wegen nach § 2301 BGB dar, sondern es handelt sich um den typischen Fall des § 331 Abs.1 BGB (s. auch BGHZ 99, 97). Vor seinem Tod konnte der Erblasser jederzeit Auszahlung an sich verlangen. Eine wirksame Schenkung vor dem Tod des Erblassers hätte vorausgesetzt, dass sie notariell beurkundet wird ( § 518 Abs.1 BGB). Da das nicht geschehen war, war sie nicht wirksam erfolgt. Die Unwirksamkeit der Schenkung wird erst mit dem Eintritt des Todesfalls geheilt, weil sie dann i. S. d. § 518 Abs.2 BGB als vollzogen gilt, denn der Schenker hat alles getan, was er tun musste, damit die Beschenkte nach seinem Tod die Versicherungssumme erhält (sog. bedingter Vollzug, Palandt, § 518 Rz.9 unter Hinweis auf BGH NJW 70, 941; NJW-RR 89, 1282; ferner: BGH WM 76, 1130; BGH NJW 75, 1360; NJW 86, 2107: beim Lebensversicherungsvertrag tritt der Vollzug ein, wenn Unwiderruflichkeit herbeigeführt worden ist bzw. bis zum Tod tatsächlich nicht widerrufen wird). Durch den Vollzug der Schenkung mit dem Todesfall erwarb die Beklagte den Anspruch auf die Versicherungssumme als eigenen Anspruch, nicht abgeleitet aus einer Zuwendung des Erblassers. Das wird bestätigt durch die von den Klägern zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 04, 214 ff.), wonach bei Erteilung einer widerruflichen Bezugsberechtigung an einen Dritten die anfechtbare Rechtshandlung erst dann als vorgenommen gilt, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist (Leitsatz 2, Rz. 11,12; so auch schon RGZ 128,187 ff. (189)). Die Versicherungssumme fällt demzufolge nicht in den Nachlass, sondern steht dem Begünstigten direkt aus dem Vermögen des Versicherers zu (a.a.O., Rz.12). Mithin erhöht sich der Nachlass durch die Auszahlung nicht und ist damit auch nicht maßgebend für die Höhe des Pflichtteils.

Aus der zur Insolvenzanfechtung ergangenen Entscheidung des BGH (NJW 04, 214 ff.) folgt nichts anderes: Wie sich aus den obigen Zitaten aus der genannten Entscheidung ergibt, hat der Bundesgerichtshof an seiner grundsätzlichen Rechtsauffassung festgehalten, wonach die Versicherungssumme nicht in den Nachlass fällt. Er hatte sich lediglich mit der Frage zu beschäftigen, ob dem Insolvenzgläubiger ein Anfechtungsrecht zusteht, wenn der Schuldner innerhalb der „kritischen Zeit“ (gemäß § 134 InSo sind das vier Jahre vor der Insolvenz) Dritten etwas zuwendet. Das Anfechtungsrecht hat der BGH aus § 140 I InSO hergeleitet, weil die rechtliche Wirkung der widerruflichen Bezugsberechtigung des Dritten erst mit dem Tod des Versicherungsnehmers eingetreten ist und damit die Gläubigerbenachteiligung bewirkt hat (a.a.O., Rz.22). Im Falle des Pflichtteilsergänzungsanspruchs stellt sich die Frage der Anfechtung nicht, sie ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die Rechtslagen sind mithin nicht miteinander vergleichbar. Ohne Anfechtungsmöglichkeit bleibt es bei dem Grundsatz, dass als zugewendet nicht die Versicherungssumme, sondern die Aufwendungen, mit denen sie erworben worden ist, gilt. Denn nur die Aufwendungen sind aus dem Vermögen des Erblassers gemacht worden und haben es vermindert. Die Versicherungssumme selbst stammt aus dem Vermögen des Versicherers.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 ZPO, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision ist zugelassen worden, da im Hinblick auf die von den Klägern zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dessen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts erforderlich erscheint.

RechtsgebietPflichtteilsrecht Vorschriften§§ 516, 2325 BGB

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