09.03.2021 · IWW-Abrufnummer 220992
Landgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 11.02.2021 – 2-13 S 46/20; 2-13 S 155/19
1. Die Geltendmachung von Ansprüchen im Hinblick auf bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum ist nach der WEG-Reform durch das WEMoG auch in verwalterlosen Zwei-Personen-Gemeinschaften nur durch die Gemeinschaft möglich, selbst wenn das Verfahren bereits vor dem 1.12.2020 anhängig war (Fortführung von Kammer, Urteil vom 28.1.2021 – 2-13 S 155/19).
2. Ein Eigentümer ist nicht berechtigt, Ansprüche im eigenen Namen für die Gemeinschaft geltend zu machen. Bei Klagen gegen einen Eigentümer wird die Gemeinschaft jedoch nur von den übrigen Eigentümern vertreten.
LG Frankfurt
13. Zivilkammer
11.02.2021
Aktenzeichen: 2-13 S 46/20, 2 C 398/19
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Büdingen vom 25.02.2020 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil im Umfang der Berufungszurückweisung sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert wird auf bis zu 3.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten ‒ die Parteien sind die beiden einzigen Mitglieder der WEG, für die ein Verwalter nicht bestellt ist ‒ einen Beseitigungsanspruch bezüglich einer vom Kläger auf Gemeinschaftseigentum errichteten Betonmauer samt des darauf befindlichen Holzzauns sowie des eingebauten Tores geltend, nebst 334,75 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
Das Amtsgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat der Klage bezüglich des Beseitigungsbegehrens stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. ...
Mit der Berufung begehrt der Beklagte die Klageabweisung in Gänze. ... Im Termin vor der Kammer hat die Klägerin den Rechtsstreit hilfsweise bezüglich des Beseitigungsanspruchs für den Fall für erledigt erklärt, dass das Gericht durch die Reform die Klagebefugnis der Klägerin nicht mehr als gegeben ansieht und zudem für den Fall, dass die Kammer auch keine Beeinträchtigung des Sondereigentums der Klägerin sieht. Dem hat sich der Beklagte angeschlossen.
II.
1. Der Rechtsstreit war in der Sache zu entscheiden, denn die von der Klägerin abgegebene hilfsweise Erledigungserklärung ist unzulässig.
Nach überwiegender Auffassung und der Rechtsprechung des BGH kann ein Kläger nicht an dem Klageantrag festhalten und für den Fall, dass das Gericht die Klage für erledigt erachtet, den Rechtsstreit für erledigt erklären (vgl. nur BGH NJW 1965, 1597; WM 1982, 1260; MüKoZPO/Schulz § 91a Rn. 81; Musielak/Voit/Flockenhaus § 91a Rn. 31). Insoweit muss der Kläger sich entscheiden, ob er mit vollem Kostenrisiko an der Klage festhält oder die Sache für erledigt erklärt. Jede andere Auffassung hätte auch zur Folge, dass bei einer wie hier erklärten übereinstimmenden Erledigungserklärung, die Frage, ob die Rechtshängigkeit der Sache durch eine Bewirkungshandlung der Parteien (MüKoZPO/Schulz § 91a Rn. 23) geendet hat, von einer Rechtseinordnung des Gerichts abhängig ist, die durchaus in verschiedenen Instanzen unterschiedlich ausfallen kann. Dies ist mit dem Wesen der Rechtshängigkeit nicht zu vereinen.
2. In der Sache hat die Berufung des Beklagten Erfolg, weil nach dem Rechtsstand zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Berufungsgericht der Klägerin die Aktivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche fehlt. ...
Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden WEG ist gem. § 9a Abs. 2 Alt. 1 WEG die Gemeinschaft ‒ alleine ‒ im Rahmen einer gesetzlichen Vergemeinschaftung für die Ansprüche aus § 1004 BGB auf Beseitigung von Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums zuständig (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1421; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 3 Rn. 126 ff.). Abwehrrechte aus dem Binnenrecht, die nach altem Recht gem. § 15 Abs. 3 WEG aF dem einzelnen Eigentümer zustanden, stehen nach neuem Recht nur noch dem Verband zu, denn gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG besteht eine Verpflichtung zur Einhaltung des Binnenrechts nur gegenüber dem Verband. Der einzelne Eigentümer ist, dies ist ausdrücklich Ziel der Novellierung insoweit (BT-Drs. 19/18791 S. 47), nicht mehr berechtigt, diese Ansprüche geltend zu machen.
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche unterfallen dieser Änderung, denn die Klägerin beruft sich für ihre geltend gemachten Ansprüche auf bauliche Veränderungen des Beklagten bezüglich des Gemeinschaftseigentums, die sie nach altem Recht, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach § 1004 BGB; § 15 Abs. 3 WEG aF abwehren konnte.
Dies ist nun nicht mehr der Fall. Bezüglich der Ansprüche auf Einhaltung des Binnenrechtes (§ 15 Abs. 3 WEG aF) ist die Klägerin nicht mehr Anspruchsinhaberin (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Hinsichtlich des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt es zwar dabei, dass die Klägerin als Miteigentümerin Anspruchsinhaberin ist, es fehlt aber an der Prozessführungsbefugnis, die der Gesetzgeber gemäß § 9a Abs. 2 Alt 1 WEG in Abweichung von § 1011 BGB nun nicht mehr dem einzelnen Eigentümer, sondern - dem System des neuen WEG-Rechts folgend - dem Verband als dem Träger des Verwaltungsmonopols (Skauradszun ZRP 2020, 34 (35)) des gemeinschaftlichen Eigentums zugewiesen hat. Die Frage der Prozessführungsbefugnis ist aber eine von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung und muss zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen (vgl. nur Thoms/Putzo/Hüßtege ZPO § 51 Rn. 23 mwN).
Hieran ändert sich auch nichts deshalb, weil die Klägerin, wie sie meint, in ihren Rechten dadurch beeinträchtigt ist, dass die bauliche Veränderung ihr das Rangieren vor ihrem Stellplatz erschwere. Eine Beeinträchtigung eines Sondernutzungsrechtes ist damit jedenfalls nicht verbunden, denn die bauliche Veränderung befindet sich unstreitig auf dem Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums. Dass der Stellplatz nicht mehr zu erreichen ist, wurde weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Dass eine Kollision mit der Mauer zu Beschädigungen des Fahrzeuges führt, während dies bei der zuvor an dieser Stelle befindlichen Pflanzen nicht der Fall war, genügt als Beeinträchtigung des Sondernutzungsrechtes der Klägerin nicht, wenn der Parkplatz auch weiter erreichbar ist. Alleine eine Erschwernis des Rangierens auf der Gemeinschaftsfläche vor dem Sondernutzungsrecht ist insoweit nicht ausreichend.
Die Klägerin kann den Anspruch in diesem Verfahren auch nicht für den Verband geltend machen. Angesichts der Annäherung an das Gesellschaftsrecht sind allerdings bereits Forderungen laut geworden, das gesellschaftsrechtliche Institut der actio pro societate auf das WEG zu übertragen (instr. Lieder bei den 46. Fachgesprächen des EiD in Fischen; dazu demnächst Lieder/Pordzik ZWE 2021; Palandt/Wicke § 27 WEG Rn. 3). Derartigen Überlegungen hat der BGH bislang eine Absage erteilt (BGHZ 106, 222; 219, 60). Hieran ist auch in der vorliegenden Konstellation einer verwalterlosen Zwei-Personen-Gemeinschaft festzuhalten.
Allerdings spräche vieles dafür, es den Einzeleigentümern zu ermöglichen, ihre aus dem Miteigentum herrührenden Rechte individuell gegen andere Eigentümer geltend zu machen, wenn eine effektive Rechtsdurchsetzung anders nicht möglich wäre. Denn auch nach der WEG-Reform ändert sich an den sachenrechtlichen Grundlagen nichts, so dass eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums auch das Miteigentum der Eigentümer beeinträchtigt, ihnen aber anders als in § 1011 BGB (so ausdr. Lehmann-Richter/Wobst aaO Rz. 127) keine individuelle Klagemöglichkeit verbleibt. Ein derartiger Fall einer unzumutbaren Erschwernis der Rechtsdurchsetzung liegt aber nicht vor.
Sie liegt zunächst nicht darin begründet, dass es sich um eine Gemeinschaft handelt, die nur aus zwei Eigentümern besteht. Überlegungen in einer derartigen Gemeinschaft in größerem Umfang Direktansprüche zuzulassen, hat der BGH zum alten Recht stets eine Absage erteilt (BGH NJW 2020, 42; WuM 2021, 55; vgl. auch Kammer MietRB 2018, 176). Hieran hat sich durch die Reform nichts geändert.
Auch in der Sache besteht hierfür keine Veranlassung. Zwar wird idR für die gerichtliche Geltendmachung von Beseitigungsansprüchen durch die Gemeinschaft auch bei Existenz eines Verwalters ein Beschluss der Eigentümerversammlung erforderlich sein (Dötsch/Schultzky/Zschieschack Kap. 9 Rz.137; MüKoBGB/Rüscher § 18 Rn. 119 (im Erscheinen)). Soweit man dies in einer Zwei-Personen-WEG nicht für eine unnötige Förmelei (zum Parallelproblem bei der Beschlussersetzungsklage vgl. nur BeckOGK/Karkmann § 21 Rn. 138 mwN) hält, kann jedenfalls der vermeintliche Störer ‒ auch bei einem Stimmenübergewicht ‒ einen derartigen Beschluss nicht blockieren. Denn da dieser Beschluss die Einleitung eines Rechtsstreits gegen einen Miteigentümer zum Gegenstand hat, ist dieser gemäß § 25 Abs. 4 WEG vom Stimmrecht ausgeschlossen (vgl. nur Palandt/Wicke § 25 Rn. 13).
Eine unzumutbare Erschwernis der Rechtsdurchsetzung könnte allerdings in verwalterlosen Gemeinschaften gegeben sein, wenn diese nicht prozessfähig wäre (so Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 1904). Dies hätte nämlich zur Folge, dass weder eine ggf. erforderlich werdende Klage auf Ermächtigung zur Einberufung einer Versammlung (§ 24 Abs. 3 WEG), um über die Geltendmachung der Ansprüche zu entscheiden, noch eine Klage auf Beseitigung erhoben werden kann, ohne dass der Verband einen Verwalter hat (so konsequenterweise Lehmann-Richter Wobst aaO Rn. 1904 ff.). Richtig ist, dass bei einer verwalterlosen Gemeinschaft ein Fall der Gesamtvertretung (§ 9b Abs. 1 S. 2 WEG) vorliegt, der störende Eigentümer allerdings als Prozessgegner nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen von der Vertretung des Verbandes ausgeschlossen ist, da er nicht auf beiden Seiten des Prozesses stehen kann (vgl. BGH NJW 1984, 57 (58)). Hier zu verlangen, dass vor einer möglichen Durchsetzung von Ansprüchen auf dem gerichtlichen Weg mit Hilfe eines Prozesspflegers (so jedoch Lehmann-Richter Wobst aaO Rn. 1906) ein Verwalter bestellt wird, dürfte wohl ein Fall der Verhinderung effektiven Rechtschutzes für den in seinem Miteigentum beeinträchtigten Eigentümer darstellen, zumal bei der durchschnittlichen Verfahrensdauer jedenfalls bei Ausschöpfung aller Instanzen Beseitigungsansprüche nicht selten verjährt sein dürften, bis auf diesem Wege eine Klage rechtshängig ist.
Allerdings bedarf es dieses Weges nach Auffassung der Kammer nicht. Für die OHG hat der BGH bereits entschieden, dass im Falle einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Gesamtvertretung, es bei einer Klage gegen einen Gesellschafter „gar keinen anderen Weg“ gibt, als den „übrigen Gesellschaftern die Vertretungsmacht zuzuerkennen“ (BGH v. 4.11.1982 ‒ II ZR 210/81, WM 1983, 60). Diese im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum auf breite Zustimmung (vgl. Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 125 Rz. 26; Haas in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 125 HGB, Rz. 12; Boesche in Oetker, § 125 HGB Rz. 25) gestoßene Entscheidung, wird auf das WEG zu übertragen sein, denn die Konstellation ist identisch. Bei Prozessen, in denen sich einzelne Eigentümer und ein verwalterloser Verband gegenüberstehen, muss auch hier letzterer von den verbliebenen Eigentümern vertreten werden, um eine Handlungsunfähigkeit des Verbandes durch das Vertretungsverbot zu vermeiden.
Unzuträglichkeiten sind mit dieser Lösung nicht verbunden, denn betroffen ist alleine das Innenverhältnis der Gemeinschaft, zumal sich das Ergebnis auch rechtsgeschäftlich dadurch erzielen ließe, dass der Eigentümer, der dem Verband als Prozessgegner gegenübersteht, die übrigen Eigentümer entsprechend § 125 Abs. 2 S. 2 HGB, § 78 Abs. 4 S. 1 AktG, § 25 Abs. 3 GenG zur Vertretung des Verbandes für die Prozessführung ermächtigt (vgl. Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 240; BeckOK WEG/Leidner, 43. Ed. 1.1.2021, WEG § 9b Rn. 20). Vertretungsverbote stünden dem Handeln der verbliebenen Eigentümer nicht entgegen (vgl. BGHZ 64, 72 = NJW 1975, 1117). In Fällen einer Klage gegen einen anderen Eigentümer bestünde ohne Weiteres ein Anspruch darauf, dass der Eigentümer, gegen den sich der Anspruch richtet, die verbliebenen Eigentümer zur Vertretung des Verbandes ermächtigt (vgl. Dötsch/Schultzky/Zschieschack Kap. 3 Rz. 89), um die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft zu wahren. Dann erscheint es jedenfalls eine verzichtbare reine Förmelei, diese Ermächtigung in einem weiteren Prozess erzwingen zu müssen, zumal das Berufen auf das Fehlen einer derartigen Ermächtigung durch den anderen Eigentümer im Prozess ohnehin treuwidrig wäre, wenn eine Verpflichtung zu deren Erteilung bestünde.
Auf diesem Wege vermeidet man jedenfalls die völlige Handlungsunfähigkeit einer verwalterlosen Gemeinschaft (Zschieschack NZM 2020, 897 (899)) und schafft Möglichkeiten einer sachgerechten Prozessführung nicht nur in Klagen gegen Miteigentümer auf Unterlassung und Beseitigung, sondern auch in Beschlussanfechtungsklagen und Entziehungsklagen (dazu MüKoBGB/Zschieschack § 17 Rn. 5 (im Erscheinen)). Da demzufolge in einer verwalterlosen Zwei-Personen-Gemeinschaft nach Auffassung der Kammer in internen Streitigkeiten ein Eigentümer den Verband bei Klagen gegen den anderen Eigentümer vertreten kann, besteht ein Bedürfnis für die Anerkennung der Klagebefugnis eines Eigentümers im Wege der actio pro societate nicht. Jedenfalls in der hier vorliegenden Zwei-Personen-Gemeinschaft sind damit auch keine erheblichen Zeitverzögerungen zu befürchten (dazu Kammer, Urteil vom 28.01.2020 ‒ 2-13 S 155/19 zVb).
Dass die Rechtsänderung hier im laufenden Verfahren eingetreten ist, ändert nichts. Gegenstand der Klage ist eine Leistungsklage, insoweit ist maßgeblich der Rechtsstand bei Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Damit gilt das neue Recht, wenn bei der Gesetzesnovellierung keine Übergangsvorschriften vorgesehen sind.
Die Kammer hat (Urteil vom 28.01.2020 ‒ 2-13 S 155/19 zVb) bereits entschieden: „Übergangsvorschriften enthält das neue Recht für das materielle Recht insoweit nicht, lediglich das bisherige Verfahrensrecht (§ 48 Abs. 5 WEG ‒ Fortgeltung des bisherigen dritten Teils des Gesetzes) gilt weiter. Die Frage der Anspruchsberechtigung (§ 14 WEG) bzw. der Prozessführungsbefugnis (§ 9a WEG) sind aber keine von dieser Norm erfassten Regelungen (Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 2027; Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 186, Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrechts, § 9 Rn. 24; Abramenko ZMR 2020, 1012).
Auch für eine erweiternde Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG ist kein Raum, denn das Problem des Übergangsrechts hat der Gesetzgeber gesehen und ‒ mit Ausnahme der Regelungen in § 48 WEG ‒ dahingehend gelöst, dass dem neuen Recht übergangslos der Vorrang zukommt. Dies zeigt sich etwa auch darin, dass für den umgekehrten Fall von Vergemeinschaftungsbeschlüssen, der Gesetzgeber ausdrücklich davon ausgeht, dass diese mit Inkrafttreten der Neuregelung entsprechend § 134 BGB nichtig werden (BT-Drs. 19/18791, 47; ausdr. dazu Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 2027; zweifelnd insoweit Bruns NZM 2020, 909 (911); Becker/Schneider ZfIR 2020, 281 (298); Palandt/Wicke WEG § 48 Rn. 5).
Damit verliert der Eigentümer mit Inkrafttreten der Neuregelung die Möglichkeit Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen. Entgegen einer bereits in der Instanzrechtsprechung vertretenen Auffassung (AG Heidelberg, Verfügung vom 5.1.2021- 45 C 108/19, juris) ist auch weder mit Blick auf den effektiven Rechtsschutz noch gemäß Art. 14 GG eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG geboten, um zu einer verfassungskonformen Lösung zu gelangen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG verfügt der Gesetzgeber hinsichtlich der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse über einen breiten Gestaltungsspielraum (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57); FamRZ 2003, 834; NJW 1977, 1049 (1053)). Dass eine Rechtsänderung zu Härten führt, liegt in der Natur der Sache und führt nicht dazu, dass entsprechende Regelungen verfassungswidrig sind (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57)). Als nicht zu beanstandende Kriterien für eine übergangslose Invollzugsetzung von Rechtsänderungen sind dabei insbesondere die Rechtssicherheit, die klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen altem und neuem Recht verlangt, anerkannt (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57); FamRZ 2003, 834). Gerade von diesem Gedanken hat sich der Gesetzgeber bei den Übergangsvorschriften leiten lassen und es für erforderlich gehalten, zu vermeiden, dass über einen langen Zeitraum altes und neues Recht nebeneinander anzuwenden ist, dies ist mit der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichts möglich und damit hinzunehmen.
Anders als der Kläger meint, sind mit dieser Lösung auch nicht zwingend kostenrechtliche Unzuträglichkeiten verbunden, denn es besteht die Möglichkeit, auf die hier auch hingewiesen wurde, die Klage für erledigt zu erklären (Hügel/Elzer § 9a Rn. 114; Dötsch/Schultzky/Zschieschack Kap. 14 Rn. 186 ff.). In diesem Falle richtet sich die Kostenentscheidung nach der Erfolgsaussicht der Klage ohne Eintritt der Gesetzesänderung (Musielak/Voit/Flockenhaus, 17. Aufl. 2020, ZPO § 91a Rn. 23). Möglich wäre ebenfalls, dass ein in diesen Fällen stets sachdienlicher und in allen Instanzen möglicher Parteiwechsel auf den Verband (dazu BGH NJW 2016, 53 Rn. 7 ff.) erfolgt oder der klagende Eigentümer zur Geltendmachung der Ansprüche „rückermächtigt“ wird (Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 188 ff.). Damit stehen ausreichende Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, die es jedenfalls nicht erforderlich machen, hier ‒ entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers ‒ eine prozessuale Übergangsvorschrift auf materielle Rechtsfragen anzuwenden. Verjährungsfragen stellen sich vorliegend ohnehin nicht, ließen sich aber in anderen Konstellationen zumindest über den Rechtsgedanken des § 204 Abs. 2 BGB lösen (Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 187; zweifelnd Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrecht, § 9 Rn. 24).
Angesichts des vorstehend beschriebenen klaren gesetzgeberischen Willens, ist auch für eine analoge Anwendung der §§ 265, 325 ZPO kein Raum. Dies bezüglich des Anspruchs aus § 1004 BGB schon deshalb nicht, weil insoweit kein Fall des Wechsels des Rechtsinhabers erfolgt, da der Anspruch materiell bei den Eigentümern bleibt und nur die Durchsetzung alleine dem Verband obliegt. Die Konstellation entspricht daher insoweit der Situation zum bisherigen Recht, in Fällen, in denen nach Klageerhebung eines Eigentümers die Ansprüche gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG aF vergemeinschaftet wurden. Hier entsprach es der Rechtsprechung des BGH, dass in diesen Fällen der klagende Eigentümer durch einen derartigen Beschluss seine Prozessführungsbefugnis verliert (BGH NJW 2019, 1216 Rn. 19). Für eine gesetzliche Änderung, welche einen identischen Inhalt hat, kann nichts anderes gelten.“
An dieser Rechtsprechung hält die Kammer fest.
Jede andere Lösung würde auch kaum zu überwindende weitere Friktionen in der Übergangszeit zur Folge haben. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn ein Eigentümer bereits Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche geltend macht und der Verband sich seinerseits entschließt, diese geltend zu machen. Nach altem Recht bedurfte dies einer Vergemeinschaftung derartiger Ansprüche, womit der klagende Einzeleigentümer seine Prozessführungsbefugnis verlor (BGH NJW 2015, 1020). Eines derartigen Beschlusses bedarf es nun nicht mehr, vielmehr ist nach neuem Recht ‒ ebenso wie bislang nach Beschlussfassung (BGH aaO Rn. 18) ‒ der Eigentümer durch die Gesetzesänderung von der Prozessführung ausgeschlossen. Zu Recht hat der BGH auch insoweit (BGH aaO Rn. 18; NJW 2016, 53 Rn. 5) den Entfall der Klagebefugnis nicht davon abhängig gemacht, ob der Anspruch auch gerichtlich geltend gemacht wird, so dass auch hier für eine Anwendung der §§ 265, 325 ZPO kein Raum war (anders aber OLG Hamm ZWE 2010, 44; dagegen jedoch u.a. Müller in Bärmann/Seuß § 77 Rz. 23; Bärmann/Pick/Dötsch vor § 43 Rn. 107; Elzer AnwZert MietR 2/2010 Anm. 1; Suilmann, ZWE 2013, 302 (307); BeckOK-BGB/Hügel, Ed. 56, § 10 Rz. 52; LG Köln ZWE 2014, 94). Demzufolge muss es aber auch nach der Rechtsänderung durch das WEMoG ausgeschlossen sein, dass derartige Ansprüche konkurrierend geltend gemacht werden oder gar von einzelnen Eigentümer ein Prozess weiter betrieben wird, obwohl die Mehrheit die gerichtliche Geltendmachung bestandskräftig abgelehnt hat. Gerade letzteres lässt sich auch mit einer analogen Anwendung der §§ 265, 325 ZPO nicht verhindern. Es dürfte auch in der Sache keine Rechtfertigung dafür geben, dass ein Eigentümer klagebefugt bleibt, obwohl nunmehr nur der Verband die Ansprüche aus § 1004 BGB der Eigentümer durchsetzen kann und ihm alleine der Anspruch auf Einhaltung des Binnenrechts zukommt. Denn es war ein Anliegen der Reform, dass die Eigentümer auf der Versammlung entscheiden, ob und wie derartige Ansprüche geltend gemacht werden (Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 136; Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 3 Rn. 147; auch zum Anspruch eines Eigentümers auf Geltendmachung).
Diese Konstellation ist im Übrigen kein Einzelfall, auch in anderen Bereichen hat die Veränderung der Verwaltungsstruktur der WEG dazu geführt, dass Ansprüche, die zuvor den Eigentümern zustanden, nunmehr dem Verband zustehen oder Eigentümer Ansprüche (nur noch) gegen den Verband haben, die nach altem Recht gegen Verwalter oder andere Eigentümer (§ 21 WEG aF) durchgesetzt werden konnten. Dies betrifft etwa Klagen von Eigentümern gegen den Verwalter auf Beschlussumsetzung, Einsicht in die Verwaltungsunterlagen oder Durchführung einer Versammlung, die nunmehr alleine gegen den Verband zu richten sind (dazu grdl. BT- Drs. 19/18791 S. 58 f.) oder Ansprüche, die nach neuem Recht der Verband gegen den Verwalter geltend machen kann, um ihn zur Erfüllung seiner ihn als Organ treffenden Pflichten zu zwingen (BT-Drs. 19/18791 S. 58). Auch hier stünde bei einer anderen Lösung in Frage, inwieweit derartige Prozesse trotz der Änderung des materiellen Rechts von den bisherigen Parteien weiterzuführen sind, wobei dann in einer Übergangsphase ‒ entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers ‒ über diesen Umweg das bisherige alte materielle Recht fortgelten müsste, denn betroffen ist hier jedenfalls hinsichtlich des Anspruchs aus § 15 Abs. 1 WEG aF eben nicht nur die Frage der Aktivlegitimation, sondern geändert hat sich das materielle Recht.
Eine Regelungslücke, die etwa die entsprechende Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG rechtfertigen könnte, ist daher nicht ersichtlich.
.....
Die Kammer hat die Revision zugelassen, da der Frage, wie sich die Rechtsänderung auf Beseitigungsansprüche in einer Zwei-Personen-WEG auswirkt, Grundsatzbedeutung zukommt. Bezüglich des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten lag kein Grund für eine Revisionszulassung vor, da es sich insoweit um auslaufendes Altrecht handelt.
Die Streitwertfestsetzung folgt der nicht angegriffenen Festsetzung des Amtsgerichts und folgt, da die Berufung vor dem 1. Dezember 2020 eingelegt wurde, noch aus § 49a GKG aF (§ 71 Abs. 1 S. 1 GKG ‒ dazu Kirst, ZMR 2020, 1014 (1016)).
LG Frankfurt
13. Zivilkammer
28.01.2021
2-13 S 155/19, 3 C 303/18
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Rüdesheim am Rhein vom 25.11.2019 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers zu 2 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger zu 2.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil im Umfang der Berufungszurückweisung sind vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: bis 6.000 €
Gründe
I.
Die Parteien sind Wohnungseigentümer. Sie streiten um die Nutzung eines im gemeinschaftlichen Eigentums stehenden Parkplatzes in der Garage der Wohnungseigentümergemeinschaft sowie das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus. Die Beklagte nutzte den streitgegenständlichen Parkplatz in der Vergangenheit, wobei der Umfang der Nutzung streitig blieb. Zudem stellte die Beklagte im Treppenhaus vor ihrer Wohnungstür eine Bank und einen Blumenständer ab.
Das Amtsgericht hat, soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse, nach Beweiserhebung über die Intensität der Nutzung des Parkplatzes die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen den Parkplatz öfter als an 73 Tagen des Jahres zu nutzen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, dass der Anteil der Beklagten am Gemeinschaftseigentum 1/5 betrage und sie daher den Parkplatz auch nur in diesem Umfang nutzen dürfe. Eine Beeinträchtigung des Treppenhauses durch das Abstellen der Gegenstände sah das Amtsgericht nicht als gegeben an.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese die Klageabweisung erstrebt. Der Kläger zu 2 ‒ im Folgenden Kläger ‒ will mit seiner Berufung erreichen, dass auch das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus untersagt wird. Zudem begehrt er weiter die Verurteilung dahingehend, dass der Beklagten untersagt wird, den Parkplatz „ununterbrochen“ zu nutzen.
II.
Die Berufung des Klägers zu 2, der wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt, alleine Berufungskläger insoweit ist, hat keinen Erfolg. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten, die sich allerdings ebenfalls nur gegen den Kläger zu 2 als Obsiegenden in erster Instanz richtet, zulässig und begründet.
Das amtsgerichtliche Urteil war bereits deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen, weil nach dem Rechtsstand zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Berufungsgericht dem Kläger die Aktivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche fehlt.
Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden WEG ist gem. § 9a Abs. 2 Alt. 1 WEG die Gemeinschaft ‒ alleine ‒ im Rahmen einer gesetzlichen Vergemeinschaftung für die Ansprüche aus § 1004 BGB auf Beseitigung von Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums zuständig (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1421; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 3 Rn. 126 ff.). Abwehrrechte aus dem Binnenrecht, die nach altem Rech gem. § 15 Abs. 3 WEG aF dem einzelnen Eigentümer zustanden, stehen nach neuem Recht nur noch dem Verband zu, denn gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG besteht eine Verpflichtung zur Einhaltung des Binnenrechts nur gegenüber dem Verband. Der einzelne Eigentümer ist, dies ist ausdrücklich Ziel der Novellierung insoweit (BT-Drs. 19/18791 S. 47), nicht mehr berechtigt, diese Ansprüche geltend zu machen.
Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche unterfallen dieser Änderung, denn der Kläger beruft sich für seine geltend gemachten Ansprüche auf Gebrauchsstörungen der Beklagten bezüglich des Gemeinschaftseigentums, die er nach altem Recht, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach § 1004 BGB; § 15 Abs. 3 WEG aF abwehren konnte.
Dies ist nun nicht mehr der Fall. Bezüglich der Ansprüche auf Einhaltung des Binnenrechtes (§ 15 Abs. 3 WEG aF) ist der Kläger nicht mehr Anspruchsinhaber (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Hinsichtlich des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt es zwar dabei, dass der Kläger als Miteigentümer Anspruchsinhaber ist, es fehlt aber an der Prozessführungsbefugnis, die § 9a Abs. 2 Alt 1 WEG der Gesetzgeber in Abweichung von § 1011 BGB nun nicht mehr dem einzelnen Eigentümer, sondern dem System des neuen WEG-Rechts folgend, dem Verband als dem Träger des Verwaltungsmonopols (Skauradszun ZRP 2020, 34 (35)) des gemeinschaftlichen Eigentums zugewiesen hat. Die Frage der Prozessführungsbefugnis ist aber eine von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung und muss zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen (vgl. nur Thoms/Putzo/Hüßtege ZPO § 51 Rn. 23 mwN).
Der Kläger kann den Anspruch in diesem Verfahren auch nicht für den Verband geltend machen. Angesichts der Annäherung an das Gesellschaftsrecht sind allerdings bereits Forderungen laut geworden, dass gesellschaftsrechtliche Institut der actio pro societate auf das WEG zu übertragen (instr. Lieder bei den 46. Fachgesprächen des EiD in Fischen; dazu demnächst Lieder/Pordzik ZWE 2021; Palandt/Wicke § 27 WEG Rn. 3). Derartigen Überlegungen hat der BGH bislang eine Absage erteilt (BGHZ 106, 222; 219, 60). Hieran ist jedenfalls in der vorliegenden Konstellation einer Gemeinschaft mit fünf Eigentümern festzuhalten. Anders als im Gesellschaftsrecht üblich, gibt es im WEG-Recht mit § 19 Abs. 1 WEG einen Rechtskonformitätsanspruch, der mit der Beschlussersetzungsklage (§ 44 WEG) auch von der Minderheit gegen die Mehrheit gerichtlich durchgesetzt werden kann. Daher besteht ein Bedürfnis, einem einzelnen Eigentümer die Möglichkeit einzuräumen, für den Verband zu klagen, nicht, hier ist vielmehr das im WEG-Recht für diese Problemsituation entwickelte Prozedere einzuhalten (Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 63, 363; Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 197 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. September 2020 ‒ V ZR 288/19 ‒, juris). Jede andere Lösung würde auch die gesetzgeberische Entscheidung, diese Rechte dem Verband (bezüglich § 1004 BGB zur Ausübung) zuzuweisen, unterlaufen und zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Ob in verwalterlosen Gemeinschaften, die nur aus zwei Eigentümern besteht, aufgrund der dort existierenden Schwierigkeiten der Anspruchsdurchsetzung, etwas anderes gilt, bedarf hier keiner Entscheidung.
Zutreffend ist allerdings, dass diese Vorgehensweise mit erheblichen Problemen befrachtet ist. Bei der durchschnittlichen Dauer von Gerichtsverfahren werden insbesondere Beseitigungsansprüche bezüglich baulicher Veränderungen häufig verjährt sein, bis das Be-schlussersetzungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist und damit das Gestaltungsurteil umzusetzen ist (krit. insoweit schon Becker/Schneider ZfIR 2020, 281 (293)). Dies zwingt aber nicht zu einer anderen Handhabung, auch nicht in Fällen, in denen die Rechtschutzmöglichkeiten der Eigentümer ausgeschöpft sind (anders Lieder bei den 46. Fachgesprächen des EiD in Fischen; dazu demnächst Lieder/Pordzik ZWE 2021). Dieses Problem ist strukturell im Systemwechsel der Zuweisung dieser Rechte angelegt und muss im Rahmen der zur Durchsetzung ihrer Rechte den sich in der Minderheit befindlichen Eigentümern zustehenden Möglichkeit der Beschlussersetzungsklage gelöst werden. Eine Lösung ist hier auch denkbar, etwa indem mit den Mitteln des einstweiligen Rechtschutzes der Verband gezwungen wird, verjährungshemmende Maßnahmen ‒ im Zweifel eine Klageerhebung ‒ vorzunehmen. Unzuträglichkeiten wären damit weniger verbunden, als mit dem im System des wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsschutzes fremden Institutes der actio pro societate, zumal § 945 ZPO insoweit auch eine passende Kostenregelung dahingehend enthält. In Gemeinschaften ohne Verwalter, oder in denen damit zu rechnen ist, dass auch ein Urteil nicht innerhalb der Verjährungsfrist umgesetzt wird, wird auch ein Anspruch auf Rückermächtigung zur Prozessführung (dazu Hügel/Elzer § 9a Rn. 113; Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 191 ff.) in Betracht zu ziehen sein, wobei auch in dieser Fallgestaltung Lösungen im Wege des einstweiligen Rechtschutzes denkbar sind.
Dass die Rechtsänderung hier im laufenden Verfahren eingetreten ist, ändert nichts. Gegenstand der Klage ist eine Leistungsklage, insoweit ist maßgeblich der Rechtsstand bei Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Damit gilt das neue Recht, wenn bei der Gesetzesnovellierung keine Übergangsvorschriften vorgesehen sind.
Übergangsvorschriften enthält das neue Recht für das materielle Recht insoweit nicht, lediglich das bisherige Verfahrensrecht (§ 48 Abs. 5 WEG ‒ Fortgeltung des bisherigen dritten Teils des Gesetzes) gilt weiter. Die Frage der Anspruchsberechtigung (§ 14 WEG) bzw. der Prozessführungsbefugnis (§ 9a WEG) sind aber keine von dieser Norm erfassten Regelungen (Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 2027; Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 186, Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrechts, § 9 Rn. 24; Abramenko ZMR 2020, 1012).
Auch für eine erweiternde Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG ist kein Raum, denn das Pro-blem des Übergangsrechts hat der Gesetzgeber gesehen und ‒ mit Ausnahme der Regelungen in § 48 WEG ‒ dahingehend gelöst, dass dem neuen Recht übergangslos der Vorrang zukommt. Dies zeigt sich etwa auch darin, dass für den umgekehrten Fall von Vergemeinschaftungsbeschlüssen, der Gesetzgeber ausdrücklich davon ausgeht, dass diese mit Inkrafttreten der Neuregelung entsprechend § 134 BGB nichtig werden (BT-Drs. 19/18791, 47; ausdr. dazu Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 2027; zweifelnd insoweit Bruns NZM 2020, 909 (911); Becker/Schneider ZfIR 2020, 281 (298); Palandt/Wicke WEG § 48 Rn. 5).
Damit verliert der Eigentümer mit Inkrafttreten der Neuregelung die Möglichkeit Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen. Entgegen einer bereits in der Instanzrechtsprechung vertretenen Auffassung (AG Heidelberg, Verfügung vom 5.1.2021- 45 C 108/19, juris) ist auch weder mit Blick auf den effektiven Rechtsschutz noch gemäß Art. 14 GG eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG geboten, um zu einer verfassungskonformen Lösung zu gelangen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG verfügt der Gesetzgeber hinsichtlich der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse über einen breiten Gestaltungsspielraum (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57); FamRZ 2003, 834; NJW 1977, 1049 (1053)). Dass eine Rechtsänderung zu Härten führt, liegt in der Natur der Sache und führt nicht dazu, dass entsprechende Regelungen verfassungswidrig sind (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57)). Als nicht zu beanstandende Kriterien für eine übergangslose Invollzugsetzung von Rechtsänderungen sind dabei insbesondere die Rechtssicherheit, die klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen altem und neuem Recht verlangt, anerkannt (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57); FamRZ 2003, 834). Gerade von diesem Gedanken hat sich der Gesetzgeber bei den Übergangsvorschriften leiten lassen und es für erforderlich gehalten, zu vermeiden, dass über einen langen Zeitraum altes und neues Recht nebeneinander anzuwenden ist, dies ist mit der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichts möglich und damit hinzunehmen.
Anders als der Kläger meint, sind mit dieser Lösung auch nicht zwingend kostenrechtliche Unzuträglichkeiten verbunden, denn es besteht die Möglichkeit, auf die hier auch hingewiesen wurde, die Klage für erledigt zu erklären (Hügel/Elzer § 9a Rn. 114; Dötsch/Schultzky/Zschieschack Kap. 14 Rn. 186 ff.). In diesem Falle richtet sich die Kostenentscheidung nach der Erfolgsaussicht der Klage ohne Eintritt der Gesetzesänderung (Musielak/Voit/Flockenhaus, 17. Aufl. 2020, ZPO § 91a Rn. 23). Möglich wäre ebenfalls, dass ein in diesen Fällen stets sachdienlicher und in allen Instanzen möglicher Parteiwechsel auf den Verband (dazu BGH NJW 2016, 53 Rn. 7 ff.) erfolgt oder der klagende Eigentümer zur Geltendmachung der Ansprüche „rückermächtigt“ wird (Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 188 ff.). Damit stehen ausreichende Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, die es jedenfalls nicht erforderlich machen, hier ‒ entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers ‒ eine prozessuale Übergangsvorschrift auf materielle Rechtsfragen anzuwenden. Verjährungsfragen stellen sich vorliegend ohnehin nicht, ließen sich aber in anderen Konstellationen zumindest über den Rechtsgedanken des § 204 Abs. 2 BGB lösen (Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 187; zweifelnd Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrecht, § 9 Rn. 24).
Angesichts des vorstehend beschriebenen klaren gesetzgeberischen Willens, ist auch für eine analoge Anwendung der §§ 265, 325 ZPO kein Raum. Dies bezüglich des Anspruchs aus § 1004 BGB schon deshalb nicht, weil insoweit kein Fall des Wechsels des Rechtsinhabers erfolgt, da der Anspruch materiell bei den Eigentümern bleibt und nur die Durchsetzung alleine dem Verband obliegt. Die Konstellation entspricht daher insoweit der Situation zum bisherigen Recht, in Fällen, in denen nach Klageerhebung eines Eigentümers die Ansprüche gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG aF vergemeinschaftet wurden. Hier entsprach es der Rechtsprechung des BGH, dass in diesen Fällen der klagende Eigentümer durch einen derartigen Beschluss seine Prozessführungsbefugnis verliert (BGH NJW 2019, 1216 Rn. 19). Für eine gesetzliche Änderung, welche einen identischen Inhalt hat, kann nichts anderes gelten.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, die Berufung des Klägers war demgegenüber zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, 711, 713. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, die Rechtslage zum Übergangsrecht ist jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation, in der es nicht um eine Nutzungsbeschränkung von Sondereigentum geht und damit Friktionen zur Rechtsprechung des BGH über die Auswirkungen derartiger Vereinbarungen auf das Sondereigentum (dazu BGH NJW 2020, 921 Rn 18; NJW-RR 2020, 894 Rn. 20) ausgeschlossen sind, eindeutig. Die entgegenstehende Verfügung des AG Heidelberg zwingt nicht zur Revisionszulassung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2), denn es handelt sich bereits nicht um eine verfahrensabschließende Entscheidung eines gleichrangigen oder höherrangigen Gerichts (dazu Musielak/Voit/Ball, ZPO § 543 Rn. 8d).
Die Streitwertfestsetzung folgt der nicht angegriffenen Festsetzung des Amtsgerichts und folgt, da die Berufung vor dem 1. Dezember 2020 eingelegt wurde, noch aus § 49a GKG aF (§ 71 Abs. 1 S. 1 GKG ‒ dazu Kirst, ZMR 2020, 1014 (1016)).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Rüdesheim am Rhein vom 25.11.2019 abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers zu 2 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger zu 2.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil im Umfang der Berufungszurückweisung sind vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: bis 6.000 €
Gründe
I.
Die Parteien sind Wohnungseigentümer. Sie streiten um die Nutzung eines im gemeinschaftlichen Eigentums stehenden Parkplatzes in der Garage der Wohnungseigentümergemeinschaft sowie das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus. Die Beklagte nutzte den streitgegenständlichen Parkplatz in der Vergangenheit, wobei der Umfang der Nutzung streitig blieb. Zudem stellte die Beklagte im Treppenhaus vor ihrer Wohnungstür eine Bank und einen Blumenständer ab.
Das Amtsgericht hat, soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse, nach Beweiserhebung über die Intensität der Nutzung des Parkplatzes die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen den Parkplatz öfter als an 73 Tagen des Jahres zu nutzen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung führt das Amtsgericht aus, dass der Anteil der Beklagten am Gemeinschaftseigentum 1/5 betrage und sie daher den Parkplatz auch nur in diesem Umfang nutzen dürfe. Eine Beeinträchtigung des Treppenhauses durch das Abstellen der Gegenstände sah das Amtsgericht nicht als gegeben an.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese die Klageabweisung erstrebt. Der Kläger zu 2 ‒ im Folgenden Kläger ‒ will mit seiner Berufung erreichen, dass auch das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus untersagt wird. Zudem begehrt er weiter die Verurteilung dahingehend, dass der Beklagten untersagt wird, den Parkplatz „ununterbrochen“ zu nutzen.
II.
Die Berufung des Klägers zu 2, der wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt, alleine Berufungskläger insoweit ist, hat keinen Erfolg. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten, die sich allerdings ebenfalls nur gegen den Kläger zu 2 als Obsiegenden in erster Instanz richtet, zulässig und begründet.
Das amtsgerichtliche Urteil war bereits deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen, weil nach dem Rechtsstand zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Berufungsgericht dem Kläger die Aktivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche fehlt.
Nach dem seit dem 1. Dezember 2020 geltenden WEG ist gem. § 9a Abs. 2 Alt. 1 WEG die Gemeinschaft ‒ alleine ‒ im Rahmen einer gesetzlichen Vergemeinschaftung für die Ansprüche aus § 1004 BGB auf Beseitigung von Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums zuständig (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 1421; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 3 Rn. 126 ff.). Abwehrrechte aus dem Binnenrecht, die nach altem Rech gem. § 15 Abs. 3 WEG aF dem einzelnen Eigentümer zustanden, stehen nach neuem Recht nur noch dem Verband zu, denn gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG besteht eine Verpflichtung zur Einhaltung des Binnenrechts nur gegenüber dem Verband. Der einzelne Eigentümer ist, dies ist ausdrücklich Ziel der Novellierung insoweit (BT-Drs. 19/18791 S. 47), nicht mehr berechtigt, diese Ansprüche geltend zu machen.
Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche unterfallen dieser Änderung, denn der Kläger beruft sich für seine geltend gemachten Ansprüche auf Gebrauchsstörungen der Beklagten bezüglich des Gemeinschaftseigentums, die er nach altem Recht, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach § 1004 BGB; § 15 Abs. 3 WEG aF abwehren konnte.
Dies ist nun nicht mehr der Fall. Bezüglich der Ansprüche auf Einhaltung des Binnenrechtes (§ 15 Abs. 3 WEG aF) ist der Kläger nicht mehr Anspruchsinhaber (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Hinsichtlich des Anspruchs aus § 1004 BGB bleibt es zwar dabei, dass der Kläger als Miteigentümer Anspruchsinhaber ist, es fehlt aber an der Prozessführungsbefugnis, die § 9a Abs. 2 Alt 1 WEG der Gesetzgeber in Abweichung von § 1011 BGB nun nicht mehr dem einzelnen Eigentümer, sondern dem System des neuen WEG-Rechts folgend, dem Verband als dem Träger des Verwaltungsmonopols (Skauradszun ZRP 2020, 34 (35)) des gemeinschaftlichen Eigentums zugewiesen hat. Die Frage der Prozessführungsbefugnis ist aber eine von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung und muss zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen (vgl. nur Thoms/Putzo/Hüßtege ZPO § 51 Rn. 23 mwN).
Der Kläger kann den Anspruch in diesem Verfahren auch nicht für den Verband geltend machen. Angesichts der Annäherung an das Gesellschaftsrecht sind allerdings bereits Forderungen laut geworden, dass gesellschaftsrechtliche Institut der actio pro societate auf das WEG zu übertragen (instr. Lieder bei den 46. Fachgesprächen des EiD in Fischen; dazu demnächst Lieder/Pordzik ZWE 2021; Palandt/Wicke § 27 WEG Rn. 3). Derartigen Überlegungen hat der BGH bislang eine Absage erteilt (BGHZ 106, 222; 219, 60). Hieran ist jedenfalls in der vorliegenden Konstellation einer Gemeinschaft mit fünf Eigentümern festzuhalten. Anders als im Gesellschaftsrecht üblich, gibt es im WEG-Recht mit § 19 Abs. 1 WEG einen Rechtskonformitätsanspruch, der mit der Beschlussersetzungsklage (§ 44 WEG) auch von der Minderheit gegen die Mehrheit gerichtlich durchgesetzt werden kann. Daher besteht ein Bedürfnis, einem einzelnen Eigentümer die Möglichkeit einzuräumen, für den Verband zu klagen, nicht, hier ist vielmehr das im WEG-Recht für diese Problemsituation entwickelte Prozedere einzuhalten (Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 63, 363; Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 197 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. September 2020 ‒ V ZR 288/19 ‒, juris). Jede andere Lösung würde auch die gesetzgeberische Entscheidung, diese Rechte dem Verband (bezüglich § 1004 BGB zur Ausübung) zuzuweisen, unterlaufen und zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Ob in verwalterlosen Gemeinschaften, die nur aus zwei Eigentümern besteht, aufgrund der dort existierenden Schwierigkeiten der Anspruchsdurchsetzung, etwas anderes gilt, bedarf hier keiner Entscheidung.
Zutreffend ist allerdings, dass diese Vorgehensweise mit erheblichen Problemen befrachtet ist. Bei der durchschnittlichen Dauer von Gerichtsverfahren werden insbesondere Beseitigungsansprüche bezüglich baulicher Veränderungen häufig verjährt sein, bis das Be-schlussersetzungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist und damit das Gestaltungsurteil umzusetzen ist (krit. insoweit schon Becker/Schneider ZfIR 2020, 281 (293)). Dies zwingt aber nicht zu einer anderen Handhabung, auch nicht in Fällen, in denen die Rechtschutzmöglichkeiten der Eigentümer ausgeschöpft sind (anders Lieder bei den 46. Fachgesprächen des EiD in Fischen; dazu demnächst Lieder/Pordzik ZWE 2021). Dieses Problem ist strukturell im Systemwechsel der Zuweisung dieser Rechte angelegt und muss im Rahmen der zur Durchsetzung ihrer Rechte den sich in der Minderheit befindlichen Eigentümern zustehenden Möglichkeit der Beschlussersetzungsklage gelöst werden. Eine Lösung ist hier auch denkbar, etwa indem mit den Mitteln des einstweiligen Rechtschutzes der Verband gezwungen wird, verjährungshemmende Maßnahmen ‒ im Zweifel eine Klageerhebung ‒ vorzunehmen. Unzuträglichkeiten wären damit weniger verbunden, als mit dem im System des wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsschutzes fremden Institutes der actio pro societate, zumal § 945 ZPO insoweit auch eine passende Kostenregelung dahingehend enthält. In Gemeinschaften ohne Verwalter, oder in denen damit zu rechnen ist, dass auch ein Urteil nicht innerhalb der Verjährungsfrist umgesetzt wird, wird auch ein Anspruch auf Rückermächtigung zur Prozessführung (dazu Hügel/Elzer § 9a Rn. 113; Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 191 ff.) in Betracht zu ziehen sein, wobei auch in dieser Fallgestaltung Lösungen im Wege des einstweiligen Rechtschutzes denkbar sind.
Dass die Rechtsänderung hier im laufenden Verfahren eingetreten ist, ändert nichts. Gegenstand der Klage ist eine Leistungsklage, insoweit ist maßgeblich der Rechtsstand bei Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Damit gilt das neue Recht, wenn bei der Gesetzesnovellierung keine Übergangsvorschriften vorgesehen sind.
Übergangsvorschriften enthält das neue Recht für das materielle Recht insoweit nicht, lediglich das bisherige Verfahrensrecht (§ 48 Abs. 5 WEG ‒ Fortgeltung des bisherigen dritten Teils des Gesetzes) gilt weiter. Die Frage der Anspruchsberechtigung (§ 14 WEG) bzw. der Prozessführungsbefugnis (§ 9a WEG) sind aber keine von dieser Norm erfassten Regelungen (Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 2027; Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 186, Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrechts, § 9 Rn. 24; Abramenko ZMR 2020, 1012).
Auch für eine erweiternde Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG ist kein Raum, denn das Pro-blem des Übergangsrechts hat der Gesetzgeber gesehen und ‒ mit Ausnahme der Regelungen in § 48 WEG ‒ dahingehend gelöst, dass dem neuen Recht übergangslos der Vorrang zukommt. Dies zeigt sich etwa auch darin, dass für den umgekehrten Fall von Vergemeinschaftungsbeschlüssen, der Gesetzgeber ausdrücklich davon ausgeht, dass diese mit Inkrafttreten der Neuregelung entsprechend § 134 BGB nichtig werden (BT-Drs. 19/18791, 47; ausdr. dazu Lehmann-Richter/Wobst aaO Rn. 2027; zweifelnd insoweit Bruns NZM 2020, 909 (911); Becker/Schneider ZfIR 2020, 281 (298); Palandt/Wicke WEG § 48 Rn. 5).
Damit verliert der Eigentümer mit Inkrafttreten der Neuregelung die Möglichkeit Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen. Entgegen einer bereits in der Instanzrechtsprechung vertretenen Auffassung (AG Heidelberg, Verfügung vom 5.1.2021- 45 C 108/19, juris) ist auch weder mit Blick auf den effektiven Rechtsschutz noch gemäß Art. 14 GG eine analoge Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG geboten, um zu einer verfassungskonformen Lösung zu gelangen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG verfügt der Gesetzgeber hinsichtlich der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse über einen breiten Gestaltungsspielraum (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57); FamRZ 2003, 834; NJW 1977, 1049 (1053)). Dass eine Rechtsänderung zu Härten führt, liegt in der Natur der Sache und führt nicht dazu, dass entsprechende Regelungen verfassungswidrig sind (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57)). Als nicht zu beanstandende Kriterien für eine übergangslose Invollzugsetzung von Rechtsänderungen sind dabei insbesondere die Rechtssicherheit, die klare schematische Entscheidungen über die zeitliche Abgrenzung zwischen altem und neuem Recht verlangt, anerkannt (BVerfG NVwZ 2016, 56 (57); FamRZ 2003, 834). Gerade von diesem Gedanken hat sich der Gesetzgeber bei den Übergangsvorschriften leiten lassen und es für erforderlich gehalten, zu vermeiden, dass über einen langen Zeitraum altes und neues Recht nebeneinander anzuwenden ist, dies ist mit der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichts möglich und damit hinzunehmen.
Anders als der Kläger meint, sind mit dieser Lösung auch nicht zwingend kostenrechtliche Unzuträglichkeiten verbunden, denn es besteht die Möglichkeit, auf die hier auch hingewiesen wurde, die Klage für erledigt zu erklären (Hügel/Elzer § 9a Rn. 114; Dötsch/Schultzky/Zschieschack Kap. 14 Rn. 186 ff.). In diesem Falle richtet sich die Kostenentscheidung nach der Erfolgsaussicht der Klage ohne Eintritt der Gesetzesänderung (Musielak/Voit/Flockenhaus, 17. Aufl. 2020, ZPO § 91a Rn. 23). Möglich wäre ebenfalls, dass ein in diesen Fällen stets sachdienlicher und in allen Instanzen möglicher Parteiwechsel auf den Verband (dazu BGH NJW 2016, 53 Rn. 7 ff.) erfolgt oder der klagende Eigentümer zur Geltendmachung der Ansprüche „rückermächtigt“ wird (Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 188 ff.). Damit stehen ausreichende Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, die es jedenfalls nicht erforderlich machen, hier ‒ entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers ‒ eine prozessuale Übergangsvorschrift auf materielle Rechtsfragen anzuwenden. Verjährungsfragen stellen sich vorliegend ohnehin nicht, ließen sich aber in anderen Konstellationen zumindest über den Rechtsgedanken des § 204 Abs. 2 BGB lösen (Dötsch/Schultzky/Zschieschack aaO Kap. 14 Rn. 187; zweifelnd Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrecht, § 9 Rn. 24).
Angesichts des vorstehend beschriebenen klaren gesetzgeberischen Willens, ist auch für eine analoge Anwendung der §§ 265, 325 ZPO kein Raum. Dies bezüglich des Anspruchs aus § 1004 BGB schon deshalb nicht, weil insoweit kein Fall des Wechsels des Rechtsinhabers erfolgt, da der Anspruch materiell bei den Eigentümern bleibt und nur die Durchsetzung alleine dem Verband obliegt. Die Konstellation entspricht daher insoweit der Situation zum bisherigen Recht, in Fällen, in denen nach Klageerhebung eines Eigentümers die Ansprüche gem. § 10 Abs. 6 S. 3 WEG aF vergemeinschaftet wurden. Hier entsprach es der Rechtsprechung des BGH, dass in diesen Fällen der klagende Eigentümer durch einen derartigen Beschluss seine Prozessführungsbefugnis verliert (BGH NJW 2019, 1216 Rn. 19). Für eine gesetzliche Änderung, welche einen identischen Inhalt hat, kann nichts anderes gelten.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, die Berufung des Klägers war demgegenüber zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, 711, 713. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, die Rechtslage zum Übergangsrecht ist jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation, in der es nicht um eine Nutzungsbeschränkung von Sondereigentum geht und damit Friktionen zur Rechtsprechung des BGH über die Auswirkungen derartiger Vereinbarungen auf das Sondereigentum (dazu BGH NJW 2020, 921 Rn 18; NJW-RR 2020, 894 Rn. 20) ausgeschlossen sind, eindeutig. Die entgegenstehende Verfügung des AG Heidelberg zwingt nicht zur Revisionszulassung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2), denn es handelt sich bereits nicht um eine verfahrensabschließende Entscheidung eines gleichrangigen oder höherrangigen Gerichts (dazu Musielak/Voit/Ball, ZPO § 543 Rn. 8d).
Die Streitwertfestsetzung folgt der nicht angegriffenen Festsetzung des Amtsgerichts und folgt, da die Berufung vor dem 1. Dezember 2020 eingelegt wurde, noch aus § 49a GKG aF (§ 71 Abs. 1 S. 1 GKG ‒ dazu Kirst, ZMR 2020, 1014 (1016)).
RechtsgebietVerwalterlose Zweier-WohnungseigentümergemeinschaftVorschriften§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG n.F.