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  • 18.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145816

    Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 27.04.2015 – 7 WF 407/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 7 WF 407/15
    91 F 179/14 AG Bad Kreuznach

    Oberlandesgericht Koblenz

    Beschluss

    In der Familiensache

    …,
    - Antragsteller -

    Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

    gegen

    …,

    - Antragsgegnerin -

    Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte …[A]

    - Beschwerdeführer -

    wegen Beschwerde Kosten

    hat der 7. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Wolff, die Richterin am Oberlandesgericht Darscheid und den Richter am Oberlandesgericht Busekow
    am 27.04.2015 beschlossen:

    Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Kreuznach vom 30.1.2015 wird zurückgewiesen.

    Gründe:

    Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 5.6.2014 wurde der Antragsgegnerin für den ersten Rechtszug des Umgangsverfahrens Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ...[A] bewilligt. Nach Beendigung des Verfahrens beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin eine Vergütung von insgesamt 895,71 €. In dem Antrag waren Auslagen für Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder in Höhe von netto 29,20 € enthalten. Durch Beschluss vom 9.9.2014 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 860,97 € fest. Die beantragten Reisekosten (Fahrtkosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld nebst Umsatzsteuer) hat das Gericht in Abzug gebracht, da die vorgenannte Kanzlei eine Zweigstelle am Gerichtsort …[Z] unterhält. Die gegen die Festsetzung eingelegte Erinnerung wies das Familiengericht durch den angefochtenen Beschluss zurück. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass der Begriff „Kanzlei“ im Sinne der Vorbemerkung 7 Abs. 2 VV-RVG auch die Zweigstelle einer Rechtsanwaltskanzlei erfasse.

    Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, mit der er unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt, auf seine Erinnerung hin Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder in Höhe von 29,20 € zuzüglich Umsatzsteuer festzusetzen.
    Zur Begründung beruft er sich darauf, dass die Kosten unabhängig davon, dass die Kanzlei in …[Z] eine Zweigstelle unterhalte, festzusetzen seien. Das Mandantengespräch habe am Hauptsitz der Kanzlei in ...[Y] stattgefunden. Zudem sei er als alleiniger Sachbearbeiter in ...[Y] ansässig. An der Zweigstelle in …[Z] sei die Rechtsanwältin ...[A], Fachanwältin für Strafrecht, tätig. Der Verweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden gehe fehl, da dort über die Beiordnung eines Pflichtverteidigers und dessen Gebühren nach altem Recht zu entscheiden gewesen sei. Damals sei es üblich gewesen, dass auswärtige Pflichtverteidiger nur in besonders begründeten Fällen beigeordnet würden. Zudem verlange der Gleichlauf der Gebührenansprüche einer bemittelten und einer Verfahrenskostenhilfe beanspruchenden Partei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Gleichbehandlung.

    Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zulässig, da sie das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage ausdrücklich zugelassen hat. Hieran ist der Senat gebunden.
    Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 9.9.2014 zu-rückgewiesen. Die in dem Beschluss vorgenommene Absetzung der beantragten Reisekosten ist rechtlich nicht zu beanstanden.

    Nach Ziff. 7003 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG kann der Verfahrensbevollmächtigte für Geschäftsreisen Fahrtkosten und Tage- und Abwesenheitsgelder beanspruchen. Nach der Vorbemerkung zu Teil 7 VV-RVG liegt eine Geschäftsreise dann vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet.
    Danach liegt keine Geschäftsreise vor. Denn am Reiseziel, also am Sitz des entscheidenden Gerichts, befindet sich eine Zweigstelle der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin. Der Begriff „Kanzlei“ umfasst ohne weiteres alle von einem Anwalt betriebenen „Geschäftsstellen“, also auch die Zweigstellen einer Kanzlei (ebenso Gerold/ Schmidt, RVG, 21. Aufl., VV 7003-7006, Rn 12; Bischof-Jungbauer, RVG, 6. Aufl., Vorbemerkung 7 VV, Rn 10). Die Anwaltssozietät des Verfahrensbevollmächtigten wird, auch nach dem Briefkopf der an ihr beteiligten Rechtsanwälte, an mehreren Stellen - Haupt- und Zweigstellen -, betrieben. Allein dieser Umstand ist maßgeblich. Unerheblich ist demgegenüber, an welchem Ort die Besprechung mit dem Mandanten stattgefunden und von welchem Ort der Verfahrensbevollmächtigte zum Gerichtstermin angereist ist.

    Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Auffassung geht der Verweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden nicht fehl. In Ziff. II d) setzt sich nämlich das vorgenannte Gericht mit der Bezeichnung „Kanzlei“ auseinander und vertritt, wie der Senat, die Auffassung, dass dieser die Gesamtheit der Kanzlei, bestehend aus Hauptstelle und Zweigstellen, umfasst.
    Eine Ungleichbehandlung der bemittelten mit der Verfahrenskostenhilfe beanspruchenden Partei entsteht dadurch nicht, da bei der vorgenannten Auslegung der Verfahrensbevollmächtigte die Kosten auch nicht nach § 91 ZPO von der bemittelten Partei beanspruchen könnte, da die Voraussetzungen Nr. 7300 VV-RVG nicht gegeben sind.

    Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

    Wolff Darscheid Busekow
    Vorsitzende Richterin
    am Oberlandesgericht Richterin
    am Oberlandesgericht Richter
    am Oberlandesgericht

    Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
    Übergabe an die Geschäftsstelle
    am 29.04.2015.

    Thiessen, Justizsekretärin
    als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle