29.01.2015 · IWW-Abrufnummer 174508
Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 18.11.2014 – 15 SaGa 29/14
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 30.07.2014 abgeändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur ückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege der einstweiligen Verfügung über die Verpflichtung der Beklagten, die Besetzung einer Stelle vorläufig zu unterlassen.
Der 49-jährige Kläger ist schwerbehindert. 1995 schloss er ein BWL-Studium an der Universität St. H ab und promovierte 1998 an der Uni-GH L zum Thema "Werbung im Internet". Für den beruflichen Werdegang des Klägers wird auf dessen Lebenslauf (Bl. 13 - 15 d. A.) verwiesen.
Die Beklagte schrieb unter der Kennziffer 12/1234 die Stelle einer Abteilungsleiterin oder eines Abteilungsleiters für die Abteilung Informationsservice des Fachbereichs Personal und Zentraler Service aus (Bl. 9, 10 d. A.). Als fachliche Anforderung sieht diese Stellenausschreibung u. a. ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Informatik, Wirtschaftsinformatik (Diplom oder Master) vor.
Innerhalb der Bewerbungsfrist bewarb sich der Kläger mit Schreiben vom 27.03.2014 auf die ausgeschriebene Stelle. Ohne zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein, erhielt er am 16.07.2014 eine Absage per E-Mail, in der die Beklagte dem Kläger mitteilte, dass das Auswahlverfahren zwischenzeitlich aus sachlichen Überlegungen abgebrochen worden sei. Eine vom Kläger erbetene Akteneinsicht lehnte die Beklagte unter Hinweis auf die Datenschutzinteressen der weiteren Bewerber ab. Darüber hinaus teilte sie dem Kläger mit, dass dieser die im Anforderungsprofil des Ausschreibungstextes festgelegten zwingenden Voraussetzungen nicht erfülle und er deshalb nicht in die engere Wahl gelangt sei.
Mit seinem am 25.07.2014 bei Gericht eingereichten Antrag hat der Kläger begehrt, es der Beklagten vorläufig zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle zu besetzten.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er erfülle die zwingenden Anforderungen des Ausschreibungsprofils und hätte als schwerbehinderter Mensch deshalb zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen. Ohne Erlass einer einstweiligen Verfügung verlöre er seine Rechtsposition in Bezug auf den Bewerberverfahrensanspruch endgültig, sofern die Beklagte die Stelle neu ausschreibe.
Der Kläger hat sich zur Glaubhaftmachung seines Vortrags auf die eidesstattliche Versicherung vom 28.07.2014 (Bl. 59 d. A.) bezogen.
Der Kläger hat beantragt,
der Beklagten vorläufig, längstens jedoch bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache oder dem Abschluss eines unter Einbeziehung des Klägers neu durchzuf ührenden Bewerbungsverfahrens zu untersagen, die Stelle des Abteilungsleiters für die Abteilung "Informationsservice des Fachbereichs Personal und Zentraler Service" (Kennziffer 12/1234) zu besetzten.
Die Beklagte hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch des Klägers sei wegen Abbruchs des Stellenbesetzungsverfahrens untergegangen. Zu einem Vorstellungsgespräch sei er nicht eingeladen worden, da er das mit der Stellenbeschreibung aufgestellte Anforderungsprofil nicht erfüllt habe. Die Vorgabe der Fachrichtung des geforderten Hochschulabschlusses sei Bestandteil des konstitutiven Merkmals, weil die eindeutige Ausschreibung eine Ausnahmeregelung nicht zulasse. Die Beklagte hat behauptet, es sei nunmehr ein Mitbestimmungsverfahren eingeleitet worden zur internen Neuorganisation der mit der ausgeschriebenen Stelle verbundenen Aufgaben.
Mit Urteil vom 30.07.2014 hat das Arbeitsgericht dem klägerischen Antrag entsprochen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ein Verfügungsanspruch sei gegeben. Der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers sei durch die Beklagte dadurch verletzt worden, dass sie dessen Bewerbung ohne vorheriges Vorstellungsgespräch abgelehnt habe. Dem Kläger fehle die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle jedenfalls nicht offensichtlich. Er verfüge über die durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium in der Regel nachgewiesene Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten, wie sich aus seinem BWL-Studium und seiner Promotion ergebe. Zudem könne bei dem Kläger zumindest nicht offensichtlich ausgeschlossen werden, dass dieser aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen auch über die Fachkenntnisse verfüge, die durch einen Hochschulstudium der Informatik bzw. Wirtschaftsinformatik vermittelt würden. Auch habe der Kläger einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Zwar sei das externe Ausschreibungsverfahren beendet. Da die Beklagte die mit der Stelle verbundenen Aufgaben jedoch intern neu verteilen wolle, sei nicht auszuschließen, dass die angekündigte Neuorganisation sich tatsächlich nur auf eine interne Besetzung der ausgeschriebenen Stelle richte.
Gegen das der Beklagten am 05.08.2014 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat diese mit am 21.08.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese in demselben Schriftsatz begründet.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das aus der Stellenbeschreibung ersichtliche Anforderungsprofil den von der Rechtsprechung geforderten Vorgaben genüge. Aus ihr gehe selbsterklärend hervor, warum ein wissenschaftliches Hochschulstudium in den Fachrichtungen Informatik und Wirtschaftsinformatik gefordert werde. Die Informationslastigkeit der Tätigkeit folge aus dem der Stelle zugeordneten Aufgabengebiet. Die Stelle sei durch Führungsaufgaben und fundierte Technikkenntnisse geprägt. Die Techniklastigkeit rechtfertige in sachlicher Hinsicht die Besetzung der Stelle mit einem Hochschulabsolventen der technischen Fachrichtung Informatik.
Bei der Beurteilung der Eignung bzw. offensichtlichen Nichteignung sei auf diejenigen Anforderungsmerkmale abzustellen, welche sich aus dem Text der Stellenausschreibung selbst ergäben. Vorliegend werde ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Informatik, Wirtschaftsinformatik (Diplom oder Master) gefordert mit der Folge, dass mit der Festlegung des Anforderungsprofils ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen werde. Durch die Bezeichnung des beruflichen Bildungsabschlusses habe sie ein konstitutives Anforderungsmerkmal aufgestellt. Dies erfülle der Kläger nicht. Denn er habe einen betriebswirtschaftlichen Studienabschluss an der Hochschule St. H erlangt.
Mit dem dokumentierten Stellenbesetzungsvermerk vom 10.07.2014 sei das externe Ausschreibungsverfahren auch beendet worden. Nach dem Ergebnis des durchgeführten Stellenbesetzungsverfahrens sei mit Absage der verbliebenen Bewerber die Entscheidung vom 10.07.2014 auch sachlich gerechtfertigt gewesen.
Fraglich sei überdies, ob die Bewerbung des Klägers vorliegend überhaupt ernsthaft gewesen sei. Hierzu verweist die Beklagte auf den von dem Kläger geführten Rechtsstreit 3 Ca 380/13 Ö, Arbeitsgericht Braunschweig = LAG Niedersachsen - 5 Sa 1272/13.
Die Beklagte beantragt,
Der Kläger beantragt,
Er ist der Ansicht, dass es nicht ausreiche, lediglich prozessual zu behaupten, dass das Kriterium des Studienabschlusses im Fach Informatik oder Wirtschaftsinformatik konstitutiv auszulegen sei. Vielmehr habe die Beklagte anhand der Ausschreibungsdokumentation den Beweis hierüber anzutreten. Ob ein konstitutives oder ein nicht konstitutives Anforderungsmerkmal im Ausschreibungstext vorliege, sei durch eine am objektiven Empfängerhorizont potenzieller Bewerber orientierte Auslegung zu ermitteln. Hier stelle die Stellenausschreibung nicht auf "den" Absolventen des Informatikstudiums ab, sondern definiere spezielle fachspezifische Vorkenntnisse, vorliegend einen fundierten IT-Hintergrund mit Führungserfahrung und kaufmännischer Denkweise. Bei dem Stellenprofil handele es sich insofern um ein einen bestimmten Personenkreis "abdrängendes" Anforderungsprofil. Die Merkmale "Studium der Informatik" oder "Studium der Wirtschaftsinformatik" seien viel zu unspezifisch, um allein den Rang eines zulässigen konstitutiven Anforderungskriteriums einnehmen zu können.
Wegen des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird verwiesen auf die Inhalte der beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der öffentlichen Sitzungen in erster und zweiter Instanz, die insgesamt Gegenstand der letzten mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 Buchst. b) ArbGG an sich statthaft und gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf vorläufige Unterlassung der Besetzung der Stelle des Abteilungsleiters für die Abteilung Informationsservice des Fachbereichs Personal und Zentraler Service (Kennziffer 12/1234). Die Beklagte hat den Bewerberverfahrensanspruch des Klägers nicht verletzt.
1. Für die begehrte einstweilige Verfügung besteht kein Verfügungsanspruch. Die Beklagte hat den Bewerberverfahrensanspruch nicht dadurch verletzt, dass sie die Bewerbung des Klägers ohne vorheriges Vorstellungsgespräch abgelehnt hat. Eine entsprechende Einladung war gemäß § 82 S. 3 SGB IX entbehrlich, da die fachliche Eignung des Klägers offensichtlich fehlte.
a) Anders als der private hat der öffentliche Arbeitgeber bei der Frage, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt, Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Nach dieser Verfassungsnorm besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentlicher Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient einerseits dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes und trägt andererseits dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet damit ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Stellenausschreibung genannten Auswahlkriterien (sog. Bewerber-/Bewerbungsverfahrensanspruch; BAG, 16.02.2012 - 8 AZR 697/10, NZA 2012, 667; BAG, 07.04.2011 - 8 AZR 679/09, NZA-RR 2011, 494).
b) Der Zugangsanspruch zu einem öffentlichen Amt setzt eine freie Stelle voraus. Denn wenn die Stelle rechtlich verbindlich anderweitig vergeben ist, kann sie nicht mehr besetzt werden. Daher bedarf das Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG der Sicherung durch das einstweilige Verfügungsverfahren, welches die Möglichkeit bietet, die endgültige Stellenbesetzung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache untersagen zu lassen (BAG, 18.09.2007 - 9 AZR 672/06, AP Nr. 64 zu Art. 33 Abs. 2 GG unter Hinweis auf BVerfG 19.09.1989 - 2 BvR 1576/88, NJW 1990, 501). Im Rahmen einer Konkurrentenklage ist Gegenstand des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht die Auswahlentscheidung selbst, sondern der Anspruch des abgelehnten Bewerbers auf die vorläufige Sicherung seines Bewerberverfahrensanspruchs (BVerfG 20.03.2007 - 2 BvR 2470/06, NZA 2007, 607).
c) Der öffentliche Arbeitgeber hat einen sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen nach § 82 S. 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch zu laden. Diese Pflicht besteht nach § 82 S. 3 SGB IX allein dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Der öffentlichen Arbeitgeber muss einem schwerbehinderten Bewerber die Chance eines Vorstellungsgesprächs gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Der schwerbehinderte Bewerber soll im Rahmen des Vorstellungsgesprächs die Chance haben, den Arbeitgeber von seiner Eignung zu überzeugen (BAG, 12.09.2006 - 9 AZR 807/05, NZA 2007, 747).
d) Es ist zwar grundsätzlich für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte (BAG, 24.01.2013 - 8 AZR 188/12, NZA 2013, 896). Indes liegt der Arbeitgeber durch die Bestimmung eines Anforderungsprofils die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest. Die Funktionsbeschreibung der Stelle bestimmt objektiv die Kriterien, die der Inhaber erfüllen muss. An ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten gemessen, um eine bestmögliche Besetzung zu gewährleisten. Das vom öffentlichen Arbeitgeber geforderte Bewerberprofil strukturiert so den Bewerberkreis, in dem es in persönlicher und fachlicher Hinsicht Qualifikationsanforderungen an Bewerber beschreibt. Die Erstellung eines derartigen konstitutiven Anforderungsprofils ist Ausdruck der Anwendung der in Art. 33 Abs. 2 GG für die Personalentscheidung genannten Kriterien (BAG, 15.03.2005 - 9 AZR 142/04, NZA 2005, 1185; OVG Münster, 16.12.2003 - 1 B 2117/03, NVwZ-RR 2004, 236). Das Auswahlprofil ist damit das Bindeglied zwischen dem vom öffentlichen Arbeitgeber zu definierenden Charakter der Stelle und den vom dem Bewerber aufzuweisenden Voraussetzungen.
2. Unter Ber ücksichtigung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze wurde der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers nicht dadurch verletzt, dass die Beklagte ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat.
a) Zwar ist dem Arbeitsgericht in seinem Ansatz zuzustimmen, wonach für die objektive Eignung eines Bewerbers nicht allein auf das formelle Anforderungsprofil abzustellen ist. Gleichwohl hat der öffentliche Arbeitgeber im Anforderungsprofil, und eben nur dort, die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber bei seiner zukünftigen Tätigkeit benötigt und die die Grundlage der leistungsbezogenen Auswahl sind (BAG, 16.02.2012, a. a. O.). Darüber hinaus bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang der seiner eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 S. 2 und 3 SGB IX (BAG, 16.02.2012, a. a. O. mit weiterem Hinweis).
b) Die Beklagte hat in ihrer Stellenausschreibung zur Kennziffer 12/1234 als fachliche Anforderung für die Stelle eines Abteilungsleiters für die Abteilung Informationsservice des Fachbereichs Personal und Zentraler Service ein "abgeschlossenes Hochschulstudium der Informatik, Wirtschaftsinformatik (Diplom oder Master)" gefordert. Über ein solches verfügt der Kläger, der 1995 an der Universität St. H ein BWL-Studium, also ein Studium der Betriebswirtschaftslehre (wirtschaftswissenschaftliches Diplom, betriebswirtschaftliche Studienrichtung; Vertiefungsgebiet Risikomanagement und Versicherung) abschloss und 1989 an der Universität Gesamthochschule L zum Thema "Werbung im Internet" promoviert wurde, nicht.
Entgegen der klägerischen Auffassung handelt es sich bei dem Anforderungsmerkmal "abgeschlossenes Hochschulstudium der Informatik, Wirtschaftsinformatik (Diplom oder Master)" auch um ein zwingendes, konstitutives. Dies folgt zur Überzeugung des Berufungsgerichts aus den weiteren Inhalten der Stellenbeschreibung. Die ausgeschriebene Stelle wird in starkem Maße durch technische, informationsspezifische Aufgabenstellungen geprägt. So ist der Abteilungsauftrag darauf ausgerichtet, "die Bereiche Informationstechnik und Telekommunikation verwaltungsweit sicherzustellen und zukunftssicher weiter zu entwickeln". Hierzu verfügt das Datennetzwerk der Stadtverwaltung Herne über derzeit rund 2000 Endgeräte. Aufgabe der Abteilung Informationsservice ist es, den entsprechenden Benutzersupport zu leisten und Anwendungsverfahren zu betreuen. Der Verantwortungsbereich der Leitungsaufgabe umfasst die zentralen Server- und Netzressourcen, Speicher- und Datenbanksysteme, - Anlagen und - Endgeräte, Arbeitsplatzsysteme, die Anwendungsbereitstellung und den IT-Service. Die hieraus resultierenden Aufgaben des Stelleninhabers sind u. a. die Bereitstellung, der Betrieb und die Betreuung der verantworteten städtischen IT-Infrastruktur sowie die Sicherstellung von Systemverfügbarkeit, Datenschutz und Informationssicherheit, darüber hinaus das kunden- und serviceorientierte Zusammenarbeiten mit den Fachbereichen sowie die Optimierung des Anforderungsmanagements und der Aufbau und die Weiterentwicklung von kommunalen IT-Kooperationen. Der Stelleninhaber leitet und entwickelt zudem die strategischen IT-Vorhaben für die Beklagte.
All dies zeigt, dass entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts die ausgeschriebene Stelle ein Fachwissen erfordert, dass in einem Studiengang der Informatik oder Wirtschaftsinformatik erworben wird, dass aber keinesfalls in einem betriebswirtschaftlichen Studiengang erworben werden kann und ersichtlich auch nicht in den beruflichen Stationen des Klägers zwischen 1991 und 2011 (vgl. Bl. 13 - 15 d. A.) erworben wurde.
Die ausgeschriebene Stelle weist eine deutliche Technik- bzw. Informationslastigkeit auf. Hieran ändert es nichts, dass sie zudem durch Leitungsaufgaben geprägt ist. Dies ist bei Abteilungsleitungen schon an sich der Fall. Entscheidend ist, dass eben eine leitende Person für eine sog. IT-Abteilung gesucht wird, hier als Abteilung Informationsservice bezeichnet. Für ein solches Aufgabengebiet darf der öffentliche Arbeitgeber ein wissenschaftliches Hochschulstudium in den Fachrichtungen Informatik oder Wirtschaftsinformatik als zwingend vorgeben. Dies gilt im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung insbesondere wegen der von der Beklagten vorgenommenen fachlichen Ausdifferenzierung ihrer Verwaltungseinheit (vgl. BVerwG 20.06.2013 - 2 VR 1/13, ZTR 2013, 587). Das Anforderungsprofil der Beklagten bildet somit die objektiven Anforderungen der Stelle zutreffend ab und bestimmt in objektiver Weise die Kriterien, die der Inhaber zu erfüllen hat (vgl. auch BAG, 21.07.2009 - 9 AZR 431/08, NZA 2009, 1087).
c) Dem Kläger fehlte für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich die fachliche Eignung im Sinne des § 82 S. 3 SGB IX.
aa) Nach § 82 S. 2 SGB IX hat der öffentliche Arbeitgeber den sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch zu laden. Diese Pflicht besteht nach § 82 S. 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Hieraus folgt, dass der öffentliche Arbeitgeber einem schwerbehinderten Bewerber die Chance eines Vorstellungsgesprächs gewähren muss, wenn seine fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.
bb) Der Kläger erfüllt nach seinen Bewerbungsunterlagen nicht die objektiven und von Art. 33 Abs. 2 GG gedeckten Kriterien des konstitutiven Anforderungsprofils. Bei der Beurteilung der offensichtlichen Nichteignung ist auf diejenigen Anforderungsmerkmale abzustellen, die sich aus dem Text der Stellenausschreibung selbst ergeben (LAG Hamm, 26.05.2011 - 8 Sa 2293/10, [...]). Einstellungsvoraussetzung war vorliegend der Hochschulabschluss Informatik/Wirtschaftsinformatik. Hierzu sieht die Stellenbeschreibung auch keine Alternative wie etwa "vergleichbare Qualifikation" vor. Es ist aber im Grundsatz Sache des öffentlichen Arbeitgebers zu entscheiden, welche fachlichen Anforderungen er an die Person des Bewerbers stellen will. Die Forderung eines abgeschlossenen Hochschulstudiums einer bestimmten oder zweier bestimmter Fachrichtung(en) ist, wenn hierin nicht eine überzogen hohe Qualifikationsanforderung liegt, nicht zu beanstanden (LAG Hamm, 26.05.2011, a. a. O.). Dafür, dass die Beklagte eine überzogen hohe Qualifikationsanforderung formuliert und damit ein unzulässiges Hindernis zum Zugang für ein öffentliches Amt (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG) geschaffen hat, ist nichts ersichtlich. Gleichzeitig erfüllt der Kläger mit seinem abgeschlossenen BWL-Studium und seiner Promotion nicht die Kriterien der des zwingenden Anforderungsprofils. Die offensichtliche Ungeeignetheit des Klägers ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil der Kläger durch sein Studium über die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten verfügt, wie das Arbeitsgericht gemeint hat. Diese Fähigkeit erfüllt die fachliche Stellenanforderung ebenso wenig wie die - im Übrigen wie bereits ausgeführt - nicht erkennbaren Fachkenntnisse aufgrund beruflicher Erfahrungen.
Das Berufungsgericht verkennt nicht, dass der schwerbehinderte Bewerber bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann zu bekommen hat, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft ist. Denn er soll die Möglichkeit erhalten, im Gespräch von seiner Eignung zu überzeugen. Vorliegend erfüllt der Kläger das zwingende Kriterium des Hochschulabschlusses Informatik/Wirtschaftsinformatik jedoch nicht, so dass allein deshalb von einer offensichtlichen Nichteignung im Sinne des § 82 S. 3 SGB IX auszugehen war (vgl. auch LAG Niedersachsen, 03.04.2014 - 5 Sa 1272/13, [...]).
3. Mangels Vorliegens eines Verfügungsanspruchs konnte dahinstehen, ob zu Gunsten des Klägers ein für den Erlass der einstweiligen Verfügung zwingend erforderlicher Verfügungsgrund anzunehmen ist.
4. Ebenso konnte unentschieden bleiben, ob die Bewerbung des Klägers eine ernsthafte ist, aus der ihm ein im einstweiligen Verfügungsverfahren zu sichernder Bewerbungsverfahrensanspruch entstehen konnte. Das Berufungsgericht neigt allerdings zur Annahme der Ernsthaftigkeit der klägerischen Bewerbung.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG nicht gegeben.