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  • 03.11.2010 | Gestaltungspraxis

    Funktion und Zweck von ausländischen Stiftungen und Trusts

    von Dipl.-Finanzwirt (FH) Dr. Hellmut Götz, RA/StB/FAStR, Freiburg i.Br.

    Um sich mit den Rechtsinstituten Trust und Stiftung näher befassen zu können, sind zunächst einmal die Funktionen in den unterschiedlichen Rechtsordnungen und Kulturkreisen zu betrachten. Nur so lässt sich beurteilen, ob sie sich im grenzüberschreitenden Verkehr sinnvoll einsetzen lassen. Die folgende Übersicht erläutert Funktionen und Zweckbestimmungen von Trusts und Stiftungen in den Bereichen Nachfolgeplanung, Vermögenspoolung und -sicherung sowie dem der „Willensperpetuierung“.  

     

    Übersicht: Funktion und Zweckbestimmungen von Trusts und Stiftungen
    • Nachfolgeplanung (Estate Planning): Das sog. probate Verfahren ist das in den USA - je nach Bundesstaat unterschiedlich - gesetzlich geregelte Nachlassverfahren. Anders als nach deutschem Recht findet in den USA im Erbfall keine Universalsukzession auf die Erben statt, sondern der Nachlass bildet ein Sondervermögen (Estate), welches auseinanderzusetzen ist. Folge: Es kommt zu einer kosten- sowie zeitintensiven (in der Regel mindestens ein Jahr) gerichtlichen Nachlassauseinandersetzung. Das Verfahren gliedert sich vereinfacht dargestellt in drei Schritte: Der Verwalter („administrator” oder „executer” = „personal representative”) nimmt
    • die Vermögensgegenstände des Erblassers in Besitz,
    • bezahlt Gläubiger und Steuerschulden und
    • kehrt das restliche Vermögen nach dem Willen des Erblassers an die Erben bzw. Vermächtnisnehmer aus.

     

    Ein oft angewandtes Instrument, um dieses probate Verfahren zu vermeiden und sich gleichzeitig die Kontrolle über seine Vermögensgegenstände zu erhalten, ist die Errichtung eines sog. revocable intervivos Trust zu Lebzeiten. Mit dem Tod des Errichters (settlors/grantors) wird der Trustee zu demjenigen, der außerhalb des Nachlassverfahrens die auf ihn übertragenen Vermögensgegenstände nach den Vorgaben der Trust Statuten oder des Letter of Wishes (quasi wie ein Testamentsvollstrecker) unter den Erben verteilt. Andere Möglichkeiten, um ein probates Verfahren zu vermeiden, sind „life insurances”, „savings accounts” und „joint tenancies”). Darauf soll hier jedoch nicht näher eingegangen werden.

     

    • Vermögenspool: Die Vermögenspoolung mittels Trust oder Stiftung ist ein Instrument, um die persönlichen Angelegenheiten einer vermögenden Privatperson oder einer Familie in einem nationalen wie internationalen Kontext zu regeln. Vorteil: Sowohl bei Stiftungen als auch beim vermögensverwaltenden Trust können bestimmte Vermögenswerte zu Lebzeiten - teilweise unter Beachtung von länderspezifischen Pflichtteilsergänzungsregelungen - auf die Stiftung bzw. den Trustee übertragen werden. Diese können so vor dem Todesfall aus dem Vermögen des Stiftungserrichters bzw. des Settlors separiert werden. Sowohl Stiftung als auch Trust ermöglichen eine separate und vom Nachlass unabhängige Planung. Die Vermögenssicherung wird auch hier noch durch eine zeitliche Komponente ergänzt. Während mit testamentarischen Regelungen in Deutschland im Regelfall eine Vermögensbindung nur für 30 Jahre erlangt werden kann, lassen sich über Stiftungen und Trusts (in den USA kann im Staat Delaware ein Trust [„Delaware-Trust“] ohne zeitliche Beschränkungen errichtet werden) Kaskadenvorsorgen für Kinder, Nichten / Neffen, Enkel / Großenkel und sogar den Nasciturus erzielen. Zu beachten ist aber, dass manche Staaten eine Verpflichtung zur Auflösung des Trusts zwischen 80 bis 100 Jahren oder kürzer vorsehen.

     

    • Asset Protection und Sheltering: Sowohl vermögensverwaltende Trusts als auch Stiftungen können - je nach Zeitpunkt der Errichtung und vertraglicher Ausgestaltung - Instrumente sein, um Vermögen oder Teile davon vor dem Zugriff potenzieller, künftiger Gläubiger zu schützen. Analoge Überlegungen gelten für Pflichtteilsvermeidungsstrategien oder für den Schutz der „nicht mündigen“ Erben vor sich selbst. Letzteres hat sich oftmals im Unternehmensbereich als vorteilhaft erwiesen.

     

    Ein weiterer Sicherungszweck liegt darin, dass man vor Einreise in sog. „High Tax Jurisdictions“, also in Länder, die eine relativ hohe Steuerlast haben, sein Vermögen in einer Stiftung oder in einem vermögensverwaltenden Trust „parkt“ (sog. pre-immigration trusts). Diese Instrumente werden z.B. bei einem Wegzug nach Kanada oder in die USA verwendet. Achtung: Bei Deutschen, die z.B. in die USA auswandern, ist jedoch die sog. „nacheilende Besteuerung” des § 2 Abs. 1 Nr. 1b) ErbStG zu beachten, wonach die Errichtung eines irrevocable pre-immigration trusts noch bis zu 10 Jahre nach Wegzug aus Deutschland Schenkungsteuer auslösen kann.

     

    Aber auch für Zuwanderer nach Deutschland kann dies sinnvoll sein: Beispiel: Ein seit vielen Jahrzehnten auf den Caymans oder Virgin Islands lebender Unternehmer möchte mit seinem dort erarbeiteten Vermögen nach Deutschland ziehen und in Freiburg ein Haus erwerben. Begründet er hier die unbeschränkte Steuerpflicht, würde bei seinem Tod sofort deutsche Erbschaftsteuer anfallen. Zudem besteht die Gefahr, dass er hinsichtlich bestimmter Vermögensgegenstände bei einem späteren Wegzug aus Deutschland stille Reserven als Einkommen in Deutschland versteuern muss. Dies kann durch vorsorgende Trust- oder Stiftungserrichtungen unter Umständen - auch abhängig davon, wo die Begünstigten leben - vermieden werden.

     

    • Willensperpetuierung: Gerade bei größerem Vermögen und Unternehmen ist es ein Anliegen des Stifters / Settlors, das Vermögen zu bewahren und gleichzeitig die Lenkung und Verteilung nach gewissen Grundprinzipien zu regeln. Es soll bei den Nachkommen kein Überfluss herrschen, sondern die Kinder und Angehörigen sollen in ausreichendem Maße sowohl zu Ausbildungszwecken als auch im Krankheitsfall versorgt sein. Des Weiteren kann der Stiftungs- /Trustbegründer bestimmte Ziele der Unternehmenslenkung verfolgen (Spiegelberger, ErbStB 05, 43, 47). Vorteilhaft ist es hier, wenn der Stiftungsvorstand/Trustee möglichst autark handeln kann. Alle diese Ideen schlagen sich in den Trust - bzw. Stiftungsstatuten nieder. Der Vorstand / Trustee muss sie vollziehen. In diesem Bereich ähneln vorgenannte Instrumente oft der Testamentsvollstreckung.
     

    Praxishinweis: Sowohl die ausländische Familienstiftung als auch der Trust können ein sehr hohes Maß an Diskretion bieten. Beide können je nach Land ohne behördliche Mitwirkung errichtet werden und bedürfen keiner staatlichen Genehmigung. Der Errichtungsakt ist teilweise ebenfalls quasi formlos möglich. In der Regel muss nicht einmal ein Notar bei der Gründung zugegen sein. Dieser Diskretion sind natürlich auch Grenzen gesetzt. Nur in wenigen Ländern kann ein Trustee für einen Trust heute noch ein Konto eröffnen, ohne den Namen des wirtschaftlich Berechtigten der Bank gegenüber offen legen zu müssen. Auch die Banken haben - vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Geldwäschevorschriften - ein Interesse, sich hier ein Bild über den Berechtigten zu machen.  

     

    Insbesondere die vermehrte Anzahl an „Kosmopoliten“ führt dazu, dass sich die deutsche Gestaltungspraxis mit ausländischen Rechtsinstituten und Rechtsinstrumenten vertraut machen muss, um die richtigen Schlussfolgerungen sowohl zivil- als auch steuerrechtlich ziehen zu können.