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  • 24.11.2016 · IWW-Abrufnummer 190148

    Sozialgericht Berlin: Urteil vom 15.08.2016 – S 10 R 7045/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Sozialgericht Berlin

    Urt. v. 15.08.2016

    Az.: S 10 R 7045/13

    Tenor:

    Die Klagen werden abgewiesen.

    Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung bezüglich zweier Beschäftigungen beim Beigeladenen in der Zeit vom 04.02. bis 22.03.2013 und in der Zeit vom 01. bis 30.04.2013.

    Die 1967 geborene Klägerin ist nach Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer Berlin seit 01.04.2010 ununterbrochen als selbstständige Rechtsanwältin tätig und seitdem auch Mitglied dieser Rechtsanwaltskammer sowie des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Berlin.
    Am 03.02.2013 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen einen Vertrag über ein befristetes Teilzeit-Arbeitsverhältnis, wonach sie für die Zeit vom 04.02. bis 22.03.2013 als Urlaubsvertretung mit einer monatlichen Bruttovergütung von 1.300,00 EUR eingestellt wurde. § 4 des Arbeitsvertrags, hinsichtlich dessen sonstiger Einzelheiten auf Bl. 299-301 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen wird, enthielt zur "Tätigkeit" folgende Regelungen:

    "Frau A wird für die Zeit der urlaubsbedingten Abwesenheit der Geschäftsführerin als Vertretung in der Berliner Geschäftsstelle des XXX e.V. eingestellt. Ihre Aufgaben sind insbesondere:
    - weitere Betreuung der anstehenden XXX-Veranstaltungen
    - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    - Verbandsverwaltung"

    Ebenfalls am 03.02.2013 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen einen weiteren Vertrag über ein befristetes Teilzeit-Arbeitsverhältnis, wonach sie für die Zeit vom 01.04. bis 30.06.2013 auf einer drittfinanzierten Projektstelle mit einer monatlichen Bruttovergütung entsprechend TVöD 9, Stufe 1 eingestellt wurde. § 4 des Arbeitsvertrags, hinsichtlich dessen sonstiger Einzelheiten auf Bl. 312-314 der Verwaltungsakte Bezug genommen wird, enthielt zur "Tätigkeit" folgende Regelungen:

    "Frau A wird als Projektmitarbeiterin in der Berliner Geschäftsstelle des XXX e.V. zur Mitarbeit am Projekt "XXX" eingestellt. Ihre Aufgaben sind insbesondere:
    - Teilnahme an den Hauptversammlungen, Fragen an Aufsichtsrat und Vorstand, Protokollierung und wissenschaftliche Dokumentation der Fragen und Antworten.
    - Organisation der Hauptversammlungsbesuche.
    - Mitarbeit an den unternehmensspezifischen Fragenkatalogen.
    - Recherche der Strukturen ausgewählter Unternehmen, eventueller Genderprogramme und deren Evaluierung.
    Die inhaltliche Arbeit wird laufend mit der Geschäftsführerin und der für das Projekt zuständigen Mitarbeiterin B abgesprochen."

    Mit Schreiben vom 03.03.2013 stellte die Klägerin bei der Beklagten hinsichtlich der erstgenannten Beschäftigung für die Zeit vom 04.02. bis 22.03.2013 einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -, wobei sie angab, ihre Hauptbeschäftigung als selbstständige Rechtsanwältin weiterhin auszuüben. Mit Bescheid vom 21.03.2013 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab und führte zur Begründung unter Verweis auf § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 2 SGB VI an, dass sich eine Befreiung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 31.10.2012, Az. B 12 R 3/11 R und B 12 R 8/10 R) nur dann auf eine berufsfremde Beschäftigung erstrecken könne, wenn die Befreiungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 SGB VI vorlägen. Da für die Klägerin keine Befreiung für eine versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. ihren Beruf als Rechtsanwältin vorliege, seien die Voraussetzungen für eine Befreiung hinsichtlich der berufsfremden Urlaubsvertretung nicht gegeben. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 02.04.2013 Widerspruch, wobei wegen der Einzelheiten der Widerspruchsbegründung auf Bl. 304-308 der Verwaltungsakte Bezug genommen wird.

    Mit Schreiben vom 26.03.2013 stellte die Klägerin bei der Beklagten hinsichtlich der zweitgenannten Beschäftigung für die Zeit vom 01.04. bis 30.06.2013 einen weiteren Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 5 SGB VI, wobei sie wiederum angab, ihre Hauptbeschäftigung als selbstständige Rechtsanwältin weiterhin auszuüben. Mit Schreiben vom 15.04.2013 teilte sie mit, dass das Beschäftigungsverhältnis aufgrund eines Aufhebungsvertrags bereits am 30.04.2013 enden werde. Mit Bescheid vom 21.08.2013 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag ab, wobei die Begründung inhaltlich derjenigen des o.g. Bescheids vom 21.03.2013 entsprach. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 26.08.2013 Widerspruch, wobei wegen der Einzelheiten der Widerspruchsbegründung auf Bl. 343-346 der Verwaltungsakte Bezug genommen wird.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2013, der am gleichen Tag per Einschreiben an die Klägerin abgesandt wurde und dieser am 30.10.2013 zuging, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 02.04.2013 gegen den Bescheid vom 21.03.2013 zurück. Zur Begründung verwies sie erneut auf die oben zitierte Rechtsprechung, wonach eine Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht nur dann in Betracht komme, wenn unmittelbar vor der Aufnahme einer versicherungspflichtigen berufsfremden Beschäftigung oder Tätigkeit oder daneben eine durch einen Bescheid nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI befreite berufsspezifische Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei. Als selbstständige Rechtsanwältin sei die Klägerin jedoch schon nicht versicherungspflichtig und damit nicht befreiungsfähig, so dass hinsichtlich ihrer Nebentätigkeit keine Befreiung nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI möglich sei.

    Gegen den Bescheid vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2013 erhob die Klägerin mit einem nicht datierten Schriftsatz die hiesige Klage, die am 02.12.2013 beim erkennenden Gericht einging.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2013, der am gleichen Tag per Einschreiben an die Klägerin abgesandt wurde, wies die Beklagte auch den Widerspruch der Klägerin vom 26.08.2013 gegen den Bescheid vom 21.08.2013 zurück, wobei die Begründung inhaltlich derjenigen des o.g. Widerspruchsbescheids vom 28.10.2013 entsprach.

    Gegen den Bescheid vom 21.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2013 erhob die Klägerin mit einem nicht datierten Schriftsatz Klage, die am 13.01.2014 vorab per Fax beim erkennenden Gericht einging und unter dem Aktenzeichen S 30 R 253/14 registriert worden ist.

    In beiden Klageverfahren verfolgt die Klägerin ihr auf die Erteilung einer Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung gerichtetes Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, dass die von der Beklagten zur Begründung ihrer ablehnenden Bescheide angeführten BSG-Entscheidungen einen anders gearteten Sachverhalt beträfen und deshalb nicht auf ihren Fall übertragbar seien. Die Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI sei gerade für Fälle der Fortführung der hauptberuflichen Tätigkeit vorgesehen, wie das Sozialgericht Münster entschieden habe (Urteil vom 23.03.2012, Az. S 4 R 895/10). Die nachfolgende Berufungsentscheidung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.07.2015, Az. L 3 R 442/12) halte sie nicht für überzeugend, da die tatsächliche Verwaltungspraxis der Beklagten anders geartet sei als in der Berufungsentscheidung behauptet. Schließlich verhalte sich die Beklagte treuwidrig, wenn sie sich auf nicht vorliegende Befreiungsentscheidungen hinsichtlich der klägerischen Anwaltstätigkeit berufe, denn sie habe diesbezügliche Befreiungsanträge unter Verweis auf die mangelnde Versicherungspflicht der selbstständig tätigen Klägerin regelmäßig abgelehnt.

    Die Klägerin beantragt in den mit Beschluss der Kammer vom 23.02.2016 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren S 10 R 7045/13 und S 30 R 253/14 schriftlich sinngemäß,
    die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2013 zu verpflichten, die Klägerin für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 04.02.2013 bis zum 22.03.2013 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien,
    die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2013 zu verpflichten, die Klägerin für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 01.04.2013 bis zum 30.04.2013 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.

    Die Beklagte beantragt schriftlich,
    die Klagen abzuweisen.

    Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist ergänzend darauf, dass es für die begehrten Befreiungen nach § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI an dem nach dem Gesetz erforderlichen Anknüpfungspunkt fehle, weil die Klägerin als selbstständig tätige Rechtsanwältin nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege.

    Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die der Kammer bei der Entscheidungsfindung auszugsweise (Bl. 297-357) vorgelegen hat.

    Entscheidungsgründe

    I. Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 20., 25. bzw. 27.05.2016 ihr Einverständnis erklärt haben.

    II. Die Klagen sind gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 SGG als Verpflichtungsklagen statthaft (vgl. etwa BSG, Urteil vom 31.12.2012 - B 12 R 5/10 R -, [...] Rn. 15) und als solche auch zulässig. Insbesondere sind beide Klagen fristgerecht erhoben worden (dazu 1.) und ihnen fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis (dazu 2.).

    1. Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist eine Klage einen Monat nach Bekanntgabe eines Verwaltungsakts zu erheben. Gemäß § 87 Abs. 2 SGG beginnt diese Frist im Fall, dass ein Vorverfahren stattgefunden hat, mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids. Für die Bekanntgabe gelten gemäß § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG i.V.m. § 67 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - mangels anderweitiger gesetzlicher Regelungen die Vorschriften des SGB X. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Dies gilt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Unbeachtlich ist dagegen ein früherer Zugang.

    Die Klagefrist für die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 28.10.2013 begann vorliegend gemäß § 64 Abs. 1 SGG am Tag nach dem dritten Tag der Aufgabe zur Post zu laufen, mithin am 01.11.2013, nicht aber bereits am Vortag als Tag nach dem tatsächlichen Zugang. Die einmonatige Klagefrist endete damit gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG grundsätzlich am 01.12.2013. Da dieser Tag ein Sonntag war, verschob sich das Fristende gemäß § 64 Abs. 3 SGG auf den darauffolgenden Montag, den 02.12.2013, so dass die an diesem Tag bei Gericht eingegangene Klage im Verfahren S 10 R 7045/13 fristwahrend war. Gleiches gilt im Ergebnis auch für die am 13.01.2014 eingegangene Klage im Verfahren S 30 R 253/14. Die Klagefrist begann hier am 14.12.2013 als Tag nach dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post zu laufen und endete am 13.01.2014.

    2. Eine Klage ist nur zulässig, wenn die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen. Insbesondere muss ein Rechtsschutzbedürfnis für die Einleitung des gerichtlichen Klageverfahrens bestehen. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn angesichts der besonderen Umstände des Falls eine Klage nicht erforderlich ist, weil der Kläger seine Rechte auf einfachere Weise verwirklichen kann oder die Klage aus anderen Gründen unnütz ist. Letzteres ist u.a. der Fall, wenn unzweifelhaft ist, dass das begehrte Urteil dem Kläger keine rechtlichen oder tatsächlichen Vorteile bringen könnte, d.h. dass sich dessen rechtliche oder wirtschaftliche Stellung weder gegenwärtig noch zukünftig verbessern würde (vgl. zum Vorstehenden Böttiger, in: Breitkreuz/Fichte, Sozialgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2014, § 54 Rn. 27b; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Aufl. 2014, Vor § 51 Rn. 16a m.w.N.). Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Klage eine solche Verbesserung herbeiführen könnte, ist das Klagebegehren, wie es gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG im Klageantrag und in der Klagebegründung zum Ausdruck kommt.

    Gemessen hieran kann der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klagen nicht abgesprochen werden. Eine Verbesserung ihrer Rechtsstellung ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil ihr auf die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gerichtetes Begehren bereits erfüllt wäre. Dies wäre nur der Fall, wenn die Klägerin bereits kraft Gesetz versicherungsfrei wäre. Dem ist nicht so.
    Die im Streit stehenden Beschäftigungsverhältnisse der Klägerin beim Beigeladenen waren gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig. Die Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB VI lagen dagegen nicht vor. Insbesondere handelte es sich bei beiden Tätigkeiten nicht um geringfügige Beschäftigungen i.S.v. § 8 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV -, die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungsfrei wären, da das vereinbarte Arbeitsentgelt jeweils den Betrag von 450,00 EUR monatlich überstieg (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) und die Gesamtdauer der gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV zusammenzurechnenden Beschäftigungen im Jahr 2013 durch die beiden Arbeitsverträge deutlich oberhalb von zwei Monaten bzw. 50 Tagen lag (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

    Die Tätigkeiten der Klägerin beim Beigeladenen waren, was zwischen den Beteiligten letztlich unstreitig ist, auch nicht deshalb versicherungsfrei, weil sie der selbstständigen anwaltlichen Tätigkeit der Klägerin zuzuordnen wären. Die jeweils in § 4 der Arbeitsverträge beschriebenen Aufgaben zeigen, dass die Klägerin im Rahmen ihrer abhängigen Beschäftigungen weder als unabhängiges Organ der Rechtspflege i.S.v. § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO - tätig noch überhaupt eine unabhängige Beraterin und Vertreterin des Beigeladenen in dessen Rechtsangelegenheiten i.S.v. § 3 Abs. 1 BRAO war. Vielmehr geht aus den Aufgabenbereichen hervor, dass die Klägerin weisungsgebunden mit internen Verwaltungsaufgaben bzw. projektbezogenen Rechercheaufträgen und damit zusammenhängenden Themen betraut war.

    III. Die Klagen sind nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 21.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2013 und vom 21.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, von der Beklagten für ihre beiden (Neben-)Beschäftigungen in der Zeit vom 04.02. bis 22.03.2013 und in der Zeit vom 01. bis 30.04.2013 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit zu werden. Ein Befreiungsanspruch ergibt sich weder aus § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (dazu 1.) noch aus § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI (dazu 2.).

    1. Einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die (positive) Erteilung einer Befreiung ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Hiernach werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, und wenn im Übrigen weitere Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a bis c SGB VI erfüllt sind. Dies ist hinsichtlich beider genannter (Neben-)Beschäftigungen der Klägerin nicht der Fall.

    Maßgeblich für den Befreiungsanspruch ist zunächst, ob die Klägerin Pflichtmitglied in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist, wobei die Prüfung dieser Voraussetzungen anhand der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen sowie der einschlägigen kammer- und versorgungsrechtlichen Normen erfolgt (näher zu den Voraussetzungen Urteil der Kammer vom 25.01.2016 - S 10 R 3345/14 -, [...] Rn. 58 m.w.N.). Die hiernach erforderliche Pflichtmitgliedschaft der Klägerin im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Berlin als maßgeblicher berufsständischer Versorgungseinrichtung ist zwischen den Beteiligten unstreitig und im Übrigen auch rechtlich zwingend. Mit der Zulassungsentscheidung der Rechtsanwaltskammer Berlin wurde die Klägerin gemäß § 12 Abs. 3 BRAO ipso jure Mitglied dieser Kammer. Die Kammermitgliedschaft führte zugleich zur Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Berlin (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die Rechtsanwaltsversorgung in Berlin i.V.m. § 10 Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Berlin).

    Voraussetzung für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist u.a., dass die Pflichtmitgliedschaft wegen der Beschäftigung besteht.

    Angesichts dieser sprachlichen Verknüpfung ist ein kausaler Zusammenhang zwischen der Beschäftigung und der Mitgliedschaft in den berufsständischen Körperschaften nötig. Unter Berücksichtigung von § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist der Inhalt des jeweiligen konkreten Beschäftigungsverhältnisses maßgeblich und nicht etwa nur die Berufsbezeichnung, die berufliche Qualifikation oder der berufliche Status (BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R -, [...] Rn. 18, 34). Die konkrete Tätigkeit muss angesichts der vorgenannten kausalen Verknüpfung berufs(gruppen)spezifisch sein. Mit anderen Worten muss eine für den in der jeweiligen Versorgungseinrichtung pflichtversicherten Personenkreis typische Berufstätigkeit ausgeübt werden (näher zum Vorstehenden Urteil der Kammer vom 25.01.2016, a.a.O., Rn. 65 m.w.N.). Als typische anwaltliche Tätigkeit wird dabei eine rechtsberatende, rechtsentscheidende, rechtgestaltende oder rechtsvermittelnde Tätigkeit angesehen (Schmidt, in: Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl. 2013, Rn. 32 m.w.N.).

    Unter Zugrundelegung des vorstehenden Maßstabs waren die von der Klägerin beim Beigeladenen ausgeübten Tätigkeiten nicht befreiungsfähig i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, denn Art und Inhalt der Beschäftigungen waren nicht berufsspezifisch für eine Rechtsanwältin. Wie bereits oben unter Ziffer II. 2. ausgeführt, war die Klägerin nicht ansatzweise mit rechtsberatenden oder -gestaltenden Aufgaben betraut, sondern hauptsächlich mit Verwaltungs- und Öffentlichkeitsarbeit (während der ersten Beschäftigung) bzw. mit der konkreten Mitarbeit an einem Projekt, dessen Zielsetzung und Inhalt nach Einschätzung der Kammer als gesellschafts- und bestenfalls rechtspolitisch beschrieben werden kann, nicht aber als konkrete anwaltlichjuristische Arbeit (während der zweiten Beschäftigung). Die juristische Ausbildung der Klägerin mag hierfür sicher förderlich gewesen sein, jedoch enthalten die vertraglichen Beschreibungen keinerlei Anhaltspunkte für konkrete juristische Tätigkeiten der Klägerin. Dass sie während der Beschäftigungszeiten praktisch dennoch derartige Aufgaben wahrgenommen hätte, ist auch nicht vorgetragen. Im Gegenteil hat sie ihre Nebenbeschäftigungen selbst als "berufsfremd" bezeichnet. Die Kammer hatte deshalb auch keinen Anlass, den Beigeladenen noch nach den - ungeachtet abstrakter vertraglicher Aufgabenbeschreibungen grundsätzlich vorrangig maßgeblichen (vgl. Urteil der Kammer vom 25.01.2016, a.a.O., Rn. 64 f. m.w.N.) - konkret ausgeübten Tätigkeiten zu befragen.

    2. Der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Befreiung ergibt sich auch nicht aus § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in der hier zu beurteilenden Konstellation eine Befreiung durch die Beklagte nach dem Wortlaut der Vorschrift von Vornherein ausgeschlossen.

    a. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI erstreckt sie, d.h. die gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkte Befreiung, sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet. Daraus geht hervor, dass auf Grundlage von § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI keine eigenständige neue oder weitere Befreiung erteilt werden kann, sondern die Rechtsfolge der Norm knüpft an eine bereits aufgrund von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 SGB VI erteilte Befreiung an (zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2001 - L 3 RA 73/00 -, [...] Rn. 18; Urteil vom 13.07.2015 - L 3 R 442/12 -, [...] Rn. 28; Bayerisches LSG, Urteil vom 08.09.2015 - L 19 R 554/11 -, [...] Rn. 47; Hedermann, Die "Erstreckung" der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI für Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen, NZS 2014, S. 321 (323); a.A. Horn, Das Befreiungsrecht des § 6 SGB VI der verkammerten Freien Berufe - zugleich ein Beitrag zu BSG B 12 R 3/11 R, B 12 R 5/10 R sowie B 12 R 8/10 R, NZS 2013, S. 605 (609 f.), allerdings mit fehlerhafter Zitierung des BSG), also an einen bestehenden "Befreiungsstatus" (BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 8/10 R -, [...] Rn. 26). Dieser Anknüpfungspunkt fehlt im Fall der Klägerin, denn ihr ist für eine andere Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit keine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erteilt worden. Für ihre hauptberufliche Tätigkeit als selbstständige Rechtsanwältin könnte ihr eine derartige Befreiung auch gar nicht erteilt werden, da diese mangels gesetzlicher Regelung einer Versicherungspflicht stets versicherungsfrei ist. Für selbständige Mitglieder eines berufsständischen Versorgungswerkes, die von vornherein nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, greift die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI deshalb per se nicht ein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2001, a.a.O., Rn. 18; Thüringer LSG, Urteil vom 27.10.2003 - L 6 RA 121/03 -, [...] Rn. 18; Schmidt, a.a.O., Rn. 141).

    Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihres Klagebegehrens auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Münster beruft, vermag die Kammer der dort vertretenen Rechtsauffassung nicht zu folgen. Wie auch dort zutreffend erkannt wurde, folgt aus dem Wortlaut von § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI, dass eine Erstreckung einer Befreiung ausgeschlossen ist, wenn die Hauptbeschäftigung (als selbstständiger Rechtsanwalt) kraft Gesetz versicherungsfrei ist und damit gar keiner Befreiung bedarf (SG Münster, Urteil vom 23.03.2012 - S 4 R 895/10 -, [...] Rn. 25). Wie aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut im Wege der verfassungskonformen Auslegung ein neuer Befreiungstatbestand hergeleitet werden kann (so SG Münster, a.a.O., Rn. 25 f.), erschließt sich der Kammer indes nicht. Eine verfassungskonforme Auslegung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann möglich und geboten, wenn Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen sowie deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen einer verfassungsrechtlich problematischen Vorschrift zulassen, von denen jedenfalls eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt (vgl. Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 14. Aufl. 2016, Art. 20 Rn. 67 m.w.N.). Diese Voraussetzzungen sind von vornherein nicht erfüllt, da der Gesetzeswortlaut nur eine Deutung zulässt. Die Bezugnahme auf eine nach § 6 Abs. 1 SGB VI erteilte Befreiung und das Wort "erstreckt" sind insoweit eindeutig und verhindern jede andere Auslegung als die im vorangehenden Absatz dieser Entscheidung dargestellte. Der Weg über eine verfassungskonforme Auslegung ist der Klägerin deshalb verschlossen (ebenso im Ergebnis, allerdings mit anderer Begründung auch die zum SG Münster nachfolgende Berufungsentscheidung: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.07.2015, a.a.O., Rn. 25 ff.; Hedermann, a.a.O.).

    b. Die Erteilung einer Befreiung ist auch nicht im Wege einer analogen Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI möglich (so aber Hedermann, a.a.O., S. 323 f.).

    Die Kammer kann in diesem Zusammenhang offen lassen, ob die Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI überhaupt analogiefähig ist oder ob angesichts ihres Charakters als abschließender Ausnahmevorschrift eine analoge Anwendung von vornherein ausgeschlossen ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2001, a.a.O., Rn. 25 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 29.01.1981 - 11 RA 22/80 -, BSGE 51, 157 f. [[...] Rn. 14], wo die vom LSG zitierte Feststellung jedoch hinsichtlich § 6 Abs. 1 Nr. 3 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG - getroffen wurde, die einen völlig anderen Inhalt als § 6 SGB VI hatte). Denn selbst wenn man grundsätzlich von einer Analogiefähigkeit ausginge und darüber hinaus annähme, dass die einem nicht versicherungspflichtigen Selbstständigen gesetzlich nicht offen stehende Möglichkeit, sich für eine zusätzliche berufsfremde Beschäftigung als Angestellter von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen, eine Regelungslücke läge (ausführlich zum Aspekt der Regelungslücke Hedermann, a.a.O.), fehlt es jedenfalls an der für einen Analogieschluss notwendigen Planwidrigkeit (vgl. zu den Voraussetzungen einer Analogie etwa BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 108/10 R -, [...] Rn. 23 ff.; Urteil vom 04.05.1999 - B 4 RA 55/98 R -, [...] Rn. 37 ff.).

    Nach der Gesetzesbegründung soll die - im Vergleich zur entsprechenden früheren Regelung in § 7 AVG neue - Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V sicherstellen, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führt (BT-Drs. 11/4124 vom 07.03.1989, S. 152). Angesichts des in der Begründung angeführten Wehrdienst-Beispiels wird deutlich, dass der Gesetzgeber offenbar Konstellationen im Blick hatte, wenn anstelle der nach § 6 Abs. 1 SGB VI befreiten Tätigkeit eine zeitlich begrenzte andere Tätigkeit aufgenommen wird, nicht aber, wenn die befristete Tätigkeit zusätzlich zu der bereits befreiten Tätigkeit aufgenommen wurde. In letzterem Fall ist ein Wechsel begrifflich gar nicht möglich, da hinsichtlich der weiteren Tätigkeit eine eigenständige Prüfung auf ihre Versicherungspflicht als solche und das in Frage kommende Versorgungssystem nötig ist. Eine gesetzliche oder berufsständische Versicherungspflicht der weiteren Tätigkeit unterstellt, müssten im letztgenannten Fall dann weitere Beiträge in die berufsständische Versorgungseinrichtung gezahlt werden, im erstgenannten Fall dagegen in die gesetzliche Rentenversicherung. Es käme folglich nicht zu einem Wechsel, sondern im ersten Fall lediglich zu einer Beitragszahlung in ein zweites System (in dieser Hinsicht zutreffend Hedermann, a.a.O., S. 324). Soweit sich das Sozialgericht Münster in der bereits zitierten Entscheidung auf einen vermeintlichen Gesetzeszweck der Vermeidung doppelter Beitragszahlungspflichten beruft (a.a.O., Rn. 28), geht dies fehl, da der Gesetzgeber mit dieser Formulierung ausschließlich die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI meinte (BT-Drs. 13/2590 vom 11.10.1995, S. 18), mit der verhindert werden sollte, dass Personen für dieselbe Tätigkeit Beiträge sowohl zur gesetzlichen Rentenversicherung als auch an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zahlen müssen.

    Soweit vertreten wird, dem Gesamtkonzept der Regelungen zu Beginn des SGB VI sei das gesetzgeberische Ziel zu entnehmen, eine "Doppelversorgung" durch zwei Versorgungssysteme (gesetzlich und berufsständisch) zu vermeiden, was eine analoge Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB V rechtfertige (Hedermann, a.a.O., S. 324), vermag die Kammer dieses vermeintliche Ziel nicht zu erkennen. Dem SGB VI ist kein Grundprinzip zu entnehmen, dass Personen im Rentenalter ihren Lebensunterhalt ausschließlich mit Zahlungen aus einem einzigen Versorgungssystem bestreiten sollen, wie bereits das folgende einfache Beispiel verdeutlicht: Ein selbstständiger Rechtsanwalt, der sich freiwillig entscheidet, seinem Anwaltsberuf nur halbtags nachzugehen, und in der übrigen (Arbeits-)Zeit als Angestellter (dauerhaft) in einem Supermarkt beschäftigt ist, hat gesetzlich ebenfalls keine Möglichkeit, Beiträge nur in ein Versorgungssystem einzuzahlen. Bezüglich der Einnahmen aus der versicherungsfreien anwaltlichen Tätigkeit zahlt er Beiträge an das für ihn zuständige Versorgungswerk, während für das Arbeitseinkommen Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt werden. Eine Befreiungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die offenkundig berufsfremde Angestelltentätigkeit besteht ebenfalls nicht. Eine Doppelversorgung soll und wird nach dem oben Gesagten nur für die Fälle vermieden, in denen eine Tätigkeit versicherungspflichtig ist, für diese Tätigkeit aber gleichzeitig Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung zu zahlen wären; Abhilfe schafft hier die Befreiungsmöglichkeit in § 6 Abs. 1 SGB VI. Dass für zwei verschiedene Tätigkeiten auch jeweils Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden, ist dem System des SGB VI dagegen geradezu inhärent, da fortwährend an den Begriff der Beschäftigung i.S.v. § 7 SGB IV angeknüpft wird. Insoweit liegt dann aber keine Doppelversorgung vor, sondern die Versorgung setzt sich aus zwei Teilen zusammen, deren Ursprung in zwei verschiedenen Arbeitstätigkeiten liegt.

    Soweit ferner im Wege des Erst-Recht-Schlusses die Auffassung vertreten wird, dass eine Befreiung für vorübergehende berufsfremde Tätigkeiten für prinzipiell versicherungsfreie Personen gelten müsse, wenn das schon für befreite Personen zulässig sei (so SG Münster, a.a.O., Rn. 28; dem folgend Hedermann, a.a.O.), greift dieser Einwand mit Blick auf das eben erläuterte Beispiel nicht durch. Zum einen ist ein Erst-Recht-Schluss in diesem Fall methodisch unzulässig, da die zugrunde liegende Vergleichsgruppe willkürlich gewählt wurde. Es ist nämlich logisch nicht zwingend, grundsätzlich versicherungspflichtige, aber befreiungsfähige Personen mit solchen Personen zu vergleichen, die von vornherein versicherungsfrei sind (so aber SG Münster, a.a.O., Rn. 27). Vielmehr ist es dem Gesetzgeber unbenommen, an eine selbstständige Tätigkeit andere Rechtsfolgen zu knüpfen als an ein Beschäftigungsverhältnis (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2001, a.a.O., Rn. 22). Zum zweiten könnte, was die eben erwähnte willkürliche Auswahl verdeutlicht, die Methode des Erst-Recht-Schlusses auch zur Begründung des gegenteiligen Ergebnisses herangezogen werden: Wenn schon - wie im o.g. Beispiel - zusätzliche berufsfremde Tätigkeiten, die dauerhaft ausgeübt werden, bei einem sonst versicherungsfreien Selbstständigen nicht befreiungsfähig sind, muss dies auch und erst recht bei nur vorübergehenden Tätigkeiten gelten. Eine Auslegung auf Basis systematischer Erwägungen, die jedoch je nach selbst gewählter Prämisse zu konträren Ergebnissen führt, verbietet sich freilich methodisch von vornherein. Schließlich verfängt es im Ergebnis auch nicht, wenn zur Begründung des vorstehenden Erst-Recht-Schlusses behauptet wird, dass eine "vergebliche" Beitragszahlung eigentlich versicherungsfreier Personen aufgrund einer Nichterfüllung der Wartezeit nicht im Interesse des Gesetzgebers liege (so Hedermann, a.a.O.). Diese Behauptung ist mit Blick auf die Regelung des § 210 SGB VI und deren Begründung durch den Gesetzgeber schlicht falsch: Sofern die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß §§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 SGB VI nicht erfüllt wird, steht jedem Versicherten unter den Voraussetzungen des § 210 SGB VI die Möglichkeit einer Beitragserstattung offen. Es ist nicht ersichtlich, dass die dahinter liegende Regelungsintention nur diejenigen Personen schützen sollte, die die allgemeine Wartezeit wegen generell zu geringer Beschäftigungszeiten nicht erreicht haben, sondern auch diejenigen, deren Beitragsjahre deswegen nicht ausreichen, weil sie in ihrem Berufsleben überwiegend gemäß § 5 SGB VI versicherungsfrei oder gemäß § 6 Abs. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit waren. Nach der Begründung des Gesetzgebers sollten gerade auch Versicherte ohne Anspruch auf Regelaltersrente, die jedoch in der Regel eine Altersversorgung in einem anderen Alterssicherungssystem erworben haben, erfasst werden (BT-Drs. 11/4124 vom 07.03.1989, S. 192). Der Vorschrift des § 210 SGB VI liegt folglich gerade die Annahme zugrunde, dass Versicherte zuvor "vergeblich" Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben.

    c. Soweit nach dem Vorgesagten eine Befreiungsmöglichkeit für die befristeten Nebenbeschäftigungen der Klägerin nicht bestand, begegnet dies zu guter Letzt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere wird die Klägerin hierdurch nicht i.S.v. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gleichheitswidrig benachteiligt gegenüber Personen, die für ihre Haupttätigkeit eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 SGB VI erhalten können, die sich dann gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf eine befristete Nebentätigkeit erstrecken kann. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat hierzu in seiner bereits mehrfach zitierten Entscheidung Folgendes ausgeführt:

    "Der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG ist betroffen, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird, ohne dass für die Differenzierung eine vernünftige Erwägung als Grund dienen kann (allgemein hierzu Jarras/Pieroth, GG, 5. Aufl. 2000, Rdnr. 7 f., 15 f. zu Art. 3 GG).

    Es fehlt schon an der Vergleichbarkeit der Lebenssachverhalte, wenn das Sozialgericht den selbständig tätigen Kläger mit einem rentenversicherungspflichtig beschäftigten Angestellten vergleicht. Es ist dem Gesetzgeber unbenommen, an eine selbständige Tätigkeit gänzlich andere Rechtsfolgen zu knüpfen als an ein Beschäftigungsverhältnis. Dies ist Strukturmerkmal des gesamten Sozialversicherungsrechts, das i. d. R. allein Beschäftigungsverhältnisse sozialversicherungspflichtig stellt, ohne dass dies gleichheitswidrig wäre. Auch das BVerfG hat die Anwendung des Gleichheitssatzes abgelehnt, wenn die Vergleichsfälle anderen rechtlichen Ordnungsbereichen angehören und in anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen stehen (vgl. hierzu Jarras/Pieroth a.a.O., Rdnr. 8 m. w. N.).

    Der Kläger ist zudem als selbständiger Rechtsanwalt nicht kraft Gesetzes versicherungspflichtig, kann diese jedoch gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI auf Antrag herbeiführen. Dadurch ist er gegenüber einem angestellten Rechtsanwalt in rentenversicherungsrechtlicher Hinsicht privilegiert. Auch gegenüber einem angestellten Rechtsanwalt, der Mitglied in einer berufsständischen Versorgung ist und daraufhin gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit wurde, ist der Kläger nicht bevorzugt, weil auch dieser evtl. Beiträge zur berufsständischen Versorgung und zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen muss.

    Die Tatsache, dass ein selbständiger Rechtsanwalt, der hohe Beiträge zum Versorgungswerk zahlt, daneben zur gesetzlichen Rentenversicherung herangezogen wird, während ein rentenversicherungspflichtig angestellter Anwalt Beiträge nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze zahlen muss, ist eine Benachteiligung, die nicht auf rentenversicherungsrechtlichen, sondern allenfalls auf versorgungsrechtlichen Regelungen beruht. Das SGB VI stellt sicher, dass Beiträge nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben werden, unabhängig davon, durch welche Tätigkeiten das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird (§ 157 SGB VI). Deshalb muß eine eventuelle Benachteiligung nicht durch ein Absehen von der Versicherungspflicht, sondern allenfalls durch versorgungsrechtliche Regelungen abgebaut werden. Demgemäß bestimmt § 30 Abs. 8 der Satzung des Versorgungswerkes, dass selbständig tätige Mitglieder, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, Beiträge zum Versorgungswerk unter Anrechnung der von ihnen an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlten Pflichtbeiträge zahlen. Mit der Auffassung des Sozialgerichts würde demgegenüber ein nicht gerechtfertigter und insbesondere nicht verfassungsrechtlich gebotener vorrangiger Zugriff des Versorgungswerkes auf die vom Kläger zu entrichtenden Aufwendungen zur Altersvorsorge konstituiert."

    (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2001, a.a.O., Rn. 21-24)

    Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener rechtlicher Prüfung vollumfänglich an.Ergänzend merkt die Kammer lediglich noch Folgendes an:

    Selbst wenn annähme, dass die Situation der von der Klägerin unter Bezugnahme auf das Sozialgericht Münster benannten Vergleichsgruppen "versicherungsfreie selbstständige Rechtsanwälte" und "von der Versicherungspflicht befreite angestellte Rechtsanwälte" (so bei SG Münster, a.a.O., Rn. 27) grundsätzlich vergleichbar wäre, liegt für die hier zu entscheidende Konstellation der Befreiung für eine zusätzliche Nebenbeschäftigung auch keine Ungleichbehandlung vor. Wie bereits oben unter Buchstabe b. erwähnt, soll § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI nur einen Wechsel der Versorgungssysteme verhindern, der begrifflich nur bei einer Unterbrechung der von der Versicherungspflicht befreiten Haupttätigkeit eintreten kann, nicht aber bei der Aufnahme einer weiteren (Neben-)Tätigkeit. Dementsprechend ist eine Erstreckung i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf solche zusätzlichen Tätigkeiten nicht möglich (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.07.2015, a.a.O., Rn. 26; Boecken, in: Ruland/Dünn [Hrsg.], Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch, 123. Erg.-Lfg. 2007, § 6 SGB VI Rn. 182; a.A. Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB VI, Erg.-Lfg. 1/13 [II/13], § 6 Rn. 133; Horn, a.a.O., S. 610; Schmidt, a.a.O., Rn. 139; Voelzke, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts. Band 3 Rentenversicherungsrecht, 1999, § 17 Rn. 75; offen gelassen von BSG, Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 8/10 R -, [...] Rn. 27). Wenn freilich schon Inhabern einer Befreiung i.S.v. § 6 Abs. 1 SGB VI nicht die Möglichkeit offen steht, dass sich die Befreiung auf eine zusätzliche (Neben-)Tätigkeit erstreckt, liegt gegenüber der Vergleichsgruppe der selbstständigen Rechtsanwälte, zu der auch die Klägerin gehört, schon gar keine Ungleichbehandlung vor.

    IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 Satz 1, 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

    RechtsgebietSGB VIVorschriften§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI; § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI