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  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 28.01.2004 – 9 K 5400/01

    1. Nichtigkeit eines Gewinnfeststellungsbescheids, der sich an eine Erbengemeinschaft als Trägerin eines Unternehmens richtet, obwohl das Unternehmen von einer KG betrieben wird, in der die Erbengemeinschaft die Stellung eines Komplementärs hat.

    2. Ein Gewinnfeststellungsbescheid für die Erbengemeinschaft als Gesellschafterin einer KG betrifft einen anderen Besteuerungsgegenstand als ein Gewinnfeststellungsbescheid für die Erbengemeinschaft als Mitunternehmer und wird nicht nach § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens im Klageverfahren gegen den nichtigen Gewinnfeststellungsbescheid.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1993 (Erbengemeinschaft Y)

    hat der 9. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht … des Richters am Finanzgericht … und der Richterin am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richterinnen … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2004 für Recht erkannt:

    1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vom 15. Mai 2000 (StNr. …) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2001 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

    4. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die beiden Kläger, A und X, sind die Söhne des am 8. April 1993 verstorbenen E. E betrieb die Firma S zunächst als Einzelunternehmen. Mit Vertrag vom 13. Januar 1984 wurde die S Kommanditgesellschaft (S-KG) gegründet, an der E als Komplementär und A als Kommanditist beteiligt waren und die das bisherige Einzelunternehmen fortführte. Gegenstand des Unternehmens war u.a. der Groß- und Einzelhandel mit Kraftfahrzeugen.

    § 11 des Gesellschaftsvertrages lautet wie folgt:

    „Verstirbt der persönlich haftende Gesellschafter, so ist der Kommanditist, A, berechtigt, das Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven zu übernehmen.”

    Sonstige Bestimmungen über die Fortführung der Gesellschaft beim Tod des Komplementärs enthielt der Vertrag nicht. E war ferner Alleingesellschafter der G-GmbH. Die Beteiligung an der G-GmbH war seit Gründung der KG in ihren Bilanzen als Anlagevermögen (Finanzanlagen) ausgewiesen.

    E hat in seinem am 20. Oktober 1982 errichteten Testament seine beiden Söhne, die Kläger, je zur Hälfte als Erben eingesetzt. Im Wege der Teilungsanordnung bestimmte er, dass A das Einzelunternehmen S mit allen Aktiven und Passiven und X das Unternehmen G-GmbH und mehrere Privatgrundstücke erhalten solle.

    Nach dem Tode von E trat die neu gegründete A-GmbH als Komplementär in die KG ein, gleichzeitig schied X aus der Gesellschaft aus. Die Firma wurde geändert in „S-GmbH & Co. KG”. Alleiniger Komplementär ist die A-GmbH ohne Einlage, Kommanditist mit einer voll erbrachten Hafteinlage in Höhe von 500.000 DM ist A. Auf die in den Handelsregisterakten befindlichen Anmeldungen zum Handelsregister Urk.Rolle Nr. … der Notare … sowie auf die Neufassung des Gesellschaftsvertrages vom 9. April 1993 wird Bezug genommen.

    Am 4. August 1993 setzten sich A und X in einem notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag über den Nachlass ihres Vaters auseinander. Ziffer XIV des Auseinandersetzungsvertrages lautet u.a.: „Die Beteiligten übertragen hiermit die Beteiligung des verstorbenen E an der S auf den dies hiermit annehmenden Herrn A”. Ferner übertrugen die Kläger in dem Auseinandersetzungsvertrag die Geschäftsanteile an der G-GmbH auf X, der damit deren alleiniger Gesellschafter wurde. Schließlich wurde die Einigung über den Eigentumsübergang der im Nachlass befindlichen Privatgrundstücke auf X beurkundet.

    Auf Antrage des Finanzamts teilte der steuerliche Vertreter der S-GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 31. März 1994 mit, dass die Gesellschaft S unverändert nach Maßgabe folgenden Gesellschafterwechsels fortbestehe: An Stelle des verstorbenen E sei die A-GmbH ohne Beteiligung an der Substanz und am Ertrag getreten, die Haftsumme von A als Kommanditist sei auf 500.000 DM erhöht worden.

    Zum 31. Dezember 1993 wurde für die S-GmbH & Co. KG eine Bilanz aufgestellt, die das gesamte Wirtschaftsjahr (1. Januar bis 31. Dezember 1993) umfasste und die an die Bilanz zum 31. Dezember 1992 anschloss. Die Beteiligung an der G-GmbH wurde mit 0 DM angesetzt mit der Begründung, das gesamte Stammkapital sei auf X übergegangen. Der sich ergebende Jahresfehlbetrag in Höhe von 215.084,24 DM wurde in der für die S-GmbH & Co. KG im Mai 1994 abgegebenen Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für 1993 erklärt und zu 3/12 auf E und zu 9/12 auf A verteilt. Das Finanzamt folgte dem zunächst in dem unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden Gewinnfeststellungsbescheid vom 26. September 1994.

    Vom 22. April 1998 bis 15. Dezember 1998 fand bei der S-KG, an die auch die Prüfungsanordnung vom 19. Februar 1998 gerichtet war, eine Außenprüfung für die Jahre 1992 bis 1996 statt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die Regelung über die Fortführung des Unternehmens in § 11 des Gesellschaftsvertrages der S-KG sei als qualifizierte Nachfolgeklausel anzusehen mit der Folge, dass nicht alle Miterben, sondern nur A dem Erblasser E in seiner Gesellschafterstellung nachgefolgt sei. Folge sei, dass ein Entnahmegewinn realisiert worden sei, da auf X – ohne dass er Mitunternehmer geworden sei – Sonderbetriebsvermögen in Form der 100 %igen Beteiligung an der G-GmbH übertragen und in sein Privatvermögen überführt worden sei. Der in Höhe von 5.973.227 DM ermittelte Entnahmegewinn sei dem Erblasser E zuzurechnen.

    Das Finanzamt folgte im gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 17. Februar 1999 der Auffassung der Betriebsprüfung. In dem dagegen eingelegten Einspruch vertrat der steuerliche Vertreter der S-KG die Auffassung, der angefochtene Gewinnfeststellungsbescheid sei nicht wirksam bekannt gegeben worden, da er sich an die S-GmbH & Co. KG richte. Diese Gesellschaft sei jedoch erst am 9. April 1993 gegründet worden, gegen sie könne ein Feststellungsbescheid für die Zeit vor dem 9. April 1993 daher nicht ergehen. Die S-KG sei mit dem Tod von E nach § 162 Abs. 2 i.V.m. § 131 Abs. 2 Nr. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) aufgelöst worden, da § 11 des KG-Vertrages nicht die Fortsetzung der Gesellschaft bei Tod des Komplementärs beinhalte. Vom 9. April 1993 bis 3. August 1993 sei das Unternehmen von der aus A und X bestehenden Erbengemeinschaft fortgeführt worden. Am 4. August 1993 habe eine Erbauseinandersetzung zwischen A und X stattgefunden. Diese sei im Wege einer Realteilung ohne Gewinnverwirklichung durchgeführt worden. Das Unternehmen der früheren S-KG sei von der neu gegründeten S-GmbH & Co. KG übernommen worden. Der gesamte Jahresgewinn 1993 des Unternehmens sei zeitanteilig den jeweiligen Trägern (bis 8. April 1993 die S-KG, vom 9. April bis 3. August 1993 die Erbengemeinschaft, ab 4. August 1993 die S-GmbH & Co. KG) zuzurechnen.

    Mit Schreiben vom 7. April 1999 stellte das Finanzamt die Nichtigkeit des Gewinnfeststellungsbescheides vom 17. Februar 1999 wegen Bekanntgabemängel fest. Mit Datum vom 26. April 1999 erließ das Finanzamt erneut einen Gewinnfeststellungsbescheid für 1993, gerichtet an die S-GmbH & Co. KG, für die Zeit bis 8. April 1993 als Rechtsnachfolgerin der S-KG. Auf den Einspruch hin, mit dem geltend gemacht wurde, die S-GmbH & Co. KG sei nicht Rechtsnachfolger der S-KG geworden, stellte das Finanzamt mit Schreiben vom 20. Juli 1999 die Nichtigkeit des Bescheides vom 26. April 1999 fest. Das Finanzamt vertrat im Schreiben vom 5. August 1999 nunmehr die Auffassung, dass die S im Jahr 1993 drei verschiedenen Rechtsträgern zuzurechnen sei. Bis zum Tode von E sei dies die S-KG gewesen, danach bis zum 28. April 1993 sei das Unternehmen von A als Einzelfirma geführt worden und ab 28. April 1993 sei die S-GmbH & Co. KG Träger des Unternehmens gewesen. Das Finanzamt forderte den steuerlichen Vertreter auf, getrennte Gewinnermittlungen 1993 für die drei verschiedenen Unternehmen einzureichen.

    Am 28. März 2000 ging beim Finanzamt auf einem von den Klägern nicht unterzeichneten Steuererklärungsformular eine „berichtigte Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung” der Einkünfte 1993 der S-KG ein. In dieser sind als Feststellungsbeteiligte E als Komplementär und A als Kommanditist genannt. In einer Anlage zur Erklärung wurde der Jahresfehlbetrag lt. Handelsbilanz zeitanteilig aufgeteilt und der sich für den Zeitraum 1. Januar bis 8. April 1993 ergebende Fehlbetrag von 57.426 DM in die Anlage ESt 1, 2, 3 B der Gewinnfeststellungserklärung für die S-KG übernommen und auf die Feststellungsbeteiligten verteilt. Das Finanzamt folgte dem und erließ am 15. Mai 2000 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für die S-KG. Der erklärte Verlust wurde auf A und X als Rechtsnachfolger des verstorbenen Komplementärs E sowie auf A als Kommanditist verteilt.

    Am 28. März 2000 ging beim Finanzamt auf einem ebenfalls von den Klägern nicht unterschriebenen Steuererklärungsformular eine „Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung” der Einkünfte 1993 für die „Erbengemeinschaft S” ein. In der Anlage wurde der anteilige Jahresfehlbetrag lt. Handelsbilanz für den Zeitraum 9. April bis 4. August 1993 in Höhe von 69.145 DM ermittelt und auf die Beteiligten der Erbengemeinschaft, A und X, verteilt, wobei für A wegen seiner bereits bestehenden Kommanditbeteiligung eine Quote von 51,62 % und für X eine Quote von 48,38 % errechnet wurde. Entsprechend dieser Beteiligung wurde der anteilige Jahresfehlbetrag in der Anlage 1, 2, 3 B zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung auf die beiden Kläger verteilt. Das Finanzamt erließ am 15. Mai 2000 den streitgegenständlichen Gewinnfeststellungsbescheid für die „Erbengemeinschaft S”, in dem es von der Erklärung insoweit abwich, als es einen Veräußerungsgewinn hinsichtlich der Beteiligung an der G-GmbH in Höhe von 5.973.227 DM ansetzte und allein X zurechnete. Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem sich die Kläger gegen den Ansatz des Veräußerungsgewinns wandten, hatte in der Sache keinen Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2001 änderte das Finanzamt den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid jedoch insoweit, als es den Veräußerungsgewinn gleichmäßig auf beide Kläger verteilte.

    Mit der Klage tragen die Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:

    1. Der Gewinnfeststellungsbescheid vom 15. Mai 2000 sei nach Ablauf der Festsetzungsverjährung erlassen worden. Der Erbfall sei vom Finanzamt zutreffend in dem an die S-GmbH & Co. KG gerichteten Gewinnfeststellungsbescheid vom 26. September 1994 erfasst worden. Die Steuererklärung für die Erbengemeinschaft sei nur deshalb vom steuerlichen Vertreter eingereicht worden, um das Vorbringen im Einspruchsverfahren gegen den Gewinnfeststellungsbescheid der KG zu erläutern, und sei von den Steuerpflichtigen selbst auch nicht unterschrieben worden. Einen selbständigen Steuerfall der Erbengemeinschaft gebe es nicht, vielmehr wirke sich die Erbengemeinschaft nur auf die Gewinnverteilung für das Unternehmen S innerhalb des Jahres 1993 aus. Für das Unternehmen S sei mit Ablauf des 31. Dezember 1998 die Festsetzungsverjährung eingetreten, weil die Feststellungserklärung bereits 1994 eingereicht worden sei und das Finanzamt den Gewinnfeststellungsbescheid am 26. September 1994 erlassen habe. Durch die Außenprüfung im Jahr 1998 sei die Festsetzungsfrist nicht nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt worden, weil die Prüfungsanordnung nicht gegenüber der Alt-KG, den Gesellschaftern, den Klägern, oder der Erbengemeinschaft erlassen worden sei, sondern gegenüber der S-GmbH & Co. KG. Diese sei jedoch erst mit Wirkung vom 9. April 1993 gegründet worden und habe ab 4. August 1993 die Unternehmensführung aufgrund der Erbauseinandersetzung übernommen. Da die Prüfungsanordnung dennoch Zeiträume vor Übernahme der Unternehmensführung durch die S-GmbH & Co. KG umfasst habe, sei sie inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und nichtig und könne daher nicht den Ablauf der Festsetzungsfrist zum 31. Dezember 1998 hemmen. Der angefochtene Bescheid vom 15. Mai 2000 sei daher verfristet.

    2. Das Finanzamt habe zu Unrecht die Anteile an der G-GmbH in der Bilanz der S-KG als Sonderbetriebsvermögen ausgewiesen. Die G-GmbH habe nicht ausschließlich oder überwiegend dem Unternehmen der S-KG gedient. Der Ausweis in der Handelsbilanz zum 31. Dezember 1992 sei fehlerhaft gewesen und berichtigt worden. Bei der Erbauseinandersetzung habe eine Realteilung stattgefunden, in der jeder der beiden Erben eines der beiden Unternehmen des Erblassers übernommen und fortgeführt habe. Somit habe hinsichtlich der G-GmbH weder eine Entnahme noch eine Veräußerung stattgefunden.

    Nach Hinweis des Senats im Beschluss vom 16. Mai 2002 über die Aussetzung der Vollziehung, Rechtsfolge der fehlenden Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag der S-KG sei zwar die Auflösung der Gesellschaft, nicht aber deren sofortige Beendigung, vielmehr sei die aus A und X bestehende Erbengemeinschaft bis zur Auseinandersetzung an die Stelle von E in die S-KG eingetreten, erließ das Finanzamt am 6. Dezember 2002 einen später für nichtig erklärten Bescheid für die „S-GmbH & Co. KG i.L.”. Am 1. Oktober 2003 erließ das FA einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1993 für die „S-KG i.L.” und gab diesen den Klägern als „Rechtsnachfolger des Komplementärs der KG i.L.” bekannt. Darin setzte es einen Verlust aus Gewerbebetrieb aus laufender Geschäftstätigkeit in Höhe von 69.146 DM und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 5.973.227 DM fest. Den Verlust aus laufender Geschäftstätigkeit wies das Finanzamt in Höhe von 66.912 DM (96,77 %) der „Erbengemeinschaft S” und in Höhe von 2.234 DM (3,23 %) A allein zu. Den Veräußerungsgewinn wies es in voller Höhe der Erbengemeinschaft zu. Der Feststellungsbescheid enthält den Hinweis, dass er nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen sei und nach § 181 Abs. 5 AO nur solchen Steuerfestsetzungen zugrunde gelegt werden könne, deren Feststellungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen sei.

    Am 10. Dezember 2002 erließ das FA unter der StNr. … einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1993 für die „Erbengemeinschaft S, A und X”. In diesem Bescheid wurde der im Feststellungsbescheid der KG i.L. vom 6. Dezember 2002 der Erbengemeinschaft zugerechnete Gewinn als Einkünfte der Erbengemeinschaft festgestellt und auf die Kläger verteilt. Am 1. Oktober 2003 erließ das Finanzamt unter derselben Steuernummer einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für die „Erbengemeinschaft S, A und X”. Die Bescheidadressierung enthält folgenden Zusatz: „Der Bescheid geht an A und X als Rechtsnachfolger der Erbengemeinschaft A und X.

    Die Erbengemeinschaft ist ihrerseits Rechtsnachfolger des Hr. E als Komplementär der S-KG … die sich mit dem Tod des Komplementärs in Liquidation befand.” In diesem Bescheid werden Einkünfte der Erbengemeinschaft aus Gewerbebetrieb in Höhe von 5.906.315 DM (Verlust aus laufender Geschäftstätigkeit in Höhe von 66.912 DM und Veräußerungsgewinn in Höhe von 5.973.227 DM) festgestellt, die gleichmäßig auf die beiden Kläger verteilt werden. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass er den Bescheid vom 15. Mai 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2000 ändere und auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt sei.

    Gegen den Feststellungsbescheid für die „S-KG i.L” vom 1. Oktober 2003 legten die Kläger Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Gegen den Feststellungsbescheid für die Erbengemeinschaft vom 1. Oktober 2003 tragen die Kläger vor, das Finanzamt habe keine KG i.L. als selbständige Gesellschaft mit den Klägern als Gesellschafter schaffen dürfen, deren festgestellte Gewinne im Feststellungsbescheid für die Erbengemeinschaft erfasst würden. Vielmehr hätte das Verfahren gegen die Alt-KG weitergeführt werden müssen, was aber an der Bestandskraft des Feststellungsbescheides für diese Gesellschaft scheitere. Dieser Umstand dürfe nicht dadurch umgangen werden, dass ein neuer Steuerpflichtiger erfunden werde. Auch sei die Erbengemeinschaft nie aktiv tätig geworden. Sie sei nur eine theoretische Sekunde lang Gesamthandseigentümerin des von E hinterlassenen Betriebsvermögens geworden. Infolge der Rückwirkung der Erbauseinandersetzung auf den Todestag seien die beiden Unternehmen des Erblassers ab dem Todestag von E jeweils von einem der beiden Kläger übernommen und weitergeführt worden. Diese im Wege der testamentarisch verfügten Realteilung durchgeführte Erbauseinandersetzung löse keine ertragsteuerlich relevanten Folgen aus, weil keinerlei Entgelt gezahlt worden sei.

    Die Kläger beantragen,

    den unter der StNr. … ergangenen Feststellungsbescheid vom 15. Mai 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2001 sowie die unter derselben StNr. ergangenen Feststellungsbescheide vom 10. Dezember 2002 und 01. Oktober 2003 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt

    Klageabweisung.

    Nach Auffassung des Finanzamts ist die KG mit dem Tode von E aufgelöst worden und hat bis zur Auseinandersetzung als Liquidationsgesellschaft mit der Erbengemeinschaft als persönlich haftender Gesellschafterin fortbestanden. Für die Liquidationsgesellschaft sei ein eigenes Feststellungsverfahren durchzuführen. Der am 1. Oktober 2003 ergangene Feststellungsbescheid für die Liquidationsgesellschaft sei Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid der Erbengemeinschaft, der Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei.

    Die Kläger führen aus, falls die Bescheide vom 10. Dezember 2002 und 1. Oktober 2003 nicht gem. § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden sein sollten, müssten die Verfahrenskosten gleichwohl dem Finanzamt auferlegt werden, weil das Finanzamt durch sein Verhalten im Verlauf des Gesamtverfahrens diesen Weg den Klägern aufgezwungen habe. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.

    Gründe

    Die Klage ist teilweise begründet.

    1. Der angefochtene Gewinnfeststellungsbescheid 1993 für die „Erbengemeinschaft S” vom 15. Mai 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2001 ist nichtig, da die Kläger als Erbengemeinschaft nicht Träger des Unternehmens S gewesen sind und der Bescheid damit einen Gewinn für eine nicht existierende Mitunternehmerschaft feststellt.

    a) Der Gesellschaftsvertrag der S-KG enthält keine Nachfolgeklausel, denn darin wurde keine Bestimmung aufgenommen, dass die Gesellschaft entgegen der gesetzlichen Regelung in § 161 Abs. 2 i.V.m. § 131 Nr. 4 HGB in der bis zum Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22. Juni 1998 (BGBl I 474) geltenden Fassung durch den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters E nicht aufgelöst werden soll. E hat sowohl in § 11 des Gesellschaftsvertrages wie auch in der Teilungsanordnung seines Testaments A dazu bestimmt, das Unternehmen nach seinem Tod fortzuführen. Da die KG nur aus zwei Gesellschaftern bestand, hätte der Tod des Komplementärs und die Fortsetzung des Unternehmens durch den verbleibenden Gesellschafter das Erlöschen der Gesellschaft und die Fortführung des Unternehmens als einzelkaufmännisches Unternehmen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zur Folge gehabt (Rechtsformwechsel im Wege der Anwachsung entsprechend § 142 HGB, § 738 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB– vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 11 V S. 317 m.w.N.).

    Vor diesem rechtlichen Hintergrund handelt es sich bei der Bestimmung in § 11 des Gesellschaftsvertrages um eine sog. Übernahmeklausel (vgl. Münchener Kommentar/Ulmer, BGB, § 736 Rz. 16). Danach ist der Übergang des Unternehmens auf den verbleibenden Gesellschafter im Wege der Anwachsung von einer Übernahmeerklärung des zur Übernahme berechtigten Gesellschafters abhängig. Im Zeitraum zwischen dem Tod des Gesellschafters und der Ausübung des Übernahmerechts besteht ein Schwebezustand, während dessen die Erben vorübergehend in die Personengesellschaft als Gesellschafter eintreten (vgl. Sudhoff, Unternehmensnachfolge, § 54 Rz. 104; Schmidt/Wacker, EStG, § 16 Rz. 664). Im Streitfall wurde die Gesellschaft somit im Todeszeitpunkt des E nicht beendet, sondern bestand mit verändertem Gesellschafterbestand fort. Persönlich haftender Gesellschafter war nunmehr zunächst die aus den Klägern bestehende Erbengemeinschaft, Kommanditist wie bisher A.

    A hat nach Eintritt des Erbfalls von seinem Übernahmerecht nicht in der Weise Gebrauch gemacht, das Unternehmen als Einzelunternehmen fortzuführen, sondern hat, indem die A-GmbH die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters ohne Kapitaleinlage übernommen hat und die Erbengemeinschaft den auf sie übergegangenen Vermögensanteil von E an der S-KG auf A übertragen hat, die Stellung eines Kommanditisten in der weiter bestehenden Gesellschaft beibehalten. Dadurch fand in der S-KG ein zweimaliger Wechsel in der Person des Komplementärs statt, die Identität der Gesellschaft änderte sich jedoch nicht. Demgemäß beinhaltet der Gesellschaftsvertrag vom 9. April 1993 keine Neugründung einer Gesellschaft, sondern lediglich eine Neufassung des Gesellschaftsvertrages. Die Gesellschaft mag sich zwar nach dem Tode von E mangels einer Fortsetzungsklausel nach § 131 Nr. 4 HGB zunächst in Liquidation befunden haben (Bundesfinanzhof– BFH– Urteil vom 1. März 1994 VIII R 35/92, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1995, 248). Die Liquidation führte jedoch nicht zur Beendigung der Gesellschaft, vielmehr haben die Gesellschafter durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss die Gesellschaft fortgeführt (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 28. Aufl. § 131 Anm. 1 C und 3 C).

    b) Das Finanzamt hat den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid 1993 vom 15. Mai 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2001 für die „Erbengemeinschaft S” erlassen. Es wird dabei davon ausgegangen, die S-KG sei im Todeszeitpunkt von E sofort beendet gewesen und das Unternehmen S sei auf die Erbengemeinschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin der erloschenen KG übergegangen. Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung war nach dem Willen des FA somit die Erbengemeinschaft als Trägerin des Unternehmens. Dies war jedoch – wie oben dargelegt – unzutreffend. Trägerin des Unternehmens war auch nach dem Tod von E die weiterhin bestehende S-KG, ohne dass ein Wechsel in der Rechtszuständigkeit stattgefunden hätte. Die Erbengemeinschaft hatte lediglich – vorübergehend – die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters in der KG übernommen. Der Feststellungsbescheid richtet sich somit an eine niemals existierende Mitunternehmerschaft „Erbengemeinschaft” als Trägerin des Unternehmens S.

    Notwendiger Inhalt eines Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte nach § 179 Abs. 2 Satz 2 AO sind der Gegenstand der Feststellung und die Personen, denen der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist. Ein Feststellungsbescheid für eine nicht existierende Mitunternehmerschaft ist so schwerwiegend fehlerhaft, dass er nach § 125 Abs. 1 AO nichtig ist. Daher ist auch der angefochtene Gewinnfeststellungsbescheid vom 15. Mai 2000 nichtig.

    2. Die am 10. Dezember 2002 und am 1. Oktober 2003 erlassenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte 1993 für die „Erbengemeinschaft S, A und X” sind nicht nach § 68 FGO anstelle des angefochtenen nichtigen Bescheides Gegenstand des Verfahrens geworden. Voraussetzung dafür wäre eine zumindest teilweise Identität des Regelungsbereiches beider Verwaltungsakte (BFH-Beschluss vom 4. September 2001 VIII B 119/00, BFH/NV 2002, 157); der ersetzende und der ursprüngliche Bescheid müssten dieselbe Steuersache, d.h. dieselben Beteiligten und denselben Besteuerungsgegenstand betreffen (BFH-Beschluss vom 25. Februar 1999 IV R 36/98, BFH/NV 1999, 1117). Die Feststellungsbescheide vom 10. Dezember 2002 und vom 1. Oktober 2003 betreffen einen anderen Besteuerungsgegenstand als der Feststellungsbescheid vom 15. Mai 2000, denn sie beinhalten als Einkunftsquelle der Erbengemeinschaft die Komplementär-Beteiligung an der S-KG, während Inhalt des Bescheids vom 15. Mai 2000 der Betrieb des Unternehmens S durch die Erbengemeinschaft als Mitunternehmerschaft ist. Da das Feststellungsverfahren objektbezogen ist, ist es nicht möglich, im Rahmen eines Klageverfahrens einen Bescheid über ein nicht existierendes Objekt „Betrieb eines Unternehmens” durch einen Bescheid zu ersetzen, der die Beteiligung als Komplementär an einer KG zum Gegenstand hat (vgl. BFH-Urteile vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BStBl II 1992, 392; vom 23. August 1968 VI R 1/67, BStBl II 1968, 831). Der Umstand, dass die Bescheide dieselbe Steuernummer tragen, hat keine rechtliche Bedeutung.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 2, 151 Abs. 3, 155 FGO, §§ 708 Ziffer 10, 711 Zivilprozessordnung. Es besteht keine Rechtsgrundlage, dem Finanzamt in vollem Umfang die Kosten aufzuerlegen; denn Grund für die teilweise Klageabweisung war nicht ein Verschulden des Finanzamts, sondern der Umfang des Klageantrags, auf dessen mögliche prozessuale Folgen das Gericht die Beteiligten hingewiesen hat.

    4. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

    VorschriftenAO 1977 § 125 Abs. 1, AO 1977 § 179 Abs. 2, FGO § 68, HGB § 161 Abs. 2, HGB § 131 Nr. 4