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  • 01.05.2007 | Ehegattenerbrecht

    Voraussetzung für den Ausschluss des Ehegattenerbrechts

    von RA Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster
    1. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Scheidungsvoraussetzungen gegeben waren und der Erblasser die Scheidung der Ehe beantragt hatte.  
    2. Lagen die Voraussetzungen für eine einvernehmliche Ehescheidung nicht vor, kommt ein Ausschluss des Ehegattenerbrechts nur in Frage, wenn festgestellt werden kann, dass ohne den Todesfall einer der Ehegatten das Scheidungsverfahren weiterbetrieben hätte und die Scheidungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Todes des Erblassers vorlagen.  
    3. Unwiderlegbar vermutet wird das Scheitern der Ehe als Scheidungsvoraussetzung nur, wenn die Ehegatten dann seit einem Jahr getrennt lebten und beide die Scheidung beantragt hatten oder ein Antragsgegner der Scheidung aufgrund des Antrags des anderen Ehegatten zustimmte.  
    4. War das nicht der Fall, dann müssen die Voraussetzungen der Ehescheidung im Todeszeitpunkt einzelfallbezogen geprüft werden.  
    5. Die Dauer der Trennung der Ehegatten gehört dabei zu den Umständen, die das Gericht in seine Prüfungen einzubeziehen hat, ob eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden konnte. Sie ist ein Indiz für oder gegen das Scheitern der Ehe; eine darüber hinausgehende Bedeutung i.S. der tatsächlichen Vermutung kommt der Trennungszeit aber nicht zu.  

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten um Pflichtteilsrechte der Klägerin nach ihrem Ehemann (Erblasser). Schon vor der Krebsdiagnose hatte er eine Beziehung zur Beklagten, die bis zu seinem Tod andauerte. Nach der Trennung der Ehegatten am 22.2.03 stellte er am 27.2.03 den Scheidungsantrag. Durch Testament enterbte er die Klägerin und entzog ihr wegen ihres Scheidungsantrags aus dem Jahr 02, den sie aber wieder zurückgenommen hatte, den Pflichtteil. Er setzte die Beklagte und seinen Sohn zu Erben ein. Sein Scheidungsantrag wurde vor seinem Tod am 22.11.03 nicht mehr beschieden, obwohl er noch kurz zuvor an einer mündlichen Verhandlung teilnahm, da die Klägerin Anträge zum Versorgungsausgleich stellte. In diesem Verfahren hat sie die Beklagte auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses verklagt. Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Der Leitsatz enthält ein praktisches Prüfungsschema (Leiterprinzip) für den Verlust des Ehegattenerbrechts, das Stufe für Stufe zu prüfen ist.  

     

    Das OLG musste das Zerrüttungsprinzip gemäß § 1565 Abs. 1 S. 2 BGB einzelfallbezogen prüfen. Hier war die Ehe gescheitert mit der Folge, dass das Ehegattenerbrecht der Klägerin und damit auch ihre Pflichtteilsberechtigung entfallen war. Indiz dafür war u.a., dass der Erblasser, der eine Geliebte hatte, die Scheidung beantragt und das Verfahren bis kurz vor seinem Tod aktiv betrieben hatte. Er hat die Klägerin enterbt und ihr den Pflichtteil entzogen.