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  • 01.07.2010 | Bestattung

    Bestattungskosten beim Alleinerben nicht als dauernde Last abziehbar

    von RA Dr. Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster

    Hat sich der Vermögensübernehmer gegenüber dem Vermögensübergeber verpflichtet, die Kosten einer standesgemäßen Beerdigung zu tragen, sind die Bestattungskosten dann nicht als dauernde Last i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar, wenn er Alleinerbe des Vermögensübergebers wird (BFH 19.01.10, X R 32/09, DStR 10, 971, Abruf-Nr. 101544).

     

    Sachverhalt

    Die Eltern des Klägers übertrugen diesem auf der Grundlage eines Hofübergabevertrags ihren landwirtschaftlichen Betrieb im Wege vorweggenommener Erbfolge. Im Gegenzug dazu verpflichtete er sich, seinen Eltern auf Lebenszeit ein Altenteil zu gewähren und ihnen ein standesgemäßes und christliches Begräbnis zu bereiten sowie die Grabpflege zu übernehmen. Im Jahr 04 verstarb der Vater des Klägers, der von der Mutter des Klägers beerbt wurde, später die Mutter. Alleinerbe nach der Mutter ist der Kläger. Die Beerdigungskosten für die Mutter betragen ca. 5.100 EUR. Der Kläger machte die Beerdigungskosten beider Elternteile in der Einkommensteuererklärung erfolglos geltend. Das Finanzamt (FA) erkannte später jedoch zumindest die Kosten für die Beerdigung des Vaters als abziehbare Sonderausgaben an. Das FG gab der bezüglich der Absetzbarkeit der Bestattungskosten der Mutter erhobenen Klage statt. Die Revision des FA führte zur Aufhebung des Urteils und zur Abweisung der Klage.  

     

    Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Standpunkt des FA: Die Aufwendungen für den Letztversterbenden sind nicht abziehbar. Dem steht das Prinzip der korrespondierenden Besteuerung der Leistungen entgegen (Herrmann/Heuer/Raupach/Kulosa, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, [HHR], § 10 EStG, Rn. 109). Im Fall des Letztversterbenden können die Aufwendungen, die der Verpflichtete leistet, an niemanden mehr erbracht werden, da kein Berechtigter aus dem Altenteilsvertrag mehr vorhanden ist. Dies gilt insbesondere, wenn der Altenteilsverpflichtete Alleinerbe ist. Der BFH ist dem gefolgt. Er hat zwar im Streitfall den Altenteilsvertrag als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gewertet (BStBl. II 92, 1012). Die Qualifizierung der Beerdigungskosten als dauernde Last scheitert hier aber an der Konfusion von Forderung und Schuld. Dazu folgende Merksätze des BFH:  

     

    Übersicht: BFH zur Abzugsfähigkeit von Bestattungskosten als dauernde Last
    • Abziehbare Sonderausgaben sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Handelt es sich steuerrechtlich um eine dem Vertragstypus des „Versorgungsvertrags“/„Altenteilsvertrags“ vergleichbare Vermögensübergabe, sind die - grundsätzlich schon aufgrund der Rechtsnatur des Vertrags abänderbaren - wiederkehrenden Leistungen i.d.R. als „dauernde Last“ abziehbar (BStBl. II 90, 847; 00, 21).

     

    • Grundsatz: Bestattungskosten sind als Sonderausgaben abziehbar. Das bürgerlich-rechtliche Altenteil umfasst Versorgungsleistungen verschiedener Art. Sie sind durch die gemeinsame Zweckbestimmung, den Berechtigten ganz oder teilweise zu versorgen, zur rechtlichen Einheit verbunden. Kosten der Beerdigung des Altenteilers sind Bestandteil dieser Leistungen (BStBl. II 07, 160). Generell sind auch Beerdigungskosten als Sonderausgaben abziehbar, obwohl sie nicht wiederkehrend sind. Denn sie gehören zum „Inbegriff der Versorgungsleistungen“.

     

    • Ausnahme: Die vertraglich geschuldeten und erbrachten Aufwendungen für die Beerdigungskosten des letztversterbenden Altenteilers sind jedoch nicht als dauernde Last abziehbar, wenn dieser Alleinerbe ist (HHR/Kulosa, § 10 EStG Rn. 79; a.a.O.).

     

    • Kennzeichen der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH, dass sich der Vermögensübergeber Teile des nun vom Vermögensübernehmer zu erwirtschaftenden Nettoertrags vorbehält. Der Vorbehalt der Erträge stellt sich dar als ein „Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit“. Dieser wird dadurch verwirklicht, dass die Aufwendungen beim Übernehmer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar und die entsprechenden Zuflüsse beim Übergeber nach § 22 Nr. 1 S. 1 EStG steuerbar sind. Dies bedingt eine materiell-rechtliche Korrespondenz zwischen Abzugs- und Besteuerungstatbestand (BStBl. II 08, 123). Die materiell-rechtliche Korrespondenz von Abziehbarkeit und Steuerbarkeit ist dem Rechtsprinzip des Vorbehalts der Vermögenserträge immanent.

     

    • Die Qualifizierung der Beerdigungskosten als dauernde Last kann an der fehlenden Korrespondenz zwischen Abziehbarkeit und Steuerbarkeit scheitern. Für die Abziehbarkeit der dauernden Last ist maßgeblich, dass der Übergeber „das Vermögen - ähnlich wie beim Nießbrauchsvorbehalt - ohne die vorbehaltenen Erträge, die ihm nun als Versorgungsleistungen zufließen, übertragen hat“ (BStBl. II 04, 95). Versorgungsleistungen sind somit vorbehaltene Vermögenserträge. Daher kommt eine Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben nur in Betracht, wenn die vorbehaltenen Erträge in Gestalt der Beerdigungskosten einem Empfänger als wiederkehrende Einkünfte (§ 22 Nr. 1 S. 1 EStG) zugerechnet werden können. Sind die Vermögensübergeber aber verstorben, können die Beerdigungskosten des letztverstorbenen Teils von ihnen jedoch höchstens dem Vermögensübernehmer selbst als dem Alleinerben zugerechnet werden. Könnte er die wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben abziehen, würden die Beerdigungskosten als vorbehaltene Erträge bei ihm zu nach § 22 Nr. 1 S. 1 EStG steuerbaren Einkünften führen. Die Forderung (Anspruch auf Entlastung von den Beerdigungskosten, die der Erbe nach § 1968 BGB tragen muss) und Schuld (Pflicht aus dem Altenteilsvertrag, die Beerdigungskosten zu tragen) vereinen sich in einer Person und führen zur Konfusion. Folge: Forderung und Schuld erlöschen. Dementsprechend kommt weder der Ansatz von steuerbaren Einkünften noch der Abzug von Sonderausgaben in Betracht.

     

    • Hinweis: Der materiell-rechtlichen Korrespondenz zwischen Abziehbarkeit und Steuerbarkeit wiederkehrender Leistungen steht nicht der Beschluss des Großen Senats des BFH entgegen (BStBl. II 04, 95). Zwar lässt sich dem EStG nicht entnehmen, dass generell ein Korrespondenzprinzip gilt. Auch lassen sich die Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben und ihre Steuerbarkeit als wiederkehrende Bezüge nur mit der Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung rechtfertigen. Maßgeblich ist aber, dass der Vermögensübergeber das Vermögen - ähnlich wie beim Vorbehaltsnießbrauch - ohne die vorbehaltenen Erträge, die ihm nun als Versorgungsleistungen zufließen, übergeben hat. Denn dies führt zur materiell-rechtlichen Korrespondenz zwischen Abziehbarkeit und Steuerbarkeit der dauernden Last (HHR/Kulosa, § 10 EStG Rn.109).