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  • 01.02.2010 | Erbengemeinschaft

    Kündigung eines Mietverhältnisses mit Stimmenmehrheit der Erben möglich

    von RA Holger Glaser, Nordkirchen

    Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft können ein Mietverhältnis über ein zum Nachlass gehörendes Hausgrundstück wirksam mit Mehrheit ihrer Stimmen kündigen, wenn es sich bei der Kündigung um eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses handelt (BGH 11.11.09, XII ZR 210/05, Abruf-Nr. 094127).

     

    Sachverhalt

    Der Erblasser E hatte zu DDR-Zeiten ein mit einer Villa bebautes Hausgrundstück zur Unterbringung einer Puppentheatersammlung an die Staatlichen Kunstsammlungen D vermietet. Die Monatsmiete betrug umgerechnet 200 EUR. Nach dem Tod des E erbten die Erbin E zu 1/4, der Erbe B zu 1/2 und die weitere Erbin U zu 1/4. Die U übertrug ihren Anteil später an den Landesverein L. Nach der Wende trat der beklagte Freistaat Sachsen für die Mieterin D als Rechtsnachfolger in den Mietvertrag ein. Nach erfolglosen Verhandlungen zwischen den Erben E und B und dem Beklagten über eine Mieterhöhung, kündigte die von E und B bevollmächtigte Rechtsanwältin R das Mietverhältnis „im Namen der Erbengemeinschaft nach E“ und widersprach gleichzeitig einer Fortsetzung. Der Beklagte räumte das Grundstück jedoch nicht. Die Erben E, B und U verkauften anschließend das Grundstück an die Kläger. Nachdem der Beklagte zunächst eine Miete von monatlich 4.078 EUR für das Hausgrundstück angeboten hatte, kündigte er seinerseits das Mietverhältnis. Die Klage auf Nutzungsentschädigung für insgesamt sechs Monate war vor dem LG in Höhe von rund 24.000 EUR erfolgreich. Auf die Berufung des Beklagten hin hob das OLG das Urteil auf und wies die Klage ab. Die Revision der Kläger war erfolgreich.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG vertrat die Auffassung, der Mietvertrag sei erst durch die Kündigung des Beklagten aufgelöst worden. Deshalb sei für zeitlich davor liegende Nutzungsentschädigungsansprüche kein Raum, da weiterhin die vereinbarte Miete von 200 EUR geschuldet war. Die von der R ausgesprochene Kündigung sei mangels Bevollmächtigung durch alle drei Miterben unwirksam. Die Kündigung des Mietverhältnisses stelle eine Verfügung i.S des § 2040 BGB dar, die nur von allen Miterben gemeinschaftlich getroffen werden könne. Auch eine konkludente Bevollmächtigung durch den L nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht scheide aus, da eine Kündigung seinem Satzungszweck - Betreiben der Puppentheatersammlung - unmittelbar entgegen stehen würde.  

     

    Dieser Rechtsauffassung hat der BGH in entscheidenden Punkten widersprochen. Zwar teilt er die Auffassung des OLG, dass es sich bei der Kündigung des Mietverhältnisses um eine Verfügung i.S. von § 2040 Abs. 1 BGB handelt. Jedoch ist es für die Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich, dass alle Miterben gemeinschaftlich die Kündigung erklären. Zwei Vorschriften konkurrieren hier miteinander. § 2040 Abs. 1 BGB schreibt vor, dass Miterben über einen Nachlassgegenstand nur gemeinschaftlich (also einstimmig) verfügen können. Nach § 2038 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Hier sind Mehrheitsbeschlüsse zulässig. Wie diese Konkurrenzsituation zu lösen ist, ist streitig.