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  • 09.03.2011 | Minderjährige im Erbrecht

    Ausschlagung: In welchen Fällen muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    1. Die Vertretung des Kindes im Genehmigungsverfahren betreffend eine Erbausschlagung kann dem sorgeberechtigten Elternteil nur dann und insoweit entzogen werden, als ein erheblicher Interessengegensatz besteht und wenn zusätzlich nicht zu erwarten ist, dass der sorgeberechtigte Elternteil trotz des Interessengegensatzes im Interesse des Kindes handelt.  
    2. Hat das AG keinerlei Feststellungen dazu getroffen, worin der konkrete Interessengegensatz zwischen sorgeberechtigtem Elternteil und Kind bestehen soll und aufgrund welcher Umstände nicht zu erwarten sein soll, dass er unabhängig vom Ausgang des Genehmigungsverfahrens die Interessen des Kindes wahrzunehmen bereit und in der Lage ist und bestehen keine Anhaltspunkte für die Feststellung eines erheblichen Interessengegensatzes, ist die Entscheidung über die Bestellung eines Ergänzungspflegers aufzuheben.  
    (OLG Brandenburg 6.12.10, 9 UF 61/10, n.v., Abruf-Nr. 110467)

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin ist die Großmutter väterlicherseits des betroffenen Kindes, das unter alleiniger elterlicher Sorge der Kindesmutter steht. Der Kindesvater, dessen Geschwister und weitere potenzielle Erben haben die Erbschaft wegen Überschuldung des Nachlasses ausgeschlagen. Die Kindesmutter hat ebenfalls wegen Überschuldung des Nachlasses das Erbe ausgeschlagen und beim AG die Genehmigung der Erbausschlagung beantragt. Nach Durchführung verschiedener Ermittlungen u.a. zum Umfang des Nachlasses hat die Rechtspflegerin beim AG das Jugendamt zum Ergänzungspfleger bestellt. Das Jugendamt hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die Beschwerde ist zulässig. Bei der Anordnung der Ergänzungspflegschaft, damit das Kind im Erbausschlagungsverfahren vertreten werden kann, handelt es sich um eine Endentscheidung, mit der das Verfahren zur Anordnung von Ergänzungspflegschaft abgeschlossen wird. Hiergegen findet Beschwerde statt, ohne dass eine vorgängige Abhilfe möglich ist, § 58 Abs. 1, § 68 Abs. 1 S. 2 FamFG.  

     

    Die Bestellung eines Ergänzungspflegers gem. § 1909 BGB war nicht geboten. Im Genehmigungsverfahren für die Ausschlagung der Erbschaft gem. § 1643 Abs. 2 S. 1 BGB, das zu den Angelegenheiten der elterlichen Sorge gehört (§ 151 Nr. 1 FamFG), ist das Kind Verfahrensbeteiligter gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. In diesem Verfahren wird das Kind grundsätzlich durch die sorgeberechtigten Eltern bzw. den sorgeberechtigten Elternteil vertreten, § 1629 Abs. 1 S. 3 BGB. Die Kindesmutter ist von der Vertretung nicht gem. § 1629 Abs. 2 S. 1 i.V. mit § 1795 BGB ausgeschlossen.