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  • 01.12.2006 | Nicht eheliche Lebensgemeinschaft

    So können Sie nicht eheliche Lebenspartner erbrechtlich absichern

    In der BRD gibt es ca. 2,4 Millionen nicht eheliche Lebensgemeinschaften (LG). Diese Lebensform ist gesellschaftlich anerkannt. Erbrechtlich bereitet sie jedoch beim Tod eines Partners erhebliche Probleme, da es für diese Lebensform keine gesetzlichen Regelungen gibt. Für eine wechselseitige Absicherung ist es daher notwendig, die Nachfolge durch ein wirksame letztwillige Verfügungen zu regeln. Der Regelungsbedarf wird auch durch Statistik belegt. Denn gemäß einer im November 06 veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Instituts Allensbach hatten lediglich 27 Prozent der Befragten ein Testament errichtet. Der folgende Beitrag befasst sich mit häufig vorkommenden Problemstellungen bei der LG und zeigt Gestaltungsmöglichkeiten auf (zu diesem Thema auch Gemmer, EE 05, 109 (neue Abonnenten können den Beitrag kostenlos anfordern: Fax: 02596 922-99, kein Fax-Abruf!).  

     

    Checkliste: Gestaltungsmöglichkeiten bei nicht ehelichen Lebensgemeinschaften (LG)

    Frage  

    Antwort  

    Enthält das BGB  

    erbrechtliche Vorschriften für LG?  

    Ein gesetzliches Erbrecht für eine LG enthält das BGB nicht. Das Zivilrecht hat gesetzliche Regelungen ausschließlich für die Verwandten und die Ehepartner normiert, vgl. §§ 1924 ff., 1931 BGB. Demzufolge hat der überlebende Partner automatisch keine gesetzlichen Ansprüche. Ohne zulässige letztwillige Verfügung geht er beim Erbfall leer aus.  

     

    Eine analoge Anwendung von Vorschriften aus dem Ehegattenerbrecht auf die Rechtsverhältnisse bei der LG wird von der h.M. abgelehnt (vgl. Limmer in Reimann/Bengel/J.Mayer, Testament und Erbvertrag, 5. Aufl., S. 145 f.).  

    Gelten ausnahmsweise gesetzliche Ansprüche für den überlebenden Partner?  

     

    Der Erbe muss Familienangehörigen in den ersten 30 Tagen nach dem Erbfall Unterhalt gewähren, §1969 BGB . Umstritten ist aber, ob der Erbe auch dem überlebenden Lebenspartner Unterhalt leisten muss. Aus der Rechtsprechung bejaht dies allein das OLG Düsseldorf für den Fall, dass die Lebenspartner einen eigenen Hausstand geführt haben und vor dem Erbfall Unterhalt gezahlt wurde. Nach dem Senat umfasst der Begriff „Familienangehörige“ auch den Lebenspartner. Denn § 1969 BGB soll solchen Personen, die – ohne Erben zu sein – in engen persönlichen Beziehungen zum Erblasser standen und von ihm unterhalten wurden, eine Überbrückungshilfe geben (NJW 83, 1566).  

    Können Partner einer nicht ehelichen LG ein gemeinschaftliches Testament errichten?  

    Die Lebenspartner haben nicht die Möglichkeit, sich wechselseitig durch ein gemeinschaftliches Testament zu binden. Das gemeinschaftliche Testament bleibt gemäß § 2265 BGB ausdrücklich nur Ehegatten vorbehalten. Deswegen ist ein von nicht ehelichen Lebenspartnern errichtetes gemeinschaftliches Testament wegen Verstoßes gegen § 2265 BGB unwirksam, § 134 BGB (dazu BayObLG FamRZ 93,1370).  

     

    Ein solches (unwirksames) gemeinschaftliches Testament kann nach der Rechtsprechung aber in bestimmten Fällen gemäß § 140 BGB in Einzelverfügungen umgedeutet werden. Denn §§ 2265, 2268, 2270 BGB enthalten kein Umdeutungsverbot (LG Bonn FamRZ 04, 406).  

    Welche Voraussetzungen müssen  

    die umgedeuteten Einzeltestamente  

    der nicht ehelichen Lebenspartner erfüllen?  

    • Die einzelne Verfügung muss die Erfordernisse des § 2247 BGB erfüllen.
    • Die Umdeutung muss dem mutmaßlichen Willen des Testierenden entsprechen (Palandt/ Edenhofer, BGB, 65. Aufl., § 2265 Rn. 3).

    Welche Formen des Einzeltestaments  

    sind möglich?  

    Die Partner von Lebensgemeinschaften können privatschriftliche und notarielle Testamente errichten. Derjenige Lebenspartner, der kein Testament errichtet, wird von seinen Verwandten als gesetzlichen Erben beerbt (vgl. ferner Weirich, Erben und Vererben, 5. Aufl., S. 141). 

    Besteht die Gefahr der Sittenwidrigkeit  

    bei der Erbeinsetzung eines nicht ehelichen Lebenspartners?  

    Zwar besteht nach der gesellschaftlichen Akzeptanz der LG selten die konkrete Gefahr der Sittenwidrigkeit einer letztwilligen Verfügung. Allerdings erfolgt deren Beurteilung nach wie vor in einer Gesamtschau nach den Grundsätzen des §138 BGB. Damit ist das Risiko für eine Sittenwidrigkeit nicht völlig ausgeschlossen. Daher sollte in den Testamenten ein Hinweis auf das Motiv für die Einsetzung des anderen Partners zum Alleinerben erfolgen, um einen möglichen Einwand der Sittenwidrigkeit des Testaments gemäß § 138 BGB von vornherein auszuschließen (Handbuch Erbrechtsberatung Groll/Koutses, Praxishandbuch, 2. Aufl., S. 533).  

     

    Musterformulierung: Zu meinem Alleinerben setze ich meinen Partner ein. Ich habe mehr als zehn Jahre mit ihm zusammengelebt. Er hat mich während unseres Zusammenlebens immer unterstützt. 

    Welcher ist der sicherste Weg  

    der Absicherung des nicht ehelichen Lebenspartners?  

    Als solcher gilt der Erbvertrag, der jedoch gemäß § 2276 BGB notariell zu beurkunden ist. Er kann auch von Lebenspartnern geschlossen werden. Denn die Vertragsschließenden müssen nicht miteinander verheiratet sein (Palandt/ Edenhofer, a.a.O., § 2278 Rn. 1).  

     

    Der Erbvertrag erlaubt nach § 2278 Abs. 2 BGB u.a. folgende Gestaltungsvarianten – einschließlich einseitiger Verfügungen, die auch durch Testament angeordnet werden könnten – (vgl. Palandt/Edenhofer, a.a.O., Rn. 3):  

    • Die Lebenspartner können sich zu Erben einsetzen und
    • Vermächtnisse und Auflagen anordnen, § 1941 BGB,
    • Testamentsvollstreckung anordnen,
    • Pflichtteilsentziehungen vorsehen,
    • Teilungsanordnungen treffen,
    • Rücktrittsrechte vereinbaren,
    • auflösende Bedingungen aufnehmen,
    • Vor – und Nacherbschaft anordnen und
    • Vollmachten erteilen.

    Wie kann gestalterisch eine mögliche  

    Trennung der nicht ehelichen Lebenspartner berücksichtigt werden?  

    Die Lebenspartner wollen sich erbvertraglich in der Regel nur für den Fall wechselseitig als Erben einsetzen, dass ihre LG beim Erbfall auch noch Bestand hat. Deshalb muss in den Erbvertrag eine entsprechende Klausel aufgenommen werden, mit der erbrechtliche Ansprüche des überlebenden Partners nur für diesen Fall bestehen.  

     

    Musterformulierung: Die wechselseitige Erbeinsetzung entfällt, wenn unsere Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht.  

     

    Praxishinweis: Eine solche Regelung hat Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung im Einzelfall. Denn ob eine Gemeinschaft noch existiert, lässt sich wegen der unterschiedlichen Lebensverhältnisse nur schwer nachweisen. Diesem Gestaltungsdefizit kann dadurch hinreichend Rechnungen getragen werden, dass jedem Lebenspartner erbvertraglich ein einseitiges Rücktrittsrecht eingeräumt wird. Hierdurch wird die wechselseitige erbrechtliche Bindung deutlich relativiert, da jeder Partner jederzeit von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen kann.  

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2006 | Seite 212 | ID 87002