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  • 01.07.2007 | Gestaltungspraxis

    Ausstattung: Eine empfehlenswerte Gestaltung?

    von RA und Notar Reinhold Redig, Mörlenbach

    Als das BGB im Jahr 1900 in Kraft trat, haben Kinder selten Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB von ihren Eltern erhalten. Vielmehr wurden für die Bezahlung einer Ausbildung, die Gründung oder Erhaltung einer wirtschaftlichen selbstständigen Existenz oder anlässlich der Heirat unentgeltlich Vermögenswerte als Ausstattung nach § 1624 BGB zugewendet. Zuwendungen als Ausstattung geben nicht die Möglichkeit zu Widerruf oder Rückforderung. Sie unterliegen der Pflichtteilsergänzung nach § 2325 BGB nur insoweit, als sie als übermäßig i.S. des § 1624 Abs. 1 BGB anzusehen sind. Dennoch führt die Ausstattung in der Praxis eine zu Unrecht eher stiefmütterliche Rolle. Im Folgenden werden Einzelheiten dargestellt:  

     

    Checkliste: Ausstattung

    Definition: Eine Ausstattung ist eine Zuwendung, die von einem Elternteil seinem Kind mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder die Erlangung seiner selbstständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung zuwendet wird. Die Verheiratung oder die Erlangung einer selbstständigen Lebensstellung muss in Aussicht stehen bzw. bereits in greifbare Nähe gerückt sein. Ist dies von den Eltern noch nicht zu überschauen, ist die Zuwendung keine Ausstattung. Folge: Zuwendungen an Minderjährige sind i.d.R. keine Ausstattung. Ausstattungs-Zuwendungen können sowohl vor als auch zur, als auch nach der Eheschließung von den Eltern aus deren Vermögen an die Abkömmlinge erfolgen. Motiv ist, ein Kind mit anderen, bereits besser bedachten Kindern gleichzustellen (BGH NJW 65, 2056). Früher waren im Zusammenhang mit der Verheiratung die Begriffe der Aussteuer (BGHZ 11, 206, 208; 14, 205; Erman/Michalski, BGB, 11. Aufl., 04, § 1624, Rn. 2) oder Mitgift (Erman/Michalski, a.a.O., Rn. 3) gebräuchlich.  

     

    Erfolgt die Zuwendung jedoch als – auch nachträgliche – Gegenleistung für zuvor im elterlichen Betrieb unentgeltlich erbrachte Arbeitsleistungen, liegt keine Ausstattung vor (MüKo/v. Sachsen-Gessaphe, BGB, 4. Aufl., 02, § 1624 Rn. 12). Die unentgeltliche Arbeit von Eltern für ihr Kind stellt keine Ausstattung dar (BGH NJW 87, 2816).  

     

    Nichtanwendbarkeit bestimmter Vorschriften: Die Ausstattung ist eine causa sui generis.  

    • Da keine Schenkung vorliegt, bedarf das Ausstattungsversprechen grundsätzlich keiner Form, insbesondere gilt § 518 Abs. 1 BGB nicht. Die Regeln über die Notbedarfseinrede, § 519 BGB, die Rückforderung wegen Notbedarfs, § 528 BGB und den Widerruf, § 530 BGB, gelten ebenfalls nicht.

     

    Praxishinweis: Die Ausstattung ist daher in den Fällen günstig, wenn der Zuwendende verarmt ist und Sozialhilfe in Anspruch nehmen muss. Eine Zuwendung als Ausstattung beschert dem Empfänger damit größeren Schutz vor Rückforderungen, insbesondere des Sozialamts.

     

    • § 814 BGB gilt nicht.
    • Es gibt keine Gläubigeranfechtung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG und § 134 InsO (h.M.).
    • Aus der Ausstattung kann es keinen Ergänzungspflichtteil nach §§ 2325 ff. BGB geben.

     

    Mängelgewährleistung: Diese richtet sich nach Schenkungsrecht, § 1624 Abs. 2 BGB.  

     

    Sittliche Pflicht: Die Ausstattungsgewährung ist grundsätzlich sittliche Pflicht i.S. von § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Kerscher/Tanck/Krug, Das erbrechtliche Mandat, 2. Aufl., § 13 Rn. 332). Geldzuwendungen, die im Rahmen des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft an einen Ehegatten erfolgen, sind im Scheidungsfall dem Anfangsvermögen zuzurechnen, da sie einer sittlichen Pflicht i.S. des § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB entsprechen (Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1624 Rn. 3). Derjenige Ehegatte, von dessen Eltern die Ausstattung in Form einer Geldzuwendung stand, wird Alleineigentümer des zugewendeten Vermögenswerts (AG Stuttgart NJW-RR 99, 1449).  

     

    Zuwendungen Dritter: Diese sind keine Ausstattungen (RGZ 62, 273, 275; MüKo/v. Sachsen-Gessaphe, a.a.O., § 1624 Rn. 3; Erman/Michalski, a.a.O., § 1624 Rn. 14) oder Zuwendungen der Eltern an den oder die Verlobte/n des Kindes, wobei die Auslegung zulässig sein soll, dass das eigene Kind aus der Zuwendung berechtigt sein soll (RGZ 67, 204, 206; KG FamRZ 63, 449; OLG Köln FamRZ 86, 703).  

     

    Geltung des Schenkungsrechts: In folgenden Ausnahmefällen gilt das Schenkungsrecht in zwei Bereichen auch für die Ausstattung:  

     

    • bei übermäßigen Schenkungen, also wenn über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse zugewendet wird (Palandt/Diederichsen, a.a.O., Rn. 13); keine Ausstattung ist z.B. anzunehmen, wenn ein im Übrigen vermögensloser Elternteil einem Kind einen Teil seines Hauses als Eigentumswohnung zuwendet, um den die Wohnverhältnisse des Kindes verbessernden Ausbau herbeizuführen.
    • für die Mängelgewährleistung nach §§ 523 ff. BGB (Palandt/Diederichsen, a.a.O., Rn. 3).

     

    Praxishinweis: Ein geeignetes Mittel zur Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen stellen lebzeitige Zuwendungen dar, die nicht als Schenkung, sondern als Ausstattung anzusehen sind. Nur bei Vorliegen einer Schenkung greifen die Pflichtteilsergänzungsansprüche der §§ 2325und 2326 BGB ein.  

     

    Eine Schenkung ist bei einer Zuwendung anzunehmen, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Beteiligten darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich sein soll, § 516 BGB.  

     

    Eine Zuwendung im Rahmen des § 1624 Abs. 1 BGB gilt jedoch nicht als Schenkung, wenn diese Ausstattung das den Vermögensverhältnissen des zuwendenden Elternteils entsprechende Maß nicht übersteigen. Schenkungsrecht ist nur bei sog. übermäßigen Ausstattungen anwendbar. Die Grenzlinie zwischen ein angemessenen Ausstattung und einer Ausstattung im Übermaß ist jedoch im Einzelfall anhand der konkreten Kriterien vorzunehmen. Hierbei ist auszugehen von dem Vermögen der Eltern, über das diese lebzeitig disponieren können. Eine Übermaßausstattung liegt vor, wenn über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus zugewendet wird (Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1624, Rn. 3). Langjährige unentgeltliche Dienste des Kindes können causa eines Ausstattungsversprechens sein, auch soweit dieses das angemessene Maß des § 1624 übersteigt (BGH FamRZ 65, 430). Die Ehe soll keine Belohnung sein. Der Eheschluss selbst kann daher niemals Gegenleistung einer Übermaßausstattung sein (MüKo/Hinz, a.a.O., 4. Aufl., Rn. 11).  

     

    Ist eine übermäßige Ausstattung als Schenkung zu qualifizieren, ist sie dies nur bezüglich des überschießenden Teils. Insoweit bedarf ein Schenkungsversprechen der Form des § 518 BGB. Fehlt es an der Form, ist das Ausstattungsversprechen teilnichtig, sein Gesamtschicksal beurteilt sich nach § 139 BGB. Im Zweifel wird danach von der Gültigkeit des Ausstattungsversprechens in dem § 1624 BGB entsprechenden Umfang ausgegangen (KG FamRZ 63, 449, 451; Erman/Michalski, a.a.O., § 1624, Rn. 13; Staudinger/Coester, BGB, 13. Aufl., 00, § 1624 Rn. 30), denn der Zweck des § 1624 BGB spricht gegen die Regel des § 139 BGB. Die Beweislast für einen das angemessene Maß überschreitenden Umfang der Ausstattung trägt derjenige, der das Übermaß behauptet (RGZ 141, 278).  

     

    Bei Überschreitung der Freibeträge stellt die Ausstattung für den Empfänger eine Schenkungssteuerpflichtige Schenkung dar.  

     

    Kein Rechtsanspruch auf Erhalt einer Ausstattung: Die Ausstattungsabsicht muss seitens der Eltern nicht ausdrücklich erklärt werden. Sie kann sich auch aus den Gesamtumständen ergeben. Ein Ausstattungsversprechen kann unter dem stillschweigenden Vorbehalt gleichbleibender Verhältnisse oder unter der Voraussetzung erfolgen, dass die Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks möglich bleibt (BGHZ 44, 91, 95). Wiederkehrende Zahlungen sind grundsätzlich unter der Bedingung der fortbestehenden Leistungsfähigkeit der Eltern zu sehen (RG JW 1916, 588; RGZ 141, 358). Das Ausstattungsversprechen muss grundsätzlich durch das Kind angenommen werden und begründet in diesem Fall einen eigenen klagbaren Anspruch (Staudinger/Coester, BGB, a.a.O., § 1624 Rn. 16), der auch nicht mit dem Tod des Versprechenden erlischt (BGHZ 44, 91; BGH FamRZ 65, 502).  

     

    Die Eltern können ihrem Kind eine Ausstattung auf vielfältige Weise gewähren:  

     

    • Geldzuwendung (AG Stuttgart NJW-RR 99, 1449 – 100.000 DM zur Begünstigung der Ehegemeinschaft des Sohnes),
    • Wohnungseinrichtung anlässlich der Heirat (OLG Köln FamRZ 86, 703),
    • Einrichtung eines Handwerkbetriebs,
    • Zahlung der Schulden des Schwiegsohnes (RG JW 1912, 913),
    • Übertragung von Wertpapieren (Staudinger/Coester, a.a.O., § 1624 Rn. 10),
    • Bestellung von Grundpfandrechten (Staudinger/Coester, a.a.O., Rn. 10),
    • Einräumung einer Teilhaberschaft am väterlichen Betrieb, wenn die Stellung des Sohnes dabei günstiger ausfällt als bei einem Fremden (Staudinger/Werner, BGB, 13. Aufl., 02, § 2050, Rn. 24).
    • Einräumung von Nutzungsrechten wie die Gewährung mietfreien Wohnens anlässlich der Heirat der Tochter, wobei Ausstattungsempfänger nur das Kinder der Eltern, nicht dagegen der einheiratende Ehegatte ist (LG Mannheim NJW 70, 2111),
    • Ausstattung für die Tochter in Form einer Lebensversicherung, deren Prämien aus dem Kindergeld bezahlt worden sind und die der Tochter bei Volljährigkeit für Ausbildungszwecke zur Verfügung stehen sollte (OLG Düsseldorf NJW-RR 04, 1082).

     

    Keine außerordentliche Belastung: Ausstattungen sind für den Zuwendenden keine steuerlich berücksichtigungsfähigen außerordentlichen Belastungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG, da die Zuwendung nicht zwangsläufig erfolgt (BFH BStBl. II 87, 605). Die steuerliche Anerkennung der Ausstattung wird sogar versagt, wenn Eltern ihrer Tochter keine Berufsausbildung gewährt haben (BFH BB 87, 2081).  

     

    Auswirkung auf Arbeitslosengeld: Ausstattungszuwendungen an ein Arbeitslosengeld II empfangendes Kind können den Anspruch auf das Arbeitslosengeld II mindern, wenn die Ausstattungszuwendung den Höchstbetrag nach § 12 SGB II übersteigt.  

     

    Ausgleichung: Ausstattungen des Erblassers an einen Abkömmling sind bei der Auseinandersetzung unter den Miterben gemäß §§ 2050 ff. BGB auszugleichen (Kerscher/Tanck, ZEV 97, 354), sofern bei der Zuwendung die Ausgleichung nicht ausgeschlossen wurde. Sie sind bei der Pflichtteilsberechnung nach den §§ 2315 f. BGB zu berücksichtigen (Kerscher/Tank, a.a.O.; Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1624, Rn. 3), wobei eine übermäßige Ausstattung Pflichtteilsergänzungsansprüche nach §§ 2325 ff. BGB auslösen kann. Nach der geplanten Neuregelung von § 2050 Abs. 1und 3 BGB soll künftig nachträglich die Ausgleichung angeordnet werden können, vgl. auch § 2315 Abs. 1 S. 2 BGB.  

     

    Fazit: In der Praxis wird die Ausstattung als Gestaltungsmittel zu wenig beachtet. Mangels Rückforderbarkeit insbesondere durch Träger der Sozialhilfe und mangels Auslösens von Pflichtteilsergänzungsansprüchen bietet sie für den Zuwendungsempfänger viele Vorteile und Sicherheit.  

    Quelle: Ausgabe 07 / 2007 | Seite 119 | ID 109690