Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 16.01.2024 · IWW-Abrufnummer 239186

    Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg: Beschluss vom 14.11.2023 – 12 S 2373/22

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg 

    Beschluss vom 14.11.2023


    In der Verwaltungsrechtssache
    - Kläger -
    - Antragsteller -
    prozessbevollmächtigt:
    gegen
    Land Baden-Württemberg,
    vertreten durch das Regierungspräsidium Tübingen,
    Konrad-Adenauer-Straße XXX, 72072 Tübingen, Az:
    - Beklagter -
    - Antragsgegner -

    wegen Ausweisung
    hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

    hat der 12. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg am 14. November 2023 beschlossen:

    Tenor:

    Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 12. Juli 2022 - 14 K 2019/20 - wird abgelehnt.

    Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

    Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

    Gründe

    Der am 20.10.2022 gestellte und am 17.11.2022 begründete Antrag des Klägers, eines im Jahr 1973 geborenen türkischen Staatsangehörigen, auf Zulassung der Berufung gegen das am 21.09.2022 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg. Er ist zwar zulässig (dazu I.), aber unbegründet (dazu II.).

    Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers, den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 22.04.2020 aufzuheben, abgewiesen. Mit dem genannten Bescheid wurde der Kläger, der mit Urteil des Landgerichts xxxxxxxxxx vom 06.06.2019 - x xxx xxx xx xxxxxxxx xxxx - unter Anwendung von § 240 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB a.F., § 177 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 6 Nr. 1 und § 53 StGB wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden ist, (1.) aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Zudem wurde (2.) die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet. Dem Kläger wurde (3.) die Abschiebung direkt aus der Strafhaft heraus in die Türkei angedroht. Dies wurde verbunden mit dem Zusatz, dass die Abschiebung frühestens ab dem Zeitpunkt erfolge, an dem die Ausweisungsverfügung bestandskräftig oder die Ausreisepflicht vollziehbar geworden sei. Für den Fall, dass eine Abschiebung bis zum Haftende nicht erfolgen könne, wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Haftentlassung zu verlassen. Falls die Ausreisepflicht im Zeitpunkt der Haftentlassung noch nicht vollziehbar sei, ende die Ausreisefrist einen Monat nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Bestandskraft der Ausweisungsverfügung. Für den Fall, dass der Kläger diese Frist nicht einhalte, wurde ihm ebenfalls die Abschiebung in die Türkei angedroht. Er könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Weiter wurde (4.) gegen Kläger infolge der Ausweisung ein auf vier Jahre ab dem Tag seiner Ausreise befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet. Diese Anordnung erfolgte unter der Bedingung, dass der Kläger bis zum Ablauf der oben genannten Frist den Nachweis der Straffreiheit erbringe. Sollte er dies nicht nachweisen können, verlängere sich die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots um zwei Jahre auf dann sechs Jahre ab dem Zeitpunkt seiner Ausreise. Schließlich wurde (5.) gegen Kläger infolge der Abschiebung ein auf zwei Jahre befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet. Dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde nach dem Verfügungssatz in Ziffer 5 des Bescheides unter die aufschiebende Bedingung der "Ausweisung" gestellt. Die Frist beginne mit der Ausreise.

    I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist zulässig. Insbesondere ist die Formvorschrift des § 55d Satz 1 VwGO gewahrt, wonach vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Antrag - ebenso wie dessen später eingegangene Begründung - am Ende des Schriftsatzes unter der maschinenschriftlichen Namenswiedergabe des Prozessbevollmächtigen des Klägers den maschinenschriftlichen Zusatz "i.V. [Name] Rechtsanwältin" enthält und der nicht qualifiziert signierte Schriftsatz - wie die spätere Antragsbegründung - allein von der genannten Rechtsanwältin über das besondere Anwaltspostfach (beA) als Absenderin übermittelt worden ist.

    Gemäß § 55a Abs. 3 Satz 1 VwGO muss ein elektronisches Dokument (vgl. § 55d Satz 1 VwGO) mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von ihr (mindestens einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 55a Abs. 4 VwGO) eingereicht werden. Der Begriff der einfachen Signatur bezeichnet dabei die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, etwa durch einen maschinenschriftlichen Namenszug oder eine gescannte Unterschrift (vgl. BGH, Beschluss vom 07.09.2022 - XII ZB 215/22 -, juris Rn. 10; BAG, Beschluss vom 14.09.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 15, jeweils zur gleichlautenden Regelung in § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO). Die einfache Signatur soll - ebenso wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur - die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. BGH, Beschluss vom 07.09.2022 - XII ZB 215/22 -, juris Rn. 11; BAG, Beschluss vom 14.09.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 19). Die einfache Signatur soll sicherstellen, dass die von dem sicheren Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 07.09.2022 - XII ZB 215/22 -, juris Rn. 11; BAG, Beschluss vom 14.09.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 16). Fehlt es an dieser Identität bei einfach signierten Dokumenten, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15.03.2023 - 1 B 60.22 -, juris Rn. 5, und vom 12.10.2021 - 8 C 4.21 -, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 07.09.2022 - XII ZB 215/22 -, juris Rn. 11; BAG, Beschluss vom 14.09.2020 - 5 AZB 23/20 -, juris Rn. 16).

    Gemessen an diesem Maßstab ist eine ordnungsgemäße Einreichung der Antragsschrift (wie auch der Antragsbegründung) vorliegend gegeben. Denn der nicht qualifiziert signierte Antrag weist an seinem Ende die maschinenschriftliche Namenswiedergabe der Rechtsanwältin auf, die das Dokument (ebenso wie die nicht qualifiziert signierte Antragsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach und damit über einen sicheren Übermittlungsweg (vgl. § 55a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO) bei Gericht eingereicht hat.

    Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Rechtsanwältin ihre Namenswiedergabe mit dem Vertretungszusatz "i.V." versehen hat. Es ist dennoch davon auszugehen, dass sie im Sinne von § 55d Satz 1 i.V.m. § 55a Abs. 3 Satz 1 VwGO die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernommen hat. Anders als der Zusatz "i.A." bringt der Zusatz "i.V." vor der Unterschrift eines postulationsfähigen Rechtsanwalts zum Ausdruck, der Rechtsanwalt wolle die Verantwortung für den von ihm unterzeichneten Schriftsatz übernehmen. Für einen Rechtsanwalt versteht es sich im Zweifel von selbst, mit seiner Unterschrift auch eine entsprechende Verantwortung für einen bestimmenden Schriftsatz zu übernehmen und nicht lediglich - wie bei der Hinzufügung des Zusatzes "i.A." - als Erklärungsbote tätig zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.2019 - XI ZR 451/17 -, juris Rn. 9; zur Formwahrung bei Vertretungssituationen allgemein vgl. auch H. Müller in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 2. Aufl., § 55a VwGO <Stand: 17.11.2023>, Rn. 223 f.).

    Schließlich scheitert eine wirksame Einreichung nicht daran, dass vor der Namenswiedergabe der Rechtsanwältin nebst besagtem "i.V.-Zusatz" maschinenschriftlich der Name des Prozessbevollmächtigten des Klägers angegeben worden ist. Dies macht lediglich deutlich, dass der Schriftsatz von diesem Rechtsanwalt erstellt worden ist. Dem Zusatz "i.V." durch die Rechtsanwältin nebst deren maschinenschriftlicher Namenswiedergabe lässt sich mangels anderweitiger Anhaltspunkte gleichwohl entnehmen, dass sie an Stelle des Prozessbevollmächtigten tätig werden und damit als weitere Hauptbevollmächtigte oder zumindest als Unterbevollmächtigte in Wahrnehmung des Mandats des Klägers auftreten wollte (vgl. BGH, Beschluss vom 20.06.2017 - XI ZB 3/17 -, juris Rn. 10; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.03.2020 - 4 L 184/18 -, juris Rn. 41; LG Münster, Urteil vom 04.12.2020 - 108 O 4/20 -, juris Rn. 22).

    II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist jedoch unbegründet. Aus den im Zulassungsantrag genannten und nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen Gründen ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

    1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 8, vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, juris Rn. 9, vom 12.11.2002 - 7 AV 4.02 -, juris Rn. 5, und vom 14.06.2002 - 7 AV 1.02 -, juris Rn. 7). Dabei ist davon auszugehen, dass das Zulassungsverfahren nicht die Funktion hat, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.07.2020 - 1 BvR 561/19 -, juris Rn. 16, vom 06.06.2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 16, und vom 16.01.2017 - 2 BvR 2615/14 -, juris Rn. 19, jeweils m.w.N.). Der Zulassungsgrund liegt daher vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.07.2020 - 1 BvR 561/19 -, juris Rn. 16, vom 08.05.2019 - 2 BvR 657/19 -, juris Rn. 33, vom 06.06.2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 16, und vom 16.01.2017 - 2 BvR 2615/14 -, juris Rn. 19), es sei denn, es lässt sich im Einklang mit dem eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens zuverlässig feststellen, dass das Verwaltungsgericht die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden hat und die angestrebte Berufung deshalb keinen Erfolg haben wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 07.10.2020 - 2 BvR 2426/17 -, juris Rn. 34, und vom 16.07.2013 - 1 BvR 3057/11 -, juris Rn. 40; BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 7 ff.).

    Zur Darlegung ernstlicher Zweifel ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden. Erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht. Das Maß der zu leistenden Substantiierung kann dabei von der jeweiligen Begründungsdichte und dem Begründungsaufwand der Entscheidung abhängig sein (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 17.08.2021 - 11 S 42/20 -, juris Rn. 4, und vom 26.08.2020 - 11 S 2038/19 -, juris Rn. 4; vgl. näher Happ in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 ff.; Rudisile in: Schoch/Schneider, VwGO, § 124a Rn. 100 <Stand: 8/2022>).

    Gemessen an diesen Grundsätzen werden mit dem Zulassungsantrag keine ernstlichen Zweifel an der (Ergebnis-)Richtigkeit des angefochtenen Urteils geweckt. Der Kläger zeigt nicht auf, dass das Verwaltungsgericht seine Klage auf Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 22.04.2020 ganz oder zumindest teilweise zu Unrecht abgewiesen hätte. Es wird weder hinreichend dargelegt, dass die Voraussetzungen für die unter Ziffer 1 des genannten Bescheides verfügte Ausweisung des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 53 Abs. 1 und 3 AufenthG entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht vorliegen (dazu a)), noch folgt aus dem Zulassungsvorbringen, dass durchgreifende Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Ziffern 3 bis 5 des Bescheides vom 22.04.2020 bestehen (dazu b)).

    a) Der Kläger bringt im Wesentlichen vor, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung, weil das Gericht bei ihm von einer nicht rational beeinflussbaren Persönlichkeit ausgehe, die es überwiegend wahrscheinlich mache, dass er erneut straffällig werden würde. Aus welchen Gründen das Gericht ihm die Befähigung abspreche, mit seinen Neigungen und Interessen in sozialadäquater Weise umzugehen, lasse sich dem Urteil nicht entnehmen. Die Bewertung des Gerichts unterschlage Wesentliches und führe im Ergebnis zu einer unzutreffenden Schlussfolgerung. Das Gericht folgere aus der bei ihm, dem Kläger, diagnostizierten Störung der Sexualpräferenz und seinem teils rücksichtslosen Verhalten gegenüber den Interessen anderer, dass er auch künftig mit hinreichender Wahrscheinlichkeit straffällig werde. Dabei blende das Gericht jedoch aus, dass er ein mit Vernunft begabtes Wesen und in der Lage sei, sein Verhalten, auch ein etwaiges Fehlverhalten, zu reflektieren und nicht dessen ungeachtet triebgesteuert zu handeln. Es sei zu beachten, dass er sich erstmals in Strafhaft befinde. Bereits dies stelle in seinem Leben eine Zäsur dar, die grundsätzlich Anlass für die Annahme biete, dass er, wie in der Regel alle Menschen, aus diesem Ereignis Konsequenzen zu ziehen in der Lage sei und ziehe. Überdies habe er zumindest begonnen, sich mit seinen Taten auseinanderzusetzen und die Hintergründe seiner Delinquenz zu erkennen. Vor allem aber sei er künftig nicht mehr gehalten, etwaige Bedürfnisse heimlich zu befriedigen bzw. auszuleben, da er sich gegenüber seinen engsten Familienangehörigen offenbart habe. Auch habe er gelernt, seine hebephilen Neigungen zu unterdrücken bzw. sich anderweitig Befriedigung zu verschaffen. Anzunehmen, trotz alledem werde er im Fall einer Haftentlassung versuchen, seine hebephilen Neigungen in strafbewehrter Weise auszuleben oder zur Durchsetzung etwaiger Ziele strafbewehrte Mittel einzusetzen, hieße, ihm sämtliche Erkenntnisfähigkeiten abzusprechen, die er auf Grund der strafrechtlichen Verurteilung und der Inhaftierung sowie zuletzt des Ausweisungsverfahrens gewonnen habe. Allein die Bewertung, dass er hebephil, manipulativ und planerisch vorgegangen sei, und außerdem unterstellt, dies wäre ein unabänderlicher Wesenszug von ihm, bedeute nicht, dass dieser Wesenszug auch von ihm ausgelebt werden würde, wenn potenzielle Sexualpartner dies nicht ebenfalls wünschten, also gegen deren Willen. Er erlebe seit nahezu drei Jahren die Konsequenzen seines Verhaltens. Er habe also hinreichend Zeit gehabt, sein früheres Verhalten zu überdenken und Wege zu finden, mit seinen Neigungen und Interessen in sozialadäquater Weise umzugehen. Dass er hierzu gleichwohl nicht in der Lage wäre, verstehe sich jedenfalls nicht von selbst.

    Diese gegen die Gefahrenprognose des Gerichts und damit gegen die Abweisung der Klage in Bezug auf die in Ziffer 1 des Bescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 22.04.2020 verfügte Ausweisung des Klägers aus der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Ausführungen verfangen nicht. Der Kläger macht damit - zu Recht - nicht geltend, das Verwaltungsgericht sei insoweit von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen. Vielmehr wendet sich die Kritik ausschließlich gegen die Überzeugungsbildung des Gerichts in Bezug auf dessen Annahme, dass das persönliche Verhalten des Klägers eine gegenwärtige schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AufenthG darstelle. Es ist indes nicht substantiiert dargelegt, dass die diesbezügliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft wäre. Dabei kann dahinstehen, ob in einem solchen Fall die Berufung nur dann nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist, wenn ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfolgreich gerügt ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 23.11.2021 - 10 S 4275/20 -, juris Rn. 4, vom 22.10.2021 - 12 S 888/19 -, juris Rn. 7, vom 17.08.2021 - 11 S 42/20 -, juris Rn. 23, und vom 18.11.2020 - 11 S 1465/19 -, juris Rn. 19 f.; Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 10.11.2021 - 15 ZB 21.1329 -, juris Rn. 11, vom 23.04.2020 - 10 ZB 20.752 -, juris Rn. 10 ff., und vom 24.03.2020 - 10 ZB 20.138 -, juris Rn. 16; OVG Sachsen, Beschluss vom 07.07.2020 - 3 A 1002/19 -, juris Rn. 4), oder ob ausgehend von der berufungsrechtlichen Funktion des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch ohne einen solchen - revisionsrechtlich bedeutsamen - Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils begründet sein können, wenn dieses auf einer ernstlich zweifelhaften Sachverhalts- bzw. Beweiswürdigung beruht (Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 82 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 10.01.2022 - 2 S 2436/21 -, juris Rn. 14, und vom 18.03.2019 - 8 S 3027/18 -, juris Rn. 4). Denn der Kläger zeigt keinen dieser Mängel schlüssig auf.

    Entgegen der Behauptung des Klägers hat das Gericht zur Kenntnis genommen und gewürdigt, dass er zumindest begonnen hat, sich mit seinen Taten auseinanderzusetzen und die Hintergründe seiner Delinquenz zu erkennen (vgl. UA S. 24 f. unter ddd)). Es ist jedoch auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie der Stellungnahme der xx-xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxx vom 30.06.2022 zu dem Schluss gelangt, der Kläger habe hinsichtlich der Problemeinsicht seiner Straftaten entgegen seiner Darstellung lediglich leichte Fortschritte gemacht.

    Ferner hat das Gericht entgegen der Darstellung des Klägers in den Blick genommen, dass er künftig nicht mehr gehalten ist, etwaige Bedürfnisse heimlich zu befriedigen bzw. auszuleben, da er sich gegenüber seinen engsten Familienangehörigen offenbart habe. Denn das Gericht hat ausgeführt (vgl. UA S. 25 unter eee)), dass der Kläger nach seiner Haftentlassung wiederum mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen zusammenleben werde und das Gericht nicht verkenne, dass sich hierbei eine entscheidende Veränderung ergeben habe, da der Kläger dieser Kernfamilie seine Bisexualität offenbart habe und dies in der Familie thematisiert worden sei. Allerdings war das Verwaltungsgericht der Auffassung, dass daraus nicht zwingend folge, dass der Kläger seine Sexualität künftig in grundlegend anderer Weise ausleben werde.

    Zuzugeben ist dem Kläger, dass sich das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich damit befasst hat, dass er sich erstmals in Strafhaft befindet. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Gefahrenprognose des Verwaltungsgerichts und damit auch am angegriffenen Urteil ergeben sich daraus aber nicht. Der Kläger behauptet zwar, dass bereits der Umstand, dass er sich erstmals in Strafhaft befinde, in seinem Leben eine erhebliche Zäsur darstelle, die grundsätzlich Anlass für die Annahme biete, dass er, wie in der Regel alle Menschen, aus diesem Ereignis Konsequenzen zu ziehen in der Lage sei und ziehe. Diese pauschale Argumentation greift hier jedoch zu kurz. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bei der Prognoseentscheidung die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, aber auch die Persönlichkeit des Täters, seine Entwicklung und Lebensumstände (vgl. UA S. 19; BVerwG, Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6.00 -, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.01.2023 - 12 S 1841/22 -, juris Rn. 46; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.08.2023 - 19 ZB 22.2204 -, juris Rn. 15). Richtigerweise festgehalten hat das Verwaltungsgericht zudem, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. UA S. 18; BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.01.2023 - 12 S 1841/22 -, juris Rn. 44; Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.08.2023 - 19 ZB 22.2204 -, juris Rn. 15). Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht in seine Prognose unter anderem das beträchtliche Strafmaß der verhängten Freiheitsstrafe von vier Jahren ebenso eingestellt wie den Umstand, dass es sich bei den vom Landgericht abgeurteilten Taten des Klägers um eine Vergewaltigung und eine Nötigung jeweils in einem besonders schweren Fall handelte und die besonders empfindlichen Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und der sexuellen Selbstbestimmung betroffen sind (vgl. UA S. 20). Weiter hat sich das Gericht etwa damit befasst, dass die Taten im Zusammenhang mit einer bei dem Kläger bestehenden Störung der Sexualpräferenz in Form einer Hebephilie nicht ausschließlichen Typs stehen und es ihm nach Auffassung des Gerichts nicht gelungen sei, mit seiner Sexualpräferenz in einer Weise umzugehen, die andere nicht schädige und nicht strafbar sei (vgl. UA S. 23 ff.). Dem Verwaltungsgericht fiel auf, dass die Schuldeinsicht des Klägers teilweise auf falschen Annahmen beruhte, da er den Vorwurf der Vergewaltigung und der Nötigung hauptsächlich darin zu sehen schien, dass es sich bei seinen Opfern um junge Männer handelte. Dass sein Verhalten altersunabhängig strafbar sei, habe dem Kläger nicht vollends klar zu sein geschienen (vgl. UA S. 25 f.). Vor dem Hintergrund dieser ins Einzelne gehenden Begründung, mit der sich der Kläger nicht konkret auseinandersetzt, vermag sein bloßer Hinweis auf seine erstmalige Verbüßung einer Strafhaft die verwaltungsgerichtliche Gefahrenprognose nicht zu erschüttern.

    Soweit der Kläger schließlich anbringt, dass er gelernt habe, seine hebephilen Neigungen zu unterdrücken bzw. sich anderweitig Befriedigung zu verschaffen, und moniert, dass ihm das Gericht sämtliche Erkenntnisfähigkeiten abspreche, die er auf Grund der strafrechtlichen Verurteilung und der Inhaftierung sowie zuletzt des Ausweisungsverfahrens gewonnen habe, trägt dies in Anbetracht vorstehender Ausführungen sowie dem Umstand, dass der Kläger für seinen behaupteten Lernerfolg keine Belege anführt und sich ein solcher so insbesondere auch nicht aus der - erst kurz vor Ergehen des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 12.07.2022 angefertigten - Stellungnahme der xxxxxxxxxxxxxxxx-xxxxx xxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxx vom 30.06.2022 entnehmen lässt, gleichfalls nicht. Letztlich stellt der Kläger mit diesen Ausführungen lediglich seine abweichende Bewertung der Gefahrenprognose der des Verwaltungsgerichts gegenüber, ohne substantiiert darzulegen, dass die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft wäre.

    b) Ernstliche Zweifel werden mit dem Zulassungsantrag auch nicht dargelegt, soweit das Verwaltungsgericht die Klage des Klägers in Bezug auf die Ziffern 3 bis 5 im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 22.04.2020 abgewiesen hat.

    Der Kläger trägt vor, in Bezug auf die Ziffern 3 bis 5 des Bescheides stelle sich die Frage von deren Vereinbarkeit mit Unionsrecht, konkret mit Art. 6 und 11 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie). Denn ihm sei mit der Zustellung der Ausweisungsverfügung sowohl die Rückkehrentscheidung in Form der Abschiebungsandrohung als auch das damit einhergehende und sofort wirksame Einreise- und Aufenthaltsverbot zugestellt worden. Obwohl er sich also weiterhin im Bundesgebiet aufhalte, solle das verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot bereits wirksam sein. Dies stehe mit der Rückführungsrichtlinie nicht in Einklang, die eindeutig zwischen der Rückkehrentscheidung (Art. 6 der Richtlinie) und dem Einreiseverbot (Art. 11 der Richtlinie) unterscheide. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteile vom 26.07.2017 - C-225/16 -, vom 17.09.2020 - C-806/18 -, und vom 03.06.2021 - C-546/19 -), von der der Kläger das Urteil vom 26.07.2017 teilweise (Rn. 50 - 53) zitiert, regele die Rückkehrentscheidung den Aufenthalt bis zur Ausreise; erst danach werde der Status eines Betroffenen durch das Einreise- und Aufenthaltsverbot geregelt. Unionsrechtlich dürfe das Einreise- und Aufenthaltsverbot folglich erst wirksam werden, wenn ein Betroffener den Aufnahmemitgliedstaat verlassen habe. Andernfalls käme es zu dem aus Sicht des Gerichtshofs der Europäischen Union befremdlichen Ergebnis, dass zu Lasten des Betroffenen ein Aufenthaltsverbot gelte, obwohl er sich noch im Aufnahmemitgliedstaat aufhalte. Angesichts dessen dürfe ein einer Ausweisung folgendes Einreise- und Aufenthaltsverbot - ebenso wie das einer Abschiebung folgende - allenfalls unter der aufschiebenden Bedingung verfügt werden, dass es (erst) mit Verlassen des Aufnahmemitgliedstaats wirksam werde. Dem entspreche Ziffer 4 des angefochtenen Bescheides nicht, weshalb diese als rechtswidrig aufzuheben sei. Wenn aber das unter Ziffer 4 verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot rechtswidrig und aufzuheben sei, müsse auch die in Ziffer 3 der angefochtenen Verfügung enthaltene Abschiebungsandrohung aufgehoben werden, da sie nach herrschender Meinung die Rückkehrentscheidung im Sinne von Art. 6 der Rückführungsrichtlinie sei und mit ihr gemäß Art. 11 Abs. 1 UA 2 der Rückführungsrichtlinie in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht nur einhergehen könne, sondern - nach dem nationalen Umsetzungsrecht - zwingend einhergehen müsse. Die Abschiebungsandrohung teile folglich nach der Gesetzeslage das Schicksal des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Fehle es damit auch an einer rechtmäßigen Abschiebungsandrohung, könne das in Ziffer 5 verfügte bedingte Einreise- und Aufenthaltsverbot mangels rechtmäßiger Rückkehrentscheidung im Sinne von Art. 6 und Art. 11 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie ebenfalls nicht rechtmäßig sein. Demzufolge hätten Ziffern 3 bis 5 des angefochtenen Bescheides aufgehoben werden müssen, was das Verwaltungsgericht nicht erkannt habe, weshalb insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung bestünden.

    Mit diesem Vorbringen wird die Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht durchgreifend in Frage gestellt. Der Einwand des Klägers, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot unionsrechtlich erst wirksam werden dürfe, wenn ein Betroffener den Aufnahmemitgliedstaat verlassen habe, verfängt bereits deshalb nicht, weil dem die Regelung in Ziffer 4 des Bescheides vom 22.04.2020 nicht widerspricht. Dem Wortlaut von Ziffer 4 lässt sich entnehmen, dass gegenüber dem Kläger infolge der Ausweisung ein auf vier Jahre "ab dem Tag Ihrer Ausreise" befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mithin erst ab dem Tag des Fristbeginns, sprich dem Tag der Ausreise des Klägers, wirksam. Gleiches gilt mit Blick auf das gegenüber dem Kläger in Ziffer 5 des Bescheides infolge seiner möglichen Abschiebung erlassene Einreise- und Aufenthaltsverbot. Auch hier ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Verfügungssatzes, dass die Frist - und damit auch die Wirksamkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots - erst "mit der Ausreise" beginnt. Weder ein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie (vgl. EuGH, Urteil vom 26.07.2017 - C-225/16 -) noch gegen § 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG ist damit zu erkennen.

    Lediglich klarstellend sei hier bemerkt, dass Ziffer 4 des Bescheides ein offensichtliches Schreibversehen enthält, soweit darin erklärt wird, dass dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot unter der aufschiebenden Bedingung der "Ausweisung" stehe. Wie sich nicht zuletzt aus der Begründung auf S. 25 des Bescheides entnehmen lässt, ist tatsächlich gemeint, dass dieses Einreise- und Aufenthaltsverbot unter der aufschiebenden Bedingung einer Abschiebung des Klägers steht.

    Greift nach alledem - wie gezeigt - bereits der Einwand des Klägers in Bezug auf Ziffer 4 des Bescheides vom 22.04.2020 nicht, geht folglich auch seine weitere, hieran anknüpfende Argumentation hinsichtlich Ziffer 3 - und 5 - des Bescheides ins Leere. Abgesehen davon führte entgegen dem klägerischen Vorbringen selbst ein etwaiges Fehlen eines an die Ausweisung anknüpfenden Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht dazu, dass damit die in Ziffer 4 verfügte Abschiebungsandrohung rechtswidrig und aufzuheben wäre. Ein "Rechtswidrigkeitszusammenhang" zwischen dem Einreise- und Aufenthaltsverbot und seiner Befristung einerseits und der Rückkehrentscheidung, hier also der Abschiebungsandrohung, andererseits besteht nicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.05.2023 - 1 VR 1.23 -, juris Rn. 69, und vom 22.05.2018 - 1 VR 3.18 -, juris Rn. 42, und Urteil vom 27.03.2018 - 1 A 5.17 -, juris Rn. 53 <jeweils im Zusammenhang mit einer Abschiebungsanordnung>). Eine derartige Verknüpfung lässt sich auch § 59 AufenthG, der die Voraussetzungen einer Abschiebungsandrohung enthält, nicht entnehmen.

    2. Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

    Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, juris Rn. 25; Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124 Rn. 41 ff.). Für die Darlegung der Grundsatzbedeutung genügt nicht die bloße Benennung einer Rechtsfrage in Verbindung mit der Behauptung, diese Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt. Orientierungspunkt dieser Erfordernisse ist die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Die bloße Entscheidungskritik im Stil einer Berufungsbegründung ist regelmäßig unzureichend - schon deshalb, weil sie vielfach nicht erkennen lässt, um welche konkreten Rechts- und Tatsachenfragen es dem Rechtsmittelführer geht. Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit erfordert regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72; Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 211 ff.; Kuhlmann in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124a Rn. 51 ff.).

    Der Kläger wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf,

    ob Art. 6 und 11 der Rückführungsrichtlinie ein trotz Aufenthalts eines Betroffenen im Aufnahmemitgliedstaat, mithin schon vor Erfüllung der Verlassenspflicht, unbedingt wirkendes Einreise- und Aufenthaltsverbot zulassen.

    Zur Begründung bringt er das bereits unter II. 1. b) Dargestellte vor.

    Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist mit diesem Vorbringen indes schon deshalb nicht dargetan, weil es am Darlegen einer Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage fehlt. Die Frage stellt sich vorliegend nicht, weil die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots - wie gezeigt - und damit auch dessen Wirksamkeit erst mit der Ausreise des Klägers beginnt.

    3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO).

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

    IV. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Hinsichtlich der Ausweisung wird von einem Streitwert in Höhe von 5.000,- Euro ausgegangen. Die weiteren Streitgegenstände wirken sich daneben nicht werterhöhend aus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 04.07.2022 - 12 S 933/21 -, juris Rn. 44, und vom 17.11.2021 - 11 S 716/20 -, juris Rn. 30).

    Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

    RechtsgebietElektronischer RechtsverkehrVorschriften§ 55d S. 1 VwGO, § 55a Abs. 3 S. 1 VwGO, § 53 Abs. 1, 3 AufenthG, Art. 6 EGRL 115/2008